Eine andere Gesellschaft ist möglich
- Donnerstag, 15. Februar 2007 @ 11:42
Von Christiane Maringer
Was etliche Jahrzehnte für Mitteleuropas und die USA gegolten hat, ist durch die neoliberalen Kapitalinteressen in Frage gestellt: Weder ist der Arbeitsmarkt geregelt, noch ist der Sozialstaat ein finanzielles Auffangnetz für Menschen ohne Erwerbsarbeit. Etwa 800.000 Menschen sind in Österreich zumindest einmal im Jahr arbeitslos. Der Abbau von Arbeitsplätzen setzt sich ungebremst fort, gleichzeitig werden die Lebens- und Wochenarbeitszeiten wieder ausgebaut. Neu entstehende Arbeitsplätze sind immer öfter nur Teilzeitarbeitsplätze mit entsprechend geringem Einkommen und zumeist nicht angemessen abgesichert: 91.000 Menschen sind arm, obwohl sie arbeiten, 253.000 armutsgefährdet.
Sozialleistung nicht mehr zu gewähren, weil sie uns zustehen, sondern nur mehr dann, wenn keine andere Möglichkeit mehr besteht, zu überleben, greift spätestens mit der neuen Regierung auch in Österreich um sich. Sozialminister Buchingers Mindestsicherung ist „bedarfsorientiert“ – es gibt sie nur, wenn das persönliche Eigentum vorher „verwertet“ wurde.
Ein bedingungsloses und gleichzeitig existenzsicherndes Grundeinkommen für alle, die hier ihren Lebensmittelpunkt haben, würde einige gesellschaftliche Probleme lösen. Vor allem Frauen leisten die notwendigen Arbeiten, die seit jeher nicht bezahlt werden. Kindern ein Umfeld zu schaffen, in dem sie heranwachsen können, kranke und alte Menschen zu betreuen und zu pflegen, usw. Ein Grundeinkommen würde diese Arbeiten sichtbar und finanzierbar machen, wie etwa die aktuelle Debatte im Pflegebereich zeigt.
Ein Grundeinkommen würde dem Wunsch vieler Menschen entgegenkommen, in anderen Arbeitsformen und –zusammenhängen zu leben. Es würde Kreativität und Kompetenz freisetzen und die Möglichkeit schaffen, (Existenz)angstfrei andere Ideen umzusetzen und damit auch die Wirtschaft beleben. Bedarfsorientiertheit hingegen ist kostspielig wegen des hohen administrativen Aufwands. Sie bedeutet außerdem Stigmatisierung der Anspruchsberechtigten, Eingriff ins Privatleben, verlorene Zeit in Warteschlangen, die Erfahrung der Machtlosigkeit.
Ein Grundeinkommen sollen also alle erhalten. Auch die Besitzer von Unternehmen und Aktienpaketen – sie werden das Geld aber über Steuerleistungen und Abgaben vielfach wieder an die Gemeinschaft zurückzahlen. Ein Vorteil für alle liegt schließlich darin, dass sich die Qualität des Zusammenlebens verbessert.
Der perspektivische Charakter am Grundeinkommen besteht darin, dass es über die aktuelle Verfasstheit unserer Gesellschaft hinausweist. Es ist Grundlage dafür, dass die Menschen Arbeit und Gesellschaft neu denken und entwickeln können: Existenzgesichert leben, ohne verpflichtend Erwerbsarbeit leisten zu müssen.
Unsere Forderung ist nicht die nach der „Freiheit zur Armut“. Wir wollen auch keine Stillhalteprämie für Jugendliche, oder Frauen, die keinen Platz am aktuellen Arbeitsmarkt finden. Daher sind eine Reihe von Begleitmaßnahmen notwendig: Etwa die Schaffung neuer, gesellschaftlich notwendiger Arbeitsplätze im öffentlichen Bereich (Verkehr, Pflege, Bildung, ....), Mindestlohn, radikale Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich.
Andere Transferleistungen müssen erhalten bleiben: Grundeinkommen ist kein Ersatz für Pensionszahlungen, Gehaltsfortzahlungen im Krankheitsfall oder das Arbeitslosengeld, bedeutet auch nicht, dass wir plötzlich Schulgeld zahlen müssen.
Die Verteilungsrichtung muss geändert werden. Heute besitzen 0,8 Prozent der Österreicher ein Drittel des Vermögens. Kapital und Vermögen müssen deutlich stärker besteuert werden und anders als heute zur Herstellung einer solidarischen Gesellschaft beitragen. Notwendig ist die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, die Anhebung des Spitzensteuersatzes, die Einführung einer Tobin-Tax auf spekulative Kapitalbewegungen und einer Wertschöpfungsabgabe und die Abschaffung der Steuerprivilegien für Privatstiftungen.
Christiane Maringer ist Multimedia Producerin und Öffentlichkeitsarbeiterin und lebt in Purkersdorf
Was etliche Jahrzehnte für Mitteleuropas und die USA gegolten hat, ist durch die neoliberalen Kapitalinteressen in Frage gestellt: Weder ist der Arbeitsmarkt geregelt, noch ist der Sozialstaat ein finanzielles Auffangnetz für Menschen ohne Erwerbsarbeit. Etwa 800.000 Menschen sind in Österreich zumindest einmal im Jahr arbeitslos. Der Abbau von Arbeitsplätzen setzt sich ungebremst fort, gleichzeitig werden die Lebens- und Wochenarbeitszeiten wieder ausgebaut. Neu entstehende Arbeitsplätze sind immer öfter nur Teilzeitarbeitsplätze mit entsprechend geringem Einkommen und zumeist nicht angemessen abgesichert: 91.000 Menschen sind arm, obwohl sie arbeiten, 253.000 armutsgefährdet.
Sozialleistung nicht mehr zu gewähren, weil sie uns zustehen, sondern nur mehr dann, wenn keine andere Möglichkeit mehr besteht, zu überleben, greift spätestens mit der neuen Regierung auch in Österreich um sich. Sozialminister Buchingers Mindestsicherung ist „bedarfsorientiert“ – es gibt sie nur, wenn das persönliche Eigentum vorher „verwertet“ wurde.
Ein bedingungsloses und gleichzeitig existenzsicherndes Grundeinkommen für alle, die hier ihren Lebensmittelpunkt haben, würde einige gesellschaftliche Probleme lösen. Vor allem Frauen leisten die notwendigen Arbeiten, die seit jeher nicht bezahlt werden. Kindern ein Umfeld zu schaffen, in dem sie heranwachsen können, kranke und alte Menschen zu betreuen und zu pflegen, usw. Ein Grundeinkommen würde diese Arbeiten sichtbar und finanzierbar machen, wie etwa die aktuelle Debatte im Pflegebereich zeigt.
Ein Grundeinkommen würde dem Wunsch vieler Menschen entgegenkommen, in anderen Arbeitsformen und –zusammenhängen zu leben. Es würde Kreativität und Kompetenz freisetzen und die Möglichkeit schaffen, (Existenz)angstfrei andere Ideen umzusetzen und damit auch die Wirtschaft beleben. Bedarfsorientiertheit hingegen ist kostspielig wegen des hohen administrativen Aufwands. Sie bedeutet außerdem Stigmatisierung der Anspruchsberechtigten, Eingriff ins Privatleben, verlorene Zeit in Warteschlangen, die Erfahrung der Machtlosigkeit.
Ein Grundeinkommen sollen also alle erhalten. Auch die Besitzer von Unternehmen und Aktienpaketen – sie werden das Geld aber über Steuerleistungen und Abgaben vielfach wieder an die Gemeinschaft zurückzahlen. Ein Vorteil für alle liegt schließlich darin, dass sich die Qualität des Zusammenlebens verbessert.
Der perspektivische Charakter am Grundeinkommen besteht darin, dass es über die aktuelle Verfasstheit unserer Gesellschaft hinausweist. Es ist Grundlage dafür, dass die Menschen Arbeit und Gesellschaft neu denken und entwickeln können: Existenzgesichert leben, ohne verpflichtend Erwerbsarbeit leisten zu müssen.
Unsere Forderung ist nicht die nach der „Freiheit zur Armut“. Wir wollen auch keine Stillhalteprämie für Jugendliche, oder Frauen, die keinen Platz am aktuellen Arbeitsmarkt finden. Daher sind eine Reihe von Begleitmaßnahmen notwendig: Etwa die Schaffung neuer, gesellschaftlich notwendiger Arbeitsplätze im öffentlichen Bereich (Verkehr, Pflege, Bildung, ....), Mindestlohn, radikale Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich.
Andere Transferleistungen müssen erhalten bleiben: Grundeinkommen ist kein Ersatz für Pensionszahlungen, Gehaltsfortzahlungen im Krankheitsfall oder das Arbeitslosengeld, bedeutet auch nicht, dass wir plötzlich Schulgeld zahlen müssen.
Die Verteilungsrichtung muss geändert werden. Heute besitzen 0,8 Prozent der Österreicher ein Drittel des Vermögens. Kapital und Vermögen müssen deutlich stärker besteuert werden und anders als heute zur Herstellung einer solidarischen Gesellschaft beitragen. Notwendig ist die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, die Anhebung des Spitzensteuersatzes, die Einführung einer Tobin-Tax auf spekulative Kapitalbewegungen und einer Wertschöpfungsabgabe und die Abschaffung der Steuerprivilegien für Privatstiftungen.
Christiane Maringer ist Multimedia Producerin und Öffentlichkeitsarbeiterin und lebt in Purkersdorf