Willkommen bei GLB - Gewerkschaftlicher Linksblock (Alte Website - Archiv seit Mai 2023) 

Das Karussell dreht sich

  • Dienstag, 24. Juni 2008 @ 08:11
Vida Von Franz Grün

Bahn, Post und Telekom sind die bekanntesten Spielwiesen für Privatisierungsgelüste neoliberaler bekannter und weniger bekannter Politiker verschiedenster Couleurs. Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre startet die neoliberale Politik und wird, teilweise durch die Medien unterstützt, gesellschaftsfähig gemacht. Privatisiert wird auf verschiedene Arten

Staatliche Betriebe werden direkt oder am Börsenmarkt verkauft oder der Staat zieht sich aus der Verantwortung zurück und überlässt die Erfüllung seiner Aufgaben dem freien Markt. Mit den Österreichischen Bundesbahnen wurde ein staatlicher Betrieb zerschlagen (filetiert) und in private Gesellschaftsformen überführt. Dies darf als Vorbereitung zum Verkauf gesehen werden.

1967 wurde die Österreichische Industrieverwaltungs-GmbH zur treuhändischen Ausübung der Anteilsrechte der Republik an verstaatlichten Unternehmen gegründet. 1970 wurde sie in die Österreichische Industrieverwaltungs-AG umgewandelt, gleichzeitig wurden ihr auch die Anteilsrechte übertragen. Bis 1993 bildete die ÖIAG mit den in ihrem Eigentum befindlichen Unternehmen einen Konzern, die Austrian Industries AG. Danach wurde dieses Konzernverhältnis gelöst und die Holding damit beauftragt, die in ihrem Besitz stehenden Betriebe zu privatisieren. Derzeit (August 2007) hält die ÖIAG unter anderem rund 27 Prozent an der Telekom Austria und 51 Prozent an der Österreichischen Post.

Ab dem Jahr 2000 wurden die Privatisierungsmaßnahmen unter der Bundesregierung Schüssel I schließlich forciert. Im November 2000 wurde die PSK zur Gänze an die Bank für Arbeit und Wirtschaft AG verkauft. Weiters wurden 22,4 Prozent der Telekom Austria AG über die Börse verkauft. Im September 2003, bereits unter dem Regime Schüssel II, wurde die Postbus AG, seit 2000 eine hundertprozentige Tochter der ÖIAG vollständig an die ÖBB verkauft. Aus wettbewerbsrechtlichen Gründen mussten die ÖBB in der Folge rund dreißig Prozent der erworbenen Postlinien an private Mitbewerber abgeben. Dies wäre nicht weiter beachtenswert würde es sich nicht um die lukrativsten Linien handeln. Im Mai 2006 wurden schlussendlich 49 Prozent der Post AG über die Börse verkauft.

Gleiches Ziel, andere Vorgangsweise

Bei den Österreichischen Bundesbahnen läuft der Deal, zwar mit dem gleichen Ziel, doch etwas anders. Aus dem einen Unternehmen Bahn sind 9 Gesellschaften geworden. Mit 1.1.2005 nahm die ÖBB Holding AG samt den neuen Organisationseinheiten ihre Arbeit auf. An Stelle der ÖBB trat eine Unternehmensform mit einer Leitgesellschaft samt wirtschaftlich eigenständiger und selbstverantwortlicher AGs und GmbHs. Der Bund hält hier noch 100 Prozent der Anteile wobei die Anteilsrechte vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie verwaltet werden.

Während die ÖBB Infrastruktur Betrieb AG für die Betriebsführung des Schienennetzes, die Bereitstellung und Erhaltung der Infrastruktur, die Betriebsplanung des Verschubs sowie für die Trassenvergabe und die Einhebung des Infrastrukturbenützungsentgeltes (Schienenmaut) zuständig ist, zeichnet die Infrastruktur Bau AG für die Planung und den Bau von Schieneninfrastruktur einschließlich Hochleistungsstrecken sowie Ersatzinvestitionen, falls diese über die gewöhnliche Wartung und Instandhaltung der Infrastruktur Betrieb AG hinausgehen, verantwortlich.

In die Betrieb AG wurden die bisherigen ÖBB Geschäftsbereiche Netz, Signal- und Systemtechnik, Fahrweg, Energie Netz, Telekom und Facility Management zusammengefasst. Der verbleibende Rest , das sind die Bereiche Planung & Engineering und Kraftwerke wurden mit der Eisenbahn-Hochleistungsstrecken AG und der Schieneninfrastruktur-Finanzierungsgesellschaft mbH zur ÖBB Infrastruktur Bau AG verschmolzen. Ebenfalls wurden die Bundesanteile an der Brenner Eisenbahn AG in die Bau AG eingebracht. Als Tochterunternehmen ist weiters die ÖBB Immobilien Management GmbH angegliedert.

Auch die Rail Cargo Austria AG nahm zur selben Zeit ihr Geschäft auf und gestaltet als eigenständiges Unternehmen den Güterverkehr einschließlich der Erbringung gemeinwirtschaftlicher Leistungen. Zur technischen Unterstützung hält die Rail Cargo Austria AG gemeinsam mit der Personenverkehr AG Anteile an der ÖBB Traktion GmbH und an der ÖBB Technische Services GmbH.

ÖVP forciert Privatisierung

Wie man sich die Privatisierungsgelüste bei der ÖVP vorstelle umriss Finanzminister Wilhelm Molterer im Oktober des Vorjahres anlässlich einer Diskussion mit Studenten der Wirtschaftsuniversität Wien. Je geringer der Einfluss des Staates , desto besser für das Unternehmen. Auch die ÖBB-Güterverkehrstochter Rail Cargo soll laut Molterer „schrittweise an die Börse kommen“. Infrastruktur sei zwar weiter „Verantwortung des Staates“, doch „wie darauf gefahren wird - das können Private besser“. Dies kann man natürlich auch auf weitere Unternehmen der Österreichischen Bundesbahnen ausdehnen. Durch die Trennung in verschiedene Gesellschaften kann man die lukrativen von den defizitären trennen. Allerdings ist es natürlich im Vorfeld wichtig den Betrieb börsenfähig zu machen.

Als Vorbereitung für die Börsenfähigkeit oder den Verkauf wurde die Belegschaft massiv reduziert. Wo sind die ca. 3000 Mitarbeiter bei Post und Telekom geblieben die seit oder im Zuge der Privatisierung abgebaut wurden. Bei den Österreichischen Bundesbahnen wurde die Belegschaft von 58.000 im Jahre 1996 auf 43.067 im Mai 2008 reduziert. Geplant ist eine Absenkung auf 35.000 bis zum Jahr 2010. Dieser Schrumpfungsprozess ist nur zum Teil auf natürlichen Abgang zurückzuführen. Vielmehr wurde die Belegschaft durch politisch umstrittene Frühpensionierungen reduziert. Die Liste der letzten drei Jahre ist ziemlich lang: 4500 Pflichtschullehrer, 2100 AHS-Lehrer, 2100 Verwaltungsbeamte und 1500 Bundesheer-Beamte gibt es nicht mehr.

Der Arbeitsdruck steigt

Wenn aber immer weniger MitarbeiterInnen die gleiche Arbeit verrichten sollen leidet zwangläufig die Qualität der angebotenen Dienstleistung. Oder aber das Angebot wird zurückgeschraubt. Oder man schafft einen Personalpool der viel Geld kostet und den Menschen das Recht auf Arbeit verwehrt.

Private Investoren haben natürlich nur Interesse an gewinnbringenden Unternehmen, die schon vorher mit Mitteln aus der Staatskasse saniert und börsenfähig gemacht wurden. Ein einmaliger Gewinn steht bei dem Verkauf für den Staat zu Buche. Dafür hat er für alle Altlasten (Sanierung) und die weiteren Kosten (Frühpensionisten) aufzukommen. Und den Spott der Unternehmer und Politiker „nicht wirtschaften zu können“.

Franz Grün ist Bundessekretär des GLBvida