IT-Branche: Wirtschaft verweigert KV-Abschluss
- Samstag, 21. Juni 2008 @ 20:18
Von Michael Schmida
Anfang März verweigerte die Wirtschaftskammer die Zustimmung zu einem bereits zuvor ausverhandelten Kompromiss in Sachen Ist-Gehaltserhöhung in der IT-Branche. Damit wurde eine seit Jahren erhobene Forderung der IT-Fachkräfte durch die ArbeitgeberInnen in letzter Minute verhindert. Zur Vorgeschichte: Rund 50.000 Menschen arbeiten in Österreich in der IT-Branche. Für sie gilt der „Kollektivvertrag für Angestellte von Unternehmen im Bereich Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik“ (kurz: IT-KV). Er wird jährlich von der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-DJP) mit der Wirtschaftskammer Fachverband Unternehmensberatung & IT (UBIT) ausgehandelt.
Ende letzten Jahres einigten sich beide Seiten bis Ende März 2008 eine Lösung für die so genannten Ist-Gehälter zu finden. Ein leidiges Thema für alle, die in einer Branche arbeiten in der der Kollektivvertrag nur eine jährliche Erhöhung der Mindestgrundgehälter, nicht aber der einzelvertraglich ausgehandelten bzw. betriebsüblich bezahlten tatsächlichen Gehälter vorsieht. Dies führt dazu, dass die einst erhaltene Überzahlung von Jahr zu Jahr dahin schmilzt und am Ende nichts mehr davon übrig bleibt.
Die ArbeitnehmerInnen-Seite wollte nun erreichen, dass dieser jährliche Reallohnverlust durch eine entsprechende Änderung des KVs der Vergangenheit angehört. Herausgekommen ist nach den Verhandlungen eine Art Gewinnbeteiligungsmodell, welches mit einigen Ausnahmen, etwa nur für größere Unternehmen und nur bei entsprechenden Gewinnen, Gültigkeit gehabt hätte. Im Februar wurde der für die ArbeitgeberInnen sehr moderate Kompromiss dann abgeschlossen. Die Zustimmung der übergeordneten Gremien in Wirtschaftskammer und Gewerkschaft daher eigentlich nur reine Formsache. Es kam jedoch anders: Ein Monat später lehnte der Fachverbandsausschuss der Wirtschaftskammer die bereits erzielte Einigung ab. Eine Novität in der Geschichte der IT-KV Verhandlungen.
Obwohl sich in letzter Zeit die wirtschaftliche Situation in der Branche durchaus positiv entwickelt hat, scheint es, als würden die IT-ArbeitgeberInnen dessen ungeachtet nicht einmal zu kleinsten Zugeständnissen bereit sein. Den ArbeitgeberInnen kommt entgegen, dass die IT-Wirtschaft in Österreich wie kaum eine andere Branche einen sehr heterogenen Charakter aufweist. Sie reicht von Einzel- und Kleinstunternehmen, zum Teil sogar mit Beschäftigungsverhältnissen ohne kollektivvertragliche Absicherung, bis hin zu Großbetrieben mit gewerkschaftlicher Organisierung, BetriebsrätInnen und größeren Sicherheiten.
Seit Jahren wird über die zum Teil überaus schlechten Arbeitsbedingungen in der Branche geklagt. „Hire and Fire“, hoher Zeitdruck und Projektstress gehört zum Alltag vieler IT-lerInnen. Dagegen halten sich die Einkommen eher in Grenzen. Durch die nicht erzielte Einigung fiel nun zwar die Mindestgehaltserhöhung marginal um zwei Zehntel Prozentpunkte höher aus, der Abschluss lag trotzdem noch immer bei weniger als drei Prozent und damit unter der derzeitigen Inflation und auch unter den meisten anderen KV-Gehaltsabschlüssen.
Als erste Reaktion auf das Scheitern des Ist-Gehaltsabschlusses wurde seitens der GPA-DJP eine Resolution verfasst, die von 160 IT-BetriebsrätInnen unterzeichnet wurde. Darin wird von der Wirtschaftsseite ein Ende der Hinhaltetaktik verlangt und die Einführung eines Ist-Gehaltsmodells für den nächsten KV (der Abschluss sollte im ersten Viertel 2009 erfolgen) verlangt. Jedenfalls soll auf die ArbeitergeberInnen verstärkt Druck gemacht werden. Dafür ist eine österreichweite BR-Konferenz im September geplant, bei der ein Forderungsprogramm der IT-lerInnen mit medialer Unterstützung einer breiteren Öffentlichkeit präsentiert werden soll. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Forderungen diesmal weniger bescheiden ausfallen, als bei den letzten Verhandlungen. Ein Ende der Zurückhaltung, etwa bei den Gehältern, ist auf jeden Fall angebracht.
Michael Schmida ist Lehrer und Personalvertreter an der HTL Traun
Linktipp: www.thatsit.at
Anfang März verweigerte die Wirtschaftskammer die Zustimmung zu einem bereits zuvor ausverhandelten Kompromiss in Sachen Ist-Gehaltserhöhung in der IT-Branche. Damit wurde eine seit Jahren erhobene Forderung der IT-Fachkräfte durch die ArbeitgeberInnen in letzter Minute verhindert. Zur Vorgeschichte: Rund 50.000 Menschen arbeiten in Österreich in der IT-Branche. Für sie gilt der „Kollektivvertrag für Angestellte von Unternehmen im Bereich Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik“ (kurz: IT-KV). Er wird jährlich von der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-DJP) mit der Wirtschaftskammer Fachverband Unternehmensberatung & IT (UBIT) ausgehandelt.
Ende letzten Jahres einigten sich beide Seiten bis Ende März 2008 eine Lösung für die so genannten Ist-Gehälter zu finden. Ein leidiges Thema für alle, die in einer Branche arbeiten in der der Kollektivvertrag nur eine jährliche Erhöhung der Mindestgrundgehälter, nicht aber der einzelvertraglich ausgehandelten bzw. betriebsüblich bezahlten tatsächlichen Gehälter vorsieht. Dies führt dazu, dass die einst erhaltene Überzahlung von Jahr zu Jahr dahin schmilzt und am Ende nichts mehr davon übrig bleibt.
Die ArbeitnehmerInnen-Seite wollte nun erreichen, dass dieser jährliche Reallohnverlust durch eine entsprechende Änderung des KVs der Vergangenheit angehört. Herausgekommen ist nach den Verhandlungen eine Art Gewinnbeteiligungsmodell, welches mit einigen Ausnahmen, etwa nur für größere Unternehmen und nur bei entsprechenden Gewinnen, Gültigkeit gehabt hätte. Im Februar wurde der für die ArbeitgeberInnen sehr moderate Kompromiss dann abgeschlossen. Die Zustimmung der übergeordneten Gremien in Wirtschaftskammer und Gewerkschaft daher eigentlich nur reine Formsache. Es kam jedoch anders: Ein Monat später lehnte der Fachverbandsausschuss der Wirtschaftskammer die bereits erzielte Einigung ab. Eine Novität in der Geschichte der IT-KV Verhandlungen.
Obwohl sich in letzter Zeit die wirtschaftliche Situation in der Branche durchaus positiv entwickelt hat, scheint es, als würden die IT-ArbeitgeberInnen dessen ungeachtet nicht einmal zu kleinsten Zugeständnissen bereit sein. Den ArbeitgeberInnen kommt entgegen, dass die IT-Wirtschaft in Österreich wie kaum eine andere Branche einen sehr heterogenen Charakter aufweist. Sie reicht von Einzel- und Kleinstunternehmen, zum Teil sogar mit Beschäftigungsverhältnissen ohne kollektivvertragliche Absicherung, bis hin zu Großbetrieben mit gewerkschaftlicher Organisierung, BetriebsrätInnen und größeren Sicherheiten.
Seit Jahren wird über die zum Teil überaus schlechten Arbeitsbedingungen in der Branche geklagt. „Hire and Fire“, hoher Zeitdruck und Projektstress gehört zum Alltag vieler IT-lerInnen. Dagegen halten sich die Einkommen eher in Grenzen. Durch die nicht erzielte Einigung fiel nun zwar die Mindestgehaltserhöhung marginal um zwei Zehntel Prozentpunkte höher aus, der Abschluss lag trotzdem noch immer bei weniger als drei Prozent und damit unter der derzeitigen Inflation und auch unter den meisten anderen KV-Gehaltsabschlüssen.
Als erste Reaktion auf das Scheitern des Ist-Gehaltsabschlusses wurde seitens der GPA-DJP eine Resolution verfasst, die von 160 IT-BetriebsrätInnen unterzeichnet wurde. Darin wird von der Wirtschaftsseite ein Ende der Hinhaltetaktik verlangt und die Einführung eines Ist-Gehaltsmodells für den nächsten KV (der Abschluss sollte im ersten Viertel 2009 erfolgen) verlangt. Jedenfalls soll auf die ArbeitergeberInnen verstärkt Druck gemacht werden. Dafür ist eine österreichweite BR-Konferenz im September geplant, bei der ein Forderungsprogramm der IT-lerInnen mit medialer Unterstützung einer breiteren Öffentlichkeit präsentiert werden soll. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Forderungen diesmal weniger bescheiden ausfallen, als bei den letzten Verhandlungen. Ein Ende der Zurückhaltung, etwa bei den Gehältern, ist auf jeden Fall angebracht.
Michael Schmida ist Lehrer und Personalvertreter an der HTL Traun
Linktipp: www.thatsit.at