Druck auf kritischen Betriebsrat durch Versetzung
- Montag, 1. November 2004 @ 15:35
Mit Wirkung vom 19. Jänner 2004 wurde Franz Bernegger, einer der zwei parteilosen Betriebsräte des Gewerkschaftlichen Linksblocks (GLB) bei ZF Steyr, auf Anordnung von Geschäftsführer Bernd Kohl von der Kostenstelle 2111 (Betriebsschlosserei) auf die Kostenstelle 7834 (Hinterachsmontage) versetzt. Begründet wurde diese Versetzung mit „betrieblichen Notwendigkeiten“. Mit Verweis auf die für eine Sanierung des Standortes erforderlichen Kennzahlen wurde argumentiert, dass Bernegger für drei Monate versetzt werde, um die Kündigung eines zusätzlichen Mitarbeiters in der Instandhaltung zu verhindern. Bereits kurz nach der Versetzung stellte sich heraus, dass in der Instandhaltung ein freier Mitarbeiter tätig ist, der täglich bis zu 16 Stunden tätig ist, was gegen geltende Bestimmungen verstößt und mittlerweile auch vom Arbeitsinspektorat Linz bemängelt wurde.
Da sich nach Dienstantritt Berneggers in der neuen Abteilung nach einigen Tagen herausstellte, dass es sich nicht um eine befristete, sondern um eine dauerhafte Versetzung handelt, hatte der Betroffene dieser Versetzung widersprochen und die neue Tätigkeit nur unter Protest angetreten.
Hilfsarbeiten für qualifizierten Facharbeiter
Bernegger ist seit 1. September 1972 im Unternehmen beschäftigt, zuerst als Lehrling und seit 1. Juni 1977 als Betriebsschlosser bei der Steyr-Daimler-Puch AG und ihrem Rechtsnachfolger Steyr-Antriebstechnik. Das bestehende Arbeitsverhältnis wurde mit allen Rechten und Pflichten laut Schreiben vom 12. Mai 2000 im Zuge der Eingliederung des Standortes Steyr von der deutschen Zahnradfabrik Friedrichshafen (ZF) übernommen. Als gelernter Betriebschlosser muss er in der neuen Abteilung vorwiegend Hilfsarbeiten bzw. angelernte Tätigkeiten ausüben, obwohl er arbeitsvertragsrechtlich lediglich zur Tätigkeit als Betriebsschlosser verpflichtet ist. Außerdem hat Bernegger eine Werkmeisterprüfung und Refa-Ausbildung und diverse fachspezifische Kurse absolviert. Daher sieht er die Bezeichnung als „Schlosser“ in der Stellungnahme von GF Kohl und den Verweis auf eine Neuordnung der Schlosserberufe als Versuch zu einer Dequalifizierung.
In seiner bisherigen Tätigkeit als Betriebsschlosser in der Abteilung 2111 war Bernegger mit der selbständigen Wartung, Reparatur und Störungsbehebung von Späneförderungsanlagen, Späneaufbereitungsanlagen, Späne-Absauganlagen, Teile-Reinigungsanlagen, Emulsionsaufbereitungsanlagen und Aufzügen, Reparatur und Neuanfertigung von Betriebsmitteln, Reparatur, Wartung und jährlicher Sicherheitsüberprüfung von Toranlagen, Kran- und Regalanlagen sowie Reparatur von Staplern betraut. Diese Tätigkeiten erfolgten in einer selbständigen Arbeitsweise, wobei er die Aufträge von Meistern und Vorarbeitern der Produktion meist telefonisch erhielt und die Arbeiten per Tagesleistungsverzeichnis auch EDV-mässig protokolliert wurden.
Seine jetzige Tätigkeit umfasst hingegen Hilfs- und angelernte Tätigkeiten wie Planetenräder vom Lagerplatz holen und auf den Arbeitslatz legen und dabei mit über 500 kg schweren Femo-Wagen zum Arbeitsplatz schieben sowie Lager, Sicherungsringe, Distanzscheiben einlegen bzw. montieren, Lagerböcke von der Transportkiste auf den Arbeitsplatz legen, Gleitlager und Kunststofflager mittels Vorrichtung in der hydraulischen Presse einpressen, Planetenträger von der Transportkiste auf den Arbeitsplatz legen, Planetenräder mit Hilfsvorrichtung und hydraulischer Presse auf Planetenträger aufpressen, Ritzelwellen von Transportkiste auf Arbeitsplatz stellen sowie Ringe montieren, einfetten und Hülse aufpressen, Zapfwellengetriebe einbauen, Dichtflächen mittels Putztücher und Reinigungsmitteln reinigen, Dichtungsklebstoff mittels Walze auftragen, PTO-Getriebe mittels Kran auf Hinterachse aufsetzen, mit Schlagschrauber Schrauben eindrehen und Schrauben tw.. Einkleben, zweimal Schalthebel montieren, Lagerbüchsen einpressen. Dazu kommt noch die tägliche Reinigung des Arbeitsplatzes und Entsorgung von Verpackungsmaterial.
Betriebsrat nur in der Freizeit?
In der Betriebsschlosserei besteht Gleitzeit von 6 bis 17 Uhr mit einer Kernzeit von 7.30 bis 14 Uhr, in der Abteilung Hinterachsmontage hingegen ein Zwei-Schicht-Betrieb mit einer Arbeitszeit von 5.45 bis 14 Uhr in der für Bernegger geltenden ersten Schicht. Bernegger hat in seiner bisherigen Betriebszugehörigkeit weder im Schicht- noch im Akkordbetrieb gearbeitet.
Da die örtliche Situierung der Hinterachsmontage wie auch die Arbeit im Gruppenakkord völlig unflexibel ist, wird es ihm als gewählter Arbeiterbetriebsrat fast unmöglich gemacht, seine gesetzlich vorgesehene Betriebsratstätigkeit auszuüben. Faktisch kann er seine Betriebsratstätigkeit nur auf Kosten der anderen Beschäftigten die für das Arbeitsergebnis auf seine Anwesenheit angewiesen sind bzw. vor Arbeitsbeginn oder nach Schichtende ausüben. Laut Aussage von Kohl ist ihm eine Betriebsratstätigkeit nur nach Dienstschluss ab 14 Uhr möglich.
Eine bezahlte dienstliche Abwesenheit ist nur in Verbindung mit mündlicher An- und Abmeldung beim Gruppensprecher sowie mittels Protokollierung per Zeiterfassungsgerät möglich. Damit ist Bernegger der einzige Betriebsrat von ZF Steyr, der ein- bzw. ausstempeln muss. Auch bedeutet die Versetzung die Entfernung von seinem ursprünglichen Wählern und damit seinem hauptsächlichem Vertretungspotential als Betriebsrat. Diese Versetzung ist daher auch mit dem Benachteiligungsverbot laut § 115, Abs 3 des Arbeitsverfassungsgesetzes unvereinbar.
Versetzung brachte Lohnverlust
Die Versetzung bedeutet für Bernegger auch eine Verringerung bei der Entlohnung, so verringerte sich sein Bruttobezug im April auf 2.303,70 € gegenüber 2.312,05 € im Vormonat. Während es in der Betriebsschlosserei eine sozialversicherungs- und steuerfreie Schmutz- und Gefahrenzulage gibt, besteht eine derartige in der neuen Abteilung nicht.
Eine Kompensation dieses Verlustes durch die voll abgabenpflichtige ROM-Prämie erfolgt nicht. In der HA-Montage wird in Gruppenakkord gearbeitet, für die Gewährung der Prämie besteht eine sehr hohe Basis- und Zielvorgabe und der Beobachtungszeitraum für die Akontozahlung von 2003 wurde bis Ende Juni 2004 verlängert. Es bestehen hohe Qualitätsanforderungen, die durch die häufige Anlieferung minderwertiger Teile nicht erreichbar sind, was nicht Schuld der Gruppe ist. Bernegger ist daher für das Erreichen der Prämie auch auf das Verhalten der anderen Beschäftigten angewiesen bzw. wird dieses Ergebnis bei Inanspruchnahme von gesetzlich zustehender Betriebsratstätigkeit gemindert.
Bei der neuen Tätigkeit handelt es sich auf Grund der geschilderten Fakten sowohl hinsichtlich der ungünstigeren Arbeitszeit als auch hinsichtlich der Entgeltbedingungen sowie der Tätigkeit im Sinne des § 101 des Arbeitsverfassungsgesetzes um eine verschlechternde Versetzung, die seinen Arbeitsvertrag als Betriebsschlosser gegen seinen Willen ändert und er betrachtet sie daher als rechtswidrig.
Eine verschlechternde Versetzung
Da Bernegger gewählter Arbeiterbetriebsrat für die Wahlperiode 2003-2007 ist und es sich auch um eine verschlechternde Versetzung handelt war diese Versetzung zustimmungspflichtig durch den Betriebsrat. Diese Zustimmung erfolgte – offensichtlich erst nach Intervention von Geschäftsführer Kohl – erst nachträglich am 19. Februar 2004 und ist somit rechtsunwirksam. Würde die Versetzung keine Verschlechterung darstellen, wäre sie logischerweise auch nicht zustimmungspflichtig.
Die Versetzung in die Hinterachsmontage wird aufgrund der dort notwendigen schweren physischen Arbeit im Betrieb allgemein als „Strafversetzung“ bewertet, zumal sie insbesondere für solche Mitarbeiter erfolgt, die vor der Kündigung stehen. Diese Versetzung vermindert daher auch Berneggers Ansehen als Betriebsrat. Pro Mitarbeiter und 8-Stunden-Schicht müssen zwei Achsen gefertigt werden um den geforderten Leistungsgrad zu erreichen. Die Ausübung von zwei Stunden Betriebsratstätigkeit während einer Schicht bedeutet 0,5 Achsen weniger, die nur durch Mehrarbeit von Berneggers Kollegen kompensiert werden kann.
Rechtshilfe durch Arbeiterkammer
Bernegger hat sich wegen seiner Versetzung um Unterstützung an einen Rechtsanwalt sowie die Rechtsabteilung der oö Arbeiterkammer gewendet. Beide haben unabhängig voneinander die Situation als eindeutig gesetzeswidrig beurteilt.
Die Entwicklung seit seiner Versetzung ist – etwa durch gezielte und demonstrative Beobachtung seiner Person während der Arbeit durch Geschäftsführer Kohl und seine Vertrauenspersonen sowie Vorladung zu Gesprächen – verbunden mit zahlreichen Versuchen ihn zu unbedachten Äußerungen oder Handlungen zu provozieren. Weiters wurde vom Gruppensprecher – in wessen Auftrag auch immer – versucht, im Zusammenhang mit betrieblichen Störfällen gegen ihn den Verdacht der Sabotage auszustreuen, etwa als bei einer nach Passau gelieferten Hinterachse am Prüfstand eine Kugel gefunden wurde, durch welche der Planetentrieb zerstört wurde. Ein zweiter solcher Fall ereignete sich im Werk Steyr.
Im ersten Fall wurde das Produkt in der Nachtschicht gefertigt, im zweiten Fall traf Bernegger erst nach dem erfolgten Prüflauf im Werk ein. Ähnliches gilt für den von Kohl in Anwesenheit von Arbeitsdirektor Reichenstetter und Belegschaftsmitgliedern am Ende der Betriebsversammlung gegen Bernegger erhobenen aber durch nichts belegbaren Vorwurf einen Journalisten bei der Betriebsversammlung am 2. September 2003 eingeschleust zu haben. Von Seiten der Arbeiterkammer wird dies als klassischer Fall von Mobbing beurteilt.
Betriebsrat „unter Beobachtung“
In einem Gespräch mit Bernegger teilte der zweite Geschäftsführer Wilks diesem mit, dass er und Arbeitsdirektor Reichenstetter bei ihrem Funktionsantritt vor zwei Jahren von einigen (von Wilks nicht namentlich genannten) Herren aufmerksam gemacht wurden, auf die Person Berneggers besonders zu achten. Wilks äußerte weiters, dass er in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer nichts Negatives über Bernegger berichten kann, er aber registriert habe, dass dieser sich jetzt gegen diese Versetzung zur Wehr setze.
Bernegger ist seit 1991 Arbeiterbetriebsrat im Unternehmen und war in diesem Zeitraum neben gewissenhafter Arbeit in seinem Beruf als Betriebsschlosser stets bemüht die Interessen seiner Arbeitskollegen zu vertreten und beizutragen, betriebliche Missstände zu beseitigen. Er betrachtet seine Tätigkeit nicht nur im Rahmen der gesetzlich vorhandenen Möglichkeiten sondern auch im Sinne einer geordneten Unternehmenskultur als legitim und die mit der Versetzung gegen ihn getroffenen Maßnahmen daher als gezielte Einschränkung seiner Handlungsmöglichkeiten als gewählter Betriebsrat.
Die gesetzlich zustehende Bildungsfreistellung von drei Wochen innerhalb einer Funktionsperiode wurde von ihm nie in Anspruch genommen und Bildungsmaßnahmen in seiner Freizeit bzw. im Urlaub absolviert. Als er vor etwa zwei Jahren eine Bildungsfreistellung in Anspruch nehmen wollte, wurde ihm dies von der Personalabteilung mit fadenscheinigen Gründen abgelehnt.
Der Fall ist gerichtsanhängig
Auf Empfehlung der Arbeiterkammer als seiner Rechtsvertretung beschritt Bernegger zur Wahrung seiner Rechte den Gerichtsweg. In einem Brief an ZF-Vorstandsvorsitzenden Siegfried Goll betonte er jedoch, dass er ebenso wie GF Wilks der Ansicht ist, dass es nicht im Interesse des Unternehmens und dessen Ansehen in der Öffentlichkeit liegt, wenn es zu einem auf dem Gerichtsweg ausgetragenen Rechtsstreit gegen einen gewählten Betriebsrat kommt und er diesen Schritt daher nach Möglichkeit vermeiden möchte. Bernegger ersuchte Goll, sich für eine innerbetriebliche Regelung dieses Konflikts durch die Zurücknahme der ungerechtfertigten Versetzung einzusetzen.
Zu einer solchen innerbetrieblichen Regelung kam es jedoch nicht. Eine erste Verhandlung wurde vom 9. auf den 16. Juli 2004 verschoben. Von der Rechtsvertretung der ZF, dem Wiener Anwaltsbüro Grießer, Gerlach & Gahleitner, erschien kein kompetenter Rechtsanwalt, worüber Richter Lichtenegger seinen Unwillen äußerte. Dies und die angebliche berufliche Nähe Berneggers wegen seiner Tätigkeit als Laienrichter bei Arbeitsrechtsverhandlungen zum Richter nahmen die ZF-Anwälte am 27. Juli zum Anlass, den Richter für befangen zu erklären. Ein Senat des Landesgerichtes entschied jedoch gegen die Befangenheit, so dass Richter Lichtenegger den Fall weiter verhandelt.
Außerdem lehnte die Rechtsvertretung von ZF einen Kostenvorschuss von 600 € für ein von ihr selbst verlangtes Gutachten ab. Das Verfahren wird erst nach Vorlage dieses im November erstellten Gutachtens fortgesetzt. Offensichtlich versucht die ZF als beklagte Partei über ihre Anwälte das Verfahren möglichst zu verzögern wie die bisherige Vorgangsweise deutlich macht.
Hintergrund Liquidierung des ZF-Standortes Steyr
Die willkürliche und daher gerichtlich beeinspruchte Versetzung des offensichtlich als „Störfaktor“ betrachteten GLB-Betriebsrates Franz Bernegger zu Jahresbeginn 2004 ist vor dem Hintergrund der im November 2004 bekannt gemachten Pläne zu sehen, die Montage der Automatikgetriebe nach Passau zu verlagern und die Komponentenfertigung zu verkaufen, wofür der deutsche Konzern St. Leon-Rot (SLR) als Interessent gilt. Es geht also letztlich um die Liquidierung des ZF-Standortes Steyr.
Hatte doch der GLB-Betriebsrat Bernegger konträr zu den Beschwichtigungen der sozialdemokratischen Mehrheit – im Betriebsrat sind sechs FSG- und zwei GLB-Betriebsräte – im Betriebsrat seit Jahren auf die Gefährdung des im Jahre 2000 von ZF übernommenen Standortes Steyr hingewiesen. Damals wurde erklärt, Steyr zu einem Kompetenzzentrum für Landmaschinen zu entwickeln. Aus heutiger Sicht bleibt freilich nur mehr der Eindruck, dass es ZF bei Übernahme der SAT letztlich nur darum ging das in Steyr entwickelte innovative Automatikgetriebe S-matic in die Hände zu bekommen und damit ein Monopol bei Automatikgetrieben für Landmaschinen zu erlangen und den Rest als lästiges Beiwerk betrachtet.
© Leo Furtlehner
Da sich nach Dienstantritt Berneggers in der neuen Abteilung nach einigen Tagen herausstellte, dass es sich nicht um eine befristete, sondern um eine dauerhafte Versetzung handelt, hatte der Betroffene dieser Versetzung widersprochen und die neue Tätigkeit nur unter Protest angetreten.
Hilfsarbeiten für qualifizierten Facharbeiter
Bernegger ist seit 1. September 1972 im Unternehmen beschäftigt, zuerst als Lehrling und seit 1. Juni 1977 als Betriebsschlosser bei der Steyr-Daimler-Puch AG und ihrem Rechtsnachfolger Steyr-Antriebstechnik. Das bestehende Arbeitsverhältnis wurde mit allen Rechten und Pflichten laut Schreiben vom 12. Mai 2000 im Zuge der Eingliederung des Standortes Steyr von der deutschen Zahnradfabrik Friedrichshafen (ZF) übernommen. Als gelernter Betriebschlosser muss er in der neuen Abteilung vorwiegend Hilfsarbeiten bzw. angelernte Tätigkeiten ausüben, obwohl er arbeitsvertragsrechtlich lediglich zur Tätigkeit als Betriebsschlosser verpflichtet ist. Außerdem hat Bernegger eine Werkmeisterprüfung und Refa-Ausbildung und diverse fachspezifische Kurse absolviert. Daher sieht er die Bezeichnung als „Schlosser“ in der Stellungnahme von GF Kohl und den Verweis auf eine Neuordnung der Schlosserberufe als Versuch zu einer Dequalifizierung.
In seiner bisherigen Tätigkeit als Betriebsschlosser in der Abteilung 2111 war Bernegger mit der selbständigen Wartung, Reparatur und Störungsbehebung von Späneförderungsanlagen, Späneaufbereitungsanlagen, Späne-Absauganlagen, Teile-Reinigungsanlagen, Emulsionsaufbereitungsanlagen und Aufzügen, Reparatur und Neuanfertigung von Betriebsmitteln, Reparatur, Wartung und jährlicher Sicherheitsüberprüfung von Toranlagen, Kran- und Regalanlagen sowie Reparatur von Staplern betraut. Diese Tätigkeiten erfolgten in einer selbständigen Arbeitsweise, wobei er die Aufträge von Meistern und Vorarbeitern der Produktion meist telefonisch erhielt und die Arbeiten per Tagesleistungsverzeichnis auch EDV-mässig protokolliert wurden.
Seine jetzige Tätigkeit umfasst hingegen Hilfs- und angelernte Tätigkeiten wie Planetenräder vom Lagerplatz holen und auf den Arbeitslatz legen und dabei mit über 500 kg schweren Femo-Wagen zum Arbeitsplatz schieben sowie Lager, Sicherungsringe, Distanzscheiben einlegen bzw. montieren, Lagerböcke von der Transportkiste auf den Arbeitsplatz legen, Gleitlager und Kunststofflager mittels Vorrichtung in der hydraulischen Presse einpressen, Planetenträger von der Transportkiste auf den Arbeitsplatz legen, Planetenräder mit Hilfsvorrichtung und hydraulischer Presse auf Planetenträger aufpressen, Ritzelwellen von Transportkiste auf Arbeitsplatz stellen sowie Ringe montieren, einfetten und Hülse aufpressen, Zapfwellengetriebe einbauen, Dichtflächen mittels Putztücher und Reinigungsmitteln reinigen, Dichtungsklebstoff mittels Walze auftragen, PTO-Getriebe mittels Kran auf Hinterachse aufsetzen, mit Schlagschrauber Schrauben eindrehen und Schrauben tw.. Einkleben, zweimal Schalthebel montieren, Lagerbüchsen einpressen. Dazu kommt noch die tägliche Reinigung des Arbeitsplatzes und Entsorgung von Verpackungsmaterial.
Betriebsrat nur in der Freizeit?
In der Betriebsschlosserei besteht Gleitzeit von 6 bis 17 Uhr mit einer Kernzeit von 7.30 bis 14 Uhr, in der Abteilung Hinterachsmontage hingegen ein Zwei-Schicht-Betrieb mit einer Arbeitszeit von 5.45 bis 14 Uhr in der für Bernegger geltenden ersten Schicht. Bernegger hat in seiner bisherigen Betriebszugehörigkeit weder im Schicht- noch im Akkordbetrieb gearbeitet.
Da die örtliche Situierung der Hinterachsmontage wie auch die Arbeit im Gruppenakkord völlig unflexibel ist, wird es ihm als gewählter Arbeiterbetriebsrat fast unmöglich gemacht, seine gesetzlich vorgesehene Betriebsratstätigkeit auszuüben. Faktisch kann er seine Betriebsratstätigkeit nur auf Kosten der anderen Beschäftigten die für das Arbeitsergebnis auf seine Anwesenheit angewiesen sind bzw. vor Arbeitsbeginn oder nach Schichtende ausüben. Laut Aussage von Kohl ist ihm eine Betriebsratstätigkeit nur nach Dienstschluss ab 14 Uhr möglich.
Eine bezahlte dienstliche Abwesenheit ist nur in Verbindung mit mündlicher An- und Abmeldung beim Gruppensprecher sowie mittels Protokollierung per Zeiterfassungsgerät möglich. Damit ist Bernegger der einzige Betriebsrat von ZF Steyr, der ein- bzw. ausstempeln muss. Auch bedeutet die Versetzung die Entfernung von seinem ursprünglichen Wählern und damit seinem hauptsächlichem Vertretungspotential als Betriebsrat. Diese Versetzung ist daher auch mit dem Benachteiligungsverbot laut § 115, Abs 3 des Arbeitsverfassungsgesetzes unvereinbar.
Versetzung brachte Lohnverlust
Die Versetzung bedeutet für Bernegger auch eine Verringerung bei der Entlohnung, so verringerte sich sein Bruttobezug im April auf 2.303,70 € gegenüber 2.312,05 € im Vormonat. Während es in der Betriebsschlosserei eine sozialversicherungs- und steuerfreie Schmutz- und Gefahrenzulage gibt, besteht eine derartige in der neuen Abteilung nicht.
Eine Kompensation dieses Verlustes durch die voll abgabenpflichtige ROM-Prämie erfolgt nicht. In der HA-Montage wird in Gruppenakkord gearbeitet, für die Gewährung der Prämie besteht eine sehr hohe Basis- und Zielvorgabe und der Beobachtungszeitraum für die Akontozahlung von 2003 wurde bis Ende Juni 2004 verlängert. Es bestehen hohe Qualitätsanforderungen, die durch die häufige Anlieferung minderwertiger Teile nicht erreichbar sind, was nicht Schuld der Gruppe ist. Bernegger ist daher für das Erreichen der Prämie auch auf das Verhalten der anderen Beschäftigten angewiesen bzw. wird dieses Ergebnis bei Inanspruchnahme von gesetzlich zustehender Betriebsratstätigkeit gemindert.
Bei der neuen Tätigkeit handelt es sich auf Grund der geschilderten Fakten sowohl hinsichtlich der ungünstigeren Arbeitszeit als auch hinsichtlich der Entgeltbedingungen sowie der Tätigkeit im Sinne des § 101 des Arbeitsverfassungsgesetzes um eine verschlechternde Versetzung, die seinen Arbeitsvertrag als Betriebsschlosser gegen seinen Willen ändert und er betrachtet sie daher als rechtswidrig.
Eine verschlechternde Versetzung
Da Bernegger gewählter Arbeiterbetriebsrat für die Wahlperiode 2003-2007 ist und es sich auch um eine verschlechternde Versetzung handelt war diese Versetzung zustimmungspflichtig durch den Betriebsrat. Diese Zustimmung erfolgte – offensichtlich erst nach Intervention von Geschäftsführer Kohl – erst nachträglich am 19. Februar 2004 und ist somit rechtsunwirksam. Würde die Versetzung keine Verschlechterung darstellen, wäre sie logischerweise auch nicht zustimmungspflichtig.
Die Versetzung in die Hinterachsmontage wird aufgrund der dort notwendigen schweren physischen Arbeit im Betrieb allgemein als „Strafversetzung“ bewertet, zumal sie insbesondere für solche Mitarbeiter erfolgt, die vor der Kündigung stehen. Diese Versetzung vermindert daher auch Berneggers Ansehen als Betriebsrat. Pro Mitarbeiter und 8-Stunden-Schicht müssen zwei Achsen gefertigt werden um den geforderten Leistungsgrad zu erreichen. Die Ausübung von zwei Stunden Betriebsratstätigkeit während einer Schicht bedeutet 0,5 Achsen weniger, die nur durch Mehrarbeit von Berneggers Kollegen kompensiert werden kann.
Rechtshilfe durch Arbeiterkammer
Bernegger hat sich wegen seiner Versetzung um Unterstützung an einen Rechtsanwalt sowie die Rechtsabteilung der oö Arbeiterkammer gewendet. Beide haben unabhängig voneinander die Situation als eindeutig gesetzeswidrig beurteilt.
Die Entwicklung seit seiner Versetzung ist – etwa durch gezielte und demonstrative Beobachtung seiner Person während der Arbeit durch Geschäftsführer Kohl und seine Vertrauenspersonen sowie Vorladung zu Gesprächen – verbunden mit zahlreichen Versuchen ihn zu unbedachten Äußerungen oder Handlungen zu provozieren. Weiters wurde vom Gruppensprecher – in wessen Auftrag auch immer – versucht, im Zusammenhang mit betrieblichen Störfällen gegen ihn den Verdacht der Sabotage auszustreuen, etwa als bei einer nach Passau gelieferten Hinterachse am Prüfstand eine Kugel gefunden wurde, durch welche der Planetentrieb zerstört wurde. Ein zweiter solcher Fall ereignete sich im Werk Steyr.
Im ersten Fall wurde das Produkt in der Nachtschicht gefertigt, im zweiten Fall traf Bernegger erst nach dem erfolgten Prüflauf im Werk ein. Ähnliches gilt für den von Kohl in Anwesenheit von Arbeitsdirektor Reichenstetter und Belegschaftsmitgliedern am Ende der Betriebsversammlung gegen Bernegger erhobenen aber durch nichts belegbaren Vorwurf einen Journalisten bei der Betriebsversammlung am 2. September 2003 eingeschleust zu haben. Von Seiten der Arbeiterkammer wird dies als klassischer Fall von Mobbing beurteilt.
Betriebsrat „unter Beobachtung“
In einem Gespräch mit Bernegger teilte der zweite Geschäftsführer Wilks diesem mit, dass er und Arbeitsdirektor Reichenstetter bei ihrem Funktionsantritt vor zwei Jahren von einigen (von Wilks nicht namentlich genannten) Herren aufmerksam gemacht wurden, auf die Person Berneggers besonders zu achten. Wilks äußerte weiters, dass er in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer nichts Negatives über Bernegger berichten kann, er aber registriert habe, dass dieser sich jetzt gegen diese Versetzung zur Wehr setze.
Bernegger ist seit 1991 Arbeiterbetriebsrat im Unternehmen und war in diesem Zeitraum neben gewissenhafter Arbeit in seinem Beruf als Betriebsschlosser stets bemüht die Interessen seiner Arbeitskollegen zu vertreten und beizutragen, betriebliche Missstände zu beseitigen. Er betrachtet seine Tätigkeit nicht nur im Rahmen der gesetzlich vorhandenen Möglichkeiten sondern auch im Sinne einer geordneten Unternehmenskultur als legitim und die mit der Versetzung gegen ihn getroffenen Maßnahmen daher als gezielte Einschränkung seiner Handlungsmöglichkeiten als gewählter Betriebsrat.
Die gesetzlich zustehende Bildungsfreistellung von drei Wochen innerhalb einer Funktionsperiode wurde von ihm nie in Anspruch genommen und Bildungsmaßnahmen in seiner Freizeit bzw. im Urlaub absolviert. Als er vor etwa zwei Jahren eine Bildungsfreistellung in Anspruch nehmen wollte, wurde ihm dies von der Personalabteilung mit fadenscheinigen Gründen abgelehnt.
Der Fall ist gerichtsanhängig
Auf Empfehlung der Arbeiterkammer als seiner Rechtsvertretung beschritt Bernegger zur Wahrung seiner Rechte den Gerichtsweg. In einem Brief an ZF-Vorstandsvorsitzenden Siegfried Goll betonte er jedoch, dass er ebenso wie GF Wilks der Ansicht ist, dass es nicht im Interesse des Unternehmens und dessen Ansehen in der Öffentlichkeit liegt, wenn es zu einem auf dem Gerichtsweg ausgetragenen Rechtsstreit gegen einen gewählten Betriebsrat kommt und er diesen Schritt daher nach Möglichkeit vermeiden möchte. Bernegger ersuchte Goll, sich für eine innerbetriebliche Regelung dieses Konflikts durch die Zurücknahme der ungerechtfertigten Versetzung einzusetzen.
Zu einer solchen innerbetrieblichen Regelung kam es jedoch nicht. Eine erste Verhandlung wurde vom 9. auf den 16. Juli 2004 verschoben. Von der Rechtsvertretung der ZF, dem Wiener Anwaltsbüro Grießer, Gerlach & Gahleitner, erschien kein kompetenter Rechtsanwalt, worüber Richter Lichtenegger seinen Unwillen äußerte. Dies und die angebliche berufliche Nähe Berneggers wegen seiner Tätigkeit als Laienrichter bei Arbeitsrechtsverhandlungen zum Richter nahmen die ZF-Anwälte am 27. Juli zum Anlass, den Richter für befangen zu erklären. Ein Senat des Landesgerichtes entschied jedoch gegen die Befangenheit, so dass Richter Lichtenegger den Fall weiter verhandelt.
Außerdem lehnte die Rechtsvertretung von ZF einen Kostenvorschuss von 600 € für ein von ihr selbst verlangtes Gutachten ab. Das Verfahren wird erst nach Vorlage dieses im November erstellten Gutachtens fortgesetzt. Offensichtlich versucht die ZF als beklagte Partei über ihre Anwälte das Verfahren möglichst zu verzögern wie die bisherige Vorgangsweise deutlich macht.
Hintergrund Liquidierung des ZF-Standortes Steyr
Die willkürliche und daher gerichtlich beeinspruchte Versetzung des offensichtlich als „Störfaktor“ betrachteten GLB-Betriebsrates Franz Bernegger zu Jahresbeginn 2004 ist vor dem Hintergrund der im November 2004 bekannt gemachten Pläne zu sehen, die Montage der Automatikgetriebe nach Passau zu verlagern und die Komponentenfertigung zu verkaufen, wofür der deutsche Konzern St. Leon-Rot (SLR) als Interessent gilt. Es geht also letztlich um die Liquidierung des ZF-Standortes Steyr.
Hatte doch der GLB-Betriebsrat Bernegger konträr zu den Beschwichtigungen der sozialdemokratischen Mehrheit – im Betriebsrat sind sechs FSG- und zwei GLB-Betriebsräte – im Betriebsrat seit Jahren auf die Gefährdung des im Jahre 2000 von ZF übernommenen Standortes Steyr hingewiesen. Damals wurde erklärt, Steyr zu einem Kompetenzzentrum für Landmaschinen zu entwickeln. Aus heutiger Sicht bleibt freilich nur mehr der Eindruck, dass es ZF bei Übernahme der SAT letztlich nur darum ging das in Steyr entwickelte innovative Automatikgetriebe S-matic in die Hände zu bekommen und damit ein Monopol bei Automatikgetrieben für Landmaschinen zu erlangen und den Rest als lästiges Beiwerk betrachtet.
© Leo Furtlehner