Wer verdient Existenzsicherheit?
- Montag, 13. Februar 2006 @ 13:38
Ein Diskussionsbeitrag von Melina Klaus
Die erlebte Prekarisierung, der erlebte Gang aufs Sozialamt, die erlebte Arbeitssuche, die erlebte Suche nach Betreuungs- oder Pflegeeinrichtungen, die gelebte Planungsunsicherheit in befristeter Beschäftigung, ... gerade Frauenalltag macht deutlich wie drängend und dringend die Frage nach sozialer- und Existenzsicherheit gestellt werden muss! Also wie jetzt? Wie jetzt auf Prekarisierung, Unsicherheiten, Nöte reagieren? Wie soziale Absicherung gewährleisten? Wer 'verdient' sich wie den Anspruch darauf? Die Bruttogehälter erwerbstätiger Frauen und Männer entwickeln sich stetig auseinander. 7o Prozent der Beschäftigten, die trotz Lohnarbeit über kein existenzsicherndes Einkommen verfügen sind Frauen. Die durchschnittliche Eigenpension von Frauen liegt bei 680 Euro. Atypische Beschäftigung ist Frauensache. 37 Prozent aller erwerbstätigen Frauen, z.B., arbeiten Teilzeit.
Ein halbwegs sinnvoller, ordentlich bezahlter und einigermaßen sicherer Job gilt hierzulande als Schlüssel zur Teilhabe am gesellschaftlichen Reichtum, am gesellschaftlichen Leben. Von derartigen Arbeitsplätzen - oder überhaupt irgendwelchen - können derzeit allzu viele nur träumen. Freilich waren solche „Normalarbeitsverhältnisse“ auch früher schon vielen vorenthalten. Für die Mehrheit der Frauen und MigrantInnen war Prekarität immer der Normalzustand, die Teilhabe immer brüchig.
Doch „Arbeit“ lässt uns teilhaben und auch wieder nicht! Kapitalistisches Wirtschaften macht nämlich gleichzeitig vor allem eines: Es koppelt uns ab von der bewussten Verfügung über unsere Lebensbedingungen, über gesellschaftliche Prozesse.
Teilzeit, Teilentgelt, Teilsicherheit, „Halbtagskultur“ auf der einen, Überstunden ohne Ende, meist pauschal abgegolten, auf der anderen Seite. Und jeweils gilt: Die Wenigsten haben die Wahl. Machen wir doch also diesen Umstand zur Abwechslung mal zum Hauptproblem!
Nicht unbedingt an Flexibilisierung oder Reduzierung von Arbeitszeit(en) leiden wir, sondern an den herrschenden Rahmenbedingungen. Diese zu verändern, hat das bedingungslose Grundeinkommen bestechendes Potenzial. Die Diskussion darüber muss eröffnet werden.
Grundeinkommen soll nicht lediglich ein Mittel sein, Armut zu verhindern. Kann/Soll nicht als Bezahlung bisher unbezahlter Arbeit dienen, kann nicht Hierarchien in der Bewertung von Leistung überwinden. Darf nicht arbeitsmarktpolitische Maßnahmen oder die Forderung nach allgemeiner Arbeitszeitverkürzung ersetzen, nicht Gewerkschafts- oder Tarifpolitik.
Doch ein bedingungsloses Grundeinkommen könnte vor allem dreierlei: Umverteilen, mittels veränderter Steuerpolitik. Umwälzen, das System der repressiven Sozialleistungen, des Arbeitszwanges etc. Erweitern, die Möglichkeiten zu Entscheidung und Wahlfreiheit.
Sind doch die Lebenswirklichkeiten von Frauen unter anderem davon gekennzeichnet, dass sie mit Einschränkungen und Erwartungen konfrontiert sind. Vereinbarkeitsgebot, Doppelbelastung, vergeschlechtliche Tätigkeitsfelder und Tarifpolitik, Abbau gesellschaftlicher Verantwortung, öffentlicher Möglichkeiten für Kinder-, Alten- und Pflegebetreuung – dies alles auch unter dem Vorzeichen der Prekarisierung und Flexibilisierung – markieren die strukturellen und kulturellen Rahmenbedingungen des Frauenalltags. Halbtagskindergärten, Halbtagsschulen, Pflegenotstand, Teilzeitarbeitsmarkt, Teilentgelt, Ehe- und Familienbezogenes Wohlfahrtssystem lassen keine Wahl.
Grundeinkommen könnte Existenzsicherheit und Entscheidungsmöglichkeiten bieten, im Zusammenhang mit der je eigenen Lebensplanung, losgelöst von der je eigenen Stellung am Erwerbsarbeitsmarkt. Es birgt die Chance, Rahmenbedingungen, Wahlmöglichkeiten und Wünsche zu verändern.
Da war doch noch was! Leben sieht unsere Meinung nach anders aus – ein selbstbestimmtes Leben allemal. Wie würde ein Grundeinkommen Ihr Leben verändern?
Melina Klaus absolvierte ein Studium der Pädagogik und Germanistik im zweiten Bildungsweg und arbeitet zur Zeit als Sozialpädagogin in Wien
Die erlebte Prekarisierung, der erlebte Gang aufs Sozialamt, die erlebte Arbeitssuche, die erlebte Suche nach Betreuungs- oder Pflegeeinrichtungen, die gelebte Planungsunsicherheit in befristeter Beschäftigung, ... gerade Frauenalltag macht deutlich wie drängend und dringend die Frage nach sozialer- und Existenzsicherheit gestellt werden muss! Also wie jetzt? Wie jetzt auf Prekarisierung, Unsicherheiten, Nöte reagieren? Wie soziale Absicherung gewährleisten? Wer 'verdient' sich wie den Anspruch darauf? Die Bruttogehälter erwerbstätiger Frauen und Männer entwickeln sich stetig auseinander. 7o Prozent der Beschäftigten, die trotz Lohnarbeit über kein existenzsicherndes Einkommen verfügen sind Frauen. Die durchschnittliche Eigenpension von Frauen liegt bei 680 Euro. Atypische Beschäftigung ist Frauensache. 37 Prozent aller erwerbstätigen Frauen, z.B., arbeiten Teilzeit.
Ein halbwegs sinnvoller, ordentlich bezahlter und einigermaßen sicherer Job gilt hierzulande als Schlüssel zur Teilhabe am gesellschaftlichen Reichtum, am gesellschaftlichen Leben. Von derartigen Arbeitsplätzen - oder überhaupt irgendwelchen - können derzeit allzu viele nur träumen. Freilich waren solche „Normalarbeitsverhältnisse“ auch früher schon vielen vorenthalten. Für die Mehrheit der Frauen und MigrantInnen war Prekarität immer der Normalzustand, die Teilhabe immer brüchig.
Doch „Arbeit“ lässt uns teilhaben und auch wieder nicht! Kapitalistisches Wirtschaften macht nämlich gleichzeitig vor allem eines: Es koppelt uns ab von der bewussten Verfügung über unsere Lebensbedingungen, über gesellschaftliche Prozesse.
Teilzeit, Teilentgelt, Teilsicherheit, „Halbtagskultur“ auf der einen, Überstunden ohne Ende, meist pauschal abgegolten, auf der anderen Seite. Und jeweils gilt: Die Wenigsten haben die Wahl. Machen wir doch also diesen Umstand zur Abwechslung mal zum Hauptproblem!
Nicht unbedingt an Flexibilisierung oder Reduzierung von Arbeitszeit(en) leiden wir, sondern an den herrschenden Rahmenbedingungen. Diese zu verändern, hat das bedingungslose Grundeinkommen bestechendes Potenzial. Die Diskussion darüber muss eröffnet werden.
Grundeinkommen soll nicht lediglich ein Mittel sein, Armut zu verhindern. Kann/Soll nicht als Bezahlung bisher unbezahlter Arbeit dienen, kann nicht Hierarchien in der Bewertung von Leistung überwinden. Darf nicht arbeitsmarktpolitische Maßnahmen oder die Forderung nach allgemeiner Arbeitszeitverkürzung ersetzen, nicht Gewerkschafts- oder Tarifpolitik.
Doch ein bedingungsloses Grundeinkommen könnte vor allem dreierlei: Umverteilen, mittels veränderter Steuerpolitik. Umwälzen, das System der repressiven Sozialleistungen, des Arbeitszwanges etc. Erweitern, die Möglichkeiten zu Entscheidung und Wahlfreiheit.
Sind doch die Lebenswirklichkeiten von Frauen unter anderem davon gekennzeichnet, dass sie mit Einschränkungen und Erwartungen konfrontiert sind. Vereinbarkeitsgebot, Doppelbelastung, vergeschlechtliche Tätigkeitsfelder und Tarifpolitik, Abbau gesellschaftlicher Verantwortung, öffentlicher Möglichkeiten für Kinder-, Alten- und Pflegebetreuung – dies alles auch unter dem Vorzeichen der Prekarisierung und Flexibilisierung – markieren die strukturellen und kulturellen Rahmenbedingungen des Frauenalltags. Halbtagskindergärten, Halbtagsschulen, Pflegenotstand, Teilzeitarbeitsmarkt, Teilentgelt, Ehe- und Familienbezogenes Wohlfahrtssystem lassen keine Wahl.
Grundeinkommen könnte Existenzsicherheit und Entscheidungsmöglichkeiten bieten, im Zusammenhang mit der je eigenen Lebensplanung, losgelöst von der je eigenen Stellung am Erwerbsarbeitsmarkt. Es birgt die Chance, Rahmenbedingungen, Wahlmöglichkeiten und Wünsche zu verändern.
Da war doch noch was! Leben sieht unsere Meinung nach anders aus – ein selbstbestimmtes Leben allemal. Wie würde ein Grundeinkommen Ihr Leben verändern?
Melina Klaus absolvierte ein Studium der Pädagogik und Germanistik im zweiten Bildungsweg und arbeitet zur Zeit als Sozialpädagogin in Wien