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Argumente zur Lohnrunde 2006

  • Sonntag, 10. September 2006 @ 09:54
Fakten Zahlreiche Fakten und Argumente untermauern die Orientierung auf eine aktive Lohnpolitik, also Lohn- und Gehaltsabschlüsse, die nicht nur die Inflationsrate, sondern auch die gestiegene Produktivität abgelten und damit einen Beitrag zur immer dringenderen Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums leisten: Die (unbereinigte) Lohnquote (das ist der Anteil der Bruttolöhne und -gehälter plus Dienstgeberanteile der Sozialversicherungsabgaben am Volkseinkommen) ist von 1993 bis 2005 von 73,8 auf 66,3 Prozent gesunken.

Die Gewinne (Nettobetriebsüberschüsse) sind von 1996 bis 2006 um zwei Drittel, die Bruttoarbeitsentgelte jedoch nur um ein Drittel gewachsen.

Die Gewinne der ATX-Unternehmen (an der Wiener Börse notiert) sind von 2004 auf 2005 um 53 Prozent, die Gewinnausschüttungen (Dividenden) um 58 Prozent, der Personalaufwand aber nur um ein Prozent gewachsen.

Real (inflationsbereinigt) und netto (nach Abzug von Steuern und Abgaben) kann sich ein/e ArbeitnehmerIn 2006 um 4,2 Prozent mehr leisten als vor zehn Jahren, der Bruttolohn ist um 5,9 Prozent gestiegen, der Produktionswert pro Kopf jedoch um 15,1 Prozent.

Auch im EU-Vergleich weist Österreich einen hohen Lohnrückstand auf: Von 2002 bis 2006 ist die Produktivität durchschnittlich um 1,6 Prozent gestiegen, der Reallohn hingegen nur um 0,9 Prozent.

Auf die obersten 20 Prozent der ArbeitnehmerInnen entfallen 46,2 Prozent der Einkommen, auf die mittleren 60 Prozent entfallen 51,5 Prozent, auf die untersten 20 Prozent jedoch nur 2,3 Prozent.

Während die Einkommen des obersten Fünftels (745.400 Höchstverdienende) von 1999 bis 2004 um 9,2 Prozent wuchsen, sanken die Einkommen des untersten Fünftels (745.400 Niedrigstverdienende) um 2,3 Prozent.

Die Zahl der Dollar-MillionärInnen in Österreich stieg 2005 gegenüber 2004 um 6,9 Prozent auf 67.700.

Laut „trend“ besitzen die hundert reichsten ÖsterreicherInnen ein Vermögen von 61 Milliarden Euro.

Das Geldvermögen (Bargeld, Bankeinlagen, Wertpapiere, Guthaben bei Lebensversicherungen usw.) betrug 2004 bereits 356 Milliarden Euro, statistisch gesehen 44.500 Euro pro Kopf.

Durchschnittlich beträgt das Vermögen der Haushalte 51.700 Euro, der Medienwert beträgt jedoch nur 21.855 Euro (die Hälfte der Haushalte besitzen weniger als dieser Wert). Während ArbeiterInnenhaushalte durchschnittlich 24.539 Euro Geldvermögen aufweisen, beträgt dieser Wert bei UnternehmerInnenhaushalten 189.778 Euro.

In Österreich waren 2004 bereits 1.03 Millionen Menschen (13 Prozent der Bevölkerung) – davon 555.000 im Erwerbsalter – armutsgefährdet und mussten mit weniger als 848 Euro monatlich auskommen.

253.000 Menschen sind trotz Erwerbstätigkeit armutsgefährdet („Working poor“), besonders betroffen sind alleinverdienende Teilzeitbeschäftigte (23 Prozent) und unregelmäßig Beschäftigte (17 Prozent).

Einkommensschwache geben ihr Geld ausschließlich für Konsumzwecke aus und müssen allein für Wohnen und Essen 46,5 Prozent kalkulieren. Die Hälfte der Haushalte (bis zu einem Nettoeinkommen von 2.400 Euro) muss sich verschulden um größere Anschaffungen zu tätigen.

Besserverdienende stecken zusätzliche Einkommen in Finanzanlagen oder für private Vorsorge (Pension, Gesundheit, Pflege…), was jedoch keine Belebung der Binnennachfrage bedeutet.

Von 2000 bis 2005 wuchsen bei einem Wirtschaftswachstum von 7,5 Prozent die Exporte um 33,1 Prozent, der Konsum privater Haushalte jedoch nur um 58 Prozent, während die Bruttoanlageinvestitionen sogar um 1,1 Prozent sanken.

Der Anteil des Konsums der privaten Haushalte am österreichischen Bruttoinlandsprodukt beträgt 56 Prozent, eine Stärkung der Kaufkraft durch eine aktive Lohnpolitik bedeutet daher eine Stärkung des Wirtschaftswachstums.

Österreich lag 2004 mit Arbeitskosten von 20,8 Euro pro Stunde im Europavergleich (Spitzenwert Dänemark 28,1, EU15 ohne Österreich 21,3) erst an neunter Stelle.

Die Lohnstückkosten als eigentliches Kriterium für den Standortvergleich sanken in Österreich 2004 um 3,5 Prozent.

Der Anstieg der Lohnsteuer von 2000 bis 2006 um 22,1 Prozent, der Mehrwertsteuer um 13,7 Prozent und der Mineralölsteuer um 33,9 Prozent bei gleichzeitigem Rückgang der Körperschaftssteuer um 2,6 Prozent und Gleichbleiben der Einkommensteuer zeigt die Umverteilung der Steuerlast zugunsten von Kapital und Vermögen.

Die geforderte Senkung des Spitzensteuersatzes von 50 auf 44 Prozent wurde für Monatseinkommen zwischen 4.500 und 5.000 Euro eine Ersparnis von 0,2 Prozent, für Einkommen über 10.000 Euro jedoch von 7,7 Prozent bringen, also nur die Spitzeneinkommen begünstigen.

Im Jahre 2004 (2005 Senkung auf 25 Prozent) galt bei der Körperschaftssteuer (Besteuerung der Gewinne der Kapitalgesellschaften) ein nomineller Steuersatz von 34 Prozent, real betrug die Besteuerung von 658 Kapitalgesellschaften durch zahlreiche „Gestaltungsmöglichkeiten“ jedoch nur 19,7 Prozent.

Der Shell-Konzern zahlte in Österreich 2004 bei einem ausgewiesenen Gewinn (EGT) von 84,2 Millionen Euro nur 5,3 Millionen Euro (6,3 Prozent) Steuern, durchschnittliche ArbeitnehmerInnen zahlen hingegen 30 Prozent Lohnsteuer.

In Österreich betrugen 2004 die Gewinnsteuern mit 5,4 Prozent aller Steuereinnahmen, das ist nach Deutschland (4,45 Prozent) der niedrigste Wert der OECD-Länder (Höchstwert Luxemburg 15,4 Prozent).

Absolutes Schlusslicht der OECD-Länder ist Österreich beim Anteil der Vermögenssteuern mit nur 1,3 Prozent an allen Steuereinannahmen (Höchstwert USA 12,1 Prozent).

Laut Sozialbericht entfielen 2002 von 944 Milliarden Euro Vermögen (Geld, Unternehmens- und Grundvermögen) in Österreich 34 Prozent auf nur ein Prozent, weitere 35 Prozent auf weitere neun Prozent und nur 32 Prozent auf die restlichen 90 Prozent.

Im Oktober 2004 waren in 2.542 Privatstiftungen 55 Milliarden Euro steuerschonend deponiert.

Der ÖGB fordert seit 1987 regelmäßig bei jedem Bundeskongreß die 35-Stundenwoche, realpolitisch hat er sich hingegen auf die von den Unternehmern verlangte Flexibilisierung eingelassen, im Ergebnis hat Österreich heute mit 44,1 Stunden nach Griechenland (44,3) die längste reale Wochenarbeitszeit aller EU-Länder.

Bei der ÖGB-Urabstimmung im Herbst 2001 sprachen sich 88 Prozent der teilnehmenden Gewerkschaftsmitglieder auch für Kampfmaßnahmen zur Durchsetzung wichtiger Forderungen der Lohnabhängigen aus.

Laut Arbeiterkammer (3. Quartal 2005) leisten 748.500 ÖsterreicherInnen durchschnittlich 9,4 Überstunden pro Woche. Die Summe von 7,04 Millionen Überstunden wöchentlich entspricht umgerechnet auf eine 40-Stundenwoche einem Arbeitskräftepotential von 175.900 zusätzlichen Arbeitsplätzen.

Nur bei 57,2 Prozent der geleisteten Überstunden erfolgt eine volle Abgeltung, für 18,7 Prozent gibt es Zeitausgleich, 5,8 Prozent erhalten nur eine teilweise, 18,3 Prozent hingegen keine Abgeltung.

Überstundenleistung sind eine Männer-Domäne ist: 508.600 Männer, aber nur 239.900 Frauen leisten regelmäßig Überstunden.

Laut Arbeiterkammer sank die Zahl der Vollzeitarbeitsplätze von 1994 bis 2001 von 2,71 auf 2,64 Mio., hingegen stieg die Zahl der Teilzeitjobs von 372.000 auf 538.000. Im gleichen Zeitraum stieg der Anteil der teilzeitbeschäftigten Frauen von 25,5 auf 34,9 Prozent, jener der Männer hingegen nur von 4,2 auf 4,8 Prozent.

Frauen verdienen im EU-Schnitt um 20 Prozent weniger als Männer, in Österreich beträgt diese Differenz fast das Doppelte.

In 18 der 25 EU-Staaten gibt es bereits gesetzlich festgelegte Mindestlöhne. Von mit Österreich vergleichbaren Ländern gibt es in Luxemburg (1.467 Euro), den Niederlanden (1.265), Belgien (1.210) und Großbritannien (1.197) solche Mindestlöhne.

Laut Wirtschaftskammer verdienten im Jahre 2003 zwischen 90.000 und 110.000 Vollzeitbeschäftigte weniger als tausend Euro im Monat. Inklusive jener Teilzeitbeschäftigten, die anteilsmäßig ebenfalls unter diesen Wert fallen, waren es rund 200.000 Beschäftigte. Bei Einreichung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse verdienen sogar rund 600.000 Beschäftigte weniger als tausend Euro.

Derzeit gibt es in 49 Branchen in Österreich Mindestlöhne unter tausend Euro brutto, in zwanzig davon sogar unter 900 Euro. Die niedrigsten Mindestlöhne gibt es für ZeitungszustellerInnen (670), SkilehrerInnen (683) und FußpflegerInnen (705).

Laut der Lohnsteuerstatistik 2003 wurde für 1,81 von 5,78 Millionen Steuerpflichtigen ein Einkommen von unter 10.000 Euro im Jahr ausgewiesen, wobei der Großteil davon allerdings PensionistInnen sind.

Quelle: Arbeiterkammer Oberösterreich, Wirtschaftskammer Österreich, trend