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Arbeitszeitverkürzung wurde der Standortpolitik geopfert

  • Montag, 8. August 2005 @ 11:09
News Dass Österreich zu den EU-Spitzenreitern bezüglich langer und flexibler Arbeitszeiten gehört stellt dem ÖGB kein gutes Zeugnis aus, meint die Fraktion Gewerkschaftlicher Linksblock im ÖGB (GLB) zu einer Umfrage der Arbeiterkammer Oberösterreich als Antwort auf die ständigen Forderungen der Wirtschaft nach noch mehr Flexibilisierung. Laut „Arbeitsklima-Index“ der oö Arbeiterkammer vom Sommer 2004 arbeiten neun Prozent der Beschäftigten wöchentlich bis 20 Stunden, 12 Prozent zwischen 21 und 35 Stunden, 44 Prozent zwischen 36 und 40 Stunden, 17 Prozent zwischen 41 und 45 Stunden und 18 Prozent mehr als 45 Stunden. Mehr als ein Drittel der Beschäftigten arbeitet demnach mehr als die Regelarbeitszeit von 40 Stunden wöchentlich. Damit steht Österreich an der Spitze der EU-Länder.

Bemerkenswert ist auch das Ausmaß der Flexibilität der Arbeitszeiten. Laut Dublin-Foundation und Statistik Austria ist für 42 Prozent der Beschäftigten weder Arbeitsbeginn noch Arbeitsende fix, 65 Prozent arbeiten nicht jede Woche die gleiche Zahl von Tagen, 48 Prozent arbeiten unterschiedlich viele Stunden pro Arbeitstag, 27 Prozent arbeiten regelmäßig an Samstagen und 14 Prozent regelmäßig an Sonntagen. Auch bei diesen Werten steht Österreich durchwegs an der EU-Spitze.

Dass den Unternehmern auch dieser hohe Grad der Flexibilisierung immer noch zuwenig ist, bestätigt nur die bekannte Redensart „Gibst du mir den kleinen Finger, dann will ich gleich die ganze Hand“. Vor allem geht es bei diesen Vorstößen darum, durch Streichung von Überstundenzuschlägen die über die Regelarbeitszeit hinaus geleisteten Stunden zur Normalarbeitszeit zu machen. Dem muss aber von den Gewerkschaften ein Riegel vorgeschoben werden, insbesondere auch in Hinblick auf den Widerspruch, dass einerseits ein Teil der Lohnabhängigen ständig Überstunden zu leisten hat, andererseits immer mehr Menschen keine Arbeit haben.

Der ÖGB hat zwar erstmals beim Bundeskongress 1987 eine Arbeitszeitverkürzung auf 35 Wochenstunden gefordert und seither regelmäßig bei jedem Kongress bekräftigt. Realpolitisch wurde jedoch aus Rücksicht auf die „Standort“-Argumentation der Unternehmerseite darauf verzichtet, die Arbeitszeitverkürzung durchzusetzen. Im Ergebnis weist Österreich ein extrem hohes Ausmaß an Flexibilisierung auf, das auch einkommensmässig keineswegs abgedeckt wird, wie ein Vergleich der Lohnkosten mit anderen EU-Ländern beweist.

Daher verwundert es nicht, wenn sich Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl (ÖVP) im Lob für die Politik der ÖGB-Spitze geradezu überschlägt: „Der Gewerkschaftsbund zeigt sich viel verantwortungsbewusster als entsprechende Organisationen in anderen Ländern. Präsident Fritz Verzetnitsch zeichnet sich durch Handschlagqualität und blendende Analysen aus.“

„Für die Gewerkschaftsmitglieder und alle Lohnabhängigen ist freilich ein solches Lob aus Unternehmermund alles andere als erfreulich“, meint dazu die GLB-Bundesvorsitzende Karin Antlanger. Und sie bekräftigt neuerlich die Forderung des GLB nach rascher Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohnausgleich und einen radikaleren Kurs der Gewerkschaften insbesondere in der Arbeitszeit- und Lohnpolitik.

Antlanger verweist dazu auf die Ergebnisse der ÖGB-Urabstimmung vom Herbst 2001, bei der die Gewerkschaftsmitglieder mit 88 Prozent auch für Kampfmaßnahmen zur Durchsetzung wichtiger Forderungen der Lohnabhängigen gestimmt hatten.