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„Negativsteuer“: Anspruch sofort geltend machen!

  • Montag, 18. Juni 2007 @ 12:33
Meinung Von Hubert Schmiedbauer

Für Löhne und Gehälter unter 1130 Euro wird keine Lohnsteuer abgezogen. Dafür kann eine sogenannte Negativsteuer geltend gemacht werden, die nachträglich für das abgelaufene Jahr – und bis zu fünf Jahre rückwirkend – beim Finanzamt zu beantragen ist. Das gilt auch für Lehrlinge, Teilzeitbeschäftigte, FerialarbeiterInnen usw.*) Voraussetzung ist allerdings der Beitrag zur Sozialversicherung. Diese Negativsteuer kann bis zu 110 Euro pro Jahr betragen. PensionistInnen haben keinen Anspruch. Viele KV-Löhne liegen noch unter 1130 Euro brutto, die ArzthelferInnen z.B. beginnen mit 783,40. Seit Jahren fordern AK und Gewerkschaften die Verdoppelung der Negativsteuer, um einen Schritt zur Armutsbekämpfung zu tun. Im Wahlkampf vor einem Jahr hatte sich auch die SP-Führung dafür stark gemacht. Im Forderungskatalog des ÖGB an die neue Regierung wird diese Sofortmaßnahme sogar auf die PensionistInnen ausgedehnt. Aber der ÖGB-Kongress begrüßte das Koalitionsprogramm, obwohl (nicht nur) die Verdoppelung der Negativsteuer fehlt.

Verdoppelung kalt abgewiesen

Was an „Negativsteuer“ zu den Schwächsten fließt, ist völlig gerechtfertigt. Es deckt ohnehin nur ein paar der ärgsten zusätzlichen Belastungen, die von der öffentlichen Hand und von den öffentlichen Dienstleistungen bzw. deren Privatisierung den Menschen zugemutet werden. Die Verdoppelung dieser „Negativsteuer“ ist also längst fällig.

Während der Budgetdebatten in den letzten Monaten wurde wieder heftig für die Verdoppelung mobilisiert. Die ÖVP vertröstet auf die Steuerreform 2010, und ihr Sozialsprecher Günter Stummvoll delegiert das Thema an das Sozialsystem, das solche Probleme lösen müsse. Am 24.April wurde dann das Budget für 2008/2009 beschlossen. Ohne Verdoppelung der Negativsteuer, lediglich für Pendler mit Bruttoeinkommen unter 1130 Euro werden maximal 90 Euro (im Jahr!) zugeschlagen.

Ursache: Hungerlöhne und Schandgehälter

Die Wurzel des Problems liegt natürlich in den untersten Löhnen und Gehältern, die trotz Steuerbefreiung ein zeitgemäßes Leben nicht ermöglichen bzw. überhaupt unter die Armutsgrenze führen. Für diese Menschen ist jede Tarif- und Gebührenerhöhung mit Einschränkungen der Lebensqualität verbunden, an eine „Vorsorge“ ist nicht zu denken, also werden sie dereinst auch die Opfer eines zerschlagenen sozialen Pensionssystems sein.

Darum sind die Diskussionen über Mindestlöhne und -gehälter von 1000 Euro (GPA: 1100 Euro) heftiger und notwendiger geworden. Damit lägen die niedrigsten Einkommen aber immer noch im Bereich der Negativsteuer! Nur eine beinharte Lohnpolitik zur nachhaltigen Anhebung der Mindesteinkommen kann dazu führen, dass für hunderttausende Armutsgefährdete der Abstand von einem normalen Leben verringert wird.

Hubert Schmiedbauer ist Journalist in Wien

*) Informationen: bei den Finanzämtern; bei den Arbeiterkammern; über www.wien.arbeiterkammer.at.