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Heißes Eisen Spitalskostenbeitrag

  • Montag, 7. November 2005 @ 10:04
Wien
Präsident Tumpel sprach bei der 143. Vollversammlung der Wiener Arbeiterkammer am 7. November 2005 zur Beschäftigungslage, zur Steuerreform 2005 und zum Arbeitsmarkt. Er betonte zwar bei allen drei Punkten die schlimme Lage für die Beschäftigten und machte dafür die Bundesregierung verantwortlich. Die Forderung nach einer Wertschöpfungsabgabe und einer Umverteilung von oben nach unten war für ihn aber kein Thema. GLB-Kammerrätin Beatrix Todter nannte in ihrem Redebeitrag die wahren Schuldigen an der ÖBB-Misere: Manager, die für Millionen-Gagen kommen und mit Millionen-Abfertigungen wieder gehen. Ein Minister samt Staatssekretär, welche die ÖBB in neun Gesellschaften zerschlagen haben, was Milliarden an Steuergelder gekostet hat. Die Schuldigen werden nicht zur Verantwortung gezogen, die Beschäftigten bleiben auf der Strecke.

Der GLB brachte einen Antrag gegen die Erhöhung des Spitalskostenbeitrages in Wien ein. Dazu brachte Beatrix Todter ein anschauliches Beispiel: Mussten für eine Blinddarm-Operation mit fünftägigem Spitalsaufenthalt noch vor einigen Jahren 19 Euro hingeblättert werden, so beträgt die „Krankenstrafsteuer“ nach der Erhöhung bereits 50 Euro.

Mit diesem Antrag hatte die FSG wenig Freude – kein Wunder, ist die SP-dominierte Stadt Wien doch für die Erhöhung, während die SP in Oberösterreich dagegen Sturm läuft. Also wurde der Antrag nicht angenommen, sondern zugewiesen. Für die sofortige Annahme stimmte pikanterweise unter anderem die FCG.

Die GLB-Anträge im Wortlaut:

Antrag „Dienstverträge“

Die 143. Vollversammlung der AK Wien fordert, dass in Dienstverträgen die Anzahl der zu leistenden Überstunden, die im Gehalt inkludiert sind, angeführt werden muss.

Begründung: Es müssen oft so viele Überstunden geleistet werden, dass das Gehalt unter den Kollektivertrag sinkt. Viele Dienstverträge sind gesetzwidrig, weil sie Schlechterstellungen gegenüber den jeweiligen Kollektivverträgen beinhalten.

Antrag „e-card“

Die 143. Vollversammlung der AK Wien fordert, dass die e-card für die Versicherten kostenlos ist.

Begründung: Der Verwaltungsaufwand für die Krankenscheine fällt weg.

Antrag „Kombilohn“

Die 143. Vollversammlung der AK Wien spricht sich gegen den „Kombilohn“ aus.

Begründung: Die betroffenen DienstnehmerInnen setzen ihre volle Arbeitskraft in den Unternehmen ein und trotzdem will die Wirtschaft einen Teil der Lohnkosten von der öffentlichen Hand erhalten. Außerdem ist die Zahlung des AMS befristet und somit unklar, was mit den DienstnehmerInnen nach Ablauf der Frist geschieht.

Antrag „Weg mit den Selbstbehalten“

Die 143. Vollversammlung der AK Wien fordert, unser Gesundheitssystem mit Pflichtversicherung und selbstverwaltenden Sozialversicherungen, bei dem alle in Österreich lebenden Menschen auf unkompliziertem Weg, ohne Selbstbehalte zur optimalen, zeitgemäßen, medizinischen Betreuung kommen, aufrecht zu erhalten. Dabei soll der Mensch und nicht der Profit - und das natürlich ohne Privatisierung - im Mittelpunkt stehen. Um ein Gesundheitswesen ohne Selbstbehalte finanzieren zu können, muss es eine Verbreiterung der Beitragsgrundlage auf Wertschöpfungsbasis geben.

Begründung: Die Gesundheitsversorgung ist immer mehr von der Kostendiskussion geprägt. Nur, in Österreich liegt der Anteil der Gesundheitsausgaben der öffentlichen Hand am Bruttoinlandsprodukt (BIP) nur knapp über 5 Prozent und ist laut OECD in den letzten 20 Jahren sogar leicht gesunken. Die angebliche Kostenexplosion dient also nur als Argument um den neoliberalen Ziel „weniger Staat, mehr privat“ rasch näher zu kommen.

Mit den ständig neuen Selbstbehalten – die auch ständig steigen - wird unser System des solidarisch finanzierten Gesundheitswesens unterwandert und zu Ungunsten der arbeitenden Bevölkerung verschoben. Gibt es einmal einen Selbstbehalt, dann wird dieser ohne große Probleme innerhalb kurzer Zeit zu erhöhen. Beispiel Spitalsaufenthaltsgeld: Vor einigen Jahren mit 50 Schilling pro Tag eingeführt, liegt es jetzt bei 10 Euro täglich. Immerhin fast das Dreifache des ursprünglichen Selbstbehaltes ."

Wird jetzt nicht gegengelenkt, wird vielen Menschen - aufgrund ihrer finanziellen Situation - der Zugang zur optimalen Gesundheitsversorgung erschwert bis unmöglich gemacht.

Antrag „Erhaltung der Post im öffentlichen Eigentum“

Die 143. Vollversammlung der AK Wien fordert die Erhaltung der Post im öffentlichen Eigentum, denn mit einer neuerlichen Reform des Postgesetzes soll jetzt „grünes Licht“ für die endgültige Zerschlagung und Privatisierung gegeben werden.

Begründung: Die Post ist eine elementare Einrichtung einer funktionierenden Infrastruktur und darf daher nicht privatisiert werden, egal ob durch einen Verkauf oder einen Börsengang. Die Post muss im öffentlichen Eigentum erhalten bleiben. Ein verfassungsmäßiger Schutz des öffentlichen Eigentums ist notwendig.

2006 soll die im staatlichen Besitz befindliche Österreichische Post AG durch einen Börsengang zumindest teilprivatisiert werden, womit auch die Gefahr einer „feindlichen Übernahme“ droht. Der Weg dahin begann schon 1996 mit der Ausgliederung der Post aus dem Bundesbudget unter Berufung auf die EU-Richtlinie zur Liberalisierung der Postdienstleistungen und den Auflagen für eine nachhaltige Budgetsanierung.

Es wurden tausende Arbeitsplätze vernichtet und hunderte Postämter zugesperrt. Damit ist der Versorgungsauftrag der Post grundlegend gefährdet, weil für private EigentümerInnen ein möglichst großer Profit stets Vorrang vor Anliegen der Allgemeinheit hat.

Antrag „Stopp der Privatisierung der ÖBB-Reinigung „

Die 143. Vollversammlung der AK Wien fordert, dass die derzeit durchgeführte Privatisierung des ÖBB-Reinigungsdienstes sofort gestoppt wird.

Begründung: Durch diese Privatisierungsmaßnahmen befindet sich nicht nur das Personal – größtenteils betrifft dies Frauen – unter massivem Kündigungs- bzw. Pensionierungsdruck, sondern es ist auch zu befürchten, dass durch einschneidenden Personalabbau, die Qualität der Reinigung entscheidend leiden wird.

Antrag „ÖBB - Ende der Pensionierungen nach zeitlichem Ruhestand“

Die 143. Vollversammlung der AK Wien fordert, dass das Unternehmen ÖBB aufhört, ihre älteren MitarbeiterInnen in den vorzeitigen Ruhestand abzuschieben.

Begründung: Bei der ÖBB Holding ist es zum Brauch geworden, ältere ArbeitnehmerInnen – meist über 50 – die aus Kostengründen nicht mehr gebraucht werden, irgendwie loszuwerden. Hier greift man auf alle nur möglichen Instrumentarien zurück. Mittels zeitlichem Ruhestand wegen Krankheit oder weil der Betrieb die MitarbeiterInnen nicht mehr braucht, verabschiedet man sich von „lästigen Kostenfaktoren“. Dies darf nicht als Betriebsphilosophie eines im öffentlichen Eigentum stehenden Unternehmens hingenommen werden.

Antrag „ÖBB - Höchststand bei Sicherheit statt Mindeststandard“

Die 143. Vollversammlung der AK Wien fordert, dass die ÖBB-Holding sich aus Kostengründen nicht an europäischen Mindeststandards orientiert, sondern die höchste Sicherheit für Personal und Kunden wie bisher aufrechterhält.

Begründung: Durch die von der Regierung durchgeführten Reformen bei den ehemaligen ÖBB, sind diese in Einzelbereiche zerschlagen worden, welcher jeder für sich zu Kostenoptimierungen gezwungen wird. Dadurch ist in verschiedenen Bereichen mit Einsparungen auf Kosten der Sicherheit zu rechnen. Unter anderem betrifft dies:

Anwesenheit von genügend geschultem Personal auf Bahnhöfen

Überwachung und Kontrolle in den Zügen mit genügend geschultem Personal

Betreten der Bahn- und Gleisanlagen nur für ausreichend unterwiesenes Personal (Gefahr für privaten Reinigungsdienst)

Einheitliche Sicherheitsnormen durch gemeinsame internationale Schulungsmaßnahmen (siehe Unfall Wampersdorf) usw..

Antrag „Generelle Sozialversicherungspflicht“

Die Vollversammlung der Wiener Arbeiterkammer fordert die generelle Sozialversicherungspflicht für alle Einkommen.

Begründung: Die Zahl geringfügiger Beschäftigungen, freier Dienstverträge und anderer prekärer Arbeitsverhältnisse wächst ständig an. Gleichzeitig geht die Zahl der Vollerwerbsarbeitsverhältnisse zurück. Da prekäre Dienstverhältnisse nur einen bedingten (z.B. Geringfügige nur Unfallversicherung) oder gar keinen Versicherungsschutz beinhalten, wird durch diese Entwicklung der Sozialversicherungsschutz für viele Beschäftigte ausgehöhlt bzw. sind diese gezwungen, private Eigenvorsorge zu betreiben. Gleichzeitig wird aber auch durch geringere bzw. sinkende Beitragsleistung die Basis zur Finanzierung der mit der Versicherung verbundenen Leistungen systematisch ausgehöhlt. Um dieser für das Sozialsystem besorgniserregenden Entwicklung gegenzusteuern, ist es notwendig, dass alle Beschäftigungsverhältnisse einen vollen Versicherungsschutz für Unfall, Krankheit, Arbeitslosigkeit und Pensionsvorsorge umfassen.