Glattes Parkett in Brüssel
- Montag, 23. Juni 2008 @ 13:43
Von Oliver Jonischkeit
Nicht nur beim Unterzeichnen eines Papiers zur „Weltsozialpartnerschaft“ in New York war der ÖGB, vertreten durch Präsident Hundstorfer und mit der Wirtschaftskammer am Opernball vereinbart, aktiv – in Brüssel ist er das laufend. Neben dem ÖGB-Büro gehört dort Wolfgang Greif (GPA-DJP) zu den besonders aktiven KollegInnen in Gremien der EU. So war er kürzlich Berichterstatter der Studiengruppe „Arbeitnehmermitwirkung: Element guter Unternehmensführung in Europa“ im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA). Das vorliegende Arbeitsdokument bietet einige literarische Stilblüten – einige möchten wir nicht vorenthalten, etwa „die sozialen Rechte der Beschäftigten in der Arbeitswelt machen den Arbeitnehmer (Anmerkung: Frauen gibt´s für den EWSA in der Arbeitswelt offenbar nicht) in den europäischen Unternehmen „zum Bürger im Betrieb“ – das ist ihre demokratische Funktion“
Bereits 2006 stellte der EWSA fest, Mitglieder Europäischer Betriebsräte sind „überzeugte Protagonisten beim Aufbau einer neuen (europäischen) Gesellschaft“. Immerhin zeigt das Dokument aber auch, „wie wenig verinnerlicht die Arbeitnehmer-Beteiligung als Prinzip der europäischen Bürgergesellschaft in den Führungsetagen selbst renommierter Unternehmen ist“.
So hielt es das Management von Renault 1997 weder für nötig, den Europäischen Betriebsrat (EBR) noch die betroffene Gewerkschaft in Belgien von der kompletten Schließung seiner Produktionsstätte in Vilvoorde zu informieren – trotz der darauf erfolgten Schaffung von allgemeinen nationalen Standards für Unterrichtung und Anhörung durch europäischen Recht, stellt diese Vorgehensweise bis heute keinen Einzelfall dar.
Sehr unterschiedlich wird auch die Rolle der über 12.000 EBR-Mitglieder eingeschätzt. Während Manager Europäische Betriebsräte bzgl. Bedeutung und Wirksamkeit überwiegend positiv einschätzen, sind 75 Prozent der EBR-Mitglieder der Meinung, sie würden vom Management schlecht u.v.a. bei Veränderungen im Unternehmen entweder gar nicht informiert oder erst, nachdem EBR-relevante Entscheidungen bereits getroffen wurden (Jeremy Waddington, Einschätzung von EBR-Vertretern. 7. Internationale Konferenz der Otto-Brenner-Stiftung. „Mitbestimmung. in einem modernen Europa: Demokrat. AN-Beteiligung oder Konvergenz zu Minimalstandards?“, Bratislava).
Die EBR-Richtlinie soll nun überarbeitet werden – bleibt abzuwarten, ob dies zu einer dringend notwendigen Stärkung der Europäischen Betriebsräte beiträgt. Die „neue europäische Gesellschaft“ EU, von der so schön geschrieben wird, erweist sich in der Praxis als neoliberales, kapitalistisches Projekt, das gerne von einem „sozialen Europa“ spricht, während gleichzeitig der EU-weite Sozialabbau vorangetrieben wird. Die internationale Vernetzung von klassenorientierten Gewerkschaften mit dem Ziel der gemeinsamen Aktionsfähigkeit unter anderem im europäischen Weltgewerkschaftsbund, ist notwendiger denn je.
Im Gegensatz zum kuschelweichen, der „Sozialpartnerschaft“ verpflichteten Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB) ist der Weltgewerkschaftsbund offenbar in Brüssel nicht allzu gerne willkommen. Dieser hat bei einem Gespräch mit Arbeitskommissar Spidla gefordert, in den entsprechenden EU-Gremien ebenfalls den Interessen seiner Mitglieder Gehör zu verschaffen – Monate später kam eine eher nichts sagende Antwort…
Oliver Jonischkeit ist Bundessekretär des GLB
Nicht nur beim Unterzeichnen eines Papiers zur „Weltsozialpartnerschaft“ in New York war der ÖGB, vertreten durch Präsident Hundstorfer und mit der Wirtschaftskammer am Opernball vereinbart, aktiv – in Brüssel ist er das laufend. Neben dem ÖGB-Büro gehört dort Wolfgang Greif (GPA-DJP) zu den besonders aktiven KollegInnen in Gremien der EU. So war er kürzlich Berichterstatter der Studiengruppe „Arbeitnehmermitwirkung: Element guter Unternehmensführung in Europa“ im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA). Das vorliegende Arbeitsdokument bietet einige literarische Stilblüten – einige möchten wir nicht vorenthalten, etwa „die sozialen Rechte der Beschäftigten in der Arbeitswelt machen den Arbeitnehmer (Anmerkung: Frauen gibt´s für den EWSA in der Arbeitswelt offenbar nicht) in den europäischen Unternehmen „zum Bürger im Betrieb“ – das ist ihre demokratische Funktion“
Bereits 2006 stellte der EWSA fest, Mitglieder Europäischer Betriebsräte sind „überzeugte Protagonisten beim Aufbau einer neuen (europäischen) Gesellschaft“. Immerhin zeigt das Dokument aber auch, „wie wenig verinnerlicht die Arbeitnehmer-Beteiligung als Prinzip der europäischen Bürgergesellschaft in den Führungsetagen selbst renommierter Unternehmen ist“.
So hielt es das Management von Renault 1997 weder für nötig, den Europäischen Betriebsrat (EBR) noch die betroffene Gewerkschaft in Belgien von der kompletten Schließung seiner Produktionsstätte in Vilvoorde zu informieren – trotz der darauf erfolgten Schaffung von allgemeinen nationalen Standards für Unterrichtung und Anhörung durch europäischen Recht, stellt diese Vorgehensweise bis heute keinen Einzelfall dar.
Sehr unterschiedlich wird auch die Rolle der über 12.000 EBR-Mitglieder eingeschätzt. Während Manager Europäische Betriebsräte bzgl. Bedeutung und Wirksamkeit überwiegend positiv einschätzen, sind 75 Prozent der EBR-Mitglieder der Meinung, sie würden vom Management schlecht u.v.a. bei Veränderungen im Unternehmen entweder gar nicht informiert oder erst, nachdem EBR-relevante Entscheidungen bereits getroffen wurden (Jeremy Waddington, Einschätzung von EBR-Vertretern. 7. Internationale Konferenz der Otto-Brenner-Stiftung. „Mitbestimmung. in einem modernen Europa: Demokrat. AN-Beteiligung oder Konvergenz zu Minimalstandards?“, Bratislava).
Die EBR-Richtlinie soll nun überarbeitet werden – bleibt abzuwarten, ob dies zu einer dringend notwendigen Stärkung der Europäischen Betriebsräte beiträgt. Die „neue europäische Gesellschaft“ EU, von der so schön geschrieben wird, erweist sich in der Praxis als neoliberales, kapitalistisches Projekt, das gerne von einem „sozialen Europa“ spricht, während gleichzeitig der EU-weite Sozialabbau vorangetrieben wird. Die internationale Vernetzung von klassenorientierten Gewerkschaften mit dem Ziel der gemeinsamen Aktionsfähigkeit unter anderem im europäischen Weltgewerkschaftsbund, ist notwendiger denn je.
Im Gegensatz zum kuschelweichen, der „Sozialpartnerschaft“ verpflichteten Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB) ist der Weltgewerkschaftsbund offenbar in Brüssel nicht allzu gerne willkommen. Dieser hat bei einem Gespräch mit Arbeitskommissar Spidla gefordert, in den entsprechenden EU-Gremien ebenfalls den Interessen seiner Mitglieder Gehör zu verschaffen – Monate später kam eine eher nichts sagende Antwort…
Oliver Jonischkeit ist Bundessekretär des GLB