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GLB gegen Molterer-Vorstoß für Privatisierungen

  • Dienstag, 20. Mai 2008 @ 09:46
News Strikt zurückgewiesen werden die jüngsten Vorstöße von Vizekanzler Wilhelm Molterer (ÖVP) für die Privatisierung der noch im staatlichen Eigentum stehenden Unternehmen von der Fraktion Gewerkschaftlicher Linksblock im ÖGB (GLB). Konkret geht es dabei um Verbund und Post (Staatsanteil jeweils noch 51 Prozent), OMV (31,5 Prozent), Telekom Austria (25,2 Prozent), AUA (39,8 Prozent), Bundesimmobiliengesellschaft und ÖBB-Rail Cargo (jeweils 100 Prozent). Der Börsewert der über die ÖIAG gehaltenen Staatsanteile an Post, Telekom, AUA und OMV wird auf 8,4 Milliarden Euro geschätzt, der Aktienwert des Verbunds beträgt 8,4 Milliarden Euro. In Hinblick auf die Erfahrungen mit der Privatisierung der verstaatlichten Industrie und des staatlichen Bankensektors in der Ära der rotschwarzen Regierung von 1986 bis 2000 sind die hochgejubelten Erwartungen für Privatisierungserlöse freilich zu relativieren. Bei der AUA müsste der Staat vor einem Verkauf sogar eine Milliarde zuschießen um die Schulden abzutragen.

Mit großer Skepsis ist die angebliche Ablehnung dieser Privatisierungspläne durch die SPÖ zu sehen. GLB-Bundesvorsitzende Karin Antlanger erinnert daran, dass unter SPÖ-Regierungsverantwortung – mit Zustimmung von Gewerkschaft, Arbeiterkammer und Belegschaftsvertretungen – die verstaatlichte Industrie und der staatlichte Bankensektor zerschlagen und privatisiert wurden. Der ehemalige Verstaatlichtenminister und ÖIAG-Chef Rudolf Streicher (SPÖ) hatte mit der Aussage „Unser Katechismus ist das Aktienrecht“ auf den Punkt gebracht, dass sich die SPÖ längst voll im neoliberalen Sumpf der Privatisierungsideologie befindet. Verschiedentliche Aussagen von Bundeskanzler Alfred Gusenbauer – er stellte schon 2002 klar “Es wird keine Privatisierung rückgängig gemacht” - und Infrastrukturminister Werner Faymann haben dies untermauert.

Zur Gretchenfrage wird die Privatisierungsdebatte für die SPÖ vor allem in Hinblick auf eine Vollprivatisierung am Energiesektor. Eine Vollprivatisierung des Verbunds und der Ländergesellschaften ist nämlich nur möglich, wenn das seinerzeit vom KPÖ-Energieminister Karl Altmann durchgesetzte 2. Verstaatlichungsgesetz von 1947 aufgehoben wird, das eine öffentliche Mehrheit bei den Stromunternehmen vorschreibt. Eine Aufhebung dieses Verfassungsgesetzes ist nur mit Zweidrittel-Mehrheit, also mit Zustimmung der SPÖ möglich.

Der GLB erinnert auch an die völlig konträren Positionen der SPÖ zur Privatisierung öffentlichen Eigentums: Während etwa der oö SPÖ-Landeschef Erich Haider eine Privatisierung der landeseigenen Energie AG ablehnt, forciert sein steirischer Kollege Franz Voves eine weitergehende Privatisierung der Energie Steiermark. Man darf gespannt sein, wie Voves den jüngsten Beschluss des steirischen Landtages von ÖVP, KPÖ und Grünen für einen Rückkauf der 25 Prozent an den französischen Atomkonzern EdF an der EStAG realisiert.

Nicht vergessen hat der GLB auch, dass sich Minister Faymann wiederholt für eine Privatisierung des ÖBB-Güterverkehrs ausgesprochen hat und sich schon kurz nach der Nationalratswahl 2006 der SPÖ-Energiesprecher Kurt Eder für eine weitergehende Privatisierung des Verbunds stark machte. Gar nicht zu reden davon, dass die SPÖ in den von ihr regierten Städten und Gemeinden voll auf der Linie einer Ausgliederung kommunaler Einrichtungen ist, die bekanntlich die Vorstufe für künftige Privatisierungen sind: „Durch die auch von der SPÖ seit jeher verinnerlichten restriktiven Budgetauflagen der EU wie etwa die Maastricht-Kriterien ist der Druck auf die Gemeinden zur Ausgliederung und in der Folge Privatisierung wichtiger kommunaler Einrichtungen massiv gestiegen“, meint Antlanger dazu.

Bekanntlich steht die ganze Palette der öffentlichen Dienste im weitesten Sinne – Wasser, Kanal, Müllabfuhr, Nahverkehr, Energieversorgung, Spitäler, Bildungseinrichtungen, Gesundheitsvorsorge, Pensionsversicherung usw. – auch in Österreich auf dem Speisezettel in- und ausländischer privater Investoren die ihr überschüssiges Kapital hier anlegen und dabei satte Dividenden herausholen wollen.

Der GLB hat hingegen die Privatisierung öffentlichen Eigentums immer grundsätzlich abgelehnt und auf die negativen Auswirkungen für Arbeitsplätze, Löhne und Sozialleistungen, Mitbestimmung und auf politische Gestaltungsmöglichkeiten hingewiesen. Auf die Haltung der SPÖ ist bekanntlich kein Verlass. Jetzt wird es daher auf die Gewerkschaft und Arbeiterkammer sowie auf die Belegschaftsvertretungen ankommen, ob sie klar und eindeutig gegen die Privatisierung des letzten Restes öffentlich Eigentums Stellung beziehen.