ATV+: Das Elend der sozialdemokratischen Medienpolitik
- Freitag, 1. Juli 2005 @ 15:08
Früh schon erkannte die organisierte ArbeiterInnenbewegung entsprechend der Marx´schen Erkenntnis „Die herrschende Meinung ist stets die Meinung der Herrschenden", wie wichtig es ist, die Medien unter Kontrolle zu bringen. In Österreich hat die SPÖ mit der Einstellung der traditionellen „Arbeiter-Zeitung" im Jahre 1989 den Anspruch, ein Gegenmodell zur kapitalistischen Presse auf die Beine stellen zu wollen, aufgegeben. Weniger bekannt ist, dass im Jahr 2005 der Österreichische Gewerkschaftsbund mit mehr als 41 % größter Eigentümer des einzigen landesweit ausstrahlenden Privat-TV-Senders Österreichs ist. Der folgende Gastkommentar von Peter Leitner soll beleuchten, wie der ÖGB mit dieser Verantwortung umgeht. Genauer gesagt besteht diese Beteiligung über ein Tochterunternehmen der BAWAG, der viertgrößten Bank des Landes, deren Alleineigentümer der ÖGB ist. Die Gewerkschaftsbank ist schon in der Vergangenheit durch Maßnahmen aufgefallen, die von einer Bank der ArbeiterInnenbewegung nicht zu erwarten sind. So wollte die Geschäftsleitung der BAWAG 2003 dem Betriebsrat allen Ernstes verbieten, Informationen an die Belegschaft per E-Mail zu verbreiten. Erst durch Androhungen, das Arbeitsgericht einzuschalten, konnte der BAWAG-Betriebsrat sein Recht durchsetzen. Beim Eintritt in die BAWAG ist der Beitritt zum ÖGB obligatorisch, was de facto bedeutet, dass 1 % des Bruttolohns an den Arbeitgeber abzuliefern ist. 2000 verweigerte die BAWAG der ÖH, ein Treuhandkonto für die Durchführung eines Studiengebühren-Boykotts einzurichten.
Mit der Beteiligung des ÖGB als größter Aktionär am einzigen österreichweit sendenden Privat-TV-Sender handelt es sich um eine große Chance, wesentlichen Einfluss auf ein modernes elektronisches Massenmedium zu nehmen. Auch finanziell wäre es für den ÖGB ein Leichtes, die Mehrheit an ATV+ zu übernehmen, herrscht er doch über eines der größten Wirschaftsimperien Österreichs und verfügt damit über ausreichend Finanzkraft. Daher ist es also durchaus nahe liegend zu vermuten, dass im Programm von ATV+ gegen die Pensionsreform Sturm gelaufen wird, sinnvolle Vorschläge zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit diskutiert werden und am 1. Mai zumindest kurz über diesen weltweiten Kampftag der ArbeiterInnenbewegung berichtet wird.
Doch in der Programmgestaltung von ATV+ ist nichts von alledem zu finden. Ganz im Gegenteil gibt es Sendungen, die lohnabhängige Menschen verhöhnen und sich über sie lustig machen. Ein Paradebeispiel ist das quotenstarke „Hi Society", wo sich der arbeitende Mensch täglich von 19.45-20.15 Uhr davon überzeugen kann, dass mensch auch – wie es das Schauspieler-Ehepaar Albert Fortell/Barbara Wussow beweist – auch als NotstandshilfebezieherIn bei ausreichender „Flexibilität" in Saus und Baus leben kann. Genauestens informiert sind die ATV+-KonsumentInnen über das Privatleben des Society-Paars Lugner.
Eine interessante Sozialstudie will der ÖGB-Sender offensichtlich mit „Tausche Familie" liefern. Dabei wird über Familien mit unterschiedlichem sozialen Hintergrund berichtet, wobei die sozial besser gestellten Menschen ausreichend Gelegenheit finden, sich über die sozial bedingten Schwächen des Tauschpartners zu mokieren. Tja, die Wohnung eines Langzeitarbeitslosen siehst eben nicht wie das Idealmodell aus „Besser Wohnen" aus!
Der momentane Quotenhit des Privatsenders ist „Bauer sucht Frau". Alleinstehende Bauern bieten sich im TV auf dem Heiratsmarkt an, der Mensch wird als Ware angeboten, eine Zweierbeziehung als Tauschgeschäft – ich geb dir das dafür gibst du mir das – dargestellt. Sein Frauenbild offenbart der ÖGB spätnachts. Dann werden in so genannten „Erotikfilmen" sexuell stets bereite Frauen gezeigt. Kurz vorm Morgengrauen gibt es dann noch weibliche Fleischbeschau in den „Sexy Clips". Über viele Programmbereiche ziehen sich Gewinnspiele, wo den Menschen mittels Mehrwerttelefonnummern das Geld aus der Tasche gezogen wird – eine Praxis, die dem ÖGB auch mit seinen Beteiligungen an des Österreichischen Lotterien und den Casinos Austria nicht fremd ist.
Was ist der Ausweg aus der ATV+-Misere? Von allein wird der ÖGB nicht damit aufhören, auf ATV+ Gewerkschaftsgelder für die Propaganda im Sinne der Herrschenden auf ATV+ zu veruntreuen. Um eine Programmgestaltung im Sinne der arbeitenden Menschen zu erwirken, bedarf es einer breiten Kampagne. Die arbeiterInnenfeindliche Politik des ÖGB muss ein Ende finden! Es ist äußerst fraglich, ob eine Gewerkschaftsführung unter Fritz Verzetnitsch dazu willig und fähig ist. Die jüngste Beteiligung an der im nordafrikanischen Libyen eingeleiteten Privatisierungswelle durch die Gewerkschaftsbank BAWAG lässt in dieser Hinsicht wenig Hoffnung übrig.
Peter Leitner, Quelle: www.arbeiterinnenstandpunkt.net
Mit der Beteiligung des ÖGB als größter Aktionär am einzigen österreichweit sendenden Privat-TV-Sender handelt es sich um eine große Chance, wesentlichen Einfluss auf ein modernes elektronisches Massenmedium zu nehmen. Auch finanziell wäre es für den ÖGB ein Leichtes, die Mehrheit an ATV+ zu übernehmen, herrscht er doch über eines der größten Wirschaftsimperien Österreichs und verfügt damit über ausreichend Finanzkraft. Daher ist es also durchaus nahe liegend zu vermuten, dass im Programm von ATV+ gegen die Pensionsreform Sturm gelaufen wird, sinnvolle Vorschläge zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit diskutiert werden und am 1. Mai zumindest kurz über diesen weltweiten Kampftag der ArbeiterInnenbewegung berichtet wird.
Doch in der Programmgestaltung von ATV+ ist nichts von alledem zu finden. Ganz im Gegenteil gibt es Sendungen, die lohnabhängige Menschen verhöhnen und sich über sie lustig machen. Ein Paradebeispiel ist das quotenstarke „Hi Society", wo sich der arbeitende Mensch täglich von 19.45-20.15 Uhr davon überzeugen kann, dass mensch auch – wie es das Schauspieler-Ehepaar Albert Fortell/Barbara Wussow beweist – auch als NotstandshilfebezieherIn bei ausreichender „Flexibilität" in Saus und Baus leben kann. Genauestens informiert sind die ATV+-KonsumentInnen über das Privatleben des Society-Paars Lugner.
Eine interessante Sozialstudie will der ÖGB-Sender offensichtlich mit „Tausche Familie" liefern. Dabei wird über Familien mit unterschiedlichem sozialen Hintergrund berichtet, wobei die sozial besser gestellten Menschen ausreichend Gelegenheit finden, sich über die sozial bedingten Schwächen des Tauschpartners zu mokieren. Tja, die Wohnung eines Langzeitarbeitslosen siehst eben nicht wie das Idealmodell aus „Besser Wohnen" aus!
Der momentane Quotenhit des Privatsenders ist „Bauer sucht Frau". Alleinstehende Bauern bieten sich im TV auf dem Heiratsmarkt an, der Mensch wird als Ware angeboten, eine Zweierbeziehung als Tauschgeschäft – ich geb dir das dafür gibst du mir das – dargestellt. Sein Frauenbild offenbart der ÖGB spätnachts. Dann werden in so genannten „Erotikfilmen" sexuell stets bereite Frauen gezeigt. Kurz vorm Morgengrauen gibt es dann noch weibliche Fleischbeschau in den „Sexy Clips". Über viele Programmbereiche ziehen sich Gewinnspiele, wo den Menschen mittels Mehrwerttelefonnummern das Geld aus der Tasche gezogen wird – eine Praxis, die dem ÖGB auch mit seinen Beteiligungen an des Österreichischen Lotterien und den Casinos Austria nicht fremd ist.
Was ist der Ausweg aus der ATV+-Misere? Von allein wird der ÖGB nicht damit aufhören, auf ATV+ Gewerkschaftsgelder für die Propaganda im Sinne der Herrschenden auf ATV+ zu veruntreuen. Um eine Programmgestaltung im Sinne der arbeitenden Menschen zu erwirken, bedarf es einer breiten Kampagne. Die arbeiterInnenfeindliche Politik des ÖGB muss ein Ende finden! Es ist äußerst fraglich, ob eine Gewerkschaftsführung unter Fritz Verzetnitsch dazu willig und fähig ist. Die jüngste Beteiligung an der im nordafrikanischen Libyen eingeleiteten Privatisierungswelle durch die Gewerkschaftsbank BAWAG lässt in dieser Hinsicht wenig Hoffnung übrig.
Peter Leitner, Quelle: www.arbeiterinnenstandpunkt.net