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AMS – praktische Erfahrungen einer Versicherten

  • Sonntag, 10. Februar 2008 @ 20:07
Meinung Von N.N.

Wer arbeitslos wird und den bitteren Weg zum AMS antreten muß, bekommt nicht wirklich den Eindruck, dort als MiteigentümerIn – nämlich als Versicherte/r – willkommen zu sein. Gut bewacht sind manche Servicestellen des AMS immerhin – nämlich durch grimmig blickende Wachmänner privater Sicherheitsfirmen. Arbeitslosigkeit wird vom AMS mit teilweise schrägen Methoden, zu denen wir gleich kommen, eher verwaltet und tatsächlich sinnvolle Maßnahmen dafür nicht unterstützt. Beispiel gefällig? Eine Frau, die nicht genannt werden will, um keine Schwierigkeiten mit dem AMS zu bekommen – nennen wir sie einfach Sabine – hat jahrelang als Angestellte in der Buchhaltung einer kleinen Firma gearbeitet, bis diese aufgelöst wurde.

Nach Erledigung der Formalitäten beim AMS schlug sie dort ihrem Berater vor, spezielle Kurse zur Finanzbuchhalterin beim WIFI machen zu wollen, da sie sich so weiterqualifizieren und entsprechend eher einen passenden Job finden könne. Gefördert wird dieser Kurs vom AMS natürlich nicht, unter anderem mit der Begründung, dass er nicht tagsüber stattfindet. So kann Sabine den Kurs nun aus eigener Tasche bezahlen und dafür ein kleiner Erbe, welches sie einmal bekommen hat, einsetzen…

Da der für sie beruflich sinnvolle Kurs zwar nicht unterstützt wird, jede/r Arbeitslose aber mindestens einmal pro Jahr zu einem AMS-geförderten Kurs eingeteilt werden muß (und aus der Statistik verschwindet – ansonsten bekommt der AMS-Beschäftigte Ärger), lernt Sabine nun die förderungswürdigen Kurse kennen.

Beispielsweise beim AMS-Partner „die Berater“: der 1. Teil des Kurstages beginnt für alle mit dem Studium der Inserate einiger Zeitungen und der AMS-Liste mit den offenen Stellen, die aufliegen. Immerhin stehen auch drei Computer zur Stellensuche zur Verfügung. Anschließend folgt eine Pause – und dann gibt´s so richtig Programm. Als Beispiel, dass auch ältere Leute noch einen Job finden, sah Sabine dabei bereits 2 x den Film „Buena Vista Social Club“ auf spanisch.

Eine weitere Einrichtung des AMS lernte Sabine in der Geiselbergstraße kennen – dort siebt das AMS BewerberInnen für Firmen aus, die mit dem AMS zusammenarbeiten. Sabine wurderte sich, fand sie doch um 9 Uhr keinen offenen Eingang. Schließlich trommelte sie gegen ein Fenster – es stellte sich heraus, dass vergessen wurde, die Türe aufzusperren. Die Hoffnung auf einen Job hat sich für Sabine nicht erfüllt und so lernte sie eine weitere Firma im Umfeld des AMS kennen – nämlich „Contex“, die persönliches Coaching betreiben. Einmal monatlich am Mittwoch wird sie nun „gecoacht“ – der Beginn besteht aus dem gemeinsamen Studium der Inserate in der letzten Samstagszeitung (!); überraschend: bis jetzt waren alle Stellen, bei denen sie sich dank „Contex“ bewerben sollte, schon vergeben. Auch ein Bewerbungstraining mit Video hat Sabine hnter sich – am erfolgreichsten schnitt dort ein Kollege aus Vietnam ab, der auf jede Frage immer mit „ja“ antwortete. So etwas gefällt halt dem AMS.

Da Sabine so fleißig an den Kursen teilnimmt, bekommt sie pro Tag als Anteil an ihren zusätzlichen Fahrtkosten immerhin Euro 1,02. Das reicht zwar nicht für die notwendigen Fahrscheine – aber gehen soll ja sehr gesund sein. Auch Sabines Versuch, sich für einen Job im AMS zu bewerben scheiterte, immerhin schaffte sie es nach erfolgreich bestandenem IQ-Test bis ins Assesementcenter, im Anschluß an dort stattfindende Rollenspiele bekam sie ohne Begründung die kurze Nachricht „leider nicht“.

Sabine hat die ersten Kurse am WIFI bereits erfolgreich abgeschlossen und wird dort mit dem Rest ihres Erbes auch die letzten erforderlichen besuchen, beim AMS hat sie den Eindruck, dass Arbeitslosigkeit dort v.a. verwaltet wird – und Arbeitslose in sehr zweifelhafte Kurse gesteckt werden, die v.a. den Kursbetreibern, aber weniger den Arbeitslosen etwas bringen. Den Eindruck, als Miteigentümerin oder wenigstens als Kundin behandelt zu werden, hatte sie ohnehin nie…

N.N. ist „Kunde“ des AMS, der Erfahrungsbericht erscheint ohne Namensnennung, um unliebsame Scherereien zu vermeiden