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Soziales Europa ist mit diesem Vertrag nicht zu machen

  • Donnerstag, 19. Juni 2008 @ 11:33
News Als durchsichtiges Ablenkungsmanöver von der eigenen Mitverantwortung bezeichnet die Fraktion Gewerkschaftlicher Linksblock im ÖGB (GLB) die Aussagen von GPA-DJP-Chef Wolfgang Katzian nach dem irischen Nein zum EU-Vertrag müsse die soziale Dimension der EU forciert werden. GLB-Bundesvorsitzende Karin Antlanger erinnert an die Warnungen des GLB und anderer kritischer GewerkschafterInnen vor der Ratifizierung des EU-Vertrages im österreichischen Parlament, die jedoch von der ÖGB-Führung in den Wind geschlagen wurden. „Bekanntlich wurde der Vertrag auch mit den Stimmen der im Nationalrat bzw. Bundesrat vertretenen GewerkschafterInnen im vollen Bewusstsein beschlossen, dass mit diesem Vertrag ein soziales Europa nicht zu machen ist, weil die neoliberalen Dogmen das eigentliche Fundament der EU sind“, so Antlanger. Erinnert werden muss dabei auch an die Rolle der Gewerkschaftsspitzen als Einpeitscher beim EU-Beitritt, bei der Einführung des Euro oder zur dann am Nein in Frankreich und den Niederlanden gescheiterten EU-Verfassung. Der auch von den Gewerkschaften lautstark verlangte Wettbewerb hat insbesondere für die Lohnabhängigen ernüchternde Ergebnisse etwa durch die Liberalisierung, Deregulierung und eine restriktive Budgetpolitik gebracht.

Wenn jetzt Katzian eine „grundlegende Kurskorrektur“ der EU fordert und davon spricht, das Nein Irlands als Chance für einen Neustart zu nutzen, wäre eine gründliche Gewissenserforschung angebracht. Es ist völlig richtig, dass „die Politik der Union in erster Linie deshalb keine Zustimmung in der Bevölkerung findet, weil die soziale Dimension fehlt“. Dies ist allerdings nicht erst jetzt bekanntgeworden, sondern ein alter Hut.

Mit einer Ablehnung des EU-Vertrages durch die GewerkschafterInnen im Parlament wie das der GLB verlangte, wäre ein Signal für das längst notwendige Umdenken erfolgt: „Jetzt steht der ÖGB vor dem Dilemma, dass er den Vertrag trotz massiver Bedenken befürwortet hat und die GewerkschafterInnen der Ratifizierung zugestimmt haben, gleichzeitig aber der Europäische Gerichtshof durch eine Entscheidung nach der anderen zeigt, wer in der EU das Sagen hat, nämlich das Großkapital“, so Antlanger.

Wenn die Kritik an der EU nicht den rechten Populisten vom Schlage Strache & Co. überlassen werden soll – wovor Katzian mit Recht warnt – müssen die Gewerkschaften ein klares Nein zum gescheiterten Vertrag sagen und dafür eintreten, dass dieser endgültig zurückgezogen wird und auch von Gewerkschaftsseite eine neue Debatte über völlig andere Grundwerte der EU – etwa Beschäftigung und soziale Mindeststandards anstelle monetärer Dogmen für den harten Euro – begonnen wird.

Ohne eine Infragestellung zentraler neoliberaler Dogmen ist nämlich ein soziales Europa unmöglich: „Denn diese Dogmen erzwingen mit aller Härte die Umverteilung zugunsten von Kapital und Vermögen wie sie in jedem einzelnen Land der EU in aller Deutlichkeit feststellbar ist und ordnen alle elementaren Interessen der Unselbständigen dem Diktat des schrankenlosen Wettbewerbs und damit der Jagd nach Maximalprofiten unter“, so Antlanger abschließend.