Auch für Frauen keine Wende
- Donnerstag, 8. Februar 2007 @ 08:26
Von Barbara Kundi, Buchhalterin in Wien und Mitglied des ÖGB-Landesfrauenausschusses Niederösterreich
Auch Österreichs Frauen stellen fest: Das Regierungsprogramm der großen Koalition ist keine Wende der letzten Jahre! Auch wenn frau nicht wirklich erwartet hat, dass sich durch den Wahlsieg der SPÖ über die ÖVP um wenige Stimmen die Politik in Österreich jetzt plötzlich radikal ändert, sich der neoliberalen Offensive und den EU-Kriterien entgegenstemmt, konnte sie doch nicht erwarten, dass Wahlversprechen so schnell, offen und ohne Skupeln im Mülleimer der Geschichte landen! Praktisch der 1. Satz beginnt mit einer gefährlichen Drohung: „Auf Basis des bisher erreichten soll aufgebaut und weitere Verbesserungen für die Bürgerinnen und Bürger umgesetzt werden.“ Was bisher erreicht wurde und was diese Politiker unter „Reform“ oder „Verbesserungen“ verstehen, das haben wir alle schon bisher – und zwar auch schon vor dem Jahr 2000 – sehr zu spüren bekommen:
Die Pensions“reform“, die Einführung der Studiengebühren, Einschränkungen für Arbeitslosen- und SozialhilfebezieherInnen, die Verschärfung der Zumutbarkeit und Zwangsmaßnahmen, die Reduktion des Entgeltes, die Verdrängung der Frauen in ungeschützte Beschäftigungsverhältnisse, Einsparungen im Gesundheitswesen, immer mehr Selbstbehalte und so weiter und so fort. Und die SPÖ wollte doch vor der Wahl so viel davon wieder zum Besseren ändern!
Aber nichts da, auch diese Regierung verschreibt sich einem rigiden Sparkurs auf Kosten der ArbeiterInnen und Angestellten. Von einer gerechteren Verteilung der Steuerlast wie zum Beispiel durch höhere Besteuerung von Kapital, Vermögen und Unternehmensgewinne, durch Abschaffung der Steuerprivilegien auf Privatstiftungen oder durch die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe ist mit keinem Wort die Rede. Sogar die angekündigte Steuerreform für kleine und mittlere Einkommen kommt erst 2010, damit diese Politik der Umverteilung von unten nach oben fortgesetzt werden kann. Und so werden auch in dieser Regierungsperiode die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden.
Dafür will diese Regierung eine bedarfsorientierte „Mindestsicherung“ sowie per Generalkollektivvertrag einen Mindestlohn für Vollarbeitszeit von € 1.000,-- einführen. Nun scheint es den Verhandlern entgangen zu sein, dass schon 1997 rund 650.000 Menschen mit ihrer Unterschrift zum Frauenvolksbegehren einen Mindestlohn von € 1.100,-- gefordert haben. Aber vielleicht meinen sie, dass alle Betroffenen sowieso überaus glücklich sein werden, da die meisten von uns seit 1997 real eh keinen Cent mehr ins Börsel bekommen haben, während alle Ausgaben des täglichen Bedarfs sich an die 40 Prozent – manches sogar um mehr – verteuert haben.
Die vielgepriesene bedarfsorientierte „Mindestsicherung“ ist in Wirklichkeit eher eine Sozialhilfe neu. Mit ihr verbunden sind massive Einschränkungen, die einer Enteignung und Entmündigung gleich kommen: Es sollen Wohnbeihilfen und Heizkostenzuschüsse eingerechnet werden, Eigentumswohnungen müssen zwar nicht verkauft werden, aber es wird eine fiktive Miete angerechnet. Eine Voraussetzung für die Zuerkennung ist bei allen arbeitsfähigen BezieherInnen die Arbeitswilligkeit. Dafür werden die Zumutbarkeitsbestimmungen „gerechter und praxisnäher gestaltet“. Langzeitarbeitslose werden in gemeinnützigen Arbeitsprojekten untergebracht und sind zur Weiterbildung verpflichtet. Und die Anrechnung des PartnerInneneinkommens bleibt wie bei der Notstandshilfe weiterhin ungelöst. Also ist die bedarfsorientierte Mindestsicherung nichts anderes als die deutsche Hartz IV auf österreichisch.
Die Regierungspartner bekennen sich dazu, dass sie die Vollzeiterwerbstätigkeit von Frauen steigern und die Einkommensschere schließen möchten. Aber nicht nur hier fehlt bei den begleitenden Maßnahmen wie beim Ausbau der Kinderbetreuung die Vorstellung des Wie, das Wann und vor allem – das Geld! So wichtige Fragen wie die Kleinkindbetreuung, das beitragsfreie Vorschuljahr bzw. eine Konkretisierung der Ganztagsschule kommen überhaupt nicht vor. Und frau kann neugierig darauf sein, was die Regierung unter „Maßnahmen zur besseren Bewertung sog. frauenspezifischer Jobs“ versteht. Traurig ist auch, dass sich die Vorstellung einer verstärkten Unterstützung für Alleinerziehende nur auf die Reform zur Erleichterung des Zugangs, die Verbesserung und Beschleunigung des Unterhaltsvorschusses beschränkt.
Außerdem gibt es gewichtige Rückschritte im Arbeitsrecht, die vor allem auch Frauen treffen. Die tägliche Normalarbeitszeit von 8 Stunden kann in Zukunft durch Kollektivvertrag auf 10 Stunden angehoben werden. Aber auch der 10-Stunden-Tag ist passé! Zukünftig darf bis zu 12 Stunden täglich und bis zu 60 Stunden wöchentlich gearbeitet werden. Und wenn diese Mehrstunden zur normalen Arbeitszeit innerhalb von sechs Monaten ausgeglichen werden, müssen die Unternehmen keinen Cent an Überstundenzuschläge zahlen.
Da kann frau auch darüber nachdenken, wie sie dann je zum Zuschlag für Teilzeitkräfte bei Mehrarbeit kommen wird. Da passt es dann wunderbar dazu, dass in Bälde die Geschäfte werktags in der Zeit von 6.00 bis 21.00 Uhr und samstags von 6.00 bis 18.00 Uhr bzw. wöchentlich statt bisher 66 Stunden nunmehr bis 72 Stunden offen halten können.
Wir müssen feststellen, auch wenn ÖGB und AK aus unerklärlichen Gründen im Regierungsprogramm Positives finden, dass für den überwiegenden Teil der Lohnabhängigen und insbesondere für Frauen diese Regierung keine Verbesserung bringt.
Auch Österreichs Frauen stellen fest: Das Regierungsprogramm der großen Koalition ist keine Wende der letzten Jahre! Auch wenn frau nicht wirklich erwartet hat, dass sich durch den Wahlsieg der SPÖ über die ÖVP um wenige Stimmen die Politik in Österreich jetzt plötzlich radikal ändert, sich der neoliberalen Offensive und den EU-Kriterien entgegenstemmt, konnte sie doch nicht erwarten, dass Wahlversprechen so schnell, offen und ohne Skupeln im Mülleimer der Geschichte landen! Praktisch der 1. Satz beginnt mit einer gefährlichen Drohung: „Auf Basis des bisher erreichten soll aufgebaut und weitere Verbesserungen für die Bürgerinnen und Bürger umgesetzt werden.“ Was bisher erreicht wurde und was diese Politiker unter „Reform“ oder „Verbesserungen“ verstehen, das haben wir alle schon bisher – und zwar auch schon vor dem Jahr 2000 – sehr zu spüren bekommen:
Die Pensions“reform“, die Einführung der Studiengebühren, Einschränkungen für Arbeitslosen- und SozialhilfebezieherInnen, die Verschärfung der Zumutbarkeit und Zwangsmaßnahmen, die Reduktion des Entgeltes, die Verdrängung der Frauen in ungeschützte Beschäftigungsverhältnisse, Einsparungen im Gesundheitswesen, immer mehr Selbstbehalte und so weiter und so fort. Und die SPÖ wollte doch vor der Wahl so viel davon wieder zum Besseren ändern!
Aber nichts da, auch diese Regierung verschreibt sich einem rigiden Sparkurs auf Kosten der ArbeiterInnen und Angestellten. Von einer gerechteren Verteilung der Steuerlast wie zum Beispiel durch höhere Besteuerung von Kapital, Vermögen und Unternehmensgewinne, durch Abschaffung der Steuerprivilegien auf Privatstiftungen oder durch die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe ist mit keinem Wort die Rede. Sogar die angekündigte Steuerreform für kleine und mittlere Einkommen kommt erst 2010, damit diese Politik der Umverteilung von unten nach oben fortgesetzt werden kann. Und so werden auch in dieser Regierungsperiode die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden.
Dafür will diese Regierung eine bedarfsorientierte „Mindestsicherung“ sowie per Generalkollektivvertrag einen Mindestlohn für Vollarbeitszeit von € 1.000,-- einführen. Nun scheint es den Verhandlern entgangen zu sein, dass schon 1997 rund 650.000 Menschen mit ihrer Unterschrift zum Frauenvolksbegehren einen Mindestlohn von € 1.100,-- gefordert haben. Aber vielleicht meinen sie, dass alle Betroffenen sowieso überaus glücklich sein werden, da die meisten von uns seit 1997 real eh keinen Cent mehr ins Börsel bekommen haben, während alle Ausgaben des täglichen Bedarfs sich an die 40 Prozent – manches sogar um mehr – verteuert haben.
Die vielgepriesene bedarfsorientierte „Mindestsicherung“ ist in Wirklichkeit eher eine Sozialhilfe neu. Mit ihr verbunden sind massive Einschränkungen, die einer Enteignung und Entmündigung gleich kommen: Es sollen Wohnbeihilfen und Heizkostenzuschüsse eingerechnet werden, Eigentumswohnungen müssen zwar nicht verkauft werden, aber es wird eine fiktive Miete angerechnet. Eine Voraussetzung für die Zuerkennung ist bei allen arbeitsfähigen BezieherInnen die Arbeitswilligkeit. Dafür werden die Zumutbarkeitsbestimmungen „gerechter und praxisnäher gestaltet“. Langzeitarbeitslose werden in gemeinnützigen Arbeitsprojekten untergebracht und sind zur Weiterbildung verpflichtet. Und die Anrechnung des PartnerInneneinkommens bleibt wie bei der Notstandshilfe weiterhin ungelöst. Also ist die bedarfsorientierte Mindestsicherung nichts anderes als die deutsche Hartz IV auf österreichisch.
Die Regierungspartner bekennen sich dazu, dass sie die Vollzeiterwerbstätigkeit von Frauen steigern und die Einkommensschere schließen möchten. Aber nicht nur hier fehlt bei den begleitenden Maßnahmen wie beim Ausbau der Kinderbetreuung die Vorstellung des Wie, das Wann und vor allem – das Geld! So wichtige Fragen wie die Kleinkindbetreuung, das beitragsfreie Vorschuljahr bzw. eine Konkretisierung der Ganztagsschule kommen überhaupt nicht vor. Und frau kann neugierig darauf sein, was die Regierung unter „Maßnahmen zur besseren Bewertung sog. frauenspezifischer Jobs“ versteht. Traurig ist auch, dass sich die Vorstellung einer verstärkten Unterstützung für Alleinerziehende nur auf die Reform zur Erleichterung des Zugangs, die Verbesserung und Beschleunigung des Unterhaltsvorschusses beschränkt.
Außerdem gibt es gewichtige Rückschritte im Arbeitsrecht, die vor allem auch Frauen treffen. Die tägliche Normalarbeitszeit von 8 Stunden kann in Zukunft durch Kollektivvertrag auf 10 Stunden angehoben werden. Aber auch der 10-Stunden-Tag ist passé! Zukünftig darf bis zu 12 Stunden täglich und bis zu 60 Stunden wöchentlich gearbeitet werden. Und wenn diese Mehrstunden zur normalen Arbeitszeit innerhalb von sechs Monaten ausgeglichen werden, müssen die Unternehmen keinen Cent an Überstundenzuschläge zahlen.
Da kann frau auch darüber nachdenken, wie sie dann je zum Zuschlag für Teilzeitkräfte bei Mehrarbeit kommen wird. Da passt es dann wunderbar dazu, dass in Bälde die Geschäfte werktags in der Zeit von 6.00 bis 21.00 Uhr und samstags von 6.00 bis 18.00 Uhr bzw. wöchentlich statt bisher 66 Stunden nunmehr bis 72 Stunden offen halten können.
Wir müssen feststellen, auch wenn ÖGB und AK aus unerklärlichen Gründen im Regierungsprogramm Positives finden, dass für den überwiegenden Teil der Lohnabhängigen und insbesondere für Frauen diese Regierung keine Verbesserung bringt.