Krise des ÖGB – wie weiter?
- Freitag, 7. Juli 2006 @ 18:11
Von einem sehr solidarischen Klima, aber auch von tiefer Betroffenheit über die Entwicklungen im ÖGB in den letzten Wochen und Monate war die von der überparteilichen Plattform Gewerkschaft veranstaltete und von Christian Kenndler (Personalvertreter der Post in Wels) moderierte Diskussion „Krise des ÖGB - Wie weiter?“ am 7. Juli 2006 in der Linzer Arbeiterkammer geprägt. Es ging dabei um Themen wie „Jetzt die Zeichen erkennen und handeln. Initiativen für eine kämpferische und demokratische Gewerkschaft setzen. Vernetzung von Aktivitäten. Aktionen zur Solidarisierung" René Schindler („Zeichen setzen“) berichtete, dass diese Gewerkschaftsinitiative eher spontan entstanden sei, um von der BAWAG-Debatte zu grundsätzlichen Fragen überzuleiten und aus dem ÖGB selbst heraus ein Zeichen zu setzen. Die Initiative wolle symbolhaft einige wichtige Fragen thematisieren und betrachte sich nicht als Dauereinrichtung, sie wolle von Strukturfragen zu Inhalten überleiten um den ÖGB wirklich demokratisch und parteiunabhängig zu gestalten.
Die Forderung, dass Spitzenfunktionäre nicht im Nationalrat vertreten sein sollen resultiere aus der Erfahrung, dass nicht ÖGB-Forderungen in die Partei, sondern umgekehrt die Linie der SPÖ in der Gewerkschaft durchgesetzt wird und bedeute keineswegs, dass künftig keine GewerkschafterInnen mehr im Parlament vertreten sein sollen. Offen sei nach wie vor die Forderung nach Basisdemokratie und auch nach 50 Prozent Frauen im Präsidium.
Wichtig sei der Initiative „Zeichen setzen“ die Öffnung der Gewerkschaft für Prekarisierte und MigrantInnen als Kontrapunkt zur derzeit praktizierten Facharbeitergewerkschaft. Dazu sei zwar jetzt ein Bekenntnis vorhanden, die Umsetzung sei aber offen. Weiters betone die Initiative die Forderung nach verstärkten Minderheiten- und Kontrollrechten verbunden mit entsprechender Qualifizierung der Kontrollen. Der Gedanke einer Rotation sei bislang in der Reformdebatte nicht aufgegriffen worden.
Die von der Reformklausur genannte Einkommensgrenze von 11.000 Euro bezeichnete Schindler als unakzeptabel. Zudem trete die Initiative für die Veröffentlichung aller bezahlten Funktionen im ÖGB ein, die ebenfalls noch offen ist. Die Reformklausur bewertete Schindler als ermutigend, allerdings sei dazu die Einmischung der Mitglieder notwendig.
Harald Lindner (FSG-Zorn) plädierte für eine Rückkehr zu sozialistischen Grundwerten. Die Gewerkschaften hätten zulange nach der Pfeife der Partei getanzt. Eine rein strafrechtliche Betrachtung des BAWAG-Skandals greife zu kurz. Der ÖGB sei nach 1945 in den Kapitalismus integriert worden, das System BAWAG sei Ausdruck dieser Integration. Der wirtschaftliche Aufschwung habe jahrzehntelang die Widersprüche verdeckt, der ÖGB sei immer mehr zum Verwalter der kapitalistischen Krise geworden.
Der Wechsel von Verzetnitsch zu Hundstorfer habe keine Änderung gebracht. Lindner meinte, er sei nicht optimistisch bezüglich einer Selbstreform. Zwar sei der Druck der Mitglieder und der Öffentlichkeit vorhanden, aber es würde keine Diskussion über die kapitalistische Krise als Hintergrund geführt. Er sprach sich für Spitzengewerkschafter im Parlament aus, meinte jedoch, der Mechanismus der Disziplinierung durch die Fraktion müsste abgeschüttelt werden.
Karin Antlanger (Gewerkschaftlicher Linksblock) berichtete, wie sie im ÖGB-Bundesvorstand die Auseinandersetzung hautnah erlebt habe und kritisierte, dass der ÖGB erst ein halbes Jahr nach Ausbruch der Krise vor die Mitglieder trete. Das Beispiel des Designs der Vida-Veranstaltungen mit Fragebögen sei ein Vorgeschmack auf diese Diskussion. Sie forderte, die Diskussion auf betrieblicher oder regionaler Ebene zu führen.
Man dürfe Form und Inhalte nicht trennen, derzeit würde nur über die Form, nämlich Strukturen geredet. Am Beispiel des BAGS-KV kritisierte Antlanger, dass gerade in der KV-Politik das Gender Mainstreaming nicht praktiziert werde. Die Reformklausur habe sich für die Stärkung der Einzelgewerkschaften statt des ÖGB ausgesprochen und mit der Bezugsobergrenze von 11.000 Euro ein falsches Signal gesetzt. Die kleinen Fraktionen seien aus den wichtigsten Projektgruppen ausgeschlossen. Notwendig sei eine Gewerkschaft die kämpferisch und parteilich im Sinne der ArbeiterInnen und Angestellten ist.
Es gelte, das allgemeinpolitische Mandat zu erhalten und sich nicht auf Service reduzieren zu lassen. Antlanger kritisierte, dass bei der ÖVP weiterhin Spitzenfunktionäre wie Neugebauer ihr Mandat behalten. Die Mitglieder müssten zum Maßstab der Gewerkschaftspolitik werden, der Verlust durch den Mitgliederschwund der letzten Jahre sei durch die Spekulationen der BAWAG abgedeckt worden. Die Gremien dürften nicht nur durch BetriebsrätInnen und Fraktionen besetzt werden. Es gelte ein Forum der Mitsprache für die Mitglieder zu finden, wobei auch die nicht fraktionell gebundenen einbezogen werden müssten. Prekarisierte, MigrantInnen und Frauen müssten wichtige Zielgruppen sein.
Gerhard Ziegler (Plattform für kämpferische und demokratische Gewerkschaften) meinte, die Krise des ÖGB sei schon seit Jahrzehnten vorhanden gewesen und Ausdruck einer falschen Politik und Organisation, die sich durch den BAWAG-Skandal nur verschärft habe. Die finanziellen Probleme seien dabei ein Auslöser. Bei der Post habe es trotz einem eindeutigen Streikbeschluss abgesehen von zwei schwachen Kundgebungen keine Kampfaktionen gegen den Börsegang gegeben.
Andererseits sei die Flexibilisierung mit Zustimmung der Gewerkschaften erfolgt. Probezeiten und Befristungen bei den Arbeitsverhältnissen seien wesentlich ausgeweitet worden. In Frankreich seien diese hingegen durch eine breite Protestbewegung bekämpft worden. Nur beim Postbus sei die Privatisierung verhindert worden, aber die Beschäftigten seien isoliert geblieben. Auch wenn ein Kampf nicht erfolgreich sei, wäre er eine gute Schule zur Entwicklung der Solidarität. Das habe etwa der Verdi-Streik in Deutschland gezeigt.
Eine entwickelte Demokratie sei Voraussetzung um einen erfolgreichen Kampf zu führen. Notwendig sei die gemeinsame Diskussion, Entscheidung und Aktion. Als positiven Schritt bewertete Ziegler den Beschluss des ÖGB-Landesvorstandes vom 30. Juni zur Bildung von Aktivgruppen. Aber Internet-Plattformen seien zuwenig, die reale Diskussion sei notwendig. Abschließend plädierte Ziegler für die Entwicklung eines Netzwerkes.
Gerald Oberansmayr (Werkstatt für Frieden und Solidarität) meinte, die Krise der Gewerkschaften habe mit der großen Koalition begonnen, damals hätte der ÖGB aus der Sozialpartnerschaft aussteigen und seine siamesische Zwillingsrolle gegenüber der SPÖ ablegen müssen anstatt Privatisierung, EU-Beitritt und Sozialabbau mitzutragen. Seit 1986 seien 13 Mrd. Euro öffentliches Eigentum ohne Widerstand privatisiert worden, die Hälfte davon unter Regierungsverantwortung der SPÖ. Verzetnitsch habe noch vor kurzem mit seiner Unterschrift die Lissabon-Strategie der EU bekräftigt. Die EU-Verfassung sei im Parlament entgegen den eigenen Gewerkschaftsbeschlüssen mit Zustimmung der ÖGB-FunktionärInnen beschlossen worden.
Oberansmayr plädierte für Demokratisierung, Interessenspolitik, EU-Opposition und eine Offensivstrategie damit der ÖGB wieder Handlungsfähigkeit gewinnen kann. Die Erfahrungen des Aktionskomitees Post hätten gezeigt, dass Warten auf den ÖGB wie Warten auf Godot sei, daher sei es wichtig, selber initiativ zu werden. Es wäre notwendig, ein basisnahes Netzwerk zu entwickeln und gemeinsame Veranstaltungen und Aktionen durchzuführen und Solidaritätsarbeit zu leisten.
Martin Windtner (ÖGB-Bezirkssekretär Linz) meinte, derzeit sei die finanzielle Krise des ÖGB dominant. Laut Hundstorfer sei eine Insolvenz des ÖGB nach wie vor nicht ausgeschlossen und bleibe für etwa ein Jahr eine offene Frage. Der Verlust an Mitgliedern erhöhe den Druck. Es gäbe derzeit nur eine Rechtsperson in Form des ÖGB. Eine Neugründung würde in anderer Form erfolgen und sei nicht mehr mit dem derzeitigen ÖGB zu vergleichen. Windtner bezeichnete die Gefahr zu verlieren derzeit als größer als die Chance zu gewinnen. Zentrales Problem sei derzeit der Vertrauensverlust, die Einkommensdebatte sei dabei kontraproduktiv.
Aufgrund der Größe des ÖGB sei eine Kursänderung in kurzer Zeit nicht möglich, für eine Reform seien neue Köpfe notwendig. Derzeit würden die alten Kräfte den Kurs bestimmen, für welche die Machterhaltung vorrangig sei. Vom 5. bis 7. November werde die Steuerungsgruppe Bilanz ziehen und eine Zusammenfassung der Inhalte für die Entscheidungsfindung in Hinblick auf den im Jänner 2007 stattfindenden ÖGB-Kongress vornehmen.
Die Bindung an die zentralen Machtstrukturen sei derzeit stärker als die Vernunft vor Ort. Der Beschluss des ÖGB-Landesvorstandes habe einige Endpunkte und teilweise auch Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt. Das Zusammenspiel von Überlegungen und Entscheidungen sei jedoch offen.
In der Diskussion kam starker Unmut über die Erklärung der Reformklausur in Hinblick auf eine Bezugsobergrenze von 11.000 Euro zum Ausdruck und es wurde auf den massiven Erklärungsbedarf gegenüber den Mitgliedern hingewiesen, mit dem die gewerkschaftlichen AktivistInnen konfrontiert sind. Durchgehender Tenor war auch, dass mit der derzeitigen Spitze keine Reform möglich ist, weil diese viel zusehr in die Vorgänge und Entwicklungen involviert war. Es wurden auch starke Zweifel an der Effizienz der bislang sichtbaren Ansätze für Reformen geäußert. Eine Neubegründung der Gewerkschaften und der Solidarität wurde aber allgemein als notwendig bezeichnet. Die Plattform Gewerkschaft wird ihre Tätigkeit mit weiteren ähnlichen Veranstaltungen fortsetzen.
© Leo Furtlehner
Die Forderung, dass Spitzenfunktionäre nicht im Nationalrat vertreten sein sollen resultiere aus der Erfahrung, dass nicht ÖGB-Forderungen in die Partei, sondern umgekehrt die Linie der SPÖ in der Gewerkschaft durchgesetzt wird und bedeute keineswegs, dass künftig keine GewerkschafterInnen mehr im Parlament vertreten sein sollen. Offen sei nach wie vor die Forderung nach Basisdemokratie und auch nach 50 Prozent Frauen im Präsidium.
Wichtig sei der Initiative „Zeichen setzen“ die Öffnung der Gewerkschaft für Prekarisierte und MigrantInnen als Kontrapunkt zur derzeit praktizierten Facharbeitergewerkschaft. Dazu sei zwar jetzt ein Bekenntnis vorhanden, die Umsetzung sei aber offen. Weiters betone die Initiative die Forderung nach verstärkten Minderheiten- und Kontrollrechten verbunden mit entsprechender Qualifizierung der Kontrollen. Der Gedanke einer Rotation sei bislang in der Reformdebatte nicht aufgegriffen worden.
Die von der Reformklausur genannte Einkommensgrenze von 11.000 Euro bezeichnete Schindler als unakzeptabel. Zudem trete die Initiative für die Veröffentlichung aller bezahlten Funktionen im ÖGB ein, die ebenfalls noch offen ist. Die Reformklausur bewertete Schindler als ermutigend, allerdings sei dazu die Einmischung der Mitglieder notwendig.
Harald Lindner (FSG-Zorn) plädierte für eine Rückkehr zu sozialistischen Grundwerten. Die Gewerkschaften hätten zulange nach der Pfeife der Partei getanzt. Eine rein strafrechtliche Betrachtung des BAWAG-Skandals greife zu kurz. Der ÖGB sei nach 1945 in den Kapitalismus integriert worden, das System BAWAG sei Ausdruck dieser Integration. Der wirtschaftliche Aufschwung habe jahrzehntelang die Widersprüche verdeckt, der ÖGB sei immer mehr zum Verwalter der kapitalistischen Krise geworden.
Der Wechsel von Verzetnitsch zu Hundstorfer habe keine Änderung gebracht. Lindner meinte, er sei nicht optimistisch bezüglich einer Selbstreform. Zwar sei der Druck der Mitglieder und der Öffentlichkeit vorhanden, aber es würde keine Diskussion über die kapitalistische Krise als Hintergrund geführt. Er sprach sich für Spitzengewerkschafter im Parlament aus, meinte jedoch, der Mechanismus der Disziplinierung durch die Fraktion müsste abgeschüttelt werden.
Karin Antlanger (Gewerkschaftlicher Linksblock) berichtete, wie sie im ÖGB-Bundesvorstand die Auseinandersetzung hautnah erlebt habe und kritisierte, dass der ÖGB erst ein halbes Jahr nach Ausbruch der Krise vor die Mitglieder trete. Das Beispiel des Designs der Vida-Veranstaltungen mit Fragebögen sei ein Vorgeschmack auf diese Diskussion. Sie forderte, die Diskussion auf betrieblicher oder regionaler Ebene zu führen.
Man dürfe Form und Inhalte nicht trennen, derzeit würde nur über die Form, nämlich Strukturen geredet. Am Beispiel des BAGS-KV kritisierte Antlanger, dass gerade in der KV-Politik das Gender Mainstreaming nicht praktiziert werde. Die Reformklausur habe sich für die Stärkung der Einzelgewerkschaften statt des ÖGB ausgesprochen und mit der Bezugsobergrenze von 11.000 Euro ein falsches Signal gesetzt. Die kleinen Fraktionen seien aus den wichtigsten Projektgruppen ausgeschlossen. Notwendig sei eine Gewerkschaft die kämpferisch und parteilich im Sinne der ArbeiterInnen und Angestellten ist.
Es gelte, das allgemeinpolitische Mandat zu erhalten und sich nicht auf Service reduzieren zu lassen. Antlanger kritisierte, dass bei der ÖVP weiterhin Spitzenfunktionäre wie Neugebauer ihr Mandat behalten. Die Mitglieder müssten zum Maßstab der Gewerkschaftspolitik werden, der Verlust durch den Mitgliederschwund der letzten Jahre sei durch die Spekulationen der BAWAG abgedeckt worden. Die Gremien dürften nicht nur durch BetriebsrätInnen und Fraktionen besetzt werden. Es gelte ein Forum der Mitsprache für die Mitglieder zu finden, wobei auch die nicht fraktionell gebundenen einbezogen werden müssten. Prekarisierte, MigrantInnen und Frauen müssten wichtige Zielgruppen sein.
Gerhard Ziegler (Plattform für kämpferische und demokratische Gewerkschaften) meinte, die Krise des ÖGB sei schon seit Jahrzehnten vorhanden gewesen und Ausdruck einer falschen Politik und Organisation, die sich durch den BAWAG-Skandal nur verschärft habe. Die finanziellen Probleme seien dabei ein Auslöser. Bei der Post habe es trotz einem eindeutigen Streikbeschluss abgesehen von zwei schwachen Kundgebungen keine Kampfaktionen gegen den Börsegang gegeben.
Andererseits sei die Flexibilisierung mit Zustimmung der Gewerkschaften erfolgt. Probezeiten und Befristungen bei den Arbeitsverhältnissen seien wesentlich ausgeweitet worden. In Frankreich seien diese hingegen durch eine breite Protestbewegung bekämpft worden. Nur beim Postbus sei die Privatisierung verhindert worden, aber die Beschäftigten seien isoliert geblieben. Auch wenn ein Kampf nicht erfolgreich sei, wäre er eine gute Schule zur Entwicklung der Solidarität. Das habe etwa der Verdi-Streik in Deutschland gezeigt.
Eine entwickelte Demokratie sei Voraussetzung um einen erfolgreichen Kampf zu führen. Notwendig sei die gemeinsame Diskussion, Entscheidung und Aktion. Als positiven Schritt bewertete Ziegler den Beschluss des ÖGB-Landesvorstandes vom 30. Juni zur Bildung von Aktivgruppen. Aber Internet-Plattformen seien zuwenig, die reale Diskussion sei notwendig. Abschließend plädierte Ziegler für die Entwicklung eines Netzwerkes.
Gerald Oberansmayr (Werkstatt für Frieden und Solidarität) meinte, die Krise der Gewerkschaften habe mit der großen Koalition begonnen, damals hätte der ÖGB aus der Sozialpartnerschaft aussteigen und seine siamesische Zwillingsrolle gegenüber der SPÖ ablegen müssen anstatt Privatisierung, EU-Beitritt und Sozialabbau mitzutragen. Seit 1986 seien 13 Mrd. Euro öffentliches Eigentum ohne Widerstand privatisiert worden, die Hälfte davon unter Regierungsverantwortung der SPÖ. Verzetnitsch habe noch vor kurzem mit seiner Unterschrift die Lissabon-Strategie der EU bekräftigt. Die EU-Verfassung sei im Parlament entgegen den eigenen Gewerkschaftsbeschlüssen mit Zustimmung der ÖGB-FunktionärInnen beschlossen worden.
Oberansmayr plädierte für Demokratisierung, Interessenspolitik, EU-Opposition und eine Offensivstrategie damit der ÖGB wieder Handlungsfähigkeit gewinnen kann. Die Erfahrungen des Aktionskomitees Post hätten gezeigt, dass Warten auf den ÖGB wie Warten auf Godot sei, daher sei es wichtig, selber initiativ zu werden. Es wäre notwendig, ein basisnahes Netzwerk zu entwickeln und gemeinsame Veranstaltungen und Aktionen durchzuführen und Solidaritätsarbeit zu leisten.
Martin Windtner (ÖGB-Bezirkssekretär Linz) meinte, derzeit sei die finanzielle Krise des ÖGB dominant. Laut Hundstorfer sei eine Insolvenz des ÖGB nach wie vor nicht ausgeschlossen und bleibe für etwa ein Jahr eine offene Frage. Der Verlust an Mitgliedern erhöhe den Druck. Es gäbe derzeit nur eine Rechtsperson in Form des ÖGB. Eine Neugründung würde in anderer Form erfolgen und sei nicht mehr mit dem derzeitigen ÖGB zu vergleichen. Windtner bezeichnete die Gefahr zu verlieren derzeit als größer als die Chance zu gewinnen. Zentrales Problem sei derzeit der Vertrauensverlust, die Einkommensdebatte sei dabei kontraproduktiv.
Aufgrund der Größe des ÖGB sei eine Kursänderung in kurzer Zeit nicht möglich, für eine Reform seien neue Köpfe notwendig. Derzeit würden die alten Kräfte den Kurs bestimmen, für welche die Machterhaltung vorrangig sei. Vom 5. bis 7. November werde die Steuerungsgruppe Bilanz ziehen und eine Zusammenfassung der Inhalte für die Entscheidungsfindung in Hinblick auf den im Jänner 2007 stattfindenden ÖGB-Kongress vornehmen.
Die Bindung an die zentralen Machtstrukturen sei derzeit stärker als die Vernunft vor Ort. Der Beschluss des ÖGB-Landesvorstandes habe einige Endpunkte und teilweise auch Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt. Das Zusammenspiel von Überlegungen und Entscheidungen sei jedoch offen.
In der Diskussion kam starker Unmut über die Erklärung der Reformklausur in Hinblick auf eine Bezugsobergrenze von 11.000 Euro zum Ausdruck und es wurde auf den massiven Erklärungsbedarf gegenüber den Mitgliedern hingewiesen, mit dem die gewerkschaftlichen AktivistInnen konfrontiert sind. Durchgehender Tenor war auch, dass mit der derzeitigen Spitze keine Reform möglich ist, weil diese viel zusehr in die Vorgänge und Entwicklungen involviert war. Es wurden auch starke Zweifel an der Effizienz der bislang sichtbaren Ansätze für Reformen geäußert. Eine Neubegründung der Gewerkschaften und der Solidarität wurde aber allgemein als notwendig bezeichnet. Die Plattform Gewerkschaft wird ihre Tätigkeit mit weiteren ähnlichen Veranstaltungen fortsetzen.
© Leo Furtlehner