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Gedanken zur aktuellen Finanzkrise

  • Montag, 20. Oktober 2008 @ 13:24
Meinung Von Gilbert Karasek, Personalvertreter bei Wienstrom

Genaue Vorhersagen, ob sich die Finanzkrise tatsächlich zu einer gewaltigen Wirtschaftskatastrophe auswächst, sind nicht möglich, weil die Herrschenden, die Einblick haben und von diesem Wirtschaftssystem profitieren, die tatsächlichen Faktoren der Wirtschaftskrisen verschleiern. Dennoch, lässt sich an den weltweiten Problemen der Geldmärkte in gewisser Weise ein Stimmungsbild der taumelten Weltwirtschaft ablesen; die Wirtschaft treibt immer mehr in das Fahrwasser der Krisen und dies destabilisiert die Kapitalmärkte. Es hat keinen Sinn über die Parasiten zu philosophieren, die gesellschaftlichen Reichtum an sich reißen, ohne dass sie dafür den geringsten Anteil an gesellschaftlicher Arbeit verrichten. Viel wichtiger währe es über die Logik dieses Wirtschaftsystem zu diskutieren und warum und wie diese Parasiten die Weltwirtschaft lenken.

Wir sollten uns die Gesetze und Regeln anschauen, die dieser Logik zugrunde liegen, um vor den kommenden Krisen gewappnet zu sein. Zumindest währe es kein Nachteil, über die Wirtschaft informiert zu sein, welche unsere Lebensgrundlage ist. Beleuchten wir kurz den gesellschaftlichen Organismus, von diesen wir ein Teil sind.

Der Wirtschaftsorganismus ist in verschiedensten Produktions- und Handelszweige unterteilt. Vereinfacht lässt sich der Wirtschaftsorganismus in zwei Bereiche der gesellschaftlichen Arbeitsteilung einteilen. Auf der einen Seite die Industrie mit ihrer Produktion und auf der anderen Seite der Konsum mit seinen Handel. Und wie es in einer Gesellschaft funktioniert, die auf die knechtende Unterordnung der Teilung der Arbeit organisiert ist, ist auch der Handel in verschiedene Zweige unterteilt.

Unsere Aufmerksamkeit richtet sich auf dem Zweig, der mit Aktien und Kredite Handel betreibt. Die Kapitalmärkte, die den Geldhandel betreiben, haben einen besonderen Stellenwert in der Gesellschaft. Schließlich ist der Geldhandel die erste Voraussetzung, dass der Warenhandel im Kapitalismus funktioniert.

Die groteske Welt des Kapitalismus widerspiegelt sich am klarsten in der Börsenwelt. Aus der Spekulation heraus, wird der Preis der Aktien bestimmt. Wie abgehoben diese Spekulationen von der realen Wirtschaft sind, zeigt sich am Zustandekommen eines Aktienkurses. Einfach gesagt, die Preise der Handelswaren werden durch Spekulationen, durch Lug und Trug bestimmt. So kann der Preis einer Ware im Handel über das Zehnfache seines realen Wertes erreichen, was zum Beispiel beim Ölpreis der Fall ist. Durch spekulative Lenkung der Geldflüsse, werden nicht nur Geldmengen sondern auch gesellschaftliche Einrichtungen die in der realen Welt, für die Existenz der Menschen wichtige Grundlagen bilden, stetig vernichtet.

Auf einen Nenner gebracht, die Ergebnisse des spekulativen Börsenhandels sind Menschenwidrig. Der spekulative Börsenhandel nimmt weltweit Milliarden Menschen das notwendigste zum Leben, zudem vernichtet er das Vielfache an Geldmittel, dass diese zum Überleben benötigen. Er drückt die Löhne, vernichtet Arbeitsplätze, schafft Verluste bei den Gesundheits- und Pensionsvorsorge gehandelten Aktien, zerstört Volkswirtschaften, treibt zu Kriegen, ruiniert die Umwelt, versperrt durch die künstlich hochgetriebenen Preise, für den Großteil der Menschheit, den Zugang zu ihren lebenswichtigen Grundlagen und schließlich treibt der Börsenhandel die Preise der Grundnahrungsmittel in die Höhe und nimmt es bewusst im Kauf, dass jährlich Millionen Menschen vor den künstlich aufgeblasenen Preisen verhungern müssen.

Was also der Krise eigen ist, der Geldfluss wird immer dünner. Wir befinden uns in der Mitte dieses Szenariums; die die künstlich hochgetriebenen Aktien wie Seifenblasen zerplatzen lassen. Kein Kapitalist, keine Bank traut den Anderen. Es herrscht Verunsicherung auf dem Parkett der Kapitalmärkte. Die Kapitalisten, Versicherungen und Banken blockieren zunehmend den Handel, indem sie die ergaunerten gesellschaftlichen Reichtümer, das Kapital aus dem Handel ziehen; sie stoßen Aktien ab und verborgen keine Gelder mehr. Diese Krisen können zur gänzlichen Austrocknung des Kapitalmarkts führen und so den Stillstand des Kapitals erzwingen.

Das Kapital droht die Gesellschaft zu erschlagen. Zwar ist es noch nicht soweit, aber die Tendenz dazu ist nicht zu übersehen. Und damit der Geldfluss nicht gänzlich zum erliegen kommt, haben sich die Regierungen der führenden Industriestaaten zusammen getan und eine Vertrauensoffensive gestartet; sie kündigen die Teilverstaatlichung von Banken an, übernehmen Garantien für die Spareinlagen und beschließen Milliardenpakete zur Rettung des Kreditwesen und der von der Pleite bedrohten Banken, Gelder die sie in Wirklichkeit gar nicht haben.

Die Frage die sich jeder stellt: „Wie wird es weiter gehen?“ Unterstellen wir, dass diese politischen Entscheidungen auf längerer Sicht nicht wirken und unterstellen wir, dass der Kapitalfluss zum Stillstand kommt. Die Folgen währen dramatisch: Die Kapitalmärkte versorgen die Gesellschaft nicht mehr mit dem notwendigen Geldern; Rohstoffe, Löhne, Pensionen, Konsumartikel sind nicht mehr zu finanzieren, die Wirtschaft bricht ein.

Eins führt zum anderen. Der Kapitalmangel führt zur Zahlungsunfähigkeit, dies führt zur Massenarbeitslosigkeit und die Massenarbeitslosigkeit führt zur Massenverelendung. Diese Zustände führen zum Kollaps der bürgerlichen Demokratie, zur Wirkungslosigkeit des Parlamentarismus, sie versetzt die ganze Gesellschaft in die Barbarei. Die Geschichte des Kapitalismus vor den beiden Weltkriegen, ist für diese Entwicklung der lebendige Beweis. Beim Zusammenbruch der Wirtschaft werden all die gewohnten demokratischen Regeln in die Tiefe gerissen und der kollabierte Parlamentarismus wird durch die offene bürgerliche Diktatur, den Faschismus, ersetzt.

Nun wird es hoffentlich nicht soweit kommen. Aber trotzdem sollten wir uns ernsthaft darüber Gedanken machen, welche wirkungsvollen Gegenmaßnahmen den Lohnabhängigen bleiben. Alle Maßnahmen die nicht auf das Ende des Kapitalismus abzielen, verlängern das Leid der Menschheit. Denn wer die Kosten für die Erhaltung des Kapitalismus tragen muss, dass sind wir, die ArbeiterInnenklasse.

Als einziger Ausweg bleibt, dass wir die versteckte Diktatur des Kapitalismus außer Kraft stellen und sie durch demokratische Regeln ersetzen, in der alle ArbeitnehmerInnen, selbst über die Aufgaben der Gesellschaft und über das was sie produzieren und konsumieren bestimmen.