Offener Brief an Reiter und Schneider
- Dienstag, 4. November 2008 @ 20:09
Ein offener Brief an die Kollegen Franz Reiter und Gerhard Schneider, und die Delegierten der 24. Landeskonferenz des ÖGB-Tirol
Lieber Franz, lieber Gerhard,
ich danke für Brief beziehungsweise Email bezüglich Euerer Kandidatur als Vorsitzender des ÖGB-Tirol. Vor-bemerkend möchte ich feststellen, dass ich euch beide – trotz manch differierender Meinung - als ehrliche, weltoffene KollegInnen kennen- und schätzengelernt habe. In diesem Zusammenhang erinnere ich an die BAWAG-ÖGB-Krise, wo du Franz, unsere an die „ÖGB-Tür genagelten“ 95 Thesen nicht als Minder-heitenspinnerei abgetan hast, sondern dich damit ernsthaft auseinandergesetzt hast. Oder, ich erinnere an die HoRuck-BürgerInneninitiative, wo du Gerhard, gemeinsam mit VertreterInnen aus Politik, NGOs und mir fraktionsübergreifend für den Erhalt des sozialökonomischen Betriebes eingetreten bist.
Ich bin jetzt 25 Jahre im ÖGB-Mitglied – immer wieder wurde mir in den Gremien eingetrichtert, dass die Fraktionen nach ihrer Stärke die zu wählenden Positionen nominieren und diese „Wahlvorschläge“ dann von den Delegierten – mit einem Streichungsrecht – abgesegnet werden. Außer der Wahl am letzten Gewerkschaftskongress kann ich mich an keine Entscheidung erinnern, bei der nicht alle Vorschläge die notwendigen 50 Prozent plus einer Stimme erreichten.
Mit Verwunderung muss ich daher heute feststellen, dass wir diesmal bei der Vorsitzwahl zwischen zwei Kandidaten wählen können. Ein Demokratisierungsschritt oder ein Machtkampf innerhalb der Tiroler FSG, bei dem man sich nicht auf einen Kandidaten einigen konnte und daher den „schwarzen (roten) Peter“ den Delegierten zuschiebt?
„Zeichen setzen“, war während der BAWAG-ÖGB-Krise eine Initiative von ÖGB-FunktionärInnen für eine Organisations- und Demokratiesierungsreform des ÖGB – Zeichen, die beweisen, dass die notwendige politische und moralische Erneuerung in der Führung der Gewerkschaftsbewegung begonnen hat.Weder durch euren Machtkampf, noch mit Positionierungen in euren Schreiben kommen wir aber diesem Ziel näher:
Du Franz schreibst in deinem Brief, dass du gemeinsam mit mir das große Schiff ÖGB-Tirol durch Wind und Regen, Sturm und Schnee steuern willst. Nur, es wankt nicht nur das Schiff, sondern auch die Mannschaft (die Mitglieder) hat Vertrauen an Schiff (ÖGB) und Kapitäne (Hundstorfer,...) verloren. Die jahrzehntelange Konsenspolitik mit dem „Sozialpartner Wirtschaft“ und die jahrzehntelange Stillhaltepolitik gegenüber den „Parteipartner SPÖ-Regierungspartei“ hat den ArbeiterInnen und Angestellten viele soziale, arbeitszeit- und arbeitsrechtliche Errungenschaften gekostet. Seit dem BAWAG-Skandal meutern immer größere Teile der Mannschaft – die Mitgliedszahlen sind stark rückgängig.
Und du Gerhard, richtigerweise sprichst du in deinem Email die bevorstehende Rezession, die, wenn sie nicht wirkungsvoll bekämpft wird, auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Tirol mit voller Wucht treffen wird, an. Aber mit alten Mitteln, wie der Sozialpartnerschaft, wird sich für die berufstätige Bevölkerung nichts zum Positiven verändern. Was dazu nötig ist, ist eine kämpferische Gewerkschaft, die selbstbewusst die Interessen ihrer Mitglieder vertritt. Ein Beispiel dazu: In Deutschland verlangt die IG-Metall trotz Rezession eine kräftige Lohnerhöhung weit über der Inflation und rüstet sich für Arbeitskämpfe.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nutzen wir die Chance und setzten bei dieser Landeskonferenz deutliche Zeichen für einen echten „ÖGB-neu“. Wir brauchen keinen Machtkampf zweier langjähriger Gewerkschaftsvorsitzender, sondern eine unverbrauchte FunktionärIn, die bereit sind Verantwortung zu übernehmen. Ich weiß natürlich, dass wir diese/n nicht in drei Tagen aus den Hut zaubern können. Aber wir könnten die Zeit bis dahin mit einem gleichberechtigten Führungsteam Ulrike Ernstbrunner, Franz Reiter, Gerhard Schneider, unterstützt mit einem aus allen Fraktionen besetzten Präsidium, überbrücken. Dafür rufe wir alle Delegierten auf.
Mit solidarischen Gruß
Josef Stingl
Delegierter und Sprecher
des Gewerkschaftlichen Linksblock Tirol (GLB)
Lieber Franz, lieber Gerhard,
ich danke für Brief beziehungsweise Email bezüglich Euerer Kandidatur als Vorsitzender des ÖGB-Tirol. Vor-bemerkend möchte ich feststellen, dass ich euch beide – trotz manch differierender Meinung - als ehrliche, weltoffene KollegInnen kennen- und schätzengelernt habe. In diesem Zusammenhang erinnere ich an die BAWAG-ÖGB-Krise, wo du Franz, unsere an die „ÖGB-Tür genagelten“ 95 Thesen nicht als Minder-heitenspinnerei abgetan hast, sondern dich damit ernsthaft auseinandergesetzt hast. Oder, ich erinnere an die HoRuck-BürgerInneninitiative, wo du Gerhard, gemeinsam mit VertreterInnen aus Politik, NGOs und mir fraktionsübergreifend für den Erhalt des sozialökonomischen Betriebes eingetreten bist.
Ich bin jetzt 25 Jahre im ÖGB-Mitglied – immer wieder wurde mir in den Gremien eingetrichtert, dass die Fraktionen nach ihrer Stärke die zu wählenden Positionen nominieren und diese „Wahlvorschläge“ dann von den Delegierten – mit einem Streichungsrecht – abgesegnet werden. Außer der Wahl am letzten Gewerkschaftskongress kann ich mich an keine Entscheidung erinnern, bei der nicht alle Vorschläge die notwendigen 50 Prozent plus einer Stimme erreichten.
Mit Verwunderung muss ich daher heute feststellen, dass wir diesmal bei der Vorsitzwahl zwischen zwei Kandidaten wählen können. Ein Demokratisierungsschritt oder ein Machtkampf innerhalb der Tiroler FSG, bei dem man sich nicht auf einen Kandidaten einigen konnte und daher den „schwarzen (roten) Peter“ den Delegierten zuschiebt?
„Zeichen setzen“, war während der BAWAG-ÖGB-Krise eine Initiative von ÖGB-FunktionärInnen für eine Organisations- und Demokratiesierungsreform des ÖGB – Zeichen, die beweisen, dass die notwendige politische und moralische Erneuerung in der Führung der Gewerkschaftsbewegung begonnen hat.Weder durch euren Machtkampf, noch mit Positionierungen in euren Schreiben kommen wir aber diesem Ziel näher:
Du Franz schreibst in deinem Brief, dass du gemeinsam mit mir das große Schiff ÖGB-Tirol durch Wind und Regen, Sturm und Schnee steuern willst. Nur, es wankt nicht nur das Schiff, sondern auch die Mannschaft (die Mitglieder) hat Vertrauen an Schiff (ÖGB) und Kapitäne (Hundstorfer,...) verloren. Die jahrzehntelange Konsenspolitik mit dem „Sozialpartner Wirtschaft“ und die jahrzehntelange Stillhaltepolitik gegenüber den „Parteipartner SPÖ-Regierungspartei“ hat den ArbeiterInnen und Angestellten viele soziale, arbeitszeit- und arbeitsrechtliche Errungenschaften gekostet. Seit dem BAWAG-Skandal meutern immer größere Teile der Mannschaft – die Mitgliedszahlen sind stark rückgängig.
Und du Gerhard, richtigerweise sprichst du in deinem Email die bevorstehende Rezession, die, wenn sie nicht wirkungsvoll bekämpft wird, auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Tirol mit voller Wucht treffen wird, an. Aber mit alten Mitteln, wie der Sozialpartnerschaft, wird sich für die berufstätige Bevölkerung nichts zum Positiven verändern. Was dazu nötig ist, ist eine kämpferische Gewerkschaft, die selbstbewusst die Interessen ihrer Mitglieder vertritt. Ein Beispiel dazu: In Deutschland verlangt die IG-Metall trotz Rezession eine kräftige Lohnerhöhung weit über der Inflation und rüstet sich für Arbeitskämpfe.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nutzen wir die Chance und setzten bei dieser Landeskonferenz deutliche Zeichen für einen echten „ÖGB-neu“. Wir brauchen keinen Machtkampf zweier langjähriger Gewerkschaftsvorsitzender, sondern eine unverbrauchte FunktionärIn, die bereit sind Verantwortung zu übernehmen. Ich weiß natürlich, dass wir diese/n nicht in drei Tagen aus den Hut zaubern können. Aber wir könnten die Zeit bis dahin mit einem gleichberechtigten Führungsteam Ulrike Ernstbrunner, Franz Reiter, Gerhard Schneider, unterstützt mit einem aus allen Fraktionen besetzten Präsidium, überbrücken. Dafür rufe wir alle Delegierten auf.
Mit solidarischen Gruß
Josef Stingl
Delegierter und Sprecher
des Gewerkschaftlichen Linksblock Tirol (GLB)