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Haben AK und ÖGB ihre Mitwirkung beim Ausverkauf vergessen?

  • Mittwoch, 13. Dezember 2006 @ 09:30
News Als gezielte Verdrängung interpretiert die Fraktion Gewerkschaftlicher Linksblock im ÖGB (GLB) das Jammern im oberösterreichischen „AK-Report“ über einen drohenden Ausverkauf der Industrie an internationale Konzerne oder Finanzinvestoren: „Arbeiterkammer und ÖGB wollen sich offenbar an ihre kräftige Mitwirkung und Mitverantwortung bei diesem Prozess nicht mehr erinnern“, meint GLB-Bundesvorsitzende Karin Antlanger. So ist zum aktuellen Anlassfall – dem möglichen Verkauf der Lenzing AG an einen indonesischen oder indischen Konzern – festzuhalten, dass dieses Unternehmen spätestens seit dem Verkauf der Bank-Austria durch die SPÖ-Mehrheit der Stadt Wien an die bayrische HypoVereinsbank im Jahre 2000 und dem Weiterverkauf an die italienische UniCredit schon längst kein österreichischen Unternehmen mehr ist. Der GLB hat im Zusammenhang mit der aktuellen Debatte daher verlangt, die Lenzing AG durch die ÖIAG zu übernehmen.

Vergessen gemacht soll schließlich auch werden, dass die Vollprivatisierung der voestalpine – die heute zu 42 Prozent im Besitz ausländischer Investoren steht – mit der Dreiteilung des VA-Konzerns im Jahre 1988 und dem von der rotschwarzen Regierung 1995 beschlossenen Börsegang begann. Ebenso wurde die Übernahme der VA-Tech durch den deutschen Siemens-Konzern mit kräftiger „Überzeugungsarbeit“ beim Betriebsrat durch die frühere SPÖ-Politikerin und heutige Siemens-Chefin Brigitte Ederer – nach dem zwischenzeitlichen Mehrheitseigentümer Kovats mit dem Börsegang 1994 – eingeleitet. Und auch die ehemals staatliche MCE wird nach dem zwischenzeitlichen Besitz durch den Industriellen Gerhard Andlinger von der Deutschen Beteiligungs AG übernommen.

Ergänzt werden muss diese Liste mit dem ebenfalls schon in der rotschwarzen Regierungszeit erfolgten Börsegang der Austria Tabak, die später vom britischen Gallagher-Konzern übernommen und jetzt an Japan Tobacco verkauft werden soll. Die staatliche Salinen AG wurde 1997 an ein Konsortium von Ex-Finanzminister Hannes Androsch (SPÖ) und der Raiffeisen-Landesbank verkauft. Die angeblich vor dem Bankrott stehende aber ein Jahr nach dem Verkauf bereits wieder hochprofitable AMAG wurde 1996 um einen symbolischen Schilling an ein Konsortium von Constantia und AMAG-Direktor Hammerer sowie eine Mitarbeiterbeteiligung verschenkt.

Zerschlagen wurde auch die früher im Besitz der Creditanstalt stehende Steyr-Daimler-Puch AG: Schon Ende der 80er Jahre wurden der LKW-Sektor an den deutschen MAN-Konzern und der Kugellagersektor an den schwedischen SKF-Konzern verkauft. Der verbleibende Nutzfahrzeugbereich zunächst 1998 an den kanadischen Magna-Konzern, der ihn wiederum im Jahre 2000 an den deutschen ZF-Konzern weiterreichte.

Allen diesen Übernahmen ist gemeinsam, dass sie mit Zustimmung bzw. Billigung von Betriebsräten, Gewerkschaft und Arbeiterkammer erfolgten und dass GewerkschafterInnen als Abgeordnete im Parlament dort ihre Zustimmung dafür gaben: „Wenn jetzt über schwerwiegende negative Folgen für die Arbeitsplätze und die wirtschaftliche Zukunft des Landes gejammert wird, sollten AK und ÖGB schon eine intensive Gewissenserforschung betreiben“, so Antlanger.

Erfahrungsgemäß steigt mit der Übernahme ehemals staatlicher Unternehmen durch in- oder ausländische private Investoren der Druck auf das betroffene Personal, auf Arbeitsplätze, Löhne, Leistung, Sozialleistungen und Mitbestimmung. Eine Folge ist die wachsende Prekarisierung, die sich auch im Bereich der ehemals staatlichen Unternehmen auswirkt, etwa wenn neues Personal nur mehr über Leasingfirmen aufgenommen wird. Die Multis sind vielfach bei solchen Übernahmen oder Beteiligungen vor allem an einer Marktbereinigung interessiert und diese erweisen sich mit dem Abzug der Kompetenzzentren, Forschung etc. in die Stammländer als nachteilig für Österreich. Vor allem aber wird mit der Privatisierung der Spielraum für eine eigenständige Wirtschaftspolitik für Österreich immer enger.

Der GLB sieht seine grundsätzliche Haltung gegen die Privatisierung der Verstaatlichten bestätigt. Die von SPÖ, ÖGB und Arbeiterkammer immer wieder als „Alternative“ ins Treffen geführten Kernaktionärsanteile der öffentlichen Hand von 25 Prozent sind dabei ebensowenig wie Mitarbeiterbeteiligungen oder patriotisch gefärbten Übernahmeangebote durch österreichisches Privatkapital – wie etwa den SPÖ-Industriellen Hannes Androsch – eine Alternative zum Verlust des öffentlichen Sektors. Auch müssen die Interessenvertretungen der Lohnabhängigen auf die zunehmendie Internationalisierung des Kapitals wesentlich stärker als bisher durch internationale Kooperation gegen das „Teile und herrsche“ des Kapitals agieren, so der GLB.