Schluss mit der Bescheidenheit!
- Sonntag, 8. März 2009 @ 08:00
Von Bärbel Mende-Danneberg
Das Frauenwahlrecht war ursprünglich die zentrale Forderung des Internationalen Frauentages, der auf Initiative der Kommunistin Clara Zetkin seit 1910 an jedem 8. März eines Jahres begangen wird. Am 16. Februar 1919 durften Frauen in Österreich dann endlich das erste Mal wählen. 90 Jahre später – haben Frauen die Wahl?
Es scheint alles normal: In den ORF-Diskussionsrunden drücken sich wieder überzählig viele Männer in die Lederpölster und reden unter Ingrid Thurnhers glatter Leitung über Gott, die Welt und die Wirtschaft, die von den meist männlichen Führungskräften gerade mal wieder an die Wand gefahren wird. Als SPÖ-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek vor einigen Wochen die Forderung nach einer 40-prozentigen Frauenquote in den Aufsichtsräten erhob, ging ein empörter Aufschrei durch die Medien – diese weibliche Zumutung fehlt der Wirtschaft gerade noch!
Erschrocken ließ die Frauenministerin diese heiße Kartoffel fallen. Römerquelle plakatiert mit zweideutigen Sprüchen ein „prickelndes Erlebnis“: fast nackte Frauen in aufreizender Pose und halbseidener Wäsche. Der dieser Tage vorgelegte Sozialbericht der Regierung bemängelt die zunehmende Öffnung der Einkommensschere: Die Einkommen der Frauen betragen im Durchschnitt 67 Prozent der Männereinkommen, gerade im untersten Einkommensviertel sind die geschlechtsspezifischen Unterschiede um fast zehn Prozentpunkte größere als im oberen Viertel.
Es scheint ja alles bestens, denn niemanden regt das alles sonderlich auf. Es herrscht nach vergessenen Jahren feministischer Aufbruchsstimmung, in denen sexistische Palmers-Plakate besprüht und Ausbeutung von Frauen im Niedriglohnsektor angeprangert wurden, also wieder der patriarchale Normalzustand: Frauen als Reservearmee, Sexobjekte, Quoten- oder Hausfrauen, jedenfalls immer als Notnagel für alle Krisenfälle im Wirtschafts- oder Reproduktionsbereich.
Die Gesellschaft verzichtet mit dieser Rückwärtsrolle auf ein Potenzial an innovativer Kreativität, wie es bereits vor einem Jahrhundert Clara Zetkin ausdrückte: „Das gesellschaftliche Leben würde nicht nur an Fülle, sondern auch an Mannigfaltigkeit, an Vertiefung und Verfeinerung gewinnen, wenn die Frau als ein frei entwickelter Vollmensch auf allen Gebieten mitwirken könnte.“
Nichts gelernt?
Verfeinerung der Wahrnehmung - gerade das wäre jetzt gefragt, um den groben Auswirkungen der Wirtschaftskrise neue Blickwinkel zu eröffnen. Denn es kann doch nicht sein, dass, wie aus der Geschichte der Frauenbewegung bekannt, wieder einmal wir den Schrott der Konzerne, Banken und Versicherungen, die jahrzehntelang ihre Profite ins Trockene brachten, wegzuräumen haben.
„Der Einbruch im Herbst/Winter 1929/30 kam für viele überraschend. Die Hoffnung, es sei eine der üblichen, relativ schnell überwindbaren Krisen – man war ja einiges gewöhnt -, erfüllte sich nicht. (…) 1932 gab es in Deutschland etwa 7 bis 8 Millionen Erwerbslose, Millionen Kurzarbeiter und viele, vor allem erwerbslose Frauen, wurden von der Statistik gar nicht mehr erfasst. (…) 1931 wurden verheiratete Postbeamtinnen und Lehrerinnen entlassen. Die Notverordnungen vom Juli 1930 und Juni 1931 brachten einen radikalen Abbau der Sozialleistungen für Frauen. 1930 wurden alle ‚geringfügig Beschäftigten‘ (unter 30 Wochenstunden) und schlecht Verdienende (unter 45 Mark monatlich) aus der Arbeitslosenversicherung ausgesteuert.“ (Renate Wurms: Freiheit, Frieden, Recht. Zur Geschichte des 8. März, VMB) Wie die Geschichte ausging, ist bekannt.
Parallelen zu heute zwingen sich auf: überraschende Wirtschaftskrise ohne absehbares Ende, Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, Sozialabbau, geringfügige Beschäftigung, Ungleichheit, Frauennotstand. Der aktuelle Sozialbericht der Regierung belegt: Das reichste Prozent der österreichischen Haushalte hält 27 Prozent des gesamten Geldvermögens. Das oberste Promille besitzt über acht Prozent des gesamten Geldvermögens und damit gleich viel wie die gesamte untere Hälfte der Haushalte.
Die ungleiche Verteilung des Geldvermögens wird auch durch branchenspezifische Einkommensunterschiede und Teilzeitarbeit verursacht – zwei Drittel aller unselbstständig beschäftigten Frauen, aber nur ca. 40 Prozent der Männer arbeiten in Branchen, deren Einkommen unter dem Medianwert (Zentralwert, nicht Durchschnitt) liegt; die Teilzeitquote von Frauen stieg zwischen 1995 bis 2006 von 26,8 auf 40,2 Prozent, bei den Männern nahm sie nur um 6,5 Prozent zu.
„Ab Juli 1931 wurde die ‚Bedürftigkeit‘ verheirateter Frauen geprüft. Im Dezember 1931 erhielten von einer Million erwerbsloser Frauen nur 50 Prozent eine Unterstützung.( … )Die Kampagne gegen die ‚Doppelverdienerinnen‘, die sich entwickelnde Frauenfeindlichkeit gerade auch bei Arbeitern aufgrund der verschärften Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt , und der wachsende Einfluss der Nationalsozialisten - dagegen richteten sich die Frauentagveranstaltungen ab 1930.“ (Wurms w.o.) Die Geschichte wiederholt sich als Farce?
Nichts begriffen?
Im Wiener Depot diskutierten kürzlich Frauen aus Gewerkschaft, Wirtschaft, Politik und Wissenschaft über die Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf Frauen. Während überholte Rollenklischees, Segmentierung des Arbeitsmarktes beklagt und vorbeugende Maßnahmen gegen Frauenarmut eingefordert wurden, meinte Marion Breiter vom Netzwerk Österreichischer Frauen- und Mädchenberatungsstellen: Nun bestehe allerdings auch die Chance, stärker einen Paradigmenwechsel einzufordern. Denn die bisherigen Gewinne seien nicht investiert, sondern vielmehr verspekuliert worden, die Lohnquote sei zudem gesunken. Dies seien Umstände, die den Fokus stärker darauf richten können, dass dies alles eine neoliberale Politik forciert habe, gegen die nun vehementer aufgetreten werden müsse („Standard“, 13.1.2009).
Vorerst ist davon nichts zu merken. Die von der Regierung nun beschlossene Auto-„Schrottprämie“ zur Ankurbelung der Wirtschaft leitet zum Beispiel - abgesehen von der Umweltfrage - alles andere als einen Paradigmenwechsel ein, richten sich die zur Verfügung gestellten Finanzmittel doch vorrangig an männliche Adressaten und deren Arbeitsplätze in der Autoindustrie.
Das Frauen(volks)begehren nach Entschärfung der geschlechtsspezifischen Benachteiligung blitzte hingegen bei den Regierenden aller Farbkonstellationen ab, eingeforderte Mittel zu Beseitigung der Alters- und Frauenarmut blieben bisher ungehört. Für Soziales sei kein Geld da, wurde uns jahrelang erzählt, die Einhaltung der Maastrichtkriterien habe Priorität. Und so wuchs der Abstand zwischen Arm und Reich, zwischen Männer- und Fraueneinkommen: Die Verteilung des Volkseinkommens hat sich in den vergangenen Jahren von den Lohneinkommen zu den Gewinn- und Vermögenserträgen verschoben, heißt es Sozialbericht.
Aus der Geschichte lernen: Die Sozialistin Minna Reichert umriss vor fast 100 Jahren den ungleichen Zustand zwischen den Geschlechtern folgendermaßen: „Man sagt, wir Frauen brauchen keine Extrawurst gebraten. Ich aber sage: solange die Frauen noch unter einem Ausnahmerecht in der bürgerlichen Gesellschaft leben, brauchen sie allerdings Extrawürste.“
Wir haben die Wahl
Da saßen sie nun in Davos zusammen, die Herren und wenigen Damen aus Banken, Topmanagement, Politik und Establishment, und feierten ihre Abschiedsparty. Es ist also bis zum Tagungsort in der Schweiz durchgedrungen, dass der Wachstumsfetischismus die Finanz- und Wirtschaftswelt in eine tiefe Krise gestürzt hat. Zu deren Rettung werden Milliarden und Billionen Geldmittel aus unser aller Geldbörsel ausgeschüttet, um den maroden Karren wieder flott zu machen. Was aber ist mit den gigantischen Profiten, die zuvor von den Verursachern der Krise privat angeeignet wurden? Diese bleiben unangetastet und ungestraft, die Krisenhaie werden weiter gefüttert mit unserem Steuergeld.
Hingegen sind die geforderten Budgetmittel für Soziales, etwa für einen gesicherten Lebensabend, ständigen Kürzungen ausgeliefert. Die drastischen Einschnitte im Pensionsrecht würden dazu dienen, den jüngeren Menschen später eine Pension zu sichern, hieß es. Die künftigen PensionsanwärterInnen wurden zu privaten Pensionsfonds und damit verbundenem Spekulationsrisiko genötigt. Und nun müssen sie hilflos zuschauen, wie ihre private Altersversicherung verspekuliert wurde: Bei der Veranlagung der betrieblichen Altersversorgung sind derzeit durchschnittlich 13-prozentigen Verluste zu verzeichnen.
Parallel zum Weltwirtschaftsforum in der Schweiz fand das 9. Weltsozialforum in Belém/Brasilien statt, zu welchem 80.000 Beteiligte aus 150 Ländern zusammentrafen. Dort wurden Alternativen zur herrschenden Wirtschaftslogik diskutiert und Möglichkeiten zum Ausstieg aus der tödlichen Spirale der Ungleichheit und Umweltvernichtung aufgezeigt. Denn wir haben die Wahl. Wir Frauen verlangen eine Extrawurst: Her mit dem Geld!
Das Frauenwahlrecht war ursprünglich die zentrale Forderung des Internationalen Frauentages, der auf Initiative der Kommunistin Clara Zetkin seit 1910 an jedem 8. März eines Jahres begangen wird. Am 16. Februar 1919 durften Frauen in Österreich dann endlich das erste Mal wählen. 90 Jahre später – haben Frauen die Wahl?
Es scheint alles normal: In den ORF-Diskussionsrunden drücken sich wieder überzählig viele Männer in die Lederpölster und reden unter Ingrid Thurnhers glatter Leitung über Gott, die Welt und die Wirtschaft, die von den meist männlichen Führungskräften gerade mal wieder an die Wand gefahren wird. Als SPÖ-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek vor einigen Wochen die Forderung nach einer 40-prozentigen Frauenquote in den Aufsichtsräten erhob, ging ein empörter Aufschrei durch die Medien – diese weibliche Zumutung fehlt der Wirtschaft gerade noch!
Erschrocken ließ die Frauenministerin diese heiße Kartoffel fallen. Römerquelle plakatiert mit zweideutigen Sprüchen ein „prickelndes Erlebnis“: fast nackte Frauen in aufreizender Pose und halbseidener Wäsche. Der dieser Tage vorgelegte Sozialbericht der Regierung bemängelt die zunehmende Öffnung der Einkommensschere: Die Einkommen der Frauen betragen im Durchschnitt 67 Prozent der Männereinkommen, gerade im untersten Einkommensviertel sind die geschlechtsspezifischen Unterschiede um fast zehn Prozentpunkte größere als im oberen Viertel.
Es scheint ja alles bestens, denn niemanden regt das alles sonderlich auf. Es herrscht nach vergessenen Jahren feministischer Aufbruchsstimmung, in denen sexistische Palmers-Plakate besprüht und Ausbeutung von Frauen im Niedriglohnsektor angeprangert wurden, also wieder der patriarchale Normalzustand: Frauen als Reservearmee, Sexobjekte, Quoten- oder Hausfrauen, jedenfalls immer als Notnagel für alle Krisenfälle im Wirtschafts- oder Reproduktionsbereich.
Die Gesellschaft verzichtet mit dieser Rückwärtsrolle auf ein Potenzial an innovativer Kreativität, wie es bereits vor einem Jahrhundert Clara Zetkin ausdrückte: „Das gesellschaftliche Leben würde nicht nur an Fülle, sondern auch an Mannigfaltigkeit, an Vertiefung und Verfeinerung gewinnen, wenn die Frau als ein frei entwickelter Vollmensch auf allen Gebieten mitwirken könnte.“
Nichts gelernt?
Verfeinerung der Wahrnehmung - gerade das wäre jetzt gefragt, um den groben Auswirkungen der Wirtschaftskrise neue Blickwinkel zu eröffnen. Denn es kann doch nicht sein, dass, wie aus der Geschichte der Frauenbewegung bekannt, wieder einmal wir den Schrott der Konzerne, Banken und Versicherungen, die jahrzehntelang ihre Profite ins Trockene brachten, wegzuräumen haben.
„Der Einbruch im Herbst/Winter 1929/30 kam für viele überraschend. Die Hoffnung, es sei eine der üblichen, relativ schnell überwindbaren Krisen – man war ja einiges gewöhnt -, erfüllte sich nicht. (…) 1932 gab es in Deutschland etwa 7 bis 8 Millionen Erwerbslose, Millionen Kurzarbeiter und viele, vor allem erwerbslose Frauen, wurden von der Statistik gar nicht mehr erfasst. (…) 1931 wurden verheiratete Postbeamtinnen und Lehrerinnen entlassen. Die Notverordnungen vom Juli 1930 und Juni 1931 brachten einen radikalen Abbau der Sozialleistungen für Frauen. 1930 wurden alle ‚geringfügig Beschäftigten‘ (unter 30 Wochenstunden) und schlecht Verdienende (unter 45 Mark monatlich) aus der Arbeitslosenversicherung ausgesteuert.“ (Renate Wurms: Freiheit, Frieden, Recht. Zur Geschichte des 8. März, VMB) Wie die Geschichte ausging, ist bekannt.
Parallelen zu heute zwingen sich auf: überraschende Wirtschaftskrise ohne absehbares Ende, Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, Sozialabbau, geringfügige Beschäftigung, Ungleichheit, Frauennotstand. Der aktuelle Sozialbericht der Regierung belegt: Das reichste Prozent der österreichischen Haushalte hält 27 Prozent des gesamten Geldvermögens. Das oberste Promille besitzt über acht Prozent des gesamten Geldvermögens und damit gleich viel wie die gesamte untere Hälfte der Haushalte.
Die ungleiche Verteilung des Geldvermögens wird auch durch branchenspezifische Einkommensunterschiede und Teilzeitarbeit verursacht – zwei Drittel aller unselbstständig beschäftigten Frauen, aber nur ca. 40 Prozent der Männer arbeiten in Branchen, deren Einkommen unter dem Medianwert (Zentralwert, nicht Durchschnitt) liegt; die Teilzeitquote von Frauen stieg zwischen 1995 bis 2006 von 26,8 auf 40,2 Prozent, bei den Männern nahm sie nur um 6,5 Prozent zu.
„Ab Juli 1931 wurde die ‚Bedürftigkeit‘ verheirateter Frauen geprüft. Im Dezember 1931 erhielten von einer Million erwerbsloser Frauen nur 50 Prozent eine Unterstützung.( … )Die Kampagne gegen die ‚Doppelverdienerinnen‘, die sich entwickelnde Frauenfeindlichkeit gerade auch bei Arbeitern aufgrund der verschärften Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt , und der wachsende Einfluss der Nationalsozialisten - dagegen richteten sich die Frauentagveranstaltungen ab 1930.“ (Wurms w.o.) Die Geschichte wiederholt sich als Farce?
Nichts begriffen?
Im Wiener Depot diskutierten kürzlich Frauen aus Gewerkschaft, Wirtschaft, Politik und Wissenschaft über die Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf Frauen. Während überholte Rollenklischees, Segmentierung des Arbeitsmarktes beklagt und vorbeugende Maßnahmen gegen Frauenarmut eingefordert wurden, meinte Marion Breiter vom Netzwerk Österreichischer Frauen- und Mädchenberatungsstellen: Nun bestehe allerdings auch die Chance, stärker einen Paradigmenwechsel einzufordern. Denn die bisherigen Gewinne seien nicht investiert, sondern vielmehr verspekuliert worden, die Lohnquote sei zudem gesunken. Dies seien Umstände, die den Fokus stärker darauf richten können, dass dies alles eine neoliberale Politik forciert habe, gegen die nun vehementer aufgetreten werden müsse („Standard“, 13.1.2009).
Vorerst ist davon nichts zu merken. Die von der Regierung nun beschlossene Auto-„Schrottprämie“ zur Ankurbelung der Wirtschaft leitet zum Beispiel - abgesehen von der Umweltfrage - alles andere als einen Paradigmenwechsel ein, richten sich die zur Verfügung gestellten Finanzmittel doch vorrangig an männliche Adressaten und deren Arbeitsplätze in der Autoindustrie.
Das Frauen(volks)begehren nach Entschärfung der geschlechtsspezifischen Benachteiligung blitzte hingegen bei den Regierenden aller Farbkonstellationen ab, eingeforderte Mittel zu Beseitigung der Alters- und Frauenarmut blieben bisher ungehört. Für Soziales sei kein Geld da, wurde uns jahrelang erzählt, die Einhaltung der Maastrichtkriterien habe Priorität. Und so wuchs der Abstand zwischen Arm und Reich, zwischen Männer- und Fraueneinkommen: Die Verteilung des Volkseinkommens hat sich in den vergangenen Jahren von den Lohneinkommen zu den Gewinn- und Vermögenserträgen verschoben, heißt es Sozialbericht.
Aus der Geschichte lernen: Die Sozialistin Minna Reichert umriss vor fast 100 Jahren den ungleichen Zustand zwischen den Geschlechtern folgendermaßen: „Man sagt, wir Frauen brauchen keine Extrawurst gebraten. Ich aber sage: solange die Frauen noch unter einem Ausnahmerecht in der bürgerlichen Gesellschaft leben, brauchen sie allerdings Extrawürste.“
Wir haben die Wahl
Da saßen sie nun in Davos zusammen, die Herren und wenigen Damen aus Banken, Topmanagement, Politik und Establishment, und feierten ihre Abschiedsparty. Es ist also bis zum Tagungsort in der Schweiz durchgedrungen, dass der Wachstumsfetischismus die Finanz- und Wirtschaftswelt in eine tiefe Krise gestürzt hat. Zu deren Rettung werden Milliarden und Billionen Geldmittel aus unser aller Geldbörsel ausgeschüttet, um den maroden Karren wieder flott zu machen. Was aber ist mit den gigantischen Profiten, die zuvor von den Verursachern der Krise privat angeeignet wurden? Diese bleiben unangetastet und ungestraft, die Krisenhaie werden weiter gefüttert mit unserem Steuergeld.
Hingegen sind die geforderten Budgetmittel für Soziales, etwa für einen gesicherten Lebensabend, ständigen Kürzungen ausgeliefert. Die drastischen Einschnitte im Pensionsrecht würden dazu dienen, den jüngeren Menschen später eine Pension zu sichern, hieß es. Die künftigen PensionsanwärterInnen wurden zu privaten Pensionsfonds und damit verbundenem Spekulationsrisiko genötigt. Und nun müssen sie hilflos zuschauen, wie ihre private Altersversicherung verspekuliert wurde: Bei der Veranlagung der betrieblichen Altersversorgung sind derzeit durchschnittlich 13-prozentigen Verluste zu verzeichnen.
Parallel zum Weltwirtschaftsforum in der Schweiz fand das 9. Weltsozialforum in Belém/Brasilien statt, zu welchem 80.000 Beteiligte aus 150 Ländern zusammentrafen. Dort wurden Alternativen zur herrschenden Wirtschaftslogik diskutiert und Möglichkeiten zum Ausstieg aus der tödlichen Spirale der Ungleichheit und Umweltvernichtung aufgezeigt. Denn wir haben die Wahl. Wir Frauen verlangen eine Extrawurst: Her mit dem Geld!