„Experten“ und Medien neoliberal: Verhetzung statt Information
- Montag, 19. November 2007 @ 08:16
Von Hubert Schmiedbauer
Das Thema Pensionen ist nicht nur für jene interessant, die schon in Pension sind. Möge jeder und jede möglichst gesund und mit einem gesicherten Lebensstandard in den Ruhestand treten können. Nun werden 2008 die Pensionen – nach einer gemeinsamen Protestaktion aller Pensionistenverbände - um brutto rund zwei Prozent angehoben. Davon bleiben nach Abzug von Lohnsteuer und zugleich erhöhtem Krankenkassenbeitrag rund 13 bis 19 Euro netto im Monat. Es ist hinzuzufügen, dass die Nettopensionen seit rund 15 Jahren trotz jährlicher Teuerung von 2 bis 3 Prozent (Pensionistenindex) faktisch gleich geblieben sind. Die Berechnungsmethode für die Pensionshöhe wurde massiv verschlechtert und das Antrittsalter nach oben „reformiert“.
Ein beispielloses Gezeter über das jüngste Pensionsalmosen setzte ein, nicht etwa weil es angesichts steigender Teuerungsraten als zu armselig angesehen würde, sondern weil eine Schar von „Experten“ wieder einmal die neoliberale Trommel schlägt. In den Medien – einschließlich ORF – werden Beiträge und Schlagzeilen produziert, die sich auf unvollständige oder falsche Informationen stützen und dem Delikt der Verhetzung nahe kommen. Ein Beispiel ist der stets verschwiegene sofortige Rückfluss von mindestens einem Drittel der Pensionserhöhungen über Lohnsteuerprogression und Mehrwertsteuer an den Finanzminister.
Ideologischer Klassenkampf
„Alt regiert, Jung verliert“ lautet z.B. einer der Blattaufmacher in der unabhängigen (!) Tageszeitung „Die Presse“. Auf etwa drei Seiten werden Unternehmer, „Experten“ und andere Privilegierte zitiert sowie Kommentare nach dem seit Jahren praktizierten Muster des Ausspielens Jung gegen Alt dazugestellt. Ein paar Überschriften und Untertitel müssen als Beispiel genügen: „Generationenkonflikt. Außertourliche Erhöhung der Pensionen heizt den Konflikt Jung/Alt neu an.“ „Dominanz der Senioren. Die Pensionisten sind ein Machtfaktor, die Zahl älterer Wahlberechtigter steigt.“ „Junger Protest gegen Erhöhung der Pensionen.“ „Experten sehen Anschlag auf Jugend.“ „Die Totengräber der Solidarität. Die Senioren-Chefs von SPÖ und ÖVP bedienen sich und die Ihren erneut bei den Renten. Schäbiger geht´s nicht.“ Sachliche Darstellungen sind auf die Leserbriefseiten beschränkt. Dort fanden viele Proteste gegen die Verhetzung Platz.
Pikantes Detail am Rande: Ein paar Tage zuvor hatte „Die Presse“, die sich gern als Kind der bürgerlich-liberalen Revolution 1848 gegen die damalige feudal-klerikale Adelsdiktatur ausgibt, mit ebenso großer Aufmachung dem sogenannten Adel als Sprachrohr gedient, der die Wiederherstellung seiner Privilegien sowie die Rückgabe von milliardenschweren Besitztümern verlangt. Übrigens praktiziert auch der ORF schleimige Unterwürfigkeit gegenüber dem „Adel“ in allen seinen globalen Erscheinungsformen, verwendet unzählige Millionen für feudale „Events“, abgesehen von der Hofberichterstattung aus dem lustigen Leben der privilegierten Profiteure aus Wirtschaft, Finanz und Politik.
In den Medien einschließlich ORF werden nahezu ausschließlich nur solche Experten zitiert und mit dem Unterton der Unfehlbarkeit kommentiert, die zur Lösung von Finanzierungsproblemen immer nur die Zerschlagung des Gesundheitswesens, die Verschlechterung des Pensionssystems, die Hetzjagd auf Arbeitslose, das Sparen bei den Schulen und Universitäten, die Ausgliederung und Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen, die Einstellung des sozialen Wohnbaus, also Massenbelastungen anbieten. Da tauchen immer wieder dieselben Namen auf – Marin, Tomandl, Rürup, Felderer, Marhold und weitere Forscher und Professoren, die zweierlei gemeinsam haben: die Ideologie des sogenannten Neoliberalismus, also der hemmungslosen Kapitalmacht, und die privilegierten Einkommen.
Es gibt viele Experten, die selten oder gar nicht zum Wort kommen, weil sie humanere Positionen vertreten. Stellvertretend seien Emmerich Talos und Stefan Schulmeister genannt; eine ganze Reihe von Experten in den Abteilungen der Arbeiterkammern und in den Gewerkschaften wie in etlichen Vereinen und Organisationen wird nicht einmal wahrgenommen. Von den konsequenten marxistischen Sozial- und WirtschaftswissenschafterInnen in ganz Europa – es geht ja in allen Ländern ähnlich zu - einmal ganz abgesehen.
Wertschöpfung umverteilen
Der jungen Generation wird vorgelogen, sie müsse die Lasten heute und in Zukunft tragen und das sei ein Bruch des „Generationenvertrages“. Dieser ungeschriebene Vertrag bedeutet aber nichts anderes, als dass die Wertschöpfung der produktiven Generation täglich auch die Sicherung der jüngsten sowie der alten Generation zu finanzieren hat.
Diese soziale Selbstverständlichkeit wurde längst durch die aus Gründen der Kapitalverwertung durchgeboxte „Eigenvorsorge“ statt ausreichender Finanzierung des selbstverwalteten, vom Staat abgesicherten Pensionssystems entwertet. Das ist die wahre Belastung der jüngeren Generationen, sie bremst Kaufkraft, Wachstum und nicht zuletzt die Steuereinnahmen. Dazu kommt die durch Selbstbehalte zunehmende Verschiebung der Finanzierung des Gesundheitswesens zu Lasten der Kranken. Als dritter Bruch des Generationenvertrages wäre der Familienlastenausgleichsfonds zu nennen, dem Milliarden entzogen wurden, statt durch eine Erhöhung der Leistungen pro Kind die dubiose Karenzgeldstrategie zu vermeiden, die immer mehr zur Subventionierung Besserverdienender und zur bürokratischen Landplage wird.
Das politische Problem ist die Verteilung dieses Sozialprodukts. Seit Jahren sinkt der Anteil der Einkommen aus unselbständiger Arbeit zugunsten der Betriebsgewinne und der Einkommen aus Besitz und Vermögen. Also muss die Massenkaufkraft wieder steigen. Es gibt auch weite Übereinstimmung zur Sicherung des Sozialsystems: Die Finanzierung muss auf eine breitere Basis gestellt, also auf die Wertschöpfung eines Unternehmens bezogen werden. Und zweitens ist der Staat in die Pflicht zu nehmen, sein Drittel zur Finanzierung der Sozialversicherungen beizutragen.
Statt von den Milliardengewinnen als Bakschisch einem Teil der Beschäftigten Aktien oder Pensionsfonds anzubieten, für die ja der Staat durch die Steuerermäßigung einen Anteil trägt, ist die Steuerwahrheit vor Ort durchzusetzen. Abgaben und Steuern dort, wo die Wertschöpfung stattfindet, also bei den Konzernen, Unternehmer-, Bank- und Spekulationsprofiten. Die Massensteuern (Lohn- und Mehrwertsteuer) sind von den Lohnabhängigen ja auch täglich zu bezahlen!
Aber diese Problemlösung passt natürlich dem Kapital gar nicht und die Regierung folgt. Weicht sie einmal ein paar Zentimeter vom neoliberalen Weg ab, wird sie geprügelt – und dazu gehört eben Volksverhetzung statt Information…
Das Thema Pensionen ist nicht nur für jene interessant, die schon in Pension sind. Möge jeder und jede möglichst gesund und mit einem gesicherten Lebensstandard in den Ruhestand treten können. Nun werden 2008 die Pensionen – nach einer gemeinsamen Protestaktion aller Pensionistenverbände - um brutto rund zwei Prozent angehoben. Davon bleiben nach Abzug von Lohnsteuer und zugleich erhöhtem Krankenkassenbeitrag rund 13 bis 19 Euro netto im Monat. Es ist hinzuzufügen, dass die Nettopensionen seit rund 15 Jahren trotz jährlicher Teuerung von 2 bis 3 Prozent (Pensionistenindex) faktisch gleich geblieben sind. Die Berechnungsmethode für die Pensionshöhe wurde massiv verschlechtert und das Antrittsalter nach oben „reformiert“.
Ein beispielloses Gezeter über das jüngste Pensionsalmosen setzte ein, nicht etwa weil es angesichts steigender Teuerungsraten als zu armselig angesehen würde, sondern weil eine Schar von „Experten“ wieder einmal die neoliberale Trommel schlägt. In den Medien – einschließlich ORF – werden Beiträge und Schlagzeilen produziert, die sich auf unvollständige oder falsche Informationen stützen und dem Delikt der Verhetzung nahe kommen. Ein Beispiel ist der stets verschwiegene sofortige Rückfluss von mindestens einem Drittel der Pensionserhöhungen über Lohnsteuerprogression und Mehrwertsteuer an den Finanzminister.
Ideologischer Klassenkampf
„Alt regiert, Jung verliert“ lautet z.B. einer der Blattaufmacher in der unabhängigen (!) Tageszeitung „Die Presse“. Auf etwa drei Seiten werden Unternehmer, „Experten“ und andere Privilegierte zitiert sowie Kommentare nach dem seit Jahren praktizierten Muster des Ausspielens Jung gegen Alt dazugestellt. Ein paar Überschriften und Untertitel müssen als Beispiel genügen: „Generationenkonflikt. Außertourliche Erhöhung der Pensionen heizt den Konflikt Jung/Alt neu an.“ „Dominanz der Senioren. Die Pensionisten sind ein Machtfaktor, die Zahl älterer Wahlberechtigter steigt.“ „Junger Protest gegen Erhöhung der Pensionen.“ „Experten sehen Anschlag auf Jugend.“ „Die Totengräber der Solidarität. Die Senioren-Chefs von SPÖ und ÖVP bedienen sich und die Ihren erneut bei den Renten. Schäbiger geht´s nicht.“ Sachliche Darstellungen sind auf die Leserbriefseiten beschränkt. Dort fanden viele Proteste gegen die Verhetzung Platz.
Pikantes Detail am Rande: Ein paar Tage zuvor hatte „Die Presse“, die sich gern als Kind der bürgerlich-liberalen Revolution 1848 gegen die damalige feudal-klerikale Adelsdiktatur ausgibt, mit ebenso großer Aufmachung dem sogenannten Adel als Sprachrohr gedient, der die Wiederherstellung seiner Privilegien sowie die Rückgabe von milliardenschweren Besitztümern verlangt. Übrigens praktiziert auch der ORF schleimige Unterwürfigkeit gegenüber dem „Adel“ in allen seinen globalen Erscheinungsformen, verwendet unzählige Millionen für feudale „Events“, abgesehen von der Hofberichterstattung aus dem lustigen Leben der privilegierten Profiteure aus Wirtschaft, Finanz und Politik.
In den Medien einschließlich ORF werden nahezu ausschließlich nur solche Experten zitiert und mit dem Unterton der Unfehlbarkeit kommentiert, die zur Lösung von Finanzierungsproblemen immer nur die Zerschlagung des Gesundheitswesens, die Verschlechterung des Pensionssystems, die Hetzjagd auf Arbeitslose, das Sparen bei den Schulen und Universitäten, die Ausgliederung und Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen, die Einstellung des sozialen Wohnbaus, also Massenbelastungen anbieten. Da tauchen immer wieder dieselben Namen auf – Marin, Tomandl, Rürup, Felderer, Marhold und weitere Forscher und Professoren, die zweierlei gemeinsam haben: die Ideologie des sogenannten Neoliberalismus, also der hemmungslosen Kapitalmacht, und die privilegierten Einkommen.
Es gibt viele Experten, die selten oder gar nicht zum Wort kommen, weil sie humanere Positionen vertreten. Stellvertretend seien Emmerich Talos und Stefan Schulmeister genannt; eine ganze Reihe von Experten in den Abteilungen der Arbeiterkammern und in den Gewerkschaften wie in etlichen Vereinen und Organisationen wird nicht einmal wahrgenommen. Von den konsequenten marxistischen Sozial- und WirtschaftswissenschafterInnen in ganz Europa – es geht ja in allen Ländern ähnlich zu - einmal ganz abgesehen.
Wertschöpfung umverteilen
Der jungen Generation wird vorgelogen, sie müsse die Lasten heute und in Zukunft tragen und das sei ein Bruch des „Generationenvertrages“. Dieser ungeschriebene Vertrag bedeutet aber nichts anderes, als dass die Wertschöpfung der produktiven Generation täglich auch die Sicherung der jüngsten sowie der alten Generation zu finanzieren hat.
Diese soziale Selbstverständlichkeit wurde längst durch die aus Gründen der Kapitalverwertung durchgeboxte „Eigenvorsorge“ statt ausreichender Finanzierung des selbstverwalteten, vom Staat abgesicherten Pensionssystems entwertet. Das ist die wahre Belastung der jüngeren Generationen, sie bremst Kaufkraft, Wachstum und nicht zuletzt die Steuereinnahmen. Dazu kommt die durch Selbstbehalte zunehmende Verschiebung der Finanzierung des Gesundheitswesens zu Lasten der Kranken. Als dritter Bruch des Generationenvertrages wäre der Familienlastenausgleichsfonds zu nennen, dem Milliarden entzogen wurden, statt durch eine Erhöhung der Leistungen pro Kind die dubiose Karenzgeldstrategie zu vermeiden, die immer mehr zur Subventionierung Besserverdienender und zur bürokratischen Landplage wird.
Das politische Problem ist die Verteilung dieses Sozialprodukts. Seit Jahren sinkt der Anteil der Einkommen aus unselbständiger Arbeit zugunsten der Betriebsgewinne und der Einkommen aus Besitz und Vermögen. Also muss die Massenkaufkraft wieder steigen. Es gibt auch weite Übereinstimmung zur Sicherung des Sozialsystems: Die Finanzierung muss auf eine breitere Basis gestellt, also auf die Wertschöpfung eines Unternehmens bezogen werden. Und zweitens ist der Staat in die Pflicht zu nehmen, sein Drittel zur Finanzierung der Sozialversicherungen beizutragen.
Statt von den Milliardengewinnen als Bakschisch einem Teil der Beschäftigten Aktien oder Pensionsfonds anzubieten, für die ja der Staat durch die Steuerermäßigung einen Anteil trägt, ist die Steuerwahrheit vor Ort durchzusetzen. Abgaben und Steuern dort, wo die Wertschöpfung stattfindet, also bei den Konzernen, Unternehmer-, Bank- und Spekulationsprofiten. Die Massensteuern (Lohn- und Mehrwertsteuer) sind von den Lohnabhängigen ja auch täglich zu bezahlen!
Aber diese Problemlösung passt natürlich dem Kapital gar nicht und die Regierung folgt. Weicht sie einmal ein paar Zentimeter vom neoliberalen Weg ab, wird sie geprügelt – und dazu gehört eben Volksverhetzung statt Information…