Aktuelle Fragen der Gewerkschaftspolitik
- Freitag, 14. März 2008 @ 21:35
Von Karin Antlanger
Die Erwartungen und Hoffnungen in die ÖGB-Reform haben sich nicht erfüllt, die Chance, die durch den BAWAG-Skandal ausgelöste Krise für eine Reform zu nutzen, wurde vertan. Schon die Bilanz des ÖGB-Kongresses im Jänner 2007 zeigte, dass der ÖGB wieder im alten Fahrwasser ist. Gemeinsam mit der WKÖ ist die Gewerkschaftsführung Vorreiter unsozialer Verschlechterungen, sie macht Vorlagen für die Regierung, die vom Parlament abgesegnet werden. Beispiele dafür sind die Arbeitszeitverlängerung, die Lockerung des Kündigungsschutzes für Lehrlinge, die Ausweitung der Ladenöffnungszeiten oder der Event-KV. Die Propagierung der Sozialpartnerschaft war ursprünglich eine österreichische Erfindung, bekannt ist noch die legendäre Achse Benya-Sallinger. Von Verzetnitsch wurde die Sozialpartnerschaft auf die europäische Ebene gehoben. Jetzt haben sie Hundstorfer und Leitl sogar auf die globale Ebene transportiert und bei der UNO ein diesbezügliches Abkommen unterzeichnet. Die Idee dafür wurde ausgerechnet beim Opernball geboren…
Die Bindung des ÖGB an die SPÖ ist nach einer zeitweiligen Krise im Gefolge des BAWAG-Skandals wieder enger geworden, wenn auch nicht mehr so eng wie dies bis 1999 üblich war. Es gilt, die Rolle der GewerkschafterInnen im Parlament beleuchten, diese stimmen allen Regierungsmaßnahmen zu. Dass FSG-Chef Haberzettl jetzt bei der Beschlussfassung über die Ausweitung der Befugnisse für Pflegekräfte nicht an der Abstimmung teilnahm, ist da schon als Fortschritt zu werten.
Bezeichnend ist die Haltung des ÖGB zum EU-Vertrag. Ein gegen die Stimmen von GLB und UG im Bundesvorstand beschlossenes ÖGB-Papier listet einige Vor- und wesentlich mehr Nachteile auf. Die Bilanz müsste eigentlich eine deutliche Ablehnung ergeben, aber trotzdem erfolgte eine Zustimmung. Der GLB hat schon Ende des Vorjahres einen „Offenen Brief“ an die GewerkschafterInnen im Parlament mit der Aufforderung für eine Volksabstimmung aktiv zu werden bzw. für eine Ablehnung des Vertrages zu plädieren, wenn keine solche kommt, gerichtet. Jetzt haben wir gemeinsam mit AUGE, FSG und UG eine Initiative für einen Aufruf von BetriebsrätInnen bzw. PersonalvertreterInnen für Volksabstimmung gestartet, die bis Ende März läuft, weil im April der EU-Vertrag bereits im Parlament behandelt wird.
Kritisch sehen wir die Lohnpolitik des ÖGB: 2007 gab es die Ansage von Sozialminister Buchinger für vier Prozent Lohnerhöhung, die vom ÖGB als Einmischung in seine KV-Kompetenz zurückgewiesen. Die als Erfolg gefeierten Abschlüsse lagen dann um die drei Prozent und waren in wenigen Monaten von der Teuerung bzw. von der „kalten Progression“ aufgefressen. Dazu ist auch festzuhalten, dass die Überzahlung über den KV seit Jahren zurückgeht und immer mehr Abschlüsse auf die KV-Löhne beschränkt sind und keine Ist-Lohnerhöhungen mehr erfolgen.
Mitbeteiligt war der GLB auch an der Konferenz des Netzwerkes Gewerkschaften der Europäischen Linken Anfang Februar in Wien mit dem Schwerpunkt „Soziale Mindeststandards“. Gerade in dieser Frage gibt es Konflikte auch im ÖGB, etwa durch die Ablehnung gesetzlicher Mindestlöhne, weil damit angeblich die KV-Hoheit untergraben und Nivellierung nach unten erfolgen würde. Die Erfahrungen anderer Länder zeigen allerdings das Gegenteil, dass solche gesetzliche Mindestlöhne eine Unterstützung für die Lohnpolitik sein können. Die von der Regierung angepeilte Mindestlohn von tausend Euro brutto ist hingegen völlig unzureichend, sind das doch gerade 5,68 Euro pro Stunde bei einer 40-Stundenwoche.
Positive Erfahrungen können durch die Unterstützung der GPA-DJP im Konflikt um Änderungskündigungen bei den Sozialvereinen EXIT-sozial und pro mente in Oberösterreich berichtet werden. Die Belegschaft beider Vereine hat sich bei Betriebsversammlungen einstimmig gegen diese Maßnahmen ausgesprochen. Diese Unterstützung erfolgt auch gegen die eigenen Parteifreunde, wie etwa Soziallandesrat Ackerl.
Dieser Konflikt hat eine exemplarische Bedeutung auch für alle anderen Sozialvereine, sollte die Landesregierung mit der Kürzung der Mittel und den damit erzwungenen Änderungskündigungen und einer Nivellierung auf das Niveau des BAGS-KV nach unten durchkommen. Im Ergebnis brachte diese Haltung der GPA-DJP auch zahlreiche Beitritte zur Gewerkschaft, sie zeigt also einen anderen Weg den der ÖGB gehen muss, nämlich die Loslösung von parteipolitischer Befangenheit.
Referat von Karin Antlanger, GLB-Bundesvorsitzende bei der GLB-Landeskonferenz Oberösterreich am 14. März 2008 (es gilt das gesprochene Wort)
Die Erwartungen und Hoffnungen in die ÖGB-Reform haben sich nicht erfüllt, die Chance, die durch den BAWAG-Skandal ausgelöste Krise für eine Reform zu nutzen, wurde vertan. Schon die Bilanz des ÖGB-Kongresses im Jänner 2007 zeigte, dass der ÖGB wieder im alten Fahrwasser ist. Gemeinsam mit der WKÖ ist die Gewerkschaftsführung Vorreiter unsozialer Verschlechterungen, sie macht Vorlagen für die Regierung, die vom Parlament abgesegnet werden. Beispiele dafür sind die Arbeitszeitverlängerung, die Lockerung des Kündigungsschutzes für Lehrlinge, die Ausweitung der Ladenöffnungszeiten oder der Event-KV. Die Propagierung der Sozialpartnerschaft war ursprünglich eine österreichische Erfindung, bekannt ist noch die legendäre Achse Benya-Sallinger. Von Verzetnitsch wurde die Sozialpartnerschaft auf die europäische Ebene gehoben. Jetzt haben sie Hundstorfer und Leitl sogar auf die globale Ebene transportiert und bei der UNO ein diesbezügliches Abkommen unterzeichnet. Die Idee dafür wurde ausgerechnet beim Opernball geboren…
Die Bindung des ÖGB an die SPÖ ist nach einer zeitweiligen Krise im Gefolge des BAWAG-Skandals wieder enger geworden, wenn auch nicht mehr so eng wie dies bis 1999 üblich war. Es gilt, die Rolle der GewerkschafterInnen im Parlament beleuchten, diese stimmen allen Regierungsmaßnahmen zu. Dass FSG-Chef Haberzettl jetzt bei der Beschlussfassung über die Ausweitung der Befugnisse für Pflegekräfte nicht an der Abstimmung teilnahm, ist da schon als Fortschritt zu werten.
Bezeichnend ist die Haltung des ÖGB zum EU-Vertrag. Ein gegen die Stimmen von GLB und UG im Bundesvorstand beschlossenes ÖGB-Papier listet einige Vor- und wesentlich mehr Nachteile auf. Die Bilanz müsste eigentlich eine deutliche Ablehnung ergeben, aber trotzdem erfolgte eine Zustimmung. Der GLB hat schon Ende des Vorjahres einen „Offenen Brief“ an die GewerkschafterInnen im Parlament mit der Aufforderung für eine Volksabstimmung aktiv zu werden bzw. für eine Ablehnung des Vertrages zu plädieren, wenn keine solche kommt, gerichtet. Jetzt haben wir gemeinsam mit AUGE, FSG und UG eine Initiative für einen Aufruf von BetriebsrätInnen bzw. PersonalvertreterInnen für Volksabstimmung gestartet, die bis Ende März läuft, weil im April der EU-Vertrag bereits im Parlament behandelt wird.
Kritisch sehen wir die Lohnpolitik des ÖGB: 2007 gab es die Ansage von Sozialminister Buchinger für vier Prozent Lohnerhöhung, die vom ÖGB als Einmischung in seine KV-Kompetenz zurückgewiesen. Die als Erfolg gefeierten Abschlüsse lagen dann um die drei Prozent und waren in wenigen Monaten von der Teuerung bzw. von der „kalten Progression“ aufgefressen. Dazu ist auch festzuhalten, dass die Überzahlung über den KV seit Jahren zurückgeht und immer mehr Abschlüsse auf die KV-Löhne beschränkt sind und keine Ist-Lohnerhöhungen mehr erfolgen.
Mitbeteiligt war der GLB auch an der Konferenz des Netzwerkes Gewerkschaften der Europäischen Linken Anfang Februar in Wien mit dem Schwerpunkt „Soziale Mindeststandards“. Gerade in dieser Frage gibt es Konflikte auch im ÖGB, etwa durch die Ablehnung gesetzlicher Mindestlöhne, weil damit angeblich die KV-Hoheit untergraben und Nivellierung nach unten erfolgen würde. Die Erfahrungen anderer Länder zeigen allerdings das Gegenteil, dass solche gesetzliche Mindestlöhne eine Unterstützung für die Lohnpolitik sein können. Die von der Regierung angepeilte Mindestlohn von tausend Euro brutto ist hingegen völlig unzureichend, sind das doch gerade 5,68 Euro pro Stunde bei einer 40-Stundenwoche.
Positive Erfahrungen können durch die Unterstützung der GPA-DJP im Konflikt um Änderungskündigungen bei den Sozialvereinen EXIT-sozial und pro mente in Oberösterreich berichtet werden. Die Belegschaft beider Vereine hat sich bei Betriebsversammlungen einstimmig gegen diese Maßnahmen ausgesprochen. Diese Unterstützung erfolgt auch gegen die eigenen Parteifreunde, wie etwa Soziallandesrat Ackerl.
Dieser Konflikt hat eine exemplarische Bedeutung auch für alle anderen Sozialvereine, sollte die Landesregierung mit der Kürzung der Mittel und den damit erzwungenen Änderungskündigungen und einer Nivellierung auf das Niveau des BAGS-KV nach unten durchkommen. Im Ergebnis brachte diese Haltung der GPA-DJP auch zahlreiche Beitritte zur Gewerkschaft, sie zeigt also einen anderen Weg den der ÖGB gehen muss, nämlich die Loslösung von parteipolitischer Befangenheit.
Referat von Karin Antlanger, GLB-Bundesvorsitzende bei der GLB-Landeskonferenz Oberösterreich am 14. März 2008 (es gilt das gesprochene Wort)