60 Jahre Bundesgesetz über die Verstaatlichung der Elektrizitätswirtschaft
- Freitag, 30. März 2007 @ 21:00
Von Michael Linser
Das Bundesgesetz vom 26. März 1947 organisierte die öffentliche Stromversorgung neu bzw. erstmalig Österreichweit. In diesem wurden die Aufgaben der Landesgesellschaften, der Sondergesellschaften und der Verbundgesellschaft definiert. Die Aufgabe der Landesgesellschaften war es die allgemeine Versorgung (Endverbraucher) herzustellen (§3, (1)) und jene der Verbundgesellschaft für den momentanen und vorausschauend den zukünftigen Ausgleich zwischen Stromerzeugung und Verbrauch über die Sondergesellschaften (§4) zu sorgen (§5. (4) bzw. nach der Novellierung 1987 (6)). Der elektrische Strom muss unmittelbar mit dem Verbrauch hergestellt werden, denn er hat nun einmal die Schnelligkeit eines Blitzes (im Allgemeinen wirtschaftlichen Sprachgebrauch würde man sagen, dass die Lagerfähigkeit des Stromes im Sekundenbereich liegt). Um dieser Unmittelbarkeit zwischen Produktion und Konsumption folgen zu können, wurden zwei unterschiedliche Strategien im zweiten Verstaatlichungsgesetz vorgesehen. Zum einen sollte durch eine möglichst umfassende Vernetzung der Produktionen mit den Verbrauchern ein statistischer Ausgleich erfolgen, und zum anderen sollten die Produktion und der Transport (die vernetzten elektrischen Leitungen) von einer Hand geregelt werden (Verbundgesellschaft).
Zum technischen Verständnis ein Vergleich: Verbraucher von Wasser beziehen das Wasser meist über Rohrleitungen. Wenn man mehr verbraucht als zu rinnt, so sinkt der Druck in der Leitung bis sie leer ist. Daher legt man bei Wasserversorgungen, bei denen, über lange Zeit gesehen, der Zufluss den Verbrauch deckt, ein Reservoir an, das so groß ist, dass man kurzfristig mehr verbrauchen kann als zurinnt. Der Druck sinkt dadurch nur sehr geringfügig. Je größer die Schwankungen zwischen Verbrauch und Zufluss sind, umso größer muss das Reservoir sein. Um den Druck möglichst konstant zu halten, ist ein möglichst großer Wasserspiegel (ein See) nötig.
Beim Strom ist es ähnlich. Den Schwankungen des Druckes im Wasserleitungssystem entsprechen die Spannungs- und Frequenzschwankungen im Stromnetz. Da die elektrischen Geräte so ausgelegt sind, dass sie optimal bzw. überhaupt nur in einem engen Spannungs- und Frequenzbereich funktionieren, müssen im Netz diese Bedingungen eingehalten werden. Da Strom noch nicht großtechnisch direkt gespeichert werden kann, muss neben der statistischen Verteilung über verschieden Produktionsmöglichkeiten (als Zuflusssteuerung, z. B. mit hydraulischen Pumpspeicherkraftwerken) dem Verbrauch nachgefahren werden. Je größer das Netz (der See) umso geringer wirken sich die momentanen Schwankungen bei Abweichungen zwischen Produktion (Zuflüssen) und Verbrauch (Abflüssen) aus.
Da die Produktion, das Transportnetz und der Verbrauch unmittelbar und sehr schnell zusammenhängen und untereinander Rückwirkungen haben, ist es auch sinnvoll die Regelung dieser Wirtschaft (E-Wirtschaft) in einer Hand zu lassen. Daher sind die österreichischen Nutzer von elektrischem Strom lange Zeit mit diesem Gesetz gut gefahren.
Jedoch die EU-Liberalisierung verlegt nun die Trennung von Produktion und Netz und die Marktöffnung dieser bislang von meist gemeinwirtschaftlichen Monopolen betriebenen Anlagen und Versorgungszuständen. Daher musste ein „Ausgleich für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen im Allgemeininteresse (geschaffen werden) ..., die sich auf die Sicherheit, einschließlich der Versorgungssicherheit, die Regelmäßigkeit, die Qualität und den Preis der Lieferungen sowie auf den Umweltschutz beziehen“ (§3, Abs. 4.des Elektrizitätswirtschafts- und –organisationsgesetzes ElWOG 1998).
Da die elektrische Energieversorgung wegen der bisherigen Zuverlässigkeit ein volkswirtschaftlicher wichtiger Faktor für das Funktionieren wirtschaftlicher Prozesse im Allgemeinen geworden ist, wird diese Zuverlässigkeit hoch bewertet. Gleichzeitig versuchen Marktfetischisten über Marktmechanismen diese allgemeine Abhängigkeit zu reduzieren in dem sie zu den verbrauchs- und produktionsbedingten (z.B. Windkraftwerke) Unsicherheiten noch solche aus dem Markt in die Elektrizitätswirtschaft einbauen. Es zeigt sich in Europa, dass in diesem Spannungsfeld die großen Elektrizitätsunternehmen die Zuverlässigkeit herstellen können, wenn sie dabei ihre Netze und Versorgungsgebiete erweitern können. So wird es schließlich wieder nur mehr einige (diesmal aber wahrscheinlich kapitalistische) Monopolisten geben.
Das zweite Verstaatlichungsgesetz bietet die Gewähr, dass die gemeinwirtschaftlichen Interessen durch das gesellschaftliche Eigentum weiterhin im Vordergrund der Elektrizitätswirtschaft stehen. Ein Hoch auf Karl Altmann, der das Problem der Österreichweiten Einführung einer neuen Technologie weitsichtig durch Sozialisation (Verstaatlichung) gelöst hat, die heute noch funktioniert.
DI Michael Linser ist Techniker bei der Tiroler Landesenergiegesellschaft TIWAG und lebt in Innsbruck, er ist Mitglied der ÖGB-Landeskontrolle Tirol
Das Bundesgesetz vom 26. März 1947 organisierte die öffentliche Stromversorgung neu bzw. erstmalig Österreichweit. In diesem wurden die Aufgaben der Landesgesellschaften, der Sondergesellschaften und der Verbundgesellschaft definiert. Die Aufgabe der Landesgesellschaften war es die allgemeine Versorgung (Endverbraucher) herzustellen (§3, (1)) und jene der Verbundgesellschaft für den momentanen und vorausschauend den zukünftigen Ausgleich zwischen Stromerzeugung und Verbrauch über die Sondergesellschaften (§4) zu sorgen (§5. (4) bzw. nach der Novellierung 1987 (6)). Der elektrische Strom muss unmittelbar mit dem Verbrauch hergestellt werden, denn er hat nun einmal die Schnelligkeit eines Blitzes (im Allgemeinen wirtschaftlichen Sprachgebrauch würde man sagen, dass die Lagerfähigkeit des Stromes im Sekundenbereich liegt). Um dieser Unmittelbarkeit zwischen Produktion und Konsumption folgen zu können, wurden zwei unterschiedliche Strategien im zweiten Verstaatlichungsgesetz vorgesehen. Zum einen sollte durch eine möglichst umfassende Vernetzung der Produktionen mit den Verbrauchern ein statistischer Ausgleich erfolgen, und zum anderen sollten die Produktion und der Transport (die vernetzten elektrischen Leitungen) von einer Hand geregelt werden (Verbundgesellschaft).
Zum technischen Verständnis ein Vergleich: Verbraucher von Wasser beziehen das Wasser meist über Rohrleitungen. Wenn man mehr verbraucht als zu rinnt, so sinkt der Druck in der Leitung bis sie leer ist. Daher legt man bei Wasserversorgungen, bei denen, über lange Zeit gesehen, der Zufluss den Verbrauch deckt, ein Reservoir an, das so groß ist, dass man kurzfristig mehr verbrauchen kann als zurinnt. Der Druck sinkt dadurch nur sehr geringfügig. Je größer die Schwankungen zwischen Verbrauch und Zufluss sind, umso größer muss das Reservoir sein. Um den Druck möglichst konstant zu halten, ist ein möglichst großer Wasserspiegel (ein See) nötig.
Beim Strom ist es ähnlich. Den Schwankungen des Druckes im Wasserleitungssystem entsprechen die Spannungs- und Frequenzschwankungen im Stromnetz. Da die elektrischen Geräte so ausgelegt sind, dass sie optimal bzw. überhaupt nur in einem engen Spannungs- und Frequenzbereich funktionieren, müssen im Netz diese Bedingungen eingehalten werden. Da Strom noch nicht großtechnisch direkt gespeichert werden kann, muss neben der statistischen Verteilung über verschieden Produktionsmöglichkeiten (als Zuflusssteuerung, z. B. mit hydraulischen Pumpspeicherkraftwerken) dem Verbrauch nachgefahren werden. Je größer das Netz (der See) umso geringer wirken sich die momentanen Schwankungen bei Abweichungen zwischen Produktion (Zuflüssen) und Verbrauch (Abflüssen) aus.
Da die Produktion, das Transportnetz und der Verbrauch unmittelbar und sehr schnell zusammenhängen und untereinander Rückwirkungen haben, ist es auch sinnvoll die Regelung dieser Wirtschaft (E-Wirtschaft) in einer Hand zu lassen. Daher sind die österreichischen Nutzer von elektrischem Strom lange Zeit mit diesem Gesetz gut gefahren.
Jedoch die EU-Liberalisierung verlegt nun die Trennung von Produktion und Netz und die Marktöffnung dieser bislang von meist gemeinwirtschaftlichen Monopolen betriebenen Anlagen und Versorgungszuständen. Daher musste ein „Ausgleich für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen im Allgemeininteresse (geschaffen werden) ..., die sich auf die Sicherheit, einschließlich der Versorgungssicherheit, die Regelmäßigkeit, die Qualität und den Preis der Lieferungen sowie auf den Umweltschutz beziehen“ (§3, Abs. 4.des Elektrizitätswirtschafts- und –organisationsgesetzes ElWOG 1998).
Da die elektrische Energieversorgung wegen der bisherigen Zuverlässigkeit ein volkswirtschaftlicher wichtiger Faktor für das Funktionieren wirtschaftlicher Prozesse im Allgemeinen geworden ist, wird diese Zuverlässigkeit hoch bewertet. Gleichzeitig versuchen Marktfetischisten über Marktmechanismen diese allgemeine Abhängigkeit zu reduzieren in dem sie zu den verbrauchs- und produktionsbedingten (z.B. Windkraftwerke) Unsicherheiten noch solche aus dem Markt in die Elektrizitätswirtschaft einbauen. Es zeigt sich in Europa, dass in diesem Spannungsfeld die großen Elektrizitätsunternehmen die Zuverlässigkeit herstellen können, wenn sie dabei ihre Netze und Versorgungsgebiete erweitern können. So wird es schließlich wieder nur mehr einige (diesmal aber wahrscheinlich kapitalistische) Monopolisten geben.
Das zweite Verstaatlichungsgesetz bietet die Gewähr, dass die gemeinwirtschaftlichen Interessen durch das gesellschaftliche Eigentum weiterhin im Vordergrund der Elektrizitätswirtschaft stehen. Ein Hoch auf Karl Altmann, der das Problem der Österreichweiten Einführung einer neuen Technologie weitsichtig durch Sozialisation (Verstaatlichung) gelöst hat, die heute noch funktioniert.
DI Michael Linser ist Techniker bei der Tiroler Landesenergiegesellschaft TIWAG und lebt in Innsbruck, er ist Mitglied der ÖGB-Landeskontrolle Tirol