Höchste Zeit für Umverteilung
- Donnerstag, 1. Mai 2008 @ 13:00
Karin Antlanger, GLB-Bundesvorsitzende
Während für die SPÖ der 1. Mai immer noch der „Tag der Arbeit“ ist, wird nun schon seit Jahren am 30. April der Tag der Arbeitslosen begangen. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass immer seltener gut bezahlte und sozial abgesicherte Vollzeitarbeit die Normalität ist, sondern für immer mehr Menschen keine bezahlte Arbeit vorhanden ist oder sie unter oft unzumutbaren Bedingungen einer verstärkten Prekarisierung ausgesetzt sind. Der ÖGB hat in der Lohnpolitik auf der ganzen Linie versagt, dafür versucht sich Präsident Hundstorfer jetzt mit einer Renaissance der abgetakelten Sozialpartnerschaft gemeinsam mit WKÖ-Chef Leitl als Stiefelknecht der Regierung zu profilieren: diesen feinen Sozialpartnerpräsidenten sind die Vorlagen zur Ausdehnung der Arbeitszeit, zur Verschlechterung des Lehrlingsschutzes und nun auch das fragwürdige Papier zur Gesundheitsreform zuzuschreiben. All dies wird vom ÖGB sanktioniert – statt Verschlechterungen zu bekämpfen.
Der Regierungswechsel im Jahre 2007 hat keine ersichtliche Veränderung gebracht: rotschwarz macht nahtlos dort weiter wo schwarzblau/orange aufgehört hat. Die Wahlversprechen der SPÖ zu den Themen Eurofighter und Studiengebühren waren schneller vergessen als es sich die WählerInnen je vorstellen konnten. Gusenbauers einziges Ziel war offenbar Kanzler zu werden und er hat erst unlängst gesagt, dass es sein Lebenstraum ist, bis zur Pension Kanzler zu bleiben. Da müsste aber das Pensionsantrittsalter radikal gesenkt werden, was unter dieser Regierung ebenfalls nicht zu erwarten ist.
„Kein Wunder, dass die Österreicher sauer sind“ – diesen Satz hat kein geringerer als der Chef des Europäischen Gewerkschaftsbundes, John Monks, gesagt. Das gilt freilich nicht nur für Österreich, sondern genauso für alle anderen EU-Länder: Stagnierende oder gar gesunkene Löhne und Pensionen, Abbau von Sozialleistungen, mehr Arbeitslose, zunehmende Prekarisierung und als Draufgabe in letzter Zeit explodierende Preise, ja sogar von einer Hungerkrise ist die Rede. Diese Segnungen des neoliberalen Kapitalismus haben freilich eine Kehrseite, nämlich wachsender Reichtum und wachsende Profite der großen Konzerne: „Wär ich nicht arm, wärst du nicht reich“ hat schon Bert Brecht festgestellt.
Für diese schieflastige Politik der Umverteilung zugunsten von Kapital und Vermögen steht vor allem das neoliberale Projekt EU. Daher lehnen wir auch den EU-Vertrag, entschieden ab, vor allem weil darin eine verstärkte Militarisierung und der Neoliberalismus als Modell für Wirtschaft und Gesellschaft festgeschrieben werden.
Es ist beschämend, dass die Regierungsparteien und die Grünen eine Volksabstimmung über diesen Vertrag verweigern. Mit dem Versuch, jede berechtigte Kritik an der EU ins rechte Eck zu stellen ermöglichen sie der „Kronenzeitung“, der FP und dem BZÖ damit eine gesteigerte fremdenfeindliche Hetze auch zum Thema EU. Beschämend dabei ist, dass auch alle GewerkschafterInnen im Parlament dafür gestimmt haben, obwohl der ÖGB in seinem offiziellen Positionspapier zum EU-Vertrag selbst mehr Nachteile als Vorteile feststellen musste. Beschämend ist auch, dass zwar SPÖ-Landeschef Erich Haider lautstark für eine Volksabstimmung eintrat und sich bei EU-Kritikern anbiederte, seine oö Abgeordneten im Parlament dann aber geschlossen für den Vertrag gestimmt haben.
Österreich ist seit 1995 Teil dieses „Europas der Konzerne“. In Österreich ebenso wie in anderen Ländern wächst der ökonomische und soziale Druck gegen die Lohnabhängigen. Es ist daher höchste Zeit für eine Umverteilung, höchste Zeit dafür, dass die Menschen mehr vom Kuchen erhalten, schließlich sind sie es doch, die diesen Kuchen backen.
Der ÖGB rühmt sich immer noch oder wieder der Sozialpartnerschaft: Einstmals war Benya der Pionier für Österreich, später versuchte Verzetnitsch sie nach Europa zu exportieren und jetzt will Hundstorfer mit Leitl die Sozialpartnerschaft sogar weltweit installieren. Aber im Zeitalter des globalen Neoliberalismus brauchen wir keine globale Sozialpartnerschaft, sondern vielmehr eine weltweite Konfliktfähigkeit der ArbeiterInnenklasse. Die Perspektive ist daher nicht ein Rückzug auf die nationale Ebene, sondern das Zusammenwirken linker GewerkschafterInnen, etwa für soziale Mindeststandards in Europa.
Und damit Mai-Reden nicht immer nur eine Aufzählung dessen sind, was alles schief läuft, möchte ich auch auf positive Entwicklungen aufmerksam machen: Von den Gewerkschaften gibt es viele Bekenntnisse zur internationalen Solidarität, die meisten stehen freilich nur auf dem Papier. Es gibt aber auch Beispiele die Mut machen. Etwa wenn sich im südafrikanischen Durban die Hafenarbeiter weigern, ein Schiff mit chinesischen Waffen für den Diktator Mugabe in Simbabwe zu entladen und diese tödliche Ladung zurückgeschickt wird. Oder wenn die Arbeiter von Dacia einem Renault-Ableger in Rumänien für höhere Löhne streiken und damit die Produktionsverlagerung zwecks höherer Profite zum Entsetzen westlicher Konzerne unterlaufen.
Und schließlich gibt es auch bei uns in OÖ Lichtblicke in der Gewerkschaftsbewegung: nämlich dann, wenn die GPA OÖ sich ohne Ansehens der Fraktionszugehörigkeit hinter die Belegschaften der von Änderungskündigungen bedrohten Belegschaften von EXIT-sozial und pro mente stellt. Hier hat die GPA ein deutliches Signal dafür gegeben, wie Gewerkschaftsarbeit tatsächlich im Interesse der Menschen funktionieren kann, indem sie sich konsequent und ohne partei- und fraktionspolitische Mauscheleien für ihre Mitglieder einsetzt. Dieses positive Beispiel sollte auch allen ein Ansporn sein, sich Verschlechterungen nicht einfach gefallen zu lassen, diese nicht einfach hinzunehmen oder sich auf faule Kompromisse einzulassen.
Mehr denn je sind auch heute die Worte des im Nazi KZ Buchenwald gestorbenen Schriftstellers Jura Soyfer gültig, der schrieb: „Ob ihr Weizen mäht, ob ihr Kohle brecht. Ihr dient einem Kapitale. Ob ihr deutsch, japanisch, englisch sprecht, wisst: Es erkämpft das Menschenrecht. Die Internationale!“ In diesem Sinne: Hoch der 1. Mai! Hoch die internationale Solidarität!
Rede bei der Kundgebung des überparteilichen und internationalistischen Aktionskomitees 1. Mai am 1. Mai 2008 auf dem Linzer Hauptplatz (es gilt das gesprochene Wort)
Während für die SPÖ der 1. Mai immer noch der „Tag der Arbeit“ ist, wird nun schon seit Jahren am 30. April der Tag der Arbeitslosen begangen. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass immer seltener gut bezahlte und sozial abgesicherte Vollzeitarbeit die Normalität ist, sondern für immer mehr Menschen keine bezahlte Arbeit vorhanden ist oder sie unter oft unzumutbaren Bedingungen einer verstärkten Prekarisierung ausgesetzt sind. Der ÖGB hat in der Lohnpolitik auf der ganzen Linie versagt, dafür versucht sich Präsident Hundstorfer jetzt mit einer Renaissance der abgetakelten Sozialpartnerschaft gemeinsam mit WKÖ-Chef Leitl als Stiefelknecht der Regierung zu profilieren: diesen feinen Sozialpartnerpräsidenten sind die Vorlagen zur Ausdehnung der Arbeitszeit, zur Verschlechterung des Lehrlingsschutzes und nun auch das fragwürdige Papier zur Gesundheitsreform zuzuschreiben. All dies wird vom ÖGB sanktioniert – statt Verschlechterungen zu bekämpfen.
Der Regierungswechsel im Jahre 2007 hat keine ersichtliche Veränderung gebracht: rotschwarz macht nahtlos dort weiter wo schwarzblau/orange aufgehört hat. Die Wahlversprechen der SPÖ zu den Themen Eurofighter und Studiengebühren waren schneller vergessen als es sich die WählerInnen je vorstellen konnten. Gusenbauers einziges Ziel war offenbar Kanzler zu werden und er hat erst unlängst gesagt, dass es sein Lebenstraum ist, bis zur Pension Kanzler zu bleiben. Da müsste aber das Pensionsantrittsalter radikal gesenkt werden, was unter dieser Regierung ebenfalls nicht zu erwarten ist.
„Kein Wunder, dass die Österreicher sauer sind“ – diesen Satz hat kein geringerer als der Chef des Europäischen Gewerkschaftsbundes, John Monks, gesagt. Das gilt freilich nicht nur für Österreich, sondern genauso für alle anderen EU-Länder: Stagnierende oder gar gesunkene Löhne und Pensionen, Abbau von Sozialleistungen, mehr Arbeitslose, zunehmende Prekarisierung und als Draufgabe in letzter Zeit explodierende Preise, ja sogar von einer Hungerkrise ist die Rede. Diese Segnungen des neoliberalen Kapitalismus haben freilich eine Kehrseite, nämlich wachsender Reichtum und wachsende Profite der großen Konzerne: „Wär ich nicht arm, wärst du nicht reich“ hat schon Bert Brecht festgestellt.
Für diese schieflastige Politik der Umverteilung zugunsten von Kapital und Vermögen steht vor allem das neoliberale Projekt EU. Daher lehnen wir auch den EU-Vertrag, entschieden ab, vor allem weil darin eine verstärkte Militarisierung und der Neoliberalismus als Modell für Wirtschaft und Gesellschaft festgeschrieben werden.
Es ist beschämend, dass die Regierungsparteien und die Grünen eine Volksabstimmung über diesen Vertrag verweigern. Mit dem Versuch, jede berechtigte Kritik an der EU ins rechte Eck zu stellen ermöglichen sie der „Kronenzeitung“, der FP und dem BZÖ damit eine gesteigerte fremdenfeindliche Hetze auch zum Thema EU. Beschämend dabei ist, dass auch alle GewerkschafterInnen im Parlament dafür gestimmt haben, obwohl der ÖGB in seinem offiziellen Positionspapier zum EU-Vertrag selbst mehr Nachteile als Vorteile feststellen musste. Beschämend ist auch, dass zwar SPÖ-Landeschef Erich Haider lautstark für eine Volksabstimmung eintrat und sich bei EU-Kritikern anbiederte, seine oö Abgeordneten im Parlament dann aber geschlossen für den Vertrag gestimmt haben.
Österreich ist seit 1995 Teil dieses „Europas der Konzerne“. In Österreich ebenso wie in anderen Ländern wächst der ökonomische und soziale Druck gegen die Lohnabhängigen. Es ist daher höchste Zeit für eine Umverteilung, höchste Zeit dafür, dass die Menschen mehr vom Kuchen erhalten, schließlich sind sie es doch, die diesen Kuchen backen.
Der ÖGB rühmt sich immer noch oder wieder der Sozialpartnerschaft: Einstmals war Benya der Pionier für Österreich, später versuchte Verzetnitsch sie nach Europa zu exportieren und jetzt will Hundstorfer mit Leitl die Sozialpartnerschaft sogar weltweit installieren. Aber im Zeitalter des globalen Neoliberalismus brauchen wir keine globale Sozialpartnerschaft, sondern vielmehr eine weltweite Konfliktfähigkeit der ArbeiterInnenklasse. Die Perspektive ist daher nicht ein Rückzug auf die nationale Ebene, sondern das Zusammenwirken linker GewerkschafterInnen, etwa für soziale Mindeststandards in Europa.
Und damit Mai-Reden nicht immer nur eine Aufzählung dessen sind, was alles schief läuft, möchte ich auch auf positive Entwicklungen aufmerksam machen: Von den Gewerkschaften gibt es viele Bekenntnisse zur internationalen Solidarität, die meisten stehen freilich nur auf dem Papier. Es gibt aber auch Beispiele die Mut machen. Etwa wenn sich im südafrikanischen Durban die Hafenarbeiter weigern, ein Schiff mit chinesischen Waffen für den Diktator Mugabe in Simbabwe zu entladen und diese tödliche Ladung zurückgeschickt wird. Oder wenn die Arbeiter von Dacia einem Renault-Ableger in Rumänien für höhere Löhne streiken und damit die Produktionsverlagerung zwecks höherer Profite zum Entsetzen westlicher Konzerne unterlaufen.
Und schließlich gibt es auch bei uns in OÖ Lichtblicke in der Gewerkschaftsbewegung: nämlich dann, wenn die GPA OÖ sich ohne Ansehens der Fraktionszugehörigkeit hinter die Belegschaften der von Änderungskündigungen bedrohten Belegschaften von EXIT-sozial und pro mente stellt. Hier hat die GPA ein deutliches Signal dafür gegeben, wie Gewerkschaftsarbeit tatsächlich im Interesse der Menschen funktionieren kann, indem sie sich konsequent und ohne partei- und fraktionspolitische Mauscheleien für ihre Mitglieder einsetzt. Dieses positive Beispiel sollte auch allen ein Ansporn sein, sich Verschlechterungen nicht einfach gefallen zu lassen, diese nicht einfach hinzunehmen oder sich auf faule Kompromisse einzulassen.
Mehr denn je sind auch heute die Worte des im Nazi KZ Buchenwald gestorbenen Schriftstellers Jura Soyfer gültig, der schrieb: „Ob ihr Weizen mäht, ob ihr Kohle brecht. Ihr dient einem Kapitale. Ob ihr deutsch, japanisch, englisch sprecht, wisst: Es erkämpft das Menschenrecht. Die Internationale!“ In diesem Sinne: Hoch der 1. Mai! Hoch die internationale Solidarität!
Rede bei der Kundgebung des überparteilichen und internationalistischen Aktionskomitees 1. Mai am 1. Mai 2008 auf dem Linzer Hauptplatz (es gilt das gesprochene Wort)