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Kein Herz für ältere DienstnehmerInnen?

  • Montag, 5. Februar 2007 @ 11:38
Meinung Von Ulrike Uhlik-Fettinger, GLB-Personalvertreterin MA 67, HG 1 Hoheitsverwaltung

DienstnehmerInnen werden immer älter – auch beim Magistrat Wien. Durch die Pensionsreform dürfen auch wir Magistratsbedienstete immer länger arbeiten. Nun könnte man einwenden, dass dies ja durchaus etwas Positives darstellt, beklagen wir doch in der Privatwirtschaft den Umstand, dass ältere DienstnehmerInnen immer mehr aus der Arbeitswelt verdrängt werden und es somit den wenigsten gelingt, aus einem Arbeitsverhältnis direkt in die wohlverdiente Pension zu wechseln. Das ist an sich richtig – nur: Wer erfreut sich auch in höheren Lebensjahren noch einer stabilen Gesundheit? Denn nur die Gesunden unter uns schaffen es, beim (sozialen) Magistrat alt zu werden. Auch in unserem „geschützten“ Bereich ist man inzwischen dazu übergegangen, Bedienstete aufgrund von zu vielen Krankenstandstagen zu kündigen.

Diese Tendenz ist sehr bedenklich, haben wir es beim Magistrat doch mit etlichen Berufsgruppen zu tun, deren Tätigkeit nicht gerade als schonend für Geist und Körper zu bezeichnen ist. Einige Beispiele davon wären:
• MA 11 – Kindergartenpädagoginnen, Horterzieherinnen
• MA 30 – Kanal
• MA 48 – jahrelanges Arbeiten im Freien bei Wind und Wetter, dazu körperlich anstrengende Tätigkeiten, wie Müllabfuhr, Straßenreinigung, etc.
• KAV – die vielzitierte Krankenschwester, der OP-Gehilfe, und natürlich auch das ärztliche Personal (Wechsel- und Schichtdienst)
• Wiener Linien – StraßenbahnfahrerInnen und BuslenkerInnen
• MA 67 – AußendienstmitarbeiterInnen bei KPZ und PÜG, welche ihre tägliche Arbeit überwiegend auf der Straße verbringen.

Diese Auflistung ist keinesfalls vollständig, zeigt aber einen durchaus anschaulichen Querschnitt. Alle diese DienstnehmerInnen sind durch den Charakter ihrer Tätigkeiten geradezu dazu prädestiniert, VOR Erreichen ihres Regel-Pensionsalters schon ausgebrannt, krank oder einfach „fertig“ zu sein.

Man stelle sich etwa eine 63jährige Horterzieherin vor, die es mit einer Horde pubertierender 12jähriger zu tun hat, oder einen OP-Gehilfen, der mit 61 noch immer täglich PatientInnen vom Bett A auf Bett B, etc., hieven muss; Müllaufleger, die mit 59 mit schweren Mülltonnen hantieren müssen.....

Was aber macht die Stadt Wien mit ihren älteren DienstnehmerInnen, die nicht mehr fähig sind, bei ihren angestammten Tätigkeiten innerhalb ihrer Abteilungen ihre Leistung zu erbringen? Gibt es vielleicht irgendein Konzept, diese altgedienten MitarbeiterInnen irgendwie doch noch im Arbeitsprozess, nur halt auf einem ihren körperlichen Möglichkeiten entsprechenden Arbeitsplatz, zu halten?

Mitnichten! Auch die Stadt Wien ist dazu übergegangen, sich ihrer älteren und kranken DienstnehmerInnen zu entledigen. Der Weg dazu ist immer der gleiche: Ältere DienstnehmerInnen, die sich öfters oder für längere Zeit im Krankenstand befinden, werden mittels Ermahnungen und in weiterer Folge Herabsetzung ihrer Dienstbeurteilung aufgrund von zu vielen Krankenstandstagen sanktioniert – bis zur endgültigen Kündigung.

Die Ermahnung erfolgt in klassischer Weise als NIEDERSCHRIFT – in diesen NS werden die Leute unter Androhung von „dienstrechtlichen Konsequenzen“ dazu aufgefordert, ihre Krankenstände zu reduzieren.

Dazu ist folgendes anzumerken: Es ist nicht nur moralisch verwerflich, einem sowieso durch Krankheit angegriffenen DienstnehmerInnen zusätzlich noch mit der massiven dienstrechtlichen Keule zu drohen, es ist meines Erachtens nach zusätzlich eine Ungeheuerlichkeit, jemandem de facto zu unterstellen, er könne seine Krankenstände bewusst steuern – nichts anderes besagen nämliche Niederschriften.

Abgesehen davon, unterstellt man hier auch dem krankschreibenden Arzt Betrug, nämlich dass er ungerechtfertigte Krankmeldungen ausstellt. Bemüht sich nun ein/e ältere/r DienstnehmerIn selbst, einen besser zu seiner gesundheitlichen Disposition passenden Dienstposten zu finden, kommt schon der nächste Niederschlag: Die MA 2 überstellt nicht mit zu vielen Krankenstandstagen....

Was in der Praxis völlig widersinnig ist: Ein/e DienstnehmerIn ist vermehrt krank, weil auf einem nicht (mehr) passenden Posten eingesetzt, den er aus bestimmten krankheitsbedingten Gründen nicht mehr optimal ausfüllen kann. Er sucht sich nun einen anderen Arbeitsplatz, auf dem zu erwarten wäre, dass sich seine Krankenstände deutlich reduzieren.

Aber – er wird aus demselben Grund, der ihn dazu zwingt, einen anderen Arbeitsplatz überhaupt zu suchen, nicht überstellt und ist dadurch gezwungen, weiterhin auf seinem inadäquaten Arbeitsplatz zu verbleiben.

Die Folge daraus sind weitere vermehrte Krankenstandstage - und das Karussell Niederschriften/herabgesetzte Beurteilungen/Niederschriften.....dreht sich munter weiter im Kreis. Volkswirtschaftlich betrachtet, ist eine solche Vorgangsweise völlig unverständlich.

So kann es also nicht weitergehen – es müsste schön langsam auch bis zur Dienstgeberseite durchdringen, dass man MitarbeiterInnen nicht durch ständige Demotivierung und Sanktionen „diszipliniert“ – abgesehen davon, dass es sowieso mehr als fragwürdig ist, jemand Kranken dafür auch noch zu bestrafen, dass er nicht gesund ist. Und das Älterwerden bringt es nebst vielen anderen Dingen nun einmal mit sich, dass auch die Wehwehchen sich mehren.

Ein Umdenken ist hier schleunigst gefordert, immerhin werden die älteren DienstnehmerInnen immer mehr – und es kann nicht sein, dass die soziale Gemeinde Wien sich immer mehr jahrelanger treuer Mitarbeiter auf derart „elegante“ Weise einfach entledigt, nach dem Motto: Problem gelöst – oder??