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Panikattacke oder Parteidisziplin im Wahlkampf?

  • Donnerstag, 13. April 2006 @ 16:01
Meinung Von Karin Antlanger

Der Unterschied zwischen Angst und Panikattacke besteht landläufig ausgedrückt im Wesentlichen darin, dass Angst ihren Sinn darin haben kann, jemanden vor Gefahren zu warnen bzw. unüberlegtes Handeln hintan zu halten – während eine Panikattacke als intensive Angst in einer objektiv ungefährlichen Situation auftritt. Aber erklären Sie mal einer Person, die unter Panikattacken leidet, dass bei Gewitter im Gebirge in einer Höhle eh nichts passieren kann bzw. dass die Gefahr, draußen vom Blitz erschlagen zu werden, größer ist. Genauso war es der ÖGB-Führung nicht zu erklären, dass die BAWAG nicht verkauft werden muss, weil sie – zwar mit fragwürdigen Methoden – gerettet wurde und gut dasteht und außerdem die Geschäfte im hochspekulativen Bereich abgestellt sind, Flöttl junior kein Geschäftspartner der BAWAG mehr ist und die durch den legendären Streikfonds abgesicherten Haftungen nicht schlagend geworden sind. Also – eine im Nachhinein „objektiv ungefährliche Situation“.

Alles wieder im grünen Bereich – und dennoch will sich der ÖGB der BAWAG entledigen. Auf Zuruf durch den SPÖ-Vorsitzenden und auf Sticheln und Drängeln durch schwarz-blau-orange-grün. Aber vor allem auf Drängen durch das Bankmanagement – allen voran Generaldirektor Nowotny: Meinte dieser doch gar, dass eine Trennung von BAWAG und ÖGB für beide gut wäre, weil ja die BAWAG wachsen müsse und dabei auch Geschäfte tätigen müsse, die einem Eigentümer ÖGB nicht so gut anstünden.

Nichts bleibt mehr übrig vom Gründungsgedanken der ehemaligen Arbeiterbank, keine günstigeren Konditionen für die sog. „kleinen Sparer“, keine günstigeren Konditionen für die InhaberInnen von Lohn- und Gehaltskonten, keine Möglichkeiten auch für Arbeitslose, mal zu einem kleinen Überbrückungskredit zu kommen, wenn keine Sicherheiten vorgewiesen werden können. Bis Ende der 70er Jahre hatte es sich die BAWAG auch zur Aufgabe gemacht, dafür Sorge zu tragen, dass die so genannten kleinen SparerInnen für ihre Spareinlagen einen Zinssatz bekamen, der zumindest die Inflation abdeckte. Mit dieser Politik zwang sie auch die anderen Banken, einen ebenso hohen Zinssatz zu gewähren.

Diese Zeiten sind aber schon längst vorbei: So spielt heute die BAWAG leider eine andere Rolle, etwa bei der Weitergabe der Kreditzinsensenkung war sie die Bank, die sich bis vor kurzem auf den Standpunkt zurückgezogen hatte, dies erst durch den OGH entscheiden lassen zu wollen. Sogar GD Nowotny war „darüber verwundert, dass diese Forderung nicht vom Eigentümer selbst im Interesse seiner Klientel gestellt worden war“. Peinlich genug für den ÖGB.

Allein dieses Beispiel zeigt, dass in der ÖGB-Führung die Frage gestellt werden muss, wem sich der ÖGB verpflichtet fühlt – den Mitgliedern und Erwerbsarbeitslosen oder den möglichen Koalitionspartnern in einer künftigen Regierung, den Sozialpartnern und deren Managements?

Warum soll eine Gewerkschaft keine Bank besitzen? Kann sie sich doch durch eine eigene Bank auch ein Stück Unabhängigkeit sichern bzw. ihren Handlungsspielraum nicht zur Gänze dem Kapital ausliefern. Wer fordert, dass die Bauern Raiffeisen verkaufen müssen oder die katholische Kirche ihre Bank verscherbeln soll? Alleine mit der BAWAG hätte der ÖGB die Chance, ein völlig neues Modell vorzuleben. Aber wie so oft – Chance vergeben, verspielt, verloren.

Noch ist nicht heraußen, wer die BAWAG erwerben wird – lt. GD Nowotny müsse die Bank ja wachsen, weil nur so die mehr als 6.000 Arbeitsplätze gesichert werden könnten. Wir dürfen gespannt sein, wie viele Arbeitsplätze dann tatsächlich gesichert sein werden, zumal ja nicht nur aus Deutschland bekannt ist, dass gerade der Abbau von Arbeitsplätzen in Banken deren „Wachstum“ gefördert hat.

Karin Antlanger ist Juristin und Sozialpädagogin, BRV EXIT-sozial Linz, GLB-Bundesvorsitzende und Mitglied des ÖGB-Bundesvorstandes