Für eine linke Alternative in den Arbeiterkammern!
- Samstag, 18. Oktober 2008 @ 18:00
Von Karin Antlanger, GLB-Bundesvorsitzende
Zur Finanzkrise
Wie die jetzt akut gewordene internationale Finanzkrise zeigt, haben wir in unserer grundsätzlichen Kritik am Neoliberalismus recht behalten. Das immer wieder geradezu religiös verkündete Dogma „Weniger Staat, mehr privat“ ist schmählich gescheitert, seine eifrigsten Verfechter rufen jetzt nach dem geschmähten Staat um ihre Pfründe zu retten. Genugtuung darüber, zu Recht gewarnt und recht behalten zu haben kann freilich nicht aufkommen, weil wir noch gar nicht wissen, welche Auswirkungen diese Krise auf die Realwirtschaft und damit auf das Leben aller Lohnabhängigen haben wird.
Es kann daher nicht akzeptiert werden, dass zuerst jahrelang die AnlegerInnen abcashen, dass die auf maximale Renditen verpflichteten ManagerInnen Millionenprämien kassieren und dann nach dem Staat gerufen wird und letztlich auf Kosten der steuerzahlenden Lohnabhängigen die Misere saniert wird. Es ist schon bezeichnend, wie innerhalb weniger Tage ein 100-Milliarden-Paket zur Rettung der Bankenwelt geschnürt wird, während auf der anderen Seite legitime Forderungen zur Erhaltung und Erweiterung des Sozialstaates, und seien es so mickrige Almosen wie die „bedarfsorientierte Mindestsicherung“ der gescheiterten Regierung auf die lange Bank geschoben werden.
Nächste Woche findet wieder die Österreichische Armutskonferenz statt. Hätte man nur einen Bruchteil dieses 100 Milliardenpakets in unser Sozialsystem investiert – wir bräuchten keine Armutskonferenz mehr.
Ein krasses Beispiel in Österreich ist nun die Constantia-Privatbank, die jetzt von fünf Banken übernommen und mit einer Geldspritze der Nationalbank vor der Pleite gerettet werden soll, nachdem die durchwegs gutbetuchten Anleger ihre Gelder abgezogen haben und die Eigentümerin Christiane Castelbajac nicht bereit ist, Geld zuzuschießen, wobei anzumerken ist, dass die Eigentümerin, die Tochter des verstorbenen Industriellen und FPÖ-Fans Turnauer laut der Zeitschrift „trend“ mit einem Vermögen von 1,4 Milliarden Euro auf Platz 19 der reichsten ÖsterreicherInnen rangiert.
Wir fordern daher, dass die für diese Krise Verantwortlichen und jene, die jahrelang von diesem System profitiert haben, zur Kasse gebeten werden.
* Durch Wiedereinführung einer Vermögens- und Erbschaftssteuer,
* durch Wiedereinführung einer Kapitalverkehrssteuer und scharfer Kontrolle des Kapitalverkehrs
* durch Auflösung der steuerschonenden Privatstiftungen.
* Und wir fordern die Überführung des Bank-, Kredit- und Versicherungssektors in öffentliches Eigentum.
Es liegt freilich nicht einzig und allein an der Gier der AnlegerInnen, möglichst hohe Dividenden zu cashen – die eigentliche Ursache dieser Krise liegt im kapitalistischen System. Kein Wunder, dass Karl Marx´ „Kapital“ jetzt wieder stark gefragt ist – dort steht nämlich wie dieses System funktioniert und das hat sich im Kern seit 150 Jahren nicht geändert und ist nach dem Scheitern des sog. Realsozialismus, der sieben Jahrzehnte lang als Systemkonkurrenz und Bremse gewirkt hatte, wieder in aller Deutlichkeit als „Kapitalismus pur“ zum Ausdruck gekommen.
Und wenn ich „Kapitalismus pur“ sage, dann meine ich ein System fern aller Täuschungsversuche wie „soziale Marktwirtschaft“, „ökosozialer Marktwirtschaft“ oder wie sie sonst noch alle verschämt benannt wurden. Wir dürfen uns aber auch nicht täuschen lassen, wenn jetzt plötzlich Leute, die den Terminus „Kapitalismus“ gescheut haben wie der Teufel das Weihwasser, sich überschwänglich in Kritik an eben demselben ergehen. Die Absicht durchzutauchen und nicht über konkrete Maßnahmen reden zu müssen ist unübersehbar.
In der vorliegenden Stellungnahme zur Finanzkrise sind alle wesentlichen Argumente, aber auch unsere Forderungen dazu zusammengefasst.
Zur Lohnpolitik
Es ist ein Verdienst unseres „Arbeit“-Autors Lutz Holzinger auch in diesem Zusammenhang immer wieder das Versagen der Gewerkschaften in ihrem „Kerngeschäft“, nämlich der Lohnpolitik, zu kritisieren. Die unterwürfige Haltung der führenden ÖGB-FunktionärInnen, die der Sozialpartnerschaft und damit der Standortpolitik des Kapitals verpflichtete sind, brachte als Ergebnis, dass heute die Reallöhne niedriger sind als vor zehn Jahren.
Hätten die Lohn- und Gehaltsabschlüsse einigermaßen mit der Produktivitätsentwicklung mitgehalten, dann wären spürbare Reallohnerhöhungen erfolgt, die Kaufkraft wäre gestärkt worden weil durchschnittliche Lohnabhängige ihr Geld meist in den Konsum stecken und nicht an die Börse bringen und damit wäre auch das Manko der seit Jahren stagnierenden Inlandsnachfrage für die Wirtschaft nicht in dem Ausmaß vorhanden.
Dass eine rein exportorientierte Wirtschaft verbunden mit massivem Druck auf die Löhne und Sozialleistungen krasse Schwächen hat, zeigt sich jetzt deutlich, wenn in namhaften Industriebetrieben hunderte und tausende Arbeitsplätze wackeln, das Beispiel der Autozulieferindustrie, wo jetzt massenhaft Kurzarbeit angesagt ist, steht geradezu exemplarisch dafür.
Gerade durch das vom ÖGB mit zu verantwortende Lohndumping – wir brauchen da nur an die schlechten Abschlüsse der letzten Jahre denken - hat mit dazu beigetragen, dass viel Geld nicht in die Realwirtschaft geflossen ist, sondern überschüssiges Kapital zum Zwecke von Maximalrenditen auf einem immer riskanter werdenden Kapitalmarkt spekulativ veranlagt wurde und wird. Wir brauchen uns jetzt natürlich nicht zu einer Argumentation versteigen, dass etwa der ÖGB wegen seiner schlechten Lohnabschlüsse die Finanzkrise ausgelöst hätte – aber Tatsache ist, dass die übermäßige Anhäufung von unproduktivem Kapital aufgrund einer nicht stattgefundenen Umverteilung sicherlich auch durch diese zurückhaltende Lohnpolitik gefördert wurde.
Und anstatt heuer zumindest einen 5er vor der Kommastelle zu haben, ist zu erwarten, dass sich die Gewerkschaftsspitzen erst recht wieder über den Tisch ziehen lassen, wenn man hört, dass bei den Metallern auf beiden Seiten Einigkeit darüber herrscht, dass die Inflationsrate jedenfalls abgegolten werden soll. Das WIFO hat ja wieder „rechtzeitig“, wie alle Jahre, zu Beginn der Herbstrunde die Inflation und das Wirtschaftswachstum nach unten „korrigiert“.
Daher bekräftigen wir auch von dieser Konferenz aus unsere Forderung nach Lohn- und Gehaltsabschlüssen die sowohl die tatsächliche Inflation (gemessen am Warenkorb des täglichen Bedarfs) als auch das Produktivitätswachstum abgelten müssen.
Wir haben schon 2005 in unseren „Grundsätzen der Kollektivvertragspolitik des GLB“ die wesentlichen Kriterien einer KV-Politik formuliert. Darin beinhaltet ist auch die Orientierung auf Sockelbeträge um ein Anwachsen der Schere zwischen niedrigen und hohen Einkommen zu verkleinern. Hingegen lehnen wir alle Ansätze für Einmalzahlungen strikt ab, weil solche bedeuten, dass langfristig enorme Einkommensverluste die Folge sind, indem Einmalzahlungen für künftige Erhöhungen ebenso wenig angerechnet werden wie für spätere Pensionen.
Zur Steuerpolitik
Es ist bezeichnend, dass der ÖGB trotz laufender Lohnverhandlungen kaum über diese spricht, sondern unisono eine Entlastung der Lohnabhängigen durch eine Steuerreform verlangt. Nun ist eine solche zweifellos überfällig. Es kann ja nicht akzeptiert werden, wenn die Lohnabhängigen über Lohnsteuer und Mehrwertsteuer einen immer größeren Anteil des Steuertopfes füllen müssen, während Kapital und Vermögen seit Jahren sukzessive entlastet wurden und Österreich zum Steuerparadies für die Reichen verkommen ist.
Aber wir müssen auch klarmachen, dass eine Steuerreform kein Ersatz für eine offensive Lohnpolitik ist! Und das ist dzt. unser Hauptkritikpunkt an der ÖGB-Führung. Die Realeinkommensverluste der letzten Jahre können nicht durch Steuersenkung wettgemacht werden. Und wenn sich der ÖGB von einer aktiven Lohnpolitik verabschiedet hat, so muss er durch seine Mitglieder wieder dazu gezwungen werden.
Zur Pensionsfinanzierung
Die Finanzkrise macht aber auch deutlich, dass die von Politik, Experten und Medien jahrelang gepredigte Pensionsfinanzierung über den Kapitalmarkt letztlich nichts anderes ist als ein Betrug an den Menschen, denen man versucht einzureden, dass sie selber vorsorgen müssten, weil die Pensionen nicht mehr finanzierbar wären.
Schon seit mehreren Jahren müssen vor allem jene, die Ende der 90er Jahre in diese „zweite Säule“ eingestiegen sind schmerzhafte Kürzungen verzeichnen, weil die Rendite durchwegs niedriger ist, als wenn das Geld auf ein gut verzinstes Sparbuch gelegt worden wäre. Es ist daher geradezu pervers, wenn die Versicherungswirtschaft ungeachtet der aktuellen Entwicklungen beklagt, dass nur 13 Prozent der österreichischen Unselbständigen in einer Pensionskasse versichert sind und behauptet, dass es dazu keine Alternative gäbe.
Dass die Transparenz der Pensionskassen mangelhaft ist und sich diese über die Kosten bedeckt halten, spricht für sich – schließlich soll an dieser Art der Vorsorge kräftig verdient werden. Wir halten dem entgegen, dass eine Rückführung der Pensionsfinanzierung auf das bewährte Umlagensystem notwendig ist, wir sagen aber auch, dass für eine langfristige Finanzierung der Pensionen eine Wertschöpfungsabgabe unerlässlich ist.
Zum Öffentliches Eigentum
Es ist ein Verdienst der SPÖ schon in ihrer Regierungszeit von 1986 bis 2000 den Großteil der einstigen Verstaatlichten zerschlagen und privatisiert zu haben. Ein wohl unverdächtiger Zeuge, der einstige Verstaatlichtenminister Rudolf Streicher hat diese Bilanz mit dem Ausspruch „Unser Katechismus ist das Aktienrecht“ auf den Punkt gebracht und der noch amtierende Bundeskanzler Alfred Gusenbauer hat die Haltung seiner Partei mit dem Sager „Es wird keine Privatisierung rückgängig gemacht” klargestellt.
Auch wenn heute die SPÖ davon nichts mehr wissen will und die FSG in Arbeiterkammer und ÖGB schon gar nicht darauf hingewiesen werden will, auch dort wo die SPÖ in Gemeinden und Ländern regiert wird flott weiter aus dem öffentlichen Sektor ausgegliedert und auch privatisiert. Die Begierde des überschüssigen Kapitals, das ja ständig neue und lukrative Anlagemöglichkeiten sucht, gilt jetzt vor allem dem umfangreichen Sektor der Infrastruktur: d.h. Kommunale Unternehmen, E-Wirtschaft, ÖBB, Bildung, Gesundheitswesen, Pensionsfinanzierung, Post und Telekom, Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen usw.
Und auch in der Causa Privatisierung können wir als GLB mit Fug und Recht feststellen, dass wir vor den negativen Auswirkungen gewarnt haben. Auch wenn einige einst verstaatlichte Unternehmen wie die voestalpine bis zuletzt noch boomen - die NutznießerInnen der Privatisierung sind die in- und ausländischen privaten EigentümerInnen, die an Dividenden und Kursgewinnen Unsummen verdient haben. Und wenn es nicht gut läuft, sind es immer die Beschäftigten, die Opfer zu bringen haben, sei es durch Lohn- und Leistungsdruck, sei es durch Arbeitsplatzvernichtung. Gewinne sind privat – Verluste sind von der Allgemeinheit zu finanzieren…
Zum Regierungsprogramm
Wenn jetzt die Regierungsverhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP mit dem Ziel einer Neuauflage der rotschwarzen Koalition beginnen gilt es auch aus der Sicht der GewerkschafterInnen bzw. der Lohnabhängigen die Eckpunkte eines künftigen Regierungsprogramms festzuhalten. Dabei lehnen wir vor allem ab, dass so wie in den letzten zwei Jahren ÖGB-Chef Hundstorfer gemeinsam mit seinem Sozialpartner WKO-Chef Leitl als „Dienstleister“ der Regierung agiert und federführend für Verschlechterungen wie bei der Verlängerung der Arbeitszeit, der Lehrlingsbeschäftigung und bei der vorläufig aufgeschobenen Gesundheitsreform verantwortlich ist.
Was wir von einer künftigen Regierung erwarten ist einfach formuliert:
* einen gesetzlichen Mindestlohn von zehn Euro pro Stunde,
* die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe zur Finanzierung von Pensionen und Gesundheit,
* eine Reduzierung der Arbeitszeiten,
* eine Steuerreform mit Entlastung der mittleren Einkommen mit Gegenfinanzierung durch höhere Steuern auf Kapital und Vermögen,
* die Erhaltung des öffentlichen Eigentums vor allem im wichtigen Bereich der Infrastruktur und den verfassungsmäßigen Schutz desselben.
Zur Arbeiterkammerwahl
Der Anlass für unsere heutige AktivistInnenkonferenz ist die 2009 anstehende Arbeiterkammerwahl, bei der wir, wie bereits im Frühjahr beschlossen, in möglichst allen Bundesländern als GLB antreten wollen. Dazu brauchen wir die Mitarbeit aller unserer KollegInnen, aktive wie PensionistInnen, FreundInnen und SympathisantInnen.
Die GLB-Bundesleitung hat bereits im Juni den Entwurf für eine Wahlplattform diskutiert und zur Diskussion gestellt. Die heutige Konferenz soll nun diese Plattform als inhaltliche Grundlage für die Arbeiterkammerwahl beschließen, verschiedene Änderungen die im Zuge der Diskussion eingebracht wurden sind im vorliegenden Papier bereits eingearbeitet. Anzumerken ist noch, dass diese Plattform bewusst nicht bis ins letzte Detail geht, sondern unsere Positionen nur allgemein formuliert um auch Platz für Modifizierungen und Konkretisierungen zu lassen.
Natürlich müssen wir diese Wahlplattform noch in eine gefällige grafische Gestaltung und ein handliches Druckformat bringen. Aber abgesehen von den zentralen Materialien wie Plakate, Wahlplattform, Zeitung, Kalender etc. brauchen wir jegliche kreative und kostengünstige Herangehensweise an die lokalen und regionalen Bedürfnisse im AK-Wahlkampf: und ich sag euch eines, KollegInnen: persönliche Folder mit Fotos von KandidatInnen und kurzen Statements überzeugen mit Sicherheit mehr als ein Feuerzeug oder ein Kugelschreiber. Leute, die auf Geschenke scharf sind, die holen sich diese von allen Fraktionen – können aber trotzdem nur eine wählen, wenn sie das dann überhaupt tun.
Die Übersetzung des einen oder anderen Wahlmaterials ins Türkische, Serbokroatische oder bei Bedarf und Möglichkeit in eine andere Sprache sollen wir auf jeden Fall umsetzen. Und nicht vergessen: wir haben nicht mehr den freigestellten Apparat wie vor Jahren. Hauptamtliche GLB-FunktionärInnen gibt es nur noch bei der Vida und den Gemeindebediensteten. Und Kollege Jonischkeit ist sowieso zwischen Vorarlberg und Wien ständig unterwegs.
Es wird also viel Arbeit, es wird mühsam – aber wir müssen die Chancen nutzen. Viele von uns haben es im jüngsten Nationalratswahlkampf erlebt, dass mit den Menschen über ihre persönliche Betroffenheit gut ins Gespräch zu kommen ist und dass uns die primitiven antikommunistischen Anfeindungen früherer Wahlkämpfe nicht mehr entgegenschlagen. Vielmehr liegt es nun an uns, aufzuzeigen, dass gerade in einer Zeit, wo die Mehrheitsfraktion in AK und ÖGB wieder knapp vor dem Bewusstsein steht, sie seien die Regierung, dass nun umso mehr wieder eine linke kritische Kontrolle angebracht ist. Und dafür stehen wir.
Referat von Karin Antlanger bei der GLB-AktivistInnenkonferenz am 18. Oktober 2008 in Wien. Es gilt das gesprochene Wort.
Zur Finanzkrise
Wie die jetzt akut gewordene internationale Finanzkrise zeigt, haben wir in unserer grundsätzlichen Kritik am Neoliberalismus recht behalten. Das immer wieder geradezu religiös verkündete Dogma „Weniger Staat, mehr privat“ ist schmählich gescheitert, seine eifrigsten Verfechter rufen jetzt nach dem geschmähten Staat um ihre Pfründe zu retten. Genugtuung darüber, zu Recht gewarnt und recht behalten zu haben kann freilich nicht aufkommen, weil wir noch gar nicht wissen, welche Auswirkungen diese Krise auf die Realwirtschaft und damit auf das Leben aller Lohnabhängigen haben wird.
Es kann daher nicht akzeptiert werden, dass zuerst jahrelang die AnlegerInnen abcashen, dass die auf maximale Renditen verpflichteten ManagerInnen Millionenprämien kassieren und dann nach dem Staat gerufen wird und letztlich auf Kosten der steuerzahlenden Lohnabhängigen die Misere saniert wird. Es ist schon bezeichnend, wie innerhalb weniger Tage ein 100-Milliarden-Paket zur Rettung der Bankenwelt geschnürt wird, während auf der anderen Seite legitime Forderungen zur Erhaltung und Erweiterung des Sozialstaates, und seien es so mickrige Almosen wie die „bedarfsorientierte Mindestsicherung“ der gescheiterten Regierung auf die lange Bank geschoben werden.
Nächste Woche findet wieder die Österreichische Armutskonferenz statt. Hätte man nur einen Bruchteil dieses 100 Milliardenpakets in unser Sozialsystem investiert – wir bräuchten keine Armutskonferenz mehr.
Ein krasses Beispiel in Österreich ist nun die Constantia-Privatbank, die jetzt von fünf Banken übernommen und mit einer Geldspritze der Nationalbank vor der Pleite gerettet werden soll, nachdem die durchwegs gutbetuchten Anleger ihre Gelder abgezogen haben und die Eigentümerin Christiane Castelbajac nicht bereit ist, Geld zuzuschießen, wobei anzumerken ist, dass die Eigentümerin, die Tochter des verstorbenen Industriellen und FPÖ-Fans Turnauer laut der Zeitschrift „trend“ mit einem Vermögen von 1,4 Milliarden Euro auf Platz 19 der reichsten ÖsterreicherInnen rangiert.
Wir fordern daher, dass die für diese Krise Verantwortlichen und jene, die jahrelang von diesem System profitiert haben, zur Kasse gebeten werden.
* Durch Wiedereinführung einer Vermögens- und Erbschaftssteuer,
* durch Wiedereinführung einer Kapitalverkehrssteuer und scharfer Kontrolle des Kapitalverkehrs
* durch Auflösung der steuerschonenden Privatstiftungen.
* Und wir fordern die Überführung des Bank-, Kredit- und Versicherungssektors in öffentliches Eigentum.
Es liegt freilich nicht einzig und allein an der Gier der AnlegerInnen, möglichst hohe Dividenden zu cashen – die eigentliche Ursache dieser Krise liegt im kapitalistischen System. Kein Wunder, dass Karl Marx´ „Kapital“ jetzt wieder stark gefragt ist – dort steht nämlich wie dieses System funktioniert und das hat sich im Kern seit 150 Jahren nicht geändert und ist nach dem Scheitern des sog. Realsozialismus, der sieben Jahrzehnte lang als Systemkonkurrenz und Bremse gewirkt hatte, wieder in aller Deutlichkeit als „Kapitalismus pur“ zum Ausdruck gekommen.
Und wenn ich „Kapitalismus pur“ sage, dann meine ich ein System fern aller Täuschungsversuche wie „soziale Marktwirtschaft“, „ökosozialer Marktwirtschaft“ oder wie sie sonst noch alle verschämt benannt wurden. Wir dürfen uns aber auch nicht täuschen lassen, wenn jetzt plötzlich Leute, die den Terminus „Kapitalismus“ gescheut haben wie der Teufel das Weihwasser, sich überschwänglich in Kritik an eben demselben ergehen. Die Absicht durchzutauchen und nicht über konkrete Maßnahmen reden zu müssen ist unübersehbar.
In der vorliegenden Stellungnahme zur Finanzkrise sind alle wesentlichen Argumente, aber auch unsere Forderungen dazu zusammengefasst.
Zur Lohnpolitik
Es ist ein Verdienst unseres „Arbeit“-Autors Lutz Holzinger auch in diesem Zusammenhang immer wieder das Versagen der Gewerkschaften in ihrem „Kerngeschäft“, nämlich der Lohnpolitik, zu kritisieren. Die unterwürfige Haltung der führenden ÖGB-FunktionärInnen, die der Sozialpartnerschaft und damit der Standortpolitik des Kapitals verpflichtete sind, brachte als Ergebnis, dass heute die Reallöhne niedriger sind als vor zehn Jahren.
Hätten die Lohn- und Gehaltsabschlüsse einigermaßen mit der Produktivitätsentwicklung mitgehalten, dann wären spürbare Reallohnerhöhungen erfolgt, die Kaufkraft wäre gestärkt worden weil durchschnittliche Lohnabhängige ihr Geld meist in den Konsum stecken und nicht an die Börse bringen und damit wäre auch das Manko der seit Jahren stagnierenden Inlandsnachfrage für die Wirtschaft nicht in dem Ausmaß vorhanden.
Dass eine rein exportorientierte Wirtschaft verbunden mit massivem Druck auf die Löhne und Sozialleistungen krasse Schwächen hat, zeigt sich jetzt deutlich, wenn in namhaften Industriebetrieben hunderte und tausende Arbeitsplätze wackeln, das Beispiel der Autozulieferindustrie, wo jetzt massenhaft Kurzarbeit angesagt ist, steht geradezu exemplarisch dafür.
Gerade durch das vom ÖGB mit zu verantwortende Lohndumping – wir brauchen da nur an die schlechten Abschlüsse der letzten Jahre denken - hat mit dazu beigetragen, dass viel Geld nicht in die Realwirtschaft geflossen ist, sondern überschüssiges Kapital zum Zwecke von Maximalrenditen auf einem immer riskanter werdenden Kapitalmarkt spekulativ veranlagt wurde und wird. Wir brauchen uns jetzt natürlich nicht zu einer Argumentation versteigen, dass etwa der ÖGB wegen seiner schlechten Lohnabschlüsse die Finanzkrise ausgelöst hätte – aber Tatsache ist, dass die übermäßige Anhäufung von unproduktivem Kapital aufgrund einer nicht stattgefundenen Umverteilung sicherlich auch durch diese zurückhaltende Lohnpolitik gefördert wurde.
Und anstatt heuer zumindest einen 5er vor der Kommastelle zu haben, ist zu erwarten, dass sich die Gewerkschaftsspitzen erst recht wieder über den Tisch ziehen lassen, wenn man hört, dass bei den Metallern auf beiden Seiten Einigkeit darüber herrscht, dass die Inflationsrate jedenfalls abgegolten werden soll. Das WIFO hat ja wieder „rechtzeitig“, wie alle Jahre, zu Beginn der Herbstrunde die Inflation und das Wirtschaftswachstum nach unten „korrigiert“.
Daher bekräftigen wir auch von dieser Konferenz aus unsere Forderung nach Lohn- und Gehaltsabschlüssen die sowohl die tatsächliche Inflation (gemessen am Warenkorb des täglichen Bedarfs) als auch das Produktivitätswachstum abgelten müssen.
Wir haben schon 2005 in unseren „Grundsätzen der Kollektivvertragspolitik des GLB“ die wesentlichen Kriterien einer KV-Politik formuliert. Darin beinhaltet ist auch die Orientierung auf Sockelbeträge um ein Anwachsen der Schere zwischen niedrigen und hohen Einkommen zu verkleinern. Hingegen lehnen wir alle Ansätze für Einmalzahlungen strikt ab, weil solche bedeuten, dass langfristig enorme Einkommensverluste die Folge sind, indem Einmalzahlungen für künftige Erhöhungen ebenso wenig angerechnet werden wie für spätere Pensionen.
Zur Steuerpolitik
Es ist bezeichnend, dass der ÖGB trotz laufender Lohnverhandlungen kaum über diese spricht, sondern unisono eine Entlastung der Lohnabhängigen durch eine Steuerreform verlangt. Nun ist eine solche zweifellos überfällig. Es kann ja nicht akzeptiert werden, wenn die Lohnabhängigen über Lohnsteuer und Mehrwertsteuer einen immer größeren Anteil des Steuertopfes füllen müssen, während Kapital und Vermögen seit Jahren sukzessive entlastet wurden und Österreich zum Steuerparadies für die Reichen verkommen ist.
Aber wir müssen auch klarmachen, dass eine Steuerreform kein Ersatz für eine offensive Lohnpolitik ist! Und das ist dzt. unser Hauptkritikpunkt an der ÖGB-Führung. Die Realeinkommensverluste der letzten Jahre können nicht durch Steuersenkung wettgemacht werden. Und wenn sich der ÖGB von einer aktiven Lohnpolitik verabschiedet hat, so muss er durch seine Mitglieder wieder dazu gezwungen werden.
Zur Pensionsfinanzierung
Die Finanzkrise macht aber auch deutlich, dass die von Politik, Experten und Medien jahrelang gepredigte Pensionsfinanzierung über den Kapitalmarkt letztlich nichts anderes ist als ein Betrug an den Menschen, denen man versucht einzureden, dass sie selber vorsorgen müssten, weil die Pensionen nicht mehr finanzierbar wären.
Schon seit mehreren Jahren müssen vor allem jene, die Ende der 90er Jahre in diese „zweite Säule“ eingestiegen sind schmerzhafte Kürzungen verzeichnen, weil die Rendite durchwegs niedriger ist, als wenn das Geld auf ein gut verzinstes Sparbuch gelegt worden wäre. Es ist daher geradezu pervers, wenn die Versicherungswirtschaft ungeachtet der aktuellen Entwicklungen beklagt, dass nur 13 Prozent der österreichischen Unselbständigen in einer Pensionskasse versichert sind und behauptet, dass es dazu keine Alternative gäbe.
Dass die Transparenz der Pensionskassen mangelhaft ist und sich diese über die Kosten bedeckt halten, spricht für sich – schließlich soll an dieser Art der Vorsorge kräftig verdient werden. Wir halten dem entgegen, dass eine Rückführung der Pensionsfinanzierung auf das bewährte Umlagensystem notwendig ist, wir sagen aber auch, dass für eine langfristige Finanzierung der Pensionen eine Wertschöpfungsabgabe unerlässlich ist.
Zum Öffentliches Eigentum
Es ist ein Verdienst der SPÖ schon in ihrer Regierungszeit von 1986 bis 2000 den Großteil der einstigen Verstaatlichten zerschlagen und privatisiert zu haben. Ein wohl unverdächtiger Zeuge, der einstige Verstaatlichtenminister Rudolf Streicher hat diese Bilanz mit dem Ausspruch „Unser Katechismus ist das Aktienrecht“ auf den Punkt gebracht und der noch amtierende Bundeskanzler Alfred Gusenbauer hat die Haltung seiner Partei mit dem Sager „Es wird keine Privatisierung rückgängig gemacht” klargestellt.
Auch wenn heute die SPÖ davon nichts mehr wissen will und die FSG in Arbeiterkammer und ÖGB schon gar nicht darauf hingewiesen werden will, auch dort wo die SPÖ in Gemeinden und Ländern regiert wird flott weiter aus dem öffentlichen Sektor ausgegliedert und auch privatisiert. Die Begierde des überschüssigen Kapitals, das ja ständig neue und lukrative Anlagemöglichkeiten sucht, gilt jetzt vor allem dem umfangreichen Sektor der Infrastruktur: d.h. Kommunale Unternehmen, E-Wirtschaft, ÖBB, Bildung, Gesundheitswesen, Pensionsfinanzierung, Post und Telekom, Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen usw.
Und auch in der Causa Privatisierung können wir als GLB mit Fug und Recht feststellen, dass wir vor den negativen Auswirkungen gewarnt haben. Auch wenn einige einst verstaatlichte Unternehmen wie die voestalpine bis zuletzt noch boomen - die NutznießerInnen der Privatisierung sind die in- und ausländischen privaten EigentümerInnen, die an Dividenden und Kursgewinnen Unsummen verdient haben. Und wenn es nicht gut läuft, sind es immer die Beschäftigten, die Opfer zu bringen haben, sei es durch Lohn- und Leistungsdruck, sei es durch Arbeitsplatzvernichtung. Gewinne sind privat – Verluste sind von der Allgemeinheit zu finanzieren…
Zum Regierungsprogramm
Wenn jetzt die Regierungsverhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP mit dem Ziel einer Neuauflage der rotschwarzen Koalition beginnen gilt es auch aus der Sicht der GewerkschafterInnen bzw. der Lohnabhängigen die Eckpunkte eines künftigen Regierungsprogramms festzuhalten. Dabei lehnen wir vor allem ab, dass so wie in den letzten zwei Jahren ÖGB-Chef Hundstorfer gemeinsam mit seinem Sozialpartner WKO-Chef Leitl als „Dienstleister“ der Regierung agiert und federführend für Verschlechterungen wie bei der Verlängerung der Arbeitszeit, der Lehrlingsbeschäftigung und bei der vorläufig aufgeschobenen Gesundheitsreform verantwortlich ist.
Was wir von einer künftigen Regierung erwarten ist einfach formuliert:
* einen gesetzlichen Mindestlohn von zehn Euro pro Stunde,
* die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe zur Finanzierung von Pensionen und Gesundheit,
* eine Reduzierung der Arbeitszeiten,
* eine Steuerreform mit Entlastung der mittleren Einkommen mit Gegenfinanzierung durch höhere Steuern auf Kapital und Vermögen,
* die Erhaltung des öffentlichen Eigentums vor allem im wichtigen Bereich der Infrastruktur und den verfassungsmäßigen Schutz desselben.
Zur Arbeiterkammerwahl
Der Anlass für unsere heutige AktivistInnenkonferenz ist die 2009 anstehende Arbeiterkammerwahl, bei der wir, wie bereits im Frühjahr beschlossen, in möglichst allen Bundesländern als GLB antreten wollen. Dazu brauchen wir die Mitarbeit aller unserer KollegInnen, aktive wie PensionistInnen, FreundInnen und SympathisantInnen.
Die GLB-Bundesleitung hat bereits im Juni den Entwurf für eine Wahlplattform diskutiert und zur Diskussion gestellt. Die heutige Konferenz soll nun diese Plattform als inhaltliche Grundlage für die Arbeiterkammerwahl beschließen, verschiedene Änderungen die im Zuge der Diskussion eingebracht wurden sind im vorliegenden Papier bereits eingearbeitet. Anzumerken ist noch, dass diese Plattform bewusst nicht bis ins letzte Detail geht, sondern unsere Positionen nur allgemein formuliert um auch Platz für Modifizierungen und Konkretisierungen zu lassen.
Natürlich müssen wir diese Wahlplattform noch in eine gefällige grafische Gestaltung und ein handliches Druckformat bringen. Aber abgesehen von den zentralen Materialien wie Plakate, Wahlplattform, Zeitung, Kalender etc. brauchen wir jegliche kreative und kostengünstige Herangehensweise an die lokalen und regionalen Bedürfnisse im AK-Wahlkampf: und ich sag euch eines, KollegInnen: persönliche Folder mit Fotos von KandidatInnen und kurzen Statements überzeugen mit Sicherheit mehr als ein Feuerzeug oder ein Kugelschreiber. Leute, die auf Geschenke scharf sind, die holen sich diese von allen Fraktionen – können aber trotzdem nur eine wählen, wenn sie das dann überhaupt tun.
Die Übersetzung des einen oder anderen Wahlmaterials ins Türkische, Serbokroatische oder bei Bedarf und Möglichkeit in eine andere Sprache sollen wir auf jeden Fall umsetzen. Und nicht vergessen: wir haben nicht mehr den freigestellten Apparat wie vor Jahren. Hauptamtliche GLB-FunktionärInnen gibt es nur noch bei der Vida und den Gemeindebediensteten. Und Kollege Jonischkeit ist sowieso zwischen Vorarlberg und Wien ständig unterwegs.
Es wird also viel Arbeit, es wird mühsam – aber wir müssen die Chancen nutzen. Viele von uns haben es im jüngsten Nationalratswahlkampf erlebt, dass mit den Menschen über ihre persönliche Betroffenheit gut ins Gespräch zu kommen ist und dass uns die primitiven antikommunistischen Anfeindungen früherer Wahlkämpfe nicht mehr entgegenschlagen. Vielmehr liegt es nun an uns, aufzuzeigen, dass gerade in einer Zeit, wo die Mehrheitsfraktion in AK und ÖGB wieder knapp vor dem Bewusstsein steht, sie seien die Regierung, dass nun umso mehr wieder eine linke kritische Kontrolle angebracht ist. Und dafür stehen wir.
Referat von Karin Antlanger bei der GLB-AktivistInnenkonferenz am 18. Oktober 2008 in Wien. Es gilt das gesprochene Wort.