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„Das Gesetz der Arbeitslosen bin ich“…

  • Montag, 5. November 2007 @ 14:04
Meinung Von Anna Erika Paseka

…glaubt Bartenstein. Das Wirtschaftsministerium hat einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der eine massive Verschlechterung für Erwerbsarbeitslose bringen soll. Barteinstein versucht mit Worthülsen wie „Flexicurity“ die Einbeziehung von Selbständigen in die Arbeitslosenversicherung und die Gleichstellung der freien Dienstnehmer mit echten Dienstnehmern hinsichtlich des Sozialversicherungsschutzes im Bereich der Arbeitslosenversicherung und der Insolvenz-Entgeltsicherung, schön zu reden. Zwangsarbeiter…

Dass dadurch Lohndumping und Zwangsarbeit gefördert werden, ist der Industriellenvereinigung noch zu wenig. Sie möchte nicht einmal für die Arbeitgeberbeiträge für freie Dienstnehmer aufkommen. Also flexible, sprich frei disponierbare Zwangsarbeiter und security, sprich Sicherheit für maßlose Profite. Die Industriellenvereinigung möchte nichts zum Sozialversicherungsschutz ihrer Mitarbeiter beitragen.

Billig und unsicher

Die prekäre Situation freier Dienstnehmer besteht vor allem darin, dass sie ihre Versicherungsbeiträge selbst tragen müssen, kein 13. und 14. Gehalt beziehen und Ihnen bei Krankheit keine Entgeltfortzahlungen zustehen. Den meisten von ihnen bleibt unterm Strich nicht viel übrig. Unternehmern kommt so die Beschäftigung von freien Dienstnehmern wesentlich billiger. Die Zahl der freien Dienstverhältnisse ist daher sprunghaft angestiegen. Trotzdem sollen Arbeitssuchende, mit dem Argument des Sozialversicherungsschutzes, in freie Dienstverhältnisse gezwungen werden.

Rechtlos und gedemütigt

Rechtsanwalt Dr. Herbert Pochieser vertritt seit Jahren erwerbsarbeitlose Menschen. Bei unseren Recherchen berichtete er uns, dass nur 20 % seiner Klagen wegen Bezugssperren beim Verwaltungsgerichtshof abgewiesen wurden. Das heißt, das AMS hatte in 80 % der Fälle das Gesetz ignoriert. Dementsprechend erhebt nun Dr. Pochieser Schmerzensgeldforderungen an das AMS. Er sieht in der Behandlung von Erwerbsarbeitslosen durch das AMS einen klaren Fall von Mobbing.

Dabei ist zu bedenken, dass nur eine geringe Anzahl von Erwerbsarbeitslosen die Kraft aufbringt, sich gegen dieses System zu wehren. Die Dunkelziffer ungerechtfertigter Bezugssperren und Demütigungen durch das AMS, lässt sich nur erahnen.

Ausgeliefert ohne Begründung

Hatte das AMS bisher der arbeitslosen Person die Gründe anzugeben, die eine Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung notwendig oder nützlich erscheinen lassen, so soll dies nun entfallen. Zum Beispiel bei Langzeitarbeitslosigkeit automatisch. Auch die Arbeit in einem SÖB (sozialökonomischen Betrieb) oder in einem GBP (gemeinnützigen Beschäftigungsprojekt) soll in Zukunft von Haus aus als zumutbar gelten und keiner Begründung mehr bedürfen.

Diese Projekte bieten jedoch nur Transitarbeitsplätze, d.h. Beschäftigungsverhältnisse, die von vornherein befristet sind, aber trotzdem als zumutbar gelten. Weiters sollen Arbeitssuchende gezwungen werden, eine aufsuchende Vermittlung über sich ergehen zu lassen. Dabei fragt ein „Betreuer“ die Nachbarschaft über den Lebenswandel des Betroffenen aus und erfrecht sich, auch um 10 Uhr nachts anzurufen, um einen Vorstellungstermin für den nächsten Tag in der Früh vorzuschreiben.

Wenig Vertrauen scheint das Ministerium in die AMS Mitarbeiter zu haben, denn es will deren „Kunden“ von privaten Arbeitsvermittlern „betreuen“ lassen. Eine der ureigensten Aufgaben des AMS soll damit privatisiert werden.

…aber nicht mit uns

Der zuständige Referent der Arbeiterkammer Josef Wallner sieht fast ausschließlich Verschlechterungen für die Erwerbsarbeitslosen.

Dr. Pochieser kritisiert noch schärfer: Das Wirtschaftsministerium will mit seinem Gesetzesentwurf den Verwaltungsgerichtshof ausschalten und aus Recht Unrecht machen. Er will rechtlich dagegen ankämpfen und sieht gute Chancen. Trotzdem wird dieser Gesetzesantrag bereits 2008 beschlossen werden. Aber es gibt einen Weg, diese Beugung des Rechtsstaates zu verhindern. Macht Euren Nationalratsabgeordneten klar, wem sie damit dienen und wer sie wählt.

Anna Paseka ist Mitglied des GLB/GPA-DJP und der Redaktion „Die Arbeit“