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Das falsche Bewusstsein

  • Mittwoch, 4. April 2007 @ 11:26
Meinung Von Anna-Erika Paseka

Ein radikales Umdenken ist der erste Schritt. "Arbeit" im Mittelhochdeutschen heißt: arebeit, arbeit und bedeutet "Mühsal", "Plage", „Beschwernis“, „Leiden". Dem englischen "labour" liegt das lateinische "labor" zugrunde: "Leid", "Mühsal", "Anstrengung". Das französische "travailler" oder das spanische "trabajo" leitet sich aus dem lateinischen "tripalium" ab: eine Art Joch, das zur Folter und Bestrafung von Sklaven und anderen Unfreien eingesetzt wurde. Auch das russische "robota", kommt aus dem altslawischen "rob", das "Sklave", "Knecht" heißt. Arbeit kann auch Erfüllung und lustvolle Aktualisierung der eigenen Fähigkeiten bedeuten. Aber nicht im Kapitalismus. Arbeitslosigkeit und prekäre Beschäftigungsverhältnisse sind nicht nur ein Problem der Betroffenen. Prekarisierung zerstört unsere Lebensgrundlagen, die kulturelle Vielfalt und letztlich sogar unsere Gesundheit, nicht nur weil Lohndumping unser Sozialsystem aushungert.

Wenn man der Larmoyanz der Politiker und Wirtschaftsbosse über Staatsschulden die leichtfertige Abschaffung der Erbschaftssteuer gegenüber stellt, wird die Heuchelei zum Erbrechen klar. Durch die Abschaffung der Erbschaftssteuer verschenkt der Staat ca. 140 Mill. Euro, um den besser gestellten Erben eine soziale Hängematte zu verschaffen. Kommentar von Dr. Günter Stummvoll (ÖVP) in der Sendung „Offen gesagt“: „Besteuerung von Eigentum ist Diebstahl“. Ein klassischer Fall von Täter / Opfer Umkehr.

Das AMS subventioniert Konzerne mit Zwangsarbeit von Langzeitarbeitslosen, die einst mit ihren Beiträgen die Arbeitslosenversicherung bezahlt haben, um im Schadensfall (Arbeitslosigkeit) geschützt zu sein. Die Raubtiere in der freien marktwirtschaftlichen Wildbahn werden mit ihrer Beute gefüttert – ohne (unternehmerisches) Risiko und ohne Skrupel. Man sollte sich fragen, wer sich denn nun unter welchen Bedingungen für wessen Bedürfnisse abplagt.

Sozialhilfeempfänger werden unter Ausnützung einer Notlage enteignet. Und das in einem System, in dem privates Eigentum als höchstes Gut gilt. Während erwerbsloses Einkommen bei Lohnabhängigen als Sozialschmarotzertum denunziert wird, gilt es bei Spekulanten als Tugend von den Renditen ihrer Aktien und von den Zinsen eines Vermögens zu leben, das sie ohne die Ausbeutung der Arbeitskraft anderer nie hätten erlangen können. Ständig kürzt das Arbeitsamt zu Unrecht Leistungen und verleumdet erwerbsarbeitslose Menschen als Sozialbetrüger um sie im Interesse des Kapitals gefügig zu machen.

Der Kapitalist sagt: „die Gesellschaft bin ich, die Moral, das ist mein Interesse!“ Im Nationalsozialismus stand ausgerechnet über den KZ-Toren „Arbeit macht frei!“. Der Klassenkampf wird nur mehr von oben nach unten geführt, in Teilen der Gesellschaft hat der Rassenkampf („de auslända kassieren nur…“, Asylgesetze etc.) den Klassenkampf ersetzt. Gleichheit ist jedoch die Grundvoraussetzung für Demokratie. Der Mehrheit unserer Gesellschaft, sowie den PolitikerInnen dürfte das Ideal der Gleichheit völlig wurscht sein.

Nicht Arbeit für alle, sondern Einkommen für alle, muss daher die Devise sein. Manche GewerkschafterInnen und SozialdemokratInnen haben wir dabei nicht auf unserer Seite. Wir werden ohne sie auskommen. Hören wir auf das Öl im Getriebe des Feindes zu sein, seien wir Sand.

Anna Paseka ist Mitglied des GLB/GPA-DJP und gestaltet gemeinsam mit Sepp Zaunegger ab März eine Sendung („prekär“) auf dem Wiener Kabelsender OKTO zu dem Thema Prekariat und Erwerbsarbeitslosigkeit. Genauere Informationen unter www.glb.at.