Bericht über den Gewerkschaftlichen Ratschlag
- Samstag, 21. Oktober 2006 @ 09:05
Leider versammelten sich am 21. Oktober im Volkshaus Ferdinand-Markl-Straße mit gut zwanzig Personen etwa nur halb so viel als ursprünglich erwartet. Einerseits gab es unglücklicherweise eine Terminkollision mit der Bundeskonferenz des GLB, sodass aus diesem Bereich niemand gekommen war. Andererseits gab es in letzter Zeit einige Termine im gewerkschaftlichen Bereich, sodass offenbar weniger als erwartet bereit waren, einen ganzen Nachmittag eines Wochenendes zu opfern. Aus diesem Grund änderten wir den Programmablauf kurzfristig. War ursprünglich vorgesehen, zu den drei inhaltlichen Themen (Immer länger und flexibler arbeiten oder Arbeitszeitverkürzung? - Welche Alternativen gibt es zu Liberalisierung und Privatisierung? - Ist der Sozialstaat wirklich nicht mehr finanzierbar?) nach den Input-Referaten Arbeitskreise einzurichten und erst deren Ergebnisse kurz im Plenum zu reflektieren, haben wir die Arbeitskreise gestrichen und das ganze Programm gleich plenar diskutiert.
Arbeitszeitverkürzung
Es gab eine Reihe konkreter Fragen an die Referentin, Bettina Csoka (von der AK Linz), die zum Thema eine ganze Reihe von Statistiken und Unterlagen mitbrachte, wie:
- gibt es Untersuchungen über den tatsächlichen Bedarf an Arbeitskräften in den einzelnen Branchen?
- gibt es Untersuchungen, wo genau Überstunden geleistet werden und ob die auch bezahlt werden?
- wie schaut es mit der EU-Arbeitszeitrichtlinie aus - wann kommt eine solche und in welchem Rahmen?
Zusätzlich gab es Diskussionen zu verschiedenen Teilkomplexen: als Alternative zum Wirtschaftsmodell des 10/12/60/2 wurde z. B. diskutiert, was wir bei einer Arbeitszeitverkürzung als Alternative lieber haben: einen 6- oder 7-Stunden-Tag oder besser einen zusätzlichen freien Tag. Dabei kam heraus, dass das zu einem Gutteil auch von den Arbeitsbedingungen abhängig ist und nicht generell für alle Branchen gleich sein muss.
Dabei stellte sich auch die Frage, wie viel Arbeitszeit ist objektiv notwendig. Stichwort Produktivität. Auch die Verlängerung der Lebensarbeitszeit durch die Verschiebung des Pensionsantrittsalters spielt ins Thema. Aufgezeigt wurde auch der Zusammenhang zwischen Privatisierung und Flexibilisierung der Arbeitszeit bzw. das Problem der Individualisierung der Arbeit. Nicht zu kurz kam auch der Hinweis auf steigenden Arbeitsdruck und -stress auf Seiten der Arbeit-Habenden und dem Stress, der auf der anderen Seite von der Arbeitslosigkeit ausgeht und dass zur Lösung beider krank machender Probleme eine Arbeitszeitverkürzung notwendig und machbar wäre.
Alternativen zu Liberalisierung und Privatisierung / Finanzierung des Sozialstaates
Diese beiden Themen - von Axel Magnus (vom Fonds Soziales Wien) bzw. Franz Gall (von der AK Linz) eingeleitet - behandelten wir aufgrund des Zeitdrucks, aber auch aufgrund der sachlichen Verquickungen zusammen. Vorgebliche Finanzierungsprobleme des Staates dienen als Argument für Ausgliederungen und Privatisierungen. Dabei stimmt das so nicht - in Wirklichkeit ist es eine politische Frage, wer die Hauptlast des Steueraufkommens trägt und wo der Staat diese Mittel einsetzt.
Als Alternative zur Privatisierung wurde vielfach nicht einfach die Verstaatlichung sondern vielmehr die Vergesellschaftung (ArbeiterInnen-Kontrolle, bzw. auch Einbeziehung der Betroffenen bzw. Nutznießer des zu vergesellschaftenden Betriebes) hervorgestrichen - Beispiel Lateinamerika. Es kam aber auch der Einwand, bevor wir uns darüber Gedanken machen, müssen wir erst im Stande sein, die ständig weiter um sich greifenden Privatisierungen zu stoppen.
Welche Gewerkschaften brauchen wir - wie weiter?
Der bisherige Verlauf der ÖGB-Reform zeigt, dass von Reform nicht viel sichtbar ist. Es gibt Business as usual. Der ÖGB-Kongress im Jänner soll diese Linie offensichtlich absegnen. Es gibt zwischenzeitlich in Wien 4 Initiativen, die angekündigt haben, alternativ dazu etwas organisieren zu wollen. Wir haben dafür appelliert, die Initiativen zusammenzuführen und eine gemeinsame Initiative zu starten und unsere Bereitschaft zur Beteiligung kundgetan.
Insgesamt haben wir auch festgestellt, dass es zwar bessere Bedingungen für gewerkschaftliche Arbeit gibt, da die Kontrolle von oben etwas erschüttert ist, linke, kämpferische Gewerkschaftspolitik jedoch trotz alledem noch stark isoliert ist. Das hängt zu einem Gutteil auch mit der undemokratischen Struktur der österreichischen Gewerkschaften zusammen.
Diese wollen wir mit dem Aufbau von gewerkschaftlichen Aktivgruppen zumindest ansatzweise aufbrechen. Dabei gab es eine Diskussion mit einem Kollegen von der voestalpine, der uns vorwarf, in Bezug auf den ÖGB zu wenig radikal zu sein. In der Konsequenz lief sein Ansatz jedoch darauf hinaus, wenn sich die Gewerkschaft nicht ändern, dann Austritt.
Für unsere Struktur einigten wir uns auf folgende Vorgangsweise: Wir verstehen uns als Netzwerk, an dem jedeR, der/die will, mitarbeiten kann, und der/die für eine demokratische Veränderung der Gewerkschaft im Sinne der Arbeitenden eintritt. Darum nennen wir uns ab sofort Gewerkschaftsnetzwerk. Wir wollen uns in einem etwa monatlichen Rhythmus treffen. Dazwischen soll es in Mail-Form „Gewerkschaftliche Rundbriefe“ geben.
Gerhard Ziegler
Arbeitszeitverkürzung
Es gab eine Reihe konkreter Fragen an die Referentin, Bettina Csoka (von der AK Linz), die zum Thema eine ganze Reihe von Statistiken und Unterlagen mitbrachte, wie:
- gibt es Untersuchungen über den tatsächlichen Bedarf an Arbeitskräften in den einzelnen Branchen?
- gibt es Untersuchungen, wo genau Überstunden geleistet werden und ob die auch bezahlt werden?
- wie schaut es mit der EU-Arbeitszeitrichtlinie aus - wann kommt eine solche und in welchem Rahmen?
Zusätzlich gab es Diskussionen zu verschiedenen Teilkomplexen: als Alternative zum Wirtschaftsmodell des 10/12/60/2 wurde z. B. diskutiert, was wir bei einer Arbeitszeitverkürzung als Alternative lieber haben: einen 6- oder 7-Stunden-Tag oder besser einen zusätzlichen freien Tag. Dabei kam heraus, dass das zu einem Gutteil auch von den Arbeitsbedingungen abhängig ist und nicht generell für alle Branchen gleich sein muss.
Dabei stellte sich auch die Frage, wie viel Arbeitszeit ist objektiv notwendig. Stichwort Produktivität. Auch die Verlängerung der Lebensarbeitszeit durch die Verschiebung des Pensionsantrittsalters spielt ins Thema. Aufgezeigt wurde auch der Zusammenhang zwischen Privatisierung und Flexibilisierung der Arbeitszeit bzw. das Problem der Individualisierung der Arbeit. Nicht zu kurz kam auch der Hinweis auf steigenden Arbeitsdruck und -stress auf Seiten der Arbeit-Habenden und dem Stress, der auf der anderen Seite von der Arbeitslosigkeit ausgeht und dass zur Lösung beider krank machender Probleme eine Arbeitszeitverkürzung notwendig und machbar wäre.
Alternativen zu Liberalisierung und Privatisierung / Finanzierung des Sozialstaates
Diese beiden Themen - von Axel Magnus (vom Fonds Soziales Wien) bzw. Franz Gall (von der AK Linz) eingeleitet - behandelten wir aufgrund des Zeitdrucks, aber auch aufgrund der sachlichen Verquickungen zusammen. Vorgebliche Finanzierungsprobleme des Staates dienen als Argument für Ausgliederungen und Privatisierungen. Dabei stimmt das so nicht - in Wirklichkeit ist es eine politische Frage, wer die Hauptlast des Steueraufkommens trägt und wo der Staat diese Mittel einsetzt.
Als Alternative zur Privatisierung wurde vielfach nicht einfach die Verstaatlichung sondern vielmehr die Vergesellschaftung (ArbeiterInnen-Kontrolle, bzw. auch Einbeziehung der Betroffenen bzw. Nutznießer des zu vergesellschaftenden Betriebes) hervorgestrichen - Beispiel Lateinamerika. Es kam aber auch der Einwand, bevor wir uns darüber Gedanken machen, müssen wir erst im Stande sein, die ständig weiter um sich greifenden Privatisierungen zu stoppen.
Welche Gewerkschaften brauchen wir - wie weiter?
Der bisherige Verlauf der ÖGB-Reform zeigt, dass von Reform nicht viel sichtbar ist. Es gibt Business as usual. Der ÖGB-Kongress im Jänner soll diese Linie offensichtlich absegnen. Es gibt zwischenzeitlich in Wien 4 Initiativen, die angekündigt haben, alternativ dazu etwas organisieren zu wollen. Wir haben dafür appelliert, die Initiativen zusammenzuführen und eine gemeinsame Initiative zu starten und unsere Bereitschaft zur Beteiligung kundgetan.
Insgesamt haben wir auch festgestellt, dass es zwar bessere Bedingungen für gewerkschaftliche Arbeit gibt, da die Kontrolle von oben etwas erschüttert ist, linke, kämpferische Gewerkschaftspolitik jedoch trotz alledem noch stark isoliert ist. Das hängt zu einem Gutteil auch mit der undemokratischen Struktur der österreichischen Gewerkschaften zusammen.
Diese wollen wir mit dem Aufbau von gewerkschaftlichen Aktivgruppen zumindest ansatzweise aufbrechen. Dabei gab es eine Diskussion mit einem Kollegen von der voestalpine, der uns vorwarf, in Bezug auf den ÖGB zu wenig radikal zu sein. In der Konsequenz lief sein Ansatz jedoch darauf hinaus, wenn sich die Gewerkschaft nicht ändern, dann Austritt.
Für unsere Struktur einigten wir uns auf folgende Vorgangsweise: Wir verstehen uns als Netzwerk, an dem jedeR, der/die will, mitarbeiten kann, und der/die für eine demokratische Veränderung der Gewerkschaft im Sinne der Arbeitenden eintritt. Darum nennen wir uns ab sofort Gewerkschaftsnetzwerk. Wir wollen uns in einem etwa monatlichen Rhythmus treffen. Dazwischen soll es in Mail-Form „Gewerkschaftliche Rundbriefe“ geben.
Gerhard Ziegler