GLB thematisierte Mitarbeiterbeteiligung
- Mittwoch, 17. Mai 2006 @ 13:24
Mit zwei Anträgen thematisierte der GLB bei der 144. Vollversammlung der Wiener Arbeiterkammer am 17. Mai 2006 wichtige aktuelle Fragen: Während der Antrag zum Thema Mitarbeiterbeteiligung zugewiesen wurde, fand der Antrag gegen den Börsegang der Post mehrheitliche Zustimmung und wurde angenommen. GLB-Arbeiterkammerrätin Beatrix Todter begründete in ihrem Redebeitrag den Antrag zur Mitarbeiterbeteiligung und lud dazu die Mitglieder der Vollversammlung zu einer Phantasiereise ein. Am Beispiel einer Kindergruppe, die mit Bausteinen spielt, machte sie deutlich, dass man mit einzelnen Bausteinen nichts anfangen kann, während gleichzeitig die Gruppe zuwenig Bausteine hat, um etwas zu bewirken.
Todter wies am Beispiel des Flughafens Wien darauf hin, dass dort ein solches Modell einer Mitarbeiterbeteiligung (10 Prozent in Form einer Stiftung) besteht, während gleichzeitig viele Bedienstete unter tausend Euro verdienen. Das für die Beteiligung eingesetzte Geld fehlt letztlich bei der Pensionsbemessung.
Die GLB-Arbeiterkammerrätin schloß mit einem Zitat von Al Capone, das heftigen Unmut der ÖAAB-Fraktion erregte: „All meine Operationen richten sich streng nach den Regeln und so soll es auch bleiben. Dieses System, welches das unsere ist, nennen sie es Kapitalismus, nennen sie es wie sie wollen, gibt allen und jeden Einzelnen von uns unendliche Möglichkeiten, wenn wir sie nur mit beiden Händen ergreifen und so weit wie möglich zu dehnen wissen."
Präsident Tumpel in seiner Rede unter anderem auf die durchaus notwendige Kooperation der Städte Wien und Bratislava ein - verglich jedoch aufgrund des Lohngefälles die Grenze zwischen Österreich und der Slowakei mit jener zwischen den USA und Mexiko. Zu bezweifeln ist jedoch, ob es sinnvoll ist, den Arbeitsmarkt für die neuen Mitgliedsländer an unseren Grenzen bis 2011 zu sperren - so sind eben viele illegal bzw. als „selbständige" Ein-Personen-Firmen hierzulande tätig. Da stellt sich die Frage, ob es nicht sinnvoller wäre, die Grenzen zu öffnen und zu versuchen, jene, die dann bei uns arbeiten, ins österreichische Arbeitsrecht zu bekommen.
Zur BAWAG meinte Tumpel nur, es habe zur Wiederaufnahme der BAWAG-Geschäfte strenge Auflagen und Sicherheiten als Bedingung gegeben. Seit 1996 war als Miteigentümer auch die bayrische Landesbank involviert und hatte keine Bedenken, ebenso der Aufsichtsrat der BAWAG und die Staatsaufsicht. Er selbst sei 1997 aus dem BAWAG-Aufsichtsrat ausgeschieden.
Zur TGA wurde seitens des anwesenden Vertreters kritisch angemerkt, dass die TGA auf der Homepage der AK praktisch nicht zu finden ist und sie fordern, dass die Schule nach wie vor von der AK und nicht vom BFI betrieben wird - nicht zuletzt da das BFI mit Werkverträgen etc. arbeitet.
Oliver Jonischkeit
Die GLB-Anträge im Wortlaut:
Antrag „Kein Börsegang der Post“
Die 144. Vollversammlung der AK Wien lehnt einen Börsegang der staatlichen Post AG ab und spricht sich für die Erhaltung der Post als wichtige Einrichtung der Infrastruktur im öffentlichen Eigentum aus.
Begründung: Laut Beschluß der Bundesregierung sollen 49 Prozent der staatlichen Post AG durch einen Börsegang privatisiert werden. Eine öffentliche Mehrheit über die ÖIAG wird nur bis zur Wahl im Herbst garantiert.
Die Post ist eine elementare Einrichtung einer funktionierenden Infrastruktur und darf daher nicht privatisiert werden, egal ob durch einen Verkauf oder einen Börsegang. Die Post muss im öffentlichen Eigentum erhalten bleiben. Ein verfassungsmäßiger Schutz des öffentlichen Eigentums ist notwendig.
Die Weichenstellung zur Privatisierung der Post erfolgte 1996 mit der Ausgliederung aus dem Budget. In der Folge wurde die ehemals einheitliche Post geteilt, die Telekom teilprivatisiert, die PSK verkauft, der Postbus an die ÖBB übertragen und die verbleibende „Gelbe Post“ seit Jahren einer Rosskur nach der anderen unterworfen.
Die Post hat von 2000 bis 2005 ihren Gewinn von 17 auf 103 Millionen Euro gesteigert. Der Finanzminister kassierte Rekorddividenden und bürdete der Post 334 Millionen Euro Schulden für sein Nulldefizit auf. Auf der Kehrseite wurden rund 7.000 Arbeitsplätze vernichtet und rund tausend Postämter zugesperrt.
Ein Börsegang ist keine Garantie gegen Ausverkauf: Die Voest ist heute zu 35 Prozent im Besitz ausländischer Pensionsfonds. VA Tech wurde an Siemens, Austria Tabak an Gallaher verkauft.
Als Ergebnis der Privatisierung machen künftig Aktionäre Profit aus Postdienstleistungen. Österreich ist einmal mehr Musterknabe bei der EU-weiten Liberalisierung der Post. Nur in Deutschland, den Niederlanden, Dänemark und Belgien wurde bislang die Post ganz oder teilweise privatisiert. In den USA und Großbritannien – den Vorreitern der Liberalisierung und Privatisierung – ist die Post hingegen immer noch staatlich. Auch Vorzugsaktien mit einer Prämie für Post-Beschäftigte machen den Börsegang nicht besser.
Antrag „Mitarbeiterbeteiligung ist kein Ersatz für öffentliches Eigentum“
Die 144. Vollversammlung der AK Wien lehnt Mitarbeiterbeteiligungen ab, weil daraus Interessenskonflikte entstehen und sie ein ungeeigneter Ersatz für öffentliches Eigentum sind.
Begründung: Im Zusammenhang mit der Privatisierung ehemals verstaatlichter Unternehmen wurden in mehreren Fällen Mitarbeiterbeteiligungen geschaffen. Solche Mitarbeiterbeteiligungen wurden etwa 1996 bei der AMAG (20 Prozent) und 2001 bei der voestalpine (zunächst vier Prozent, in weiterer Folge bis heute auf 10,5 Prozent aufgestockt) eingerichtet.
Auch im Zusammenhang mit dem Börsengang der Post wurde verschiedentlich eine Mitarbeiterbeteiligung ventiliert, um den Widerstand abzuschwächen und die Gewerkschaft einzubinden. In anderen Fällen (Telekom, Austria Tabak) wurden im Zusammenhang mit Börsengängen Vorzugsaktien für MitarbeiterInnen ausgegeben, welche jedoch keinerlei Einfluss auf die Unternehmensentwicklung hatten.
Ob bewusst oder unbewusst ist mit dem Besitz von Aktien eines Unternehmens, egal ob individuell oder kollektiv, immer das Interesse an möglichst hohen Dividenden oder Verkaufserlösen verbunden. Erfahrungsgemäß ist deren Kehrseite aber immer wachsender Druck auf die Arbeitsplätze, Löhne und Sozialleistungen.
Eine solche Beteiligung ist daher kein Ersatz für öffentliches Eigentum. Mit einer Mitarbeiterbeteiligung erfolgt eine Verquickung der Interessen der Beschäftigten mit jenen des Kapitals. Erklärtes Ziel einer solchen Beteiligung ist ja auch die Beschäftigten für die Interessen der Haupteigentümer des jeweiligen Unternehmens über das übliche sozialpartnerschaftliche Ausmaß hinaus einzubinden.
Todter wies am Beispiel des Flughafens Wien darauf hin, dass dort ein solches Modell einer Mitarbeiterbeteiligung (10 Prozent in Form einer Stiftung) besteht, während gleichzeitig viele Bedienstete unter tausend Euro verdienen. Das für die Beteiligung eingesetzte Geld fehlt letztlich bei der Pensionsbemessung.
Die GLB-Arbeiterkammerrätin schloß mit einem Zitat von Al Capone, das heftigen Unmut der ÖAAB-Fraktion erregte: „All meine Operationen richten sich streng nach den Regeln und so soll es auch bleiben. Dieses System, welches das unsere ist, nennen sie es Kapitalismus, nennen sie es wie sie wollen, gibt allen und jeden Einzelnen von uns unendliche Möglichkeiten, wenn wir sie nur mit beiden Händen ergreifen und so weit wie möglich zu dehnen wissen."
Präsident Tumpel in seiner Rede unter anderem auf die durchaus notwendige Kooperation der Städte Wien und Bratislava ein - verglich jedoch aufgrund des Lohngefälles die Grenze zwischen Österreich und der Slowakei mit jener zwischen den USA und Mexiko. Zu bezweifeln ist jedoch, ob es sinnvoll ist, den Arbeitsmarkt für die neuen Mitgliedsländer an unseren Grenzen bis 2011 zu sperren - so sind eben viele illegal bzw. als „selbständige" Ein-Personen-Firmen hierzulande tätig. Da stellt sich die Frage, ob es nicht sinnvoller wäre, die Grenzen zu öffnen und zu versuchen, jene, die dann bei uns arbeiten, ins österreichische Arbeitsrecht zu bekommen.
Zur BAWAG meinte Tumpel nur, es habe zur Wiederaufnahme der BAWAG-Geschäfte strenge Auflagen und Sicherheiten als Bedingung gegeben. Seit 1996 war als Miteigentümer auch die bayrische Landesbank involviert und hatte keine Bedenken, ebenso der Aufsichtsrat der BAWAG und die Staatsaufsicht. Er selbst sei 1997 aus dem BAWAG-Aufsichtsrat ausgeschieden.
Zur TGA wurde seitens des anwesenden Vertreters kritisch angemerkt, dass die TGA auf der Homepage der AK praktisch nicht zu finden ist und sie fordern, dass die Schule nach wie vor von der AK und nicht vom BFI betrieben wird - nicht zuletzt da das BFI mit Werkverträgen etc. arbeitet.
Oliver Jonischkeit
Die GLB-Anträge im Wortlaut:
Antrag „Kein Börsegang der Post“
Die 144. Vollversammlung der AK Wien lehnt einen Börsegang der staatlichen Post AG ab und spricht sich für die Erhaltung der Post als wichtige Einrichtung der Infrastruktur im öffentlichen Eigentum aus.
Begründung: Laut Beschluß der Bundesregierung sollen 49 Prozent der staatlichen Post AG durch einen Börsegang privatisiert werden. Eine öffentliche Mehrheit über die ÖIAG wird nur bis zur Wahl im Herbst garantiert.
Die Post ist eine elementare Einrichtung einer funktionierenden Infrastruktur und darf daher nicht privatisiert werden, egal ob durch einen Verkauf oder einen Börsegang. Die Post muss im öffentlichen Eigentum erhalten bleiben. Ein verfassungsmäßiger Schutz des öffentlichen Eigentums ist notwendig.
Die Weichenstellung zur Privatisierung der Post erfolgte 1996 mit der Ausgliederung aus dem Budget. In der Folge wurde die ehemals einheitliche Post geteilt, die Telekom teilprivatisiert, die PSK verkauft, der Postbus an die ÖBB übertragen und die verbleibende „Gelbe Post“ seit Jahren einer Rosskur nach der anderen unterworfen.
Die Post hat von 2000 bis 2005 ihren Gewinn von 17 auf 103 Millionen Euro gesteigert. Der Finanzminister kassierte Rekorddividenden und bürdete der Post 334 Millionen Euro Schulden für sein Nulldefizit auf. Auf der Kehrseite wurden rund 7.000 Arbeitsplätze vernichtet und rund tausend Postämter zugesperrt.
Ein Börsegang ist keine Garantie gegen Ausverkauf: Die Voest ist heute zu 35 Prozent im Besitz ausländischer Pensionsfonds. VA Tech wurde an Siemens, Austria Tabak an Gallaher verkauft.
Als Ergebnis der Privatisierung machen künftig Aktionäre Profit aus Postdienstleistungen. Österreich ist einmal mehr Musterknabe bei der EU-weiten Liberalisierung der Post. Nur in Deutschland, den Niederlanden, Dänemark und Belgien wurde bislang die Post ganz oder teilweise privatisiert. In den USA und Großbritannien – den Vorreitern der Liberalisierung und Privatisierung – ist die Post hingegen immer noch staatlich. Auch Vorzugsaktien mit einer Prämie für Post-Beschäftigte machen den Börsegang nicht besser.
Antrag „Mitarbeiterbeteiligung ist kein Ersatz für öffentliches Eigentum“
Die 144. Vollversammlung der AK Wien lehnt Mitarbeiterbeteiligungen ab, weil daraus Interessenskonflikte entstehen und sie ein ungeeigneter Ersatz für öffentliches Eigentum sind.
Begründung: Im Zusammenhang mit der Privatisierung ehemals verstaatlichter Unternehmen wurden in mehreren Fällen Mitarbeiterbeteiligungen geschaffen. Solche Mitarbeiterbeteiligungen wurden etwa 1996 bei der AMAG (20 Prozent) und 2001 bei der voestalpine (zunächst vier Prozent, in weiterer Folge bis heute auf 10,5 Prozent aufgestockt) eingerichtet.
Auch im Zusammenhang mit dem Börsengang der Post wurde verschiedentlich eine Mitarbeiterbeteiligung ventiliert, um den Widerstand abzuschwächen und die Gewerkschaft einzubinden. In anderen Fällen (Telekom, Austria Tabak) wurden im Zusammenhang mit Börsengängen Vorzugsaktien für MitarbeiterInnen ausgegeben, welche jedoch keinerlei Einfluss auf die Unternehmensentwicklung hatten.
Ob bewusst oder unbewusst ist mit dem Besitz von Aktien eines Unternehmens, egal ob individuell oder kollektiv, immer das Interesse an möglichst hohen Dividenden oder Verkaufserlösen verbunden. Erfahrungsgemäß ist deren Kehrseite aber immer wachsender Druck auf die Arbeitsplätze, Löhne und Sozialleistungen.
Eine solche Beteiligung ist daher kein Ersatz für öffentliches Eigentum. Mit einer Mitarbeiterbeteiligung erfolgt eine Verquickung der Interessen der Beschäftigten mit jenen des Kapitals. Erklärtes Ziel einer solchen Beteiligung ist ja auch die Beschäftigten für die Interessen der Haupteigentümer des jeweiligen Unternehmens über das übliche sozialpartnerschaftliche Ausmaß hinaus einzubinden.