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GLB lehnt Börsegang der ÖBB entschieden ab

  • Mittwoch, 21. Juni 2006 @ 10:39
News Durch die Brille der Spekulanten betrachtet offensichtlich ÖBB-Chef Martin Huber das ihm anvertraute Unternehmen wenn er von der „Vision vom Kapitalmarkt“ schwärmt und die Bahn durch einen Börsegang privatisieren will. Freilich ist dieser zweifellos in Abstimmung mit der Regierung unternommene Vorstoß die logische Fortsetzung der Zerstörung der Bahn unter dem Diktat einer EU-konformen Liberalisierung. „Die Demontage der ÖBB hat mit der Ausgliederung aus dem Bundesbudget 1994 unter Regierungsverantwortung von SPÖ und ÖVP begonnen und erreichte mit der Zerstückelung in zahlreiche Teilgesellschaften unter dem Dach einer Holding durch die ÖVP/BZÖ-Regierung den bisherigen Höhepunkt“, stellt Ernst Wieser, Sekretär der Fraktion Gewerkschaftlicher Linksblock im ÖGB (GLB) in der Gewerkschaft der EisenbahnerInnen (GdE) fest. Der GLB lehnt einen Börsegang entschieden ab und tritt im Gegensatz dazu zum Rückbau der ÖBB zu einem einheitlichen staatlichen Unternehmen ein.

Seit der Ausgliederung der ÖBB aus dem Budget wurden unter GD Helmut Draxler (SPÖ) von 1993 bis 2001 rund 15.000 Arbeitsplätze abgebaut, dessen Nachfolger Rüdiger vorm Walde (parteilos) vernichtete von 2001 bis 2004 weitere 1.600 Eisenbahnarbeitplätze und Martin Huber (ÖVP) baute seit seinem Amtsantritt 2004 weitere 2.668 Arbeitsplätze ab, womit der Personalstand mit Jahresende 2005 auf 46.059 Beschäftigte reduziert wurde. Mit einem Börsegang ist unter dem Druck der Erwartungen der Aktionäre ein weiterer verstärkter Personalabbau zu befürchten, als dessen Folge der Leistungsdruck auf das verbleibende Personal weiter steigt.

Es ist auch kein Zufall, dass zeitgleich mit der Ankündigung des Börseganges die Stilllegung von fast einem Drittel des regionalen Schienennetzes erfolgt: Von 5.600 Kilometer Schienennetz der ÖBB entfallen derzeit 2.200 Kilometer auf den Regionalverkehr, davon sollen 600 Kilometer stillgelegt werden. Das bedeutet eine weitere Austrocknung des Regionalverkehrs und damit eine verstärkte Umschichtung zum Autoverkehr und ist somit verkehrspolitisch völlig kontraproduktiv.

Die jetzt bekannt gewordene Gleichstellung von Schiene und Straße durch Revision des EU-Weißbuches zeigt, dass die Verkehrspolitik EU-weit auf die Reduzierung der Bahn auf eine kleine Zahl lukrativer Hauptstrecken bei gleichzeitiger Ausdünnung in der Fläche orientiert, wie sogar ÖVP-Staatssekretär Helmut Kukacka kritisch feststellt: „Nicht die umweltfreundlichen Verkehrsträger Schiene und Wasser, sondern die vom Diktat der Auto- und Ölkonzerne bestimmte Straße wird damit immer deutlicher zum alleinigen Maßstab der Verkehrspolitik“, kritisiert Wieser.

Sichtbares Ergebnis der „Reform“ durch Zergliederung der einheitlichen Bahn ist neben laufenden Verteuerungen der Bahnfahrten bei gleichzeitig zunehmenden Zugverspätungen die Schaffung von Versorgungsposten für Günstlinge der ÖVP und des BZÖ: Kamen die ÖBB vorher mit sieben Vorständen, elf Prokuristen und 22 Aufsichtsräten aus, gibt es jetzt 17 Vorstände, 21 Prokuristen und 57 Aufsichtsräte. Zusätzlich wurden 90 Millionen Euro für externe Beraterkosten ausgegeben, wie auch vom Rechnungshof bemängelt wurde.