Pflegen kann jede(r)!?
- Dienstag, 24. Januar 2006 @ 15:06
Von Ursula Lang
Schenkt man den Aussagen mancher Politiker Glauben, dann muss diese Frage mit ja beantwortet werden. Um einem drohenden Pflegenotstand zu entgehen, werden immer wieder fragwürdige Vorschläge zur Diskussion gestellt. In Österreich sind 70.000 Personen in Pflegeberufen beschäftigt. Laut Wirtschaftsministerium wird es 2010 einen Mehrbedarf von 5.500 Pflegepersonen geben, der bis 2020 auf ein Plus von 18.000 Pflegepersonen anwachsen wird.
Wie reagieren die Politiker auf diese Zahlen? Da wird der Vorschlag gemacht, alle Mädchen(!) sollten nach der Pflichtschule ein soziales Jahr in einer Pflegeeinrichtung absolvieren. Damit hofft man zugleich auch der Jugendarbeitslosigkeit entgegen zu wirken. Welche Tätigkeiten sollten diese Mädchen dort ausüben? Etwa kranke und (oder) alte Menschen pflegen? Wissen die verantwortlichen Politiker nicht, dass für den Pflegeberuf eine zweijährige Ausbildung zum Pflegehelfer und eine dreijährige für das Diplom notwendig ist?
Ebenso bedenklich ist das Vorgehen des AMS, Langzeitarbeitslose in die Pflege zu vermitteln. Für einige dieser arbeitsuchenden Menschen ist es natürlich eine Chance diesen Beruf zu erlernen weil sie in früheren Jahren keine Möglichkeit dazu hatten. Aber diese Entscheidung darf nicht unter dem Druck entstehen – entweder pflegen oder weiter arbeitslos sein.
Selbst wenn sie die Ausbildung positiv abschließen, was für Betroffene mit kleinen Kindern eine große Anstrengung bedeutet, so haben sie damit noch keine Gewissheit, dass sie den physischen und psychischen Belastungen des Berufes gewachsen sind.
Ein besonderes Kapitel sind jene Organisationen, die ausländische Pflegepersonen (vorwiegend aus Tschechien) vermitteln. Diese bieten zu Dumpingpreisen Pflegedienste an. Diese Schwestern arbeiten hier illegal. Um in Österreich arbeiten zu dürfen, müssten sie ihre Diplome hier nostrifizieren lassen. Politiker und Gewerkschaften wissen von diesen Schwarzarbeiterinnen, aber keiner kann und (oder) will etwas dagegen unternehmen. Es ist zu befürchten, dass sich in den Köpfen der Verantwortlichen auch in der nächsten Zeit nicht viel ändern wird.
In der Jännerausgabe der Zeitung des österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverbandes kann man folgendes lesen: „Mit der EU-Ratspräsidentschaft sind wir unweigerlich in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt. Leider sind uns die gesamten Arbeitsprogramme der Regierung zum Zeitpunkt der Drucklegung dieser Zeitschrift noch nicht bekannt. Wir gehen allerdings davon aus, dass die Gesundheits- und Krankenpflege Inhalt des Arbeitsprogramms des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauensein wird.
Der Österreichische Gesundheits- und Krankenpflegeverband ist Mitglied des EFN (European Federation for Nurses Associations). Im Zuge des europäischen Austausches wurde der ÖGKV nach den Aktivitäten der Österreichischen Regierung für die professionellen Pflegeberufe während der Ratspräsidentschaft befragt.
Es wäre aus Sicht des Berufsverbandes sehr empfehlenswert, anlässlich des Internationalen Tages der Krankenpflege am 12. Mai eine Europäische Pflegekonferenz in Zusammenarbeit mit dem BM für Gesundheit und Frauen und dem BM für soziale Sicherheit und Generationen gemeinsam mit dem Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverband zu veranstalten. Ein entsprechender Antrag wurde in beiden Ministerien eingebracht!
Die zu behandelnden Inhalte sind brisant, wie z.B. Schattenwirtschaft in der Pflege, freier Dienstleistungsverkehr, demographische Entwicklung, steigender Bedarf von Pflegeleistungen, Finanzierung, moderne Konzepte und bedürfen einer gesamteuropäischen Lösungsstrategie.“
Es wäre längst an der Zeit zu erkennen, dass die Pflege ein hoch qualifizierter Beruf ist und keine Freizeitbeschäftigung für Frauen. Das Bild das in diversen Arztserien im Fernsehen von diesem Beruf vermittelt wird hat nichts mit der Realität im Krankenhaus oder Pflegeheim zu tun.
Ursula Lang ist Diplomkrankenschwester und Betriebsrätin im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Salzburg und Mitglied der GLB-Bundesleitung
Aus: "Die Arbeit" 1/2006
Schenkt man den Aussagen mancher Politiker Glauben, dann muss diese Frage mit ja beantwortet werden. Um einem drohenden Pflegenotstand zu entgehen, werden immer wieder fragwürdige Vorschläge zur Diskussion gestellt. In Österreich sind 70.000 Personen in Pflegeberufen beschäftigt. Laut Wirtschaftsministerium wird es 2010 einen Mehrbedarf von 5.500 Pflegepersonen geben, der bis 2020 auf ein Plus von 18.000 Pflegepersonen anwachsen wird.
Wie reagieren die Politiker auf diese Zahlen? Da wird der Vorschlag gemacht, alle Mädchen(!) sollten nach der Pflichtschule ein soziales Jahr in einer Pflegeeinrichtung absolvieren. Damit hofft man zugleich auch der Jugendarbeitslosigkeit entgegen zu wirken. Welche Tätigkeiten sollten diese Mädchen dort ausüben? Etwa kranke und (oder) alte Menschen pflegen? Wissen die verantwortlichen Politiker nicht, dass für den Pflegeberuf eine zweijährige Ausbildung zum Pflegehelfer und eine dreijährige für das Diplom notwendig ist?
Ebenso bedenklich ist das Vorgehen des AMS, Langzeitarbeitslose in die Pflege zu vermitteln. Für einige dieser arbeitsuchenden Menschen ist es natürlich eine Chance diesen Beruf zu erlernen weil sie in früheren Jahren keine Möglichkeit dazu hatten. Aber diese Entscheidung darf nicht unter dem Druck entstehen – entweder pflegen oder weiter arbeitslos sein.
Selbst wenn sie die Ausbildung positiv abschließen, was für Betroffene mit kleinen Kindern eine große Anstrengung bedeutet, so haben sie damit noch keine Gewissheit, dass sie den physischen und psychischen Belastungen des Berufes gewachsen sind.
Ein besonderes Kapitel sind jene Organisationen, die ausländische Pflegepersonen (vorwiegend aus Tschechien) vermitteln. Diese bieten zu Dumpingpreisen Pflegedienste an. Diese Schwestern arbeiten hier illegal. Um in Österreich arbeiten zu dürfen, müssten sie ihre Diplome hier nostrifizieren lassen. Politiker und Gewerkschaften wissen von diesen Schwarzarbeiterinnen, aber keiner kann und (oder) will etwas dagegen unternehmen. Es ist zu befürchten, dass sich in den Köpfen der Verantwortlichen auch in der nächsten Zeit nicht viel ändern wird.
In der Jännerausgabe der Zeitung des österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverbandes kann man folgendes lesen: „Mit der EU-Ratspräsidentschaft sind wir unweigerlich in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt. Leider sind uns die gesamten Arbeitsprogramme der Regierung zum Zeitpunkt der Drucklegung dieser Zeitschrift noch nicht bekannt. Wir gehen allerdings davon aus, dass die Gesundheits- und Krankenpflege Inhalt des Arbeitsprogramms des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauensein wird.
Der Österreichische Gesundheits- und Krankenpflegeverband ist Mitglied des EFN (European Federation for Nurses Associations). Im Zuge des europäischen Austausches wurde der ÖGKV nach den Aktivitäten der Österreichischen Regierung für die professionellen Pflegeberufe während der Ratspräsidentschaft befragt.
Es wäre aus Sicht des Berufsverbandes sehr empfehlenswert, anlässlich des Internationalen Tages der Krankenpflege am 12. Mai eine Europäische Pflegekonferenz in Zusammenarbeit mit dem BM für Gesundheit und Frauen und dem BM für soziale Sicherheit und Generationen gemeinsam mit dem Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverband zu veranstalten. Ein entsprechender Antrag wurde in beiden Ministerien eingebracht!
Die zu behandelnden Inhalte sind brisant, wie z.B. Schattenwirtschaft in der Pflege, freier Dienstleistungsverkehr, demographische Entwicklung, steigender Bedarf von Pflegeleistungen, Finanzierung, moderne Konzepte und bedürfen einer gesamteuropäischen Lösungsstrategie.“
Es wäre längst an der Zeit zu erkennen, dass die Pflege ein hoch qualifizierter Beruf ist und keine Freizeitbeschäftigung für Frauen. Das Bild das in diversen Arztserien im Fernsehen von diesem Beruf vermittelt wird hat nichts mit der Realität im Krankenhaus oder Pflegeheim zu tun.
Ursula Lang ist Diplomkrankenschwester und Betriebsrätin im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Salzburg und Mitglied der GLB-Bundesleitung
Aus: "Die Arbeit" 1/2006