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GLB kritisiert Molterer-Vorstoß für Privatisierung der ÖBB

  • Freitag, 14. März 2008 @ 13:15
News Als völlig verlogen bezeichnet Karin Antlanger, Bundesvorsitzende der Fraktion Gewerkschaftlicher Linksblock im ÖGB (GLB), die Politik der ÖVP im Zusammenhang mit Aussagen von Vizekanzler Wilhelm Molterer: Während die ÖVP bei allen Initiativen der SPÖ wie etwa einer Vorziehung der Steuerreform demonstrativ auf das von Kanzler Gusenbauer unterzeichnete Koalitionsabkommen verweist, geht Molterer nämlich recht frei damit um. Obwohl im Koalitionsabkommen diesbezüglich keine Festlegung erfolgte, sprach sich der ÖVP-Chef in der „Presse“ jetzt für eine Privatisierung der ÖBB aus und meinte „Gleichzeitig bin ich für einen professionellen, privatwirtschaftlich strukturierten Güter- und Personenverkehr“. Laut „News“ wird Molterer dabei eifrig von ÖBB-Aufsichtsratschef Horst Pöchhacker assistiert, der eine Privatisierung von ÖBB, Asfinag und Bundesimmobiliengesellschaft in den nächsten zwei Jahren fordert.

Infrastrukturminister Werner Faymann (SPÖ) widerspricht zwar und meint „Straße und Schiene müssen in öffentlicher Hand bleiben. Es ist für die Politik und die Gestaltungsmöglichkeiten wichtig, dass das Straßen- und Schienennetz in der eigenen Hand behalten wird“ und verweist auf die negativen Erfahrungen mit der Privatisierung in Großbritannien, wo es zwar einmal „schöne Erträge gegeben hat, der Schaden war aber in Jahrzehnten nicht wieder gut zu machen“ ist. Gleichzeitig forciert er verstärkt PPP-Modelle und will „Private einsetzen, wenn es zum Vorteil der Asfinag ist“

Der GLB hat aber auch Minister Faymanns Aussage zu einer Privatisierung des ÖBB-Güterverkehrs „Ich sehe das sehr undogmatisch. Ich stehe strategischen Partnern (also privaten Beteiligungen, die Red.) in Unternehmern nie negativ gegenüber“ nicht vergessen. Ebenso wenig, dass Kanzler Gusenbauer in einem ORF-Interview Teilprivatisierungen „nicht grundsätzlich“ abgelehnt hat. Unter diesen Gesichtspunkten müsste der Molterer-Vorstoß bei der Gewerkschaft Vida die Alarmglocken läuten lassen, vor allem auch, weil der amtierende ÖBB-Chef Martin Huber schon von der vorherigen Regierung beauftragt, die ÖBB „börsefit“ zu machen.

„Es ist also durchaus möglich, dass die beiden Regierungsparteien in einem „Tauschgeschäft“ – etwa Vorziehung einer Steuerreform mit der Gegenleistung einer ÖBB-Privatisierung – die Privatisierungslinie der früheren Regierungen fortsetzen“, meint Antlanger. Zu erinnern ist daran, dass der ehemalige Verstaatlichtenminister und ÖIAG-Chef Rudolf Streicher (SPÖ) die Privatisierungsbilanz von 1986 bis 2000 mit dem Ausspruch „Unser Katechismus ist das Aktienrecht“ sehr treffend auf den Punkt gebracht und Kanzler Gusenbauer schon 2002 gemeint hatte „Es wird keine Privatisierung rückgängig gemacht”.

Zur Gretchenfrage wird diese Debatte über die Privatisierung der ÖBB für FSG-Chef Wilhelm Haberzettl und alle anderen im Parlament vertretenen GewerkschafterInnen. Für diese Abgeordneten stellt sich die Entscheidung, ob für sie die Beschlüsse der Gewerkschaften gegen die Privatisierung oder die neoliberale Parteiräson der SPÖ als Fraktionsdisziplin maßgeblich wichtiger sind. Da Haberzettl vor einiger Zeit die weitere EU-Liberalisierung im Schienenverkehr recht lapidar mit dem Ausspruch „Ich bin kein Gegner davon und fürchte mich nicht“ abgetan hat, ist freilich zu befürchten, dass die Beschäftigten der ÖBB in seiner Person keine gute Verteidigung gegen die Privatisierungsabsichten haben. Denn bekanntlich ist die Liberalisierung immer die Vorstufe für die Privatisierung.

Der GLB bekräftigt hingegen seine grundsätzliche Ablehnung der Privatisierung wichtiger öffentlicher Infrastrukturleistungen wie der Bahn und weist auf die negativen Folgen einer Privatisierung sowohl für die Beschäftigten als auch für die Öffentlichkeit hin: „Die einzigen Nutznießer der Privatisierung öffentlichen Eigentums sind die AktionärInnen, wie alle bisherigen Erfahrungen damit zeigen“, so Antlanger abschließend.