Plattform des GLB-Oberösterreich für die Arbeiterkammerwahl 2004
- Samstag, 14. Februar 2004 @ 08:24
Mach Deine Kritik spürbar: GLB!
Neoliberale Politik weiter verschärft
Seit der letzten Arbeiterkammerwahl im Frühjahr 2000 hat sich der neoliberale Charakter der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Entwicklung Österreichs weiter verschärft. Dies hängt aber nicht nur mit der Ablösung der zur „Sanierung” Österreichs 1986 angetretene rotschwarzen Koalition durch die schwarzblaue Regierung zusammen, sondern entspricht der internationalen Entwicklung. Die rotgrüne Regierung in Deutschland agiert in ähnlich brutaler Weise gegen die Lohnabhängigen wie die schwarzblaue in Österreich. Alle vier Parlamentsparteien haben die neoliberale Politik zunehmend verinnerlicht, sie unterscheiden sich nur graduell voneinander. Ihre Politik ist zunehmend austauschbar geworden, wie die wechselweisen Koalitionsvarianten und ihre Unterordnung unter die EU-Vorgaben deutlich beweisen. Gemeinsam haben sie wesentliche Grundlagen der 2. Republik – etwa Verstaatlichte, Neutralität, Sozialstaat etc. – mittlerweile weitgehend demontiert.
Internationalismus gegen globalen Kapitalismus
Seit dem Wegfall der Systemkonkurrenz durch den Zusammenbruch des Realsozialismus im Zeitraum 1989-1991 hat sich die schon in den 80er Jahren begonnene Offensive des Kapitals gegen die Lohnabhängigen und die Errungenschaften der ArbeiterInnenbewegung so drastisch verstärkt, dass heute sogar antikommunistische GewerkschafterInnen von einem „Turbokapitalismus” sprechen und die Gefahren der neoliberalen Globalisierung beschwören.
Während sich das Kapital – insbesondere auf EU-Ebene – zunehmend internationalisiert und immer stärker global operiert um seine Profite zu maximieren, sind die Gewerkschaften als Gegenpol nicht einmal ansatzweise in der Lage dem ein entschlossenes und koordiniertes Vorgehen auf internationaler Ebene entgegenzusetzen.
Auch in Österreich sehen sich AK und ÖGB als Institutionen der Arbeiterbewegung unter dem Druck der Standortideologie viel zu sehr ”ihrem” nationalen Kapital verpflichtet als international zu agieren. Die resignierenden Feststellungen, wonach das Kapital international agiert, wird vor allem zum Vorwand genommen, um nicht im eigenen Land eine Auseinandersetzung mit dem „eigenen” Kapital führen zu müssen.
Eigenständige Wirtschafts- und Sozialpolitik preisgegeben
In der Kreisky-Ära der 70er Jahre konnte noch gestützt auf einen starken verstaatlichten und gemeinwirtschaftlichen Sektor Österreich eine relativ eigenständige und aktive Wirtschafts- und Sozialpolitik gestalten. Mit der gezielten Zerschlagung der Verstaatlichten ab 1986 als Vorleistung für den EU-Beitritt wurde dieser Spielraum gezielt eliminiert. Gleichzeitig wurde das soziale Netz zum Abschuss freigegeben, die Positionen von Gewerkschaft und Betriebsräten maßgeblich geschwächt.
Seither hat sich die Konzentration des Kapitals rapid verstärkt, wie immer neue und größere Fusionen weltweit ebenso wie der Ausverkauf entscheidender Teile der österreichischen Wirtschaft an das Auslandskapital deutlich machen. Forderungen nach Erhalt „heimischer Kernaktionäre” und Mitarbeiterbeteiligungen sind angesichts dieser Entwicklung daher nur ein Ablenkungsmanöver von der Mitverantwortung an dieser Entwicklung.
Auch in Oberösterreich wurden Verstaatlichte und Gemeinwirtschaft entscheidend geschrumpft: Durch vielfache Neugliederungen von Voest, Chemie und AMAG, durch das Zusperren von WTK und SAKOG, durch die Börsengänge und in der Folge Abverkauf von voestalpine, VA-Tech und Austria Tabak, durch den Verkauf von BAWAG, ÖSWAG, Steyr-Werken, AMAG und Salinen, durch die Ausgliederung von Bahn und Post aus dem Budget als Vorbereitung zur Privatisierung lukrativer Teilbereiche, durch den Konkurs des Konsum, durch den Teilverkauf der Energie AG und des E-Werkes Wels, durch den Verkauf der Bundeswohnungen.
Grundversorgung im Visier des Profits
Bedingt durch die sich verschlechternden Verwertungsbedingungen drängt zunehmend überschüssiges Kapital in jene Bereiche, die seit Jahrzehnten im öffentlichen Eigentum stehen. Die Liberalisierungsvorgaben der EU dienen ebenso wie die Liberalisierung der Dienstleistungen durch das GATS der Welthandelsorganisation WTO dazu, den großen Sektor der Grundversorgung für private Profitinteressen aufzubrechen.
Obwohl Erfahrungen im Ausland – Stromkrisen in den USA, Desaster der Bahn in Großbritannien usw. – mittlerweile die angeblichen Vorzüge der Liberalisierung krass widerlegt haben, setzen Bund, Land und Gemeinden sowie Wirtschaft eisern auf weiterer Liberalisierung und Privatisierung.
Die Teilprivatisierung der Telekom, die Vorbereitung der Post für den Verkauf verbunden mit Schließung hunderter Postämter und massivem Personalabbau, Aufsplitterung der ÖBB als Holding mit rechtswidrigen Eingriffen in das Dienstrecht, Ausgliederung von Spitälern durch Land (Gespag) und Stadt Linz (AKH) als Vorstufe für private Beteiligungen, zunehmender Einstieg des Auslandskapitals in die E-Wirtschaft sind klare Indizien für diesen verfehlten Weg.
Mit dem neuen Bundesvergabegesetz wird die öffentliche Ausschreibung, ab 200.000 € sogar EU-weit, von Dienstleistungen verpflichtend, wobei der Billigstbieter automatisch als Bestbieter angeommen und ein Zuschlag maximal dreimal hintereinander möglich ist. Untermauert wird diese Tendenz auch durch das – von Politik, Medien und auch ÖGB faktisch ignorierte - „Grünbuch“ der EU, das die Ausschreibung aller Dienstleistungen vorsieht sobald ein Markt als vorhanden angesehen wird. Die Folge dieser Praxis ist ein Dumping zu Werkverträgen und das Unterlaufen von Kollektivverträgen und sonstigen Regelungen und die Zerschlagung des öffentlichen Dienstes.
Österreich im „Europa der Konzerne”
Seit Anfang 1995 ist Österreich Mitglied der Europäische Union (EU). Mit dem Zuckerbrot verlogener Versprechungen („Ederer-Tausender“) und der Peitsche sozialer Drohungen (Pensionsverlust) haben ÖGB und AK maßgeblich dazu beigetragen, dass bei der Volksabstimmung im Juni 1994 über 66 Prozent für den Beitritt gestimmt haben.
Bald zeigte sich allerdings, dass die großartigen Versprechungen der EU-phorikerInnen nur Schall und Rauch, während die Warnungen des GLB vor den Auswirkungen eines Beitritts berechtigt waren. Gleiches gilt auch für die Einführung des Euro, die ohne Volksabstimmung erfolgte, die sich die EU-Protagonisten auch bei der EU-Verfassung „ersparen“ möchten.
Mit einer zu – angeblich notwendigen – „Sparpaketen” und „Pensionsreform” umgelogenen beinharten Budgetsanierung unter dem Druck der Maastricht-Auflagen wurde schon von der rotschwarzen Regierung die Einführung des Euro als Einheitswährung des „Europas der Konzerne” durchgepeitscht. Hauptbetroffen davon waren und sind vor allem Lohnabhängige und sozial schwächer gestellte Personen. Verschärft wird dies durch zunehmendes Steuer- und Lohndumping sowie einem massiven Preisschub als Folge der Einführung des Euro.
Der Formierung zu einer Supermacht Europa in immer direkterer Konkurrenz zur imperialistischen Vormacht USA dient der Beitritt von zehn weiteren Ländern zur EU im Rahmen der Osterweiterung. Ebenso sind der Aufbau einer EU-Armee – als Baustein dafür werden in Österreich sündteure Abfangjäger angekauft und das Bundesheer aufgerüstet – und die vom Konvent erarbeitete EU-Verfassung, mit welcher die Neutralität Österreichs endgültig beseitigt werden soll, Teil dieser Entwicklung.
Nicht erst mit der EU-Osterweiterung, sondern bereits seit der Grenzöffnung zum Osten 1989/91 findet ein massives Lohn- und Sozialdumping statt, weil die Unternehmer mit Verweis auf die niedrigen Lohnkosten in Osteuropa Produktionen dorthin verlagern und billige Arbeitskräfte nach Österreich holen. Dabei haben kriminelle Praktiken durch Schwarzbeschäftigung massiv zugenommen und werden großteils von den Behörden toleriert oder bagatellisiert. Der Tatbestand des Sozialbetruges ist in Österreich nach wie vor unbekannt, windige Unternehmer – speziell im Speditionsgewerbe – machen sich dies zunutze.
Wer gewinnt, wer verliert?
Der reale Kapitalismus hat seit 1989/91 die jahrzehntelang gerade von Spitzengewerkschafterinnen verbreiteten Illusionen über „soziale Marktwirtschaft” entzaubert und die schon von Marx und Engels im 19. Jahrhundert erkannten Grundgegensätze zwischen Lohnarbeit und Kapital sichtbarer gemacht als manchen lieb ist.
Gewinner der stramm neoliberal auch von sozialdemokratischen Regierungen und Kanzlern betriebenen „freien Marktwirtschaft” sind Konzerne und Banken. Davon zeugen explodierende Gewinne – die dann steuerschonend angelegt werden – ebenso wie die Börsenkurse von Aktien bis hin zur Umverteilung von Steuergeldern als Zinsen an das Finanzkapital auf dem Wege der Staatsverschuldung.
Flexibilisierung, Deregulierung und Privatisierung haben nicht das versprochene „dynamische Wirtschaftswachstum” mit neuen Arbeitsplätzen gebracht, sondern die Fortdauer bzw. ein weiteres Ansteigen der Massenarbeitslosigkeit. Durch die Zerschlagung der verstaatlichten Industrie wurden nicht nur zigtausende gutbezahlter Arbeitsplätze vernichtet, damit wurde auch ein finanzieller und sozialpolitischer Motor für die private Industrie liquidiert.
Die Armut ist weiblich
Der Profitexplosion stehen massenhaft VerliererInnen gegenüber. Vor allem sind davon Frauen betroffen, die im völligen Gegensatz zu medial verbrämten Worten von Gleichberechtigung und Chancengleichheit in so gut wie allen Bereichen durch die Finger schauen, während das von 645.000 Menschen unterzeichnete Frauenvolksbegehren ignoriert wird.
Das Einkommen von Frauen ist nach wie vor um ein gutes Drittel niedriger ist als jenes der Männer. Frauen sind am meisten von der Flexibilisierung der Arbeitszeit betroffen, wie dies vor allem im Handel deutlich wird, wo jetzt eine weitere Ausdehnung an Samstagen erfolgt und weiterhin von den Handelskonzernen die Sonntagsarbeit gefordert wird.
Nach Angaben des Hauptverbandes der Sozialversicherungen ist die Zahl geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse in den letzten Jahren rasant gestiegen. Der überwiegende Teil davon entfällt auf Frauen. Ebenso ungleich wie im Vollerwerb verteilt sich das Einkommen – die geringfügige Beschäftigung ist weitgehend Sache der Frauen. Massive Auswirkung hat die Benachteiligung auch beim Bezug von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe.
Vor allem bei der Entwicklung der Arbeitszeitregelungen – Ausdehnung des Ladenschlusses, Einführung der Nachtarbeit, Diskussion über Sonntags- und Wochenendarbeit – sind Frauen die Hauptbetroffenen. Dabei zeigt sich auch der Zynismus des Kapitals, sind doch ausgerechnet jene Politikerinnen die in Sonntagsreden die heile Familie predigen die Vorreiter der Sonntagsarbeit und damit der Zerstörung eines gemeinsamen Wochenendes. Das von der schwarzblauen Regierung hochgejubelte Kindergeld dient de facto dazu, Frauen von Vollerwerbsarbeitsplätzen in prekäre Arbeitsverhältnisse oder überhaupt aus dem Erwerbsleben zu verdrängen.
MigrantInnen als Sündenböcke?
MigrantInnen sind ein besonderes Opfer des „Turbokapitalismus”: Sie erhalten meist schlechtbezahlte Arbeiten, sie zahlen mehr in den sozialen Topf ein als sie daraus erhalten, ihnen wird das Wahlrecht vorenthalten, wenn sie nicht aus EU-Ländern kommen, sie müssen die höchsten Mieten in Substandardwohnungen zahlen.
Als Draufgabe werden unter dem Druck rassistischer Stammtischideologen die MigrantInnen und Flüchtlinge betreffenden Gesetze EU-konform ständig verschärft. Auch Österreich schottet entsprechend dem „Schengener Abkommen“ der EU die Außengrenzen für Flüchtlinge ab. Damit werden MigrantInnen zu Sündenböcken der Brutalität des Kapitalismus gestempelt, um von den wirklichen Ursachen abzulenken.
Arbeitslosigkeit als Schicksal?
Offiziell weist Österreich mit bis zu 300.000 Arbeitslosen und einer Rate von 4.8 Prozent im EU-Vergleich eine vergleichsweise niedrige Arbeitslosenrate auf. Inoffiziell sind jedoch weit mehr Menschen arbeitslos, im Laufe eines Jahres sind es über 700.000 Menschen. Mit Stiftungen, Umschulungskursen und anderen Maßnahmen - die im Zeichen von Sparmaßnahmen durch Mittelkürzung existentiell bedroht sind - wird ebenso wie mit der Streichung von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe die Arbeitslosigkeit aus politischen Erwägungen gedrückt. Mit der geplanten Abschaffung der Notstandshilfe und Umwandlung in eine „Sozialhilfe Neu“ wird der Druck weiter erhöht.
Unter dem Druck der Stammtische und der „Kronenzeitung“, aber auch von breiten Teilen der Politik, wird Stimmung gegen ”SozialschmarotzerInnen” gemacht um soziale Verschlechterungen zu rechtfertigen. Der Druck auf Arbeitslose durch Kürzung oder Streichung der durch ihre eigenen Beiträge bezahlten Leistungen, durch Androhung von Zwangsarbeit bis hin zur Vermittlung moralisch inakzeptabler dubioser Tätigkeiten und der Gründerphilosophie des AMS wächst.
Jugend ohne Perspektive…
Aber auch Jugendliche stehen durch das Fehlen von Lehrstellen und damit der Verweigerung einer zukunftssicheren Berufsausbildung durch das Kapital vor einer sehr unsicheren Zukunft. Immer deutlicher zeigt sich hier die negativen Auswirkungen durch die Schrumpfung bzw. der Verlust verstaatlichter Lehrwerkstätten in Voest, Chemie, AMAG oder ÖBB.
Trotz Jubelmeldungen von Bundes- und Landesregierung sind 2003 in Oberösterreich 9.000 Jugendliche bis 25 Jahre ohne Job, davon rund 2.000 Schulabgänger ohne Ausbildungsplatz. Auch das ist ein deutlicher Anstieg und damit ebenso wie die Arbeitslosigkeit von LehrerInnen eine Bestätigung der GLB-Kritik an verfehlten bzw. nicht vorhandenen Ausbildungsplänen. Aber auch die Arbeitslosigkeit von ArbeiterInnen und Angestellte ab 50 Jahren und von AkademikerInnen wird immer mehr zum Problem.
Apropos Lebensqualität...
Immer mobiler, schneller, billiger – das ist das Motto des neoliberalen Kapitalismus um aus der Arbeitskraft immer noch mehr Profit herauszupressen. Auf der Strecke bleiben dabei die in der Werbung verbreiteten Bilder von mehr Lebensqualität und Familienleben. Die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben wird durch die immer stärkere Flexibilisierung mit gravierenden Folgen für die Gesellschaft systematisch ausgehöhlt. Arbeitslose mit Betreuungspflichten für ihre Kinder gelten zunehmend als schwer vermittelbar, weil die Arbeitszeiten mit dem unzureichenden Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen nicht zusammenpassen. Besonders davon betroffen sind alleinerziehende Frauen.
Die Ausweitung der Nachtarbeit und Wochenendarbeit und der massive Angriff auf die Sonn- und Feiertagsruhe sind dabei nicht nur eine massive Infragestellung der Lebensqualität durch immer weniger zusammenhängende Freizeit, sondern soll in punkto Ladenöffnungszeiten gleichzeitig auch die Menschen zu rund um die Uhr verfügbaren KonsumentInnen zurechtrichten. Flexible Arbeitszeitmodelle die blockweise arbeitsfreie Tage bringen sind daher kein Ersatz für eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung, durch welche mehr Freizeit zugunsten von Kindern und Familie gewonnen wird.
Mehr Druck auf die Lohnabhängigen
Unter dem Stichwort der Flexibilisierung zielt das Kapital unverhohlen auf die Zertrümmerung einer geregelten Arbeitszeit um durch eine Beschränkung derselben auf die produktive Zeit noch mehr menschliche Arbeit aus den Lohnabhängigen herauspressen zu können. Im Gegenzug wird die seit Jahren in Bezug auf die enorm gestiegene Produktivität überfällige Arbeitszeitverkürzung gezielt abgeblockt. Während Frankreich durch den Druck breiter Kampfaktionen und kommunistischer Regierungsunterstützung die 35-Stundenwoche eingeführt hat, sind solche Maßnahmen in Österreich für die Regierung kein Thema und für den ÖGB nur Sonntagsreden.
Die Einkommensverluste durch „Sparpaket” und „Pensionsreform” wurden durch magere Lohnabschlüsse, Einmalzahlungen und teilweise sogar Null-Runden in den letzten Jahren ebenso verstärkt wie durch die Steuergesetzgebung, die bereits bei minimalen Einkommenszuwächsen den Sprung in die nächsthöhere Steuerkategorie zur Folge hat. Während Kapital und Vermögen in Österreich nicht zuletzt durch das von Ex-Finanzminister Lacina 1993 geschaffenen Privatstiftungsgesetz ein Steuerparadies sehen wie der Fall des deutschen Multimilliardärs Flick beweist, gilt für die Lohnabhängigen – ArbeiterInnen, Angestellte, PensionistInnen – das Gegenteil.
Auf eine Senkung der Lohnkosten zielt auch die Abflachung der Gehaltskurve, weil damit eine Reduzierung der Biennalsprünge erfolgt und die angebotenen Einstiegsgehälter keineswegs den Verlust des Lebenseinkommens wettmachen. Unter dem Druck der Unternehmer wird versucht auch bei neuen Kollektivverträgen – wie etwa im Gesundheits- und Sozialbereich – das Niveau nach unten zu drücken, indem 24-Stunden-Dienste ohne Zuschläge ermöglicht und damit ein Sektor mit bundesweit rund 100.000 Beschäftigten zu einer Billiglohnbranche umgewandelt wird, wovon im speziellen wieder Frauen betroffen sind.
Wohnen ist ein Menschenrecht
Die Regierung brüstet sich einer niedrigen Inflation als Ausfluss des EU-Beitritts, aber bei den Wohnkosten ist die Steigerung regelmäßig ein Vielfaches der Inflation, was wiederum besonders die einkommensschwachen Familien, die einen Großteil ihres Einkommens für das Wohnen ausgeben müssen trifft.
Die Mietrechtsgesetzgebung ist nicht nur selbst für Fachleute schon unüberschaubar geworden, sie hat vor allem dazu geführt, dass die Belastung durch die Mieten immer größer wird und die Gemeinden durch ihre Tarifpolitik bei Müll, Kanal und Wasser unter dem von oben verordneten Sanierungsdruck um EU-reif zu werden, die Betriebskosten enorm in die Höhe treiben. Der Verkauf der fünf Bundeswohnungsgesellschaften (BUWOG, WAG, EBS, ESG, WBG) mit 62.000 Wohnungen an private Investoren bedeutet den Ausstieg des Bundes aus der politischen Verantwortung und wird die Situation auf dem Wohnungssektor weiter verschärfen.
Pensionsraub als „Reform“ getarnt
Die monatelange intensive Auseinandersetzung um die „Pensionsreform“ der schwarzblauen Regierung hat gezeigt, mit welcher Brutalität neoliberale Politik auf Kosten der Menschen betrieben wird. Mit dem Vorwand der Unfinanzierbarkeit der Pensionen wurde den künftigen PensionistInnen massive Einkommensverluste aufgezwungen und dabei bewusst ein Generationskonflikt zwischen jung und alt angeheizt um von den vorhandenen Möglichkeiten der Pensionsfinanzierung durch Wertschöpfungsabgabe und steuerpolitische Umverteilung abzulenken.
Mehr als nur zwiespältig war dabei die Rolle des ÖGB. Unter dem massiven Druck der betroffenen Lohnabhängigen entstand eine große Protestbewegung die in die größten Streikaktionen seit Jahrzehnten mündete. An deren Höhepunkt wurde diese jedoch von der ÖGB-Spitze abgebrochen und ein Rückzug auf die parlamentarische Ebene vorgenommen. Das beim ÖGB-Kongress 2003 vorgelegte Pensionspapier „80-65-45“ ist jedoch de facto nur ein Abklatsch der Regierungspläne, weil für sehr viele Menschen, insbesondere Frauen, AkademikerInnen usw. durch Karenz, Arbeitslosigkeit, Studium etc. diese Versicherungsjahre nicht erreichbar sind.
Umverteilung ist zentrale Frage
Österreich gehört heute zu den reichsten Ländern der Welt. Trotzdem gibt es auch in unserem Land eine zunehmende Polarisierung: Laut „World Wealth Report 2003“ haben weltweit 7.3 Millionen Personen ein Vermögen von mehr als einer Million Dollar, sie besitzen damit zwischen 25 und 40 Prozent des Weltvermögens. In Österreich stieg die Zahl der Dollar-Millionäre auf über 60.000. Gleichzeitig ist die Lohnquote, also der Anteil der Lohnabhängigen am gesellschaftlichen Reichtum, trotz einer Zunahme der Zahl der Lohnabhängigen seit Jahren rückläufig.
Während eine kleine Minderheit immer reicher wird, steigt die Zahl der Armen bzw. Armutsgefährdeten rapide an. Laut Sozialbericht beträgt der Anteil der armutsgefährdeten und sich bereits unterhalb der Armutsgrenze befindlichen Personen zwischen 1 und 1.5 Mio. – das sind rund 20 Prozent der Bevölkerung.
Politik, Medien, Wirtschaft und „Experten“ erklären uns tagaus, tagein, wir könnten uns die – jahrzehntelang bei einer viel niedrigeren Wirtschaftsleistung finanzierbaren – Sozialleistungen nicht mehr leisten. Hinter dieser Behauptung soll nicht nur ein gigantischer Umverteilungsprozess zugunsten der Reichen verborgen werden, sondern auch der Zugriff des Kapitals auf die öffentlichen Dienste und Sozialleistungen mit dem Argument verstärkter Selbstbehalte und Eigenvorsorge.
Wir halten dem entgegen, dass soziale Sicherheit nach dem Solidarprinzip auch in Zukunft leistbar ist, wenn die Finanzierung von Pensionen, Gesundheitswesen etc. durch eine Wertschöpfungsabgabe und höhere Besteuerung von Kapital und Vermögen erfolgt.
ÖGB-Urabstimmung ernst nehmen
Obwohl die Kapitalseite – vor allem die Industriellenvereinigung – immer offener die zum Nationalheiligtum erklärte Sozialpartnerschaft de facto längst aufgekündigt hat, wie das rigorose Vorgehen des Kapitals und seiner Vollstrecker gegen die Lohnabhängigen beweist, beharren ÖGB- und AK-Führung weiterhin auf dieser Politik des Konsens, für welche die Achse Verzetnitsch-Leitl steht. Immer unverhüllter wird versucht die Kollektivvertragsfähigkeit der Gewerkschaften zugunsten betrieblicher Lohnverhandlungen auszuhebeln. Namhafte Unternehmen wie bauMax, Lutz, Kika usw. weigern sich explizit die Wahl von Betriebsräten zuzulassen.
Den lautstarken verbalen Kraftmeiereien der ÖGB-Führung gegen die Regierung – etwa bei den Protesten gegen den Pensionsraub oder der Vollprivatisierung der Voest – steht die faktische Kapitulation vor den Plänen von Regierung und Kapital gegenüber. Obwohl die ÖGB-Urabstimmung im Oktober 2001 ein eindeutiges Bekenntnis in wichtigen inhaltlichen Positionen sowie zu einem kämpferischen Kurs erbrachte, setzen ÖGB und AK weiter auf sozialpartnerschaftliche Unterordnung. Die breiteste Streikbewegung der 2. Republik und die Proteste gegen die Restprivatisierung der Voest im Jahre 2003 zeigen die Bereitschaft der Lohnabhängigen für ihre Interessen zu kämpfen. Hingegen werden diese vielfach – wie am Beispiel der AUA oder ÖBB deutlich wurde – von der ÖGB-Spitze im Stich gelassen.
Zum Schaden der Gewerkschaften werden diese von der SPÖ-Mehrheit parteipolitischen Überlegungen – vor allem einer möglichst baldigen Rückkehr der SPÖ in die Regierung – untergeordnet. Damit wird die Überparteilichkeit der Gewerkschaften vielfach der Parteiräson der SPÖ geopfert, die ganz offen erklärt keine Privatisierung rückgängig zu machen und faktisch entsprechend dem von der EU vorgegebenen Rahmen zunehmend neoliberale Politik macht, wie vor allem die Schröder-Regierung in Deutschland vorexerziert.
Für eine kämpferische Arbeiterkammer
Bei der Mitgliederumfrage wurde der Arbeiterkammer 1996 ihr Status als öffentlich-rechtliche Körperschaft bestätigt und damit der Vorstoß der Gegner dieser wichtigsten Vertretung der Lohnabhängigen abgeschmiert. Das Bekenntnis zur Pflichtmitgliedschaft in der Arbeiterkammer wird auch vom GLB voll und ganz unterstützt.
Die Arbeiterkammer hat enorme Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Gesetzgebung in Bund und Land und auch einen umfassenden Anspruch ihrer Politik auch in Bereiche wie Umwelt, Verkehr, Wohnen oder Konsumentenschutz einzubringen und zu gestalten. Wie diese genutzt werden können liegt freilich nicht zuletzt im Selbstbewusstsein einer nur den eigenen Mitgliedern und nicht der Regierung oder dem Kapital verpflichteten Institution. Das Vertrauen der Lohnabhängigen in AK und ÖGB wird nur insofern gerechtfertigt, als sie das Gefühl haben dass es sich um ”ihre” Institution handelt und nicht um einen Ableger von Regierung oder Kapital.
Mit der Reform des AK-Wahlrecht ist endlich die Aufhebung der völlig antiquierten drei Wahlkörper erfolgt und damit das Wahlrecht demokratisiert. Im Gefolge der Arbeiterkammerwahl 2000 musste nun auch MigrantInnen aus Nicht-EU-Ländern das passive Wahlrecht zuerkannt werden. Die Demokratie in der Arbeiterkammer kann allerdings nur beschränkt sein, wenn sich die Vollversammlung auf zwei Sitzungen im Jahr beschränkt und die Politik dieser Institution ansonsten unter Ausschluss der Öffentlichkeit vom Vorstand oder Präsidium gestaltet wird.
GLB - unabhängig von Kapital und Regierung!
In der gegebenen Situation bedarf es mehr denn je einer Kraft in Arbeiterkammer und Gewerkschaft die sowohl von den Unternehmern als auch der Koalitionsregierung und deren Fraktionen unabhängig ist. Eine solche Kraft ist der Gewerkschaftliche Linksblock:
Der GLB lehnt sozialpartnerschaftliche Packelei und Unterordnung unter Regierung und Kapital strikt ab und orientiert sein Handeln ausschließlich an den Interessen der Arbeiter und Angestellten.
Der GLB leistet Widerstand gegen die Belastungspolitik von Unternehmern und Regierung, ebenso aber auch gegen die Beschwichtigungspolitik der Spitzen von Arbeiterkammer und Gewerkschaft.
Der GLB unterstützt jeden Widerstand gegen Sozialabbau, Arbeitsplatzvernichtung und Euro-Sanierung.
Der GLB hat sich in diesem Sinne - bei vollem Bekenntnis zur konstruktiven Zusammenarbeit zur gesetzlich verankerten Arbeiterkammer und zum überparteilichen ÖGB - stets als eine wirklich konsequente linke Opposition erwiesen.
Der GLB will den als Folge der neoliberalen Kapitaloffensive, der unsozialen Regierungspolitik und der sozialpartnerschaftlichen Unterordnung von AK und ÖGB entstandenen Frust zu Widerstand machen.
Was will der GLB?
Der Gewerkschaftliche Linksblock tritt mit einem klaren, auf eine wirkliche Interessenvertretung der Lohnabhängigen gerichteten Forderungsprogramm zu den Arbeiterkammerwahlen an. Wir fordern:
Wirtschaft: Erhaltung und Ausbau des staatlichen und gemeinwirtschaftlichen Eigentums statt Privatisierung und Ausverkauf. Verstaatlichung von Schlüsselindustrien, Banken, Versicherungen und Medienkonzernen. Aktive Strukturpolitik für strukturschwachen Regionen durch Investitionen der öffentlichen Hand.
Arbeitszeit: Einführung der 30-Stundenwoche mit vollem Lohnausgleich. Erhalt verbindlicher Arbeitszeitregelungen statt Flexibilisierung. Rückführung der Ladenschlusszeiten. Einschränkung der Nachtarbeit auf Branchen mit unbedingtem Erfordernis. Reduzierung der gesundheitsschädlichen Akkordarbeit. Radikaler Abbau von Überstunden zugunsten neuer Arbeitsplätze.
Beschäftigung: Erhöhung der Inlandsnachfrage durch Reallohnerhöhungen und Lohnsteuerentlastungen. Beschäftigungsoffensive der öffentlichen Hand. Finanzierungsgarantie für Sozial- und Arbeitsmarktprojekte. Übernahme von ständigem Leasing-Personal in die Stammbelegschaft. Bekämpfung der Schwarzarbeit durch Entzug von öffentlichen Aufträgen und Gewerbeberechtigungen für betroffene Unternehmen.
Soziales: Sicherung der Pensionen durch Bemessung der Unternehmerbeiträge nach der gesamten Wertschöpfung und Einhaltung des Drittelzuschusses des Bundes. Rücknahme der „Pensionsreform“ der Regierung. Erhaltung bestehender Sozialleistungen auf betrieblicher und nationaler Ebene.
Wohnen: Reform des Mietrechts mit Gültigkeit für alle Wohnungen unabhängig vom Eigentümer. Festlegung bundesweit einheitlicher Kategorien gestaffelt nach Ausstattung. Kommunaler Wohnbau zu sozialen Mieten für den dringendsten Bedarf. Beseitigung des Einflusses der Banken im Wohnbau. Gesetzliche Regelungen zur Einweisung Wohnungssuchender in leerstehende Wohnungen. Einführung von Belastungsobergrenzen für Wohnkosten. Vorrang der Wohnbauförderung für Mietwohnungen. Kein Verkauf der Bundeswohnungen. Befreiung von Mieten und Betriebskosten von der Mehrwertsteuer.
Einkommen: Kämpferische Lohn- und Gehaltspolitik als Instrument zur Umverteilung von Löhnen und Gehältern entsprechend der gestiegenen Leistung. Mindesteinkommen von 1.100 Euro für alle Vollzeitarbeitsverhältnisse. Einheitliche Lohnabschlüsse statt Öffnungs- und Optionsklauseln. Schaffung von Mindestsicherungen für alle bei Erwerb, Arbeitslosigkeit, Karenz, Ausbildung oder Pension. Kollektivverträge für Branchen ohne solchen ohne Nivellierung nach unten.
Steuern: Entlastung der Lohnsteuerzahlerinnen und Dynamisierung der Bemessungsgrundlagen. Erhöhung der Körperschaftssteuer und Erbschaftssteuer. Wiedereinführung der Vermögenssteuer. Besteuerung von Kapitalbewegungen. Beseitigung von Steuerschlupflöchern. Abschaffung steuerschonender Stiftungen. Bemessung von Unternehmeranteilen zur Sozialversicherung und der Kommunalabgabe nach der vollen Wertschöpfung. Eintreibung der Steuerschulden der Unternehmer. Maßnahmen gegen Profittransfer und Steuerflucht ins Ausland
Frauen: Umsetzung der Forderungen des Frauenvolksbegehrens. Gleichstellung von Frauen in Ausbildung, Entlohnung und beruflicher Entwicklung. Ausbau der Kindereinrichtungen durch die öffentliche Hand zur Entlastung der Familien und Sicherung der Berufstätigkeit der Frauen.
MigrantInnen: Völlige arbeits- und sozialrechtliche Gleichstellung der MigrantInnen aus Nicht-EU-Ländern mit den inländischen Beschäftigten. Wahlrecht für alle MigrantInnen aus Nicht-EU-Ländern. Maßnahmen gegen Diskriminierung von MigrantInnen. Zugang für MigrantInnen zu allen sozialen Leistungen für die sie auch Beiträge zu leisten haben. Beseitigung der rassistischen Asylgesetzgebung.
Bildung: Eingliederung der Berufsausbildung in ein weiterführendes Bildungswesen. Lehrlingseinstellungsgesetz mit Verpflichtung Lehrlinge aliquot zur Beschäftigtenzahl auszubilden als Sofortmaßnahme. Schaffung eines Berufsausbildungsfonds. Einführung von Grund- und Flächenberufen. Lehrwerkstätten unter öffentlicher Kontrolle.
Umwelt: Wirkungsvoller Umweltschutz auf Kosten der Profite der Verursacher. Bundeseinheitliche Gesetze für Abfallwirtschaft, Sanierung der Luft, des Wassers und des Bodens. Abfallvermeidung in der Produktion statt Freibrief für teure Müllverbrennung. Verstärkte Förderung von Fernwärme und umweltfreundlichen Energieformen. Energiepreissenkungen auch für Haushalte.
Verkehr: Verstärkte Förderung und Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Verlagerung aller Ferntransporte von der Straße auf die Schiene und die Donau. Einschränkung des EU-Transitverkehrs nach dem Beispiel der Schweiz. Erhaltung und Sicherstellung der Finanzierung von Regionalbahnen und Busdienst.
Gesundheit: Wirkungsvolle Maßnahmen zur Erhaltung der Gesundheit am Arbeitsplatz. Ausbau der Vorsorgemedizin. Verschärfung der Schutzbestimmungen. Ausweitung der Arbeitsinspektorate und deren personeller Besetzung. Verbot gefährlicher Substanzen. Ausbau der Versorgung mit Betriebsärzten. Verbesserung der ärztlichen Versorgung. Ausbau der Zahnambulatorien der OÖGKK.
Demokratie: Ausbau der betrieblichen Mitbestimmung der Betriebsräte und für jeden einzelnen Beschäftigten. Ausbau der AK-Demokratie durch mehr Vollversammlungen und Erhöhung deren politischen Gewichts. Demokratisierung der Ausschüsse durch beratende Vertretung auch der Minderheitsfraktionen. Erhöhung der Vertretung von Betriebsräten in den Aufsichtsräten.
Frieden: Beibehaltung der immerwährenden Neutralität verbunden mit einer Weiterentwicklung durch eine aktive Neutralitätspolitik. Keine Beteiligung Österreichs an der EU-Armee. Kein Kauf von Abfangjägern. Keine Aufrüstung des Bundesheeres auf NATO-Standard. Aktive Vermittlerrolle Österreichs bei internationalen Konflikten.
Beschlossen von der GLB-Landeskonferenz am 14. Februar 2004
Neoliberale Politik weiter verschärft
Seit der letzten Arbeiterkammerwahl im Frühjahr 2000 hat sich der neoliberale Charakter der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Entwicklung Österreichs weiter verschärft. Dies hängt aber nicht nur mit der Ablösung der zur „Sanierung” Österreichs 1986 angetretene rotschwarzen Koalition durch die schwarzblaue Regierung zusammen, sondern entspricht der internationalen Entwicklung. Die rotgrüne Regierung in Deutschland agiert in ähnlich brutaler Weise gegen die Lohnabhängigen wie die schwarzblaue in Österreich. Alle vier Parlamentsparteien haben die neoliberale Politik zunehmend verinnerlicht, sie unterscheiden sich nur graduell voneinander. Ihre Politik ist zunehmend austauschbar geworden, wie die wechselweisen Koalitionsvarianten und ihre Unterordnung unter die EU-Vorgaben deutlich beweisen. Gemeinsam haben sie wesentliche Grundlagen der 2. Republik – etwa Verstaatlichte, Neutralität, Sozialstaat etc. – mittlerweile weitgehend demontiert.
Internationalismus gegen globalen Kapitalismus
Seit dem Wegfall der Systemkonkurrenz durch den Zusammenbruch des Realsozialismus im Zeitraum 1989-1991 hat sich die schon in den 80er Jahren begonnene Offensive des Kapitals gegen die Lohnabhängigen und die Errungenschaften der ArbeiterInnenbewegung so drastisch verstärkt, dass heute sogar antikommunistische GewerkschafterInnen von einem „Turbokapitalismus” sprechen und die Gefahren der neoliberalen Globalisierung beschwören.
Während sich das Kapital – insbesondere auf EU-Ebene – zunehmend internationalisiert und immer stärker global operiert um seine Profite zu maximieren, sind die Gewerkschaften als Gegenpol nicht einmal ansatzweise in der Lage dem ein entschlossenes und koordiniertes Vorgehen auf internationaler Ebene entgegenzusetzen.
Auch in Österreich sehen sich AK und ÖGB als Institutionen der Arbeiterbewegung unter dem Druck der Standortideologie viel zu sehr ”ihrem” nationalen Kapital verpflichtet als international zu agieren. Die resignierenden Feststellungen, wonach das Kapital international agiert, wird vor allem zum Vorwand genommen, um nicht im eigenen Land eine Auseinandersetzung mit dem „eigenen” Kapital führen zu müssen.
Eigenständige Wirtschafts- und Sozialpolitik preisgegeben
In der Kreisky-Ära der 70er Jahre konnte noch gestützt auf einen starken verstaatlichten und gemeinwirtschaftlichen Sektor Österreich eine relativ eigenständige und aktive Wirtschafts- und Sozialpolitik gestalten. Mit der gezielten Zerschlagung der Verstaatlichten ab 1986 als Vorleistung für den EU-Beitritt wurde dieser Spielraum gezielt eliminiert. Gleichzeitig wurde das soziale Netz zum Abschuss freigegeben, die Positionen von Gewerkschaft und Betriebsräten maßgeblich geschwächt.
Seither hat sich die Konzentration des Kapitals rapid verstärkt, wie immer neue und größere Fusionen weltweit ebenso wie der Ausverkauf entscheidender Teile der österreichischen Wirtschaft an das Auslandskapital deutlich machen. Forderungen nach Erhalt „heimischer Kernaktionäre” und Mitarbeiterbeteiligungen sind angesichts dieser Entwicklung daher nur ein Ablenkungsmanöver von der Mitverantwortung an dieser Entwicklung.
Auch in Oberösterreich wurden Verstaatlichte und Gemeinwirtschaft entscheidend geschrumpft: Durch vielfache Neugliederungen von Voest, Chemie und AMAG, durch das Zusperren von WTK und SAKOG, durch die Börsengänge und in der Folge Abverkauf von voestalpine, VA-Tech und Austria Tabak, durch den Verkauf von BAWAG, ÖSWAG, Steyr-Werken, AMAG und Salinen, durch die Ausgliederung von Bahn und Post aus dem Budget als Vorbereitung zur Privatisierung lukrativer Teilbereiche, durch den Konkurs des Konsum, durch den Teilverkauf der Energie AG und des E-Werkes Wels, durch den Verkauf der Bundeswohnungen.
Grundversorgung im Visier des Profits
Bedingt durch die sich verschlechternden Verwertungsbedingungen drängt zunehmend überschüssiges Kapital in jene Bereiche, die seit Jahrzehnten im öffentlichen Eigentum stehen. Die Liberalisierungsvorgaben der EU dienen ebenso wie die Liberalisierung der Dienstleistungen durch das GATS der Welthandelsorganisation WTO dazu, den großen Sektor der Grundversorgung für private Profitinteressen aufzubrechen.
Obwohl Erfahrungen im Ausland – Stromkrisen in den USA, Desaster der Bahn in Großbritannien usw. – mittlerweile die angeblichen Vorzüge der Liberalisierung krass widerlegt haben, setzen Bund, Land und Gemeinden sowie Wirtschaft eisern auf weiterer Liberalisierung und Privatisierung.
Die Teilprivatisierung der Telekom, die Vorbereitung der Post für den Verkauf verbunden mit Schließung hunderter Postämter und massivem Personalabbau, Aufsplitterung der ÖBB als Holding mit rechtswidrigen Eingriffen in das Dienstrecht, Ausgliederung von Spitälern durch Land (Gespag) und Stadt Linz (AKH) als Vorstufe für private Beteiligungen, zunehmender Einstieg des Auslandskapitals in die E-Wirtschaft sind klare Indizien für diesen verfehlten Weg.
Mit dem neuen Bundesvergabegesetz wird die öffentliche Ausschreibung, ab 200.000 € sogar EU-weit, von Dienstleistungen verpflichtend, wobei der Billigstbieter automatisch als Bestbieter angeommen und ein Zuschlag maximal dreimal hintereinander möglich ist. Untermauert wird diese Tendenz auch durch das – von Politik, Medien und auch ÖGB faktisch ignorierte - „Grünbuch“ der EU, das die Ausschreibung aller Dienstleistungen vorsieht sobald ein Markt als vorhanden angesehen wird. Die Folge dieser Praxis ist ein Dumping zu Werkverträgen und das Unterlaufen von Kollektivverträgen und sonstigen Regelungen und die Zerschlagung des öffentlichen Dienstes.
Österreich im „Europa der Konzerne”
Seit Anfang 1995 ist Österreich Mitglied der Europäische Union (EU). Mit dem Zuckerbrot verlogener Versprechungen („Ederer-Tausender“) und der Peitsche sozialer Drohungen (Pensionsverlust) haben ÖGB und AK maßgeblich dazu beigetragen, dass bei der Volksabstimmung im Juni 1994 über 66 Prozent für den Beitritt gestimmt haben.
Bald zeigte sich allerdings, dass die großartigen Versprechungen der EU-phorikerInnen nur Schall und Rauch, während die Warnungen des GLB vor den Auswirkungen eines Beitritts berechtigt waren. Gleiches gilt auch für die Einführung des Euro, die ohne Volksabstimmung erfolgte, die sich die EU-Protagonisten auch bei der EU-Verfassung „ersparen“ möchten.
Mit einer zu – angeblich notwendigen – „Sparpaketen” und „Pensionsreform” umgelogenen beinharten Budgetsanierung unter dem Druck der Maastricht-Auflagen wurde schon von der rotschwarzen Regierung die Einführung des Euro als Einheitswährung des „Europas der Konzerne” durchgepeitscht. Hauptbetroffen davon waren und sind vor allem Lohnabhängige und sozial schwächer gestellte Personen. Verschärft wird dies durch zunehmendes Steuer- und Lohndumping sowie einem massiven Preisschub als Folge der Einführung des Euro.
Der Formierung zu einer Supermacht Europa in immer direkterer Konkurrenz zur imperialistischen Vormacht USA dient der Beitritt von zehn weiteren Ländern zur EU im Rahmen der Osterweiterung. Ebenso sind der Aufbau einer EU-Armee – als Baustein dafür werden in Österreich sündteure Abfangjäger angekauft und das Bundesheer aufgerüstet – und die vom Konvent erarbeitete EU-Verfassung, mit welcher die Neutralität Österreichs endgültig beseitigt werden soll, Teil dieser Entwicklung.
Nicht erst mit der EU-Osterweiterung, sondern bereits seit der Grenzöffnung zum Osten 1989/91 findet ein massives Lohn- und Sozialdumping statt, weil die Unternehmer mit Verweis auf die niedrigen Lohnkosten in Osteuropa Produktionen dorthin verlagern und billige Arbeitskräfte nach Österreich holen. Dabei haben kriminelle Praktiken durch Schwarzbeschäftigung massiv zugenommen und werden großteils von den Behörden toleriert oder bagatellisiert. Der Tatbestand des Sozialbetruges ist in Österreich nach wie vor unbekannt, windige Unternehmer – speziell im Speditionsgewerbe – machen sich dies zunutze.
Wer gewinnt, wer verliert?
Der reale Kapitalismus hat seit 1989/91 die jahrzehntelang gerade von Spitzengewerkschafterinnen verbreiteten Illusionen über „soziale Marktwirtschaft” entzaubert und die schon von Marx und Engels im 19. Jahrhundert erkannten Grundgegensätze zwischen Lohnarbeit und Kapital sichtbarer gemacht als manchen lieb ist.
Gewinner der stramm neoliberal auch von sozialdemokratischen Regierungen und Kanzlern betriebenen „freien Marktwirtschaft” sind Konzerne und Banken. Davon zeugen explodierende Gewinne – die dann steuerschonend angelegt werden – ebenso wie die Börsenkurse von Aktien bis hin zur Umverteilung von Steuergeldern als Zinsen an das Finanzkapital auf dem Wege der Staatsverschuldung.
Flexibilisierung, Deregulierung und Privatisierung haben nicht das versprochene „dynamische Wirtschaftswachstum” mit neuen Arbeitsplätzen gebracht, sondern die Fortdauer bzw. ein weiteres Ansteigen der Massenarbeitslosigkeit. Durch die Zerschlagung der verstaatlichten Industrie wurden nicht nur zigtausende gutbezahlter Arbeitsplätze vernichtet, damit wurde auch ein finanzieller und sozialpolitischer Motor für die private Industrie liquidiert.
Die Armut ist weiblich
Der Profitexplosion stehen massenhaft VerliererInnen gegenüber. Vor allem sind davon Frauen betroffen, die im völligen Gegensatz zu medial verbrämten Worten von Gleichberechtigung und Chancengleichheit in so gut wie allen Bereichen durch die Finger schauen, während das von 645.000 Menschen unterzeichnete Frauenvolksbegehren ignoriert wird.
Das Einkommen von Frauen ist nach wie vor um ein gutes Drittel niedriger ist als jenes der Männer. Frauen sind am meisten von der Flexibilisierung der Arbeitszeit betroffen, wie dies vor allem im Handel deutlich wird, wo jetzt eine weitere Ausdehnung an Samstagen erfolgt und weiterhin von den Handelskonzernen die Sonntagsarbeit gefordert wird.
Nach Angaben des Hauptverbandes der Sozialversicherungen ist die Zahl geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse in den letzten Jahren rasant gestiegen. Der überwiegende Teil davon entfällt auf Frauen. Ebenso ungleich wie im Vollerwerb verteilt sich das Einkommen – die geringfügige Beschäftigung ist weitgehend Sache der Frauen. Massive Auswirkung hat die Benachteiligung auch beim Bezug von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe.
Vor allem bei der Entwicklung der Arbeitszeitregelungen – Ausdehnung des Ladenschlusses, Einführung der Nachtarbeit, Diskussion über Sonntags- und Wochenendarbeit – sind Frauen die Hauptbetroffenen. Dabei zeigt sich auch der Zynismus des Kapitals, sind doch ausgerechnet jene Politikerinnen die in Sonntagsreden die heile Familie predigen die Vorreiter der Sonntagsarbeit und damit der Zerstörung eines gemeinsamen Wochenendes. Das von der schwarzblauen Regierung hochgejubelte Kindergeld dient de facto dazu, Frauen von Vollerwerbsarbeitsplätzen in prekäre Arbeitsverhältnisse oder überhaupt aus dem Erwerbsleben zu verdrängen.
MigrantInnen als Sündenböcke?
MigrantInnen sind ein besonderes Opfer des „Turbokapitalismus”: Sie erhalten meist schlechtbezahlte Arbeiten, sie zahlen mehr in den sozialen Topf ein als sie daraus erhalten, ihnen wird das Wahlrecht vorenthalten, wenn sie nicht aus EU-Ländern kommen, sie müssen die höchsten Mieten in Substandardwohnungen zahlen.
Als Draufgabe werden unter dem Druck rassistischer Stammtischideologen die MigrantInnen und Flüchtlinge betreffenden Gesetze EU-konform ständig verschärft. Auch Österreich schottet entsprechend dem „Schengener Abkommen“ der EU die Außengrenzen für Flüchtlinge ab. Damit werden MigrantInnen zu Sündenböcken der Brutalität des Kapitalismus gestempelt, um von den wirklichen Ursachen abzulenken.
Arbeitslosigkeit als Schicksal?
Offiziell weist Österreich mit bis zu 300.000 Arbeitslosen und einer Rate von 4.8 Prozent im EU-Vergleich eine vergleichsweise niedrige Arbeitslosenrate auf. Inoffiziell sind jedoch weit mehr Menschen arbeitslos, im Laufe eines Jahres sind es über 700.000 Menschen. Mit Stiftungen, Umschulungskursen und anderen Maßnahmen - die im Zeichen von Sparmaßnahmen durch Mittelkürzung existentiell bedroht sind - wird ebenso wie mit der Streichung von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe die Arbeitslosigkeit aus politischen Erwägungen gedrückt. Mit der geplanten Abschaffung der Notstandshilfe und Umwandlung in eine „Sozialhilfe Neu“ wird der Druck weiter erhöht.
Unter dem Druck der Stammtische und der „Kronenzeitung“, aber auch von breiten Teilen der Politik, wird Stimmung gegen ”SozialschmarotzerInnen” gemacht um soziale Verschlechterungen zu rechtfertigen. Der Druck auf Arbeitslose durch Kürzung oder Streichung der durch ihre eigenen Beiträge bezahlten Leistungen, durch Androhung von Zwangsarbeit bis hin zur Vermittlung moralisch inakzeptabler dubioser Tätigkeiten und der Gründerphilosophie des AMS wächst.
Jugend ohne Perspektive…
Aber auch Jugendliche stehen durch das Fehlen von Lehrstellen und damit der Verweigerung einer zukunftssicheren Berufsausbildung durch das Kapital vor einer sehr unsicheren Zukunft. Immer deutlicher zeigt sich hier die negativen Auswirkungen durch die Schrumpfung bzw. der Verlust verstaatlichter Lehrwerkstätten in Voest, Chemie, AMAG oder ÖBB.
Trotz Jubelmeldungen von Bundes- und Landesregierung sind 2003 in Oberösterreich 9.000 Jugendliche bis 25 Jahre ohne Job, davon rund 2.000 Schulabgänger ohne Ausbildungsplatz. Auch das ist ein deutlicher Anstieg und damit ebenso wie die Arbeitslosigkeit von LehrerInnen eine Bestätigung der GLB-Kritik an verfehlten bzw. nicht vorhandenen Ausbildungsplänen. Aber auch die Arbeitslosigkeit von ArbeiterInnen und Angestellte ab 50 Jahren und von AkademikerInnen wird immer mehr zum Problem.
Apropos Lebensqualität...
Immer mobiler, schneller, billiger – das ist das Motto des neoliberalen Kapitalismus um aus der Arbeitskraft immer noch mehr Profit herauszupressen. Auf der Strecke bleiben dabei die in der Werbung verbreiteten Bilder von mehr Lebensqualität und Familienleben. Die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben wird durch die immer stärkere Flexibilisierung mit gravierenden Folgen für die Gesellschaft systematisch ausgehöhlt. Arbeitslose mit Betreuungspflichten für ihre Kinder gelten zunehmend als schwer vermittelbar, weil die Arbeitszeiten mit dem unzureichenden Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen nicht zusammenpassen. Besonders davon betroffen sind alleinerziehende Frauen.
Die Ausweitung der Nachtarbeit und Wochenendarbeit und der massive Angriff auf die Sonn- und Feiertagsruhe sind dabei nicht nur eine massive Infragestellung der Lebensqualität durch immer weniger zusammenhängende Freizeit, sondern soll in punkto Ladenöffnungszeiten gleichzeitig auch die Menschen zu rund um die Uhr verfügbaren KonsumentInnen zurechtrichten. Flexible Arbeitszeitmodelle die blockweise arbeitsfreie Tage bringen sind daher kein Ersatz für eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung, durch welche mehr Freizeit zugunsten von Kindern und Familie gewonnen wird.
Mehr Druck auf die Lohnabhängigen
Unter dem Stichwort der Flexibilisierung zielt das Kapital unverhohlen auf die Zertrümmerung einer geregelten Arbeitszeit um durch eine Beschränkung derselben auf die produktive Zeit noch mehr menschliche Arbeit aus den Lohnabhängigen herauspressen zu können. Im Gegenzug wird die seit Jahren in Bezug auf die enorm gestiegene Produktivität überfällige Arbeitszeitverkürzung gezielt abgeblockt. Während Frankreich durch den Druck breiter Kampfaktionen und kommunistischer Regierungsunterstützung die 35-Stundenwoche eingeführt hat, sind solche Maßnahmen in Österreich für die Regierung kein Thema und für den ÖGB nur Sonntagsreden.
Die Einkommensverluste durch „Sparpaket” und „Pensionsreform” wurden durch magere Lohnabschlüsse, Einmalzahlungen und teilweise sogar Null-Runden in den letzten Jahren ebenso verstärkt wie durch die Steuergesetzgebung, die bereits bei minimalen Einkommenszuwächsen den Sprung in die nächsthöhere Steuerkategorie zur Folge hat. Während Kapital und Vermögen in Österreich nicht zuletzt durch das von Ex-Finanzminister Lacina 1993 geschaffenen Privatstiftungsgesetz ein Steuerparadies sehen wie der Fall des deutschen Multimilliardärs Flick beweist, gilt für die Lohnabhängigen – ArbeiterInnen, Angestellte, PensionistInnen – das Gegenteil.
Auf eine Senkung der Lohnkosten zielt auch die Abflachung der Gehaltskurve, weil damit eine Reduzierung der Biennalsprünge erfolgt und die angebotenen Einstiegsgehälter keineswegs den Verlust des Lebenseinkommens wettmachen. Unter dem Druck der Unternehmer wird versucht auch bei neuen Kollektivverträgen – wie etwa im Gesundheits- und Sozialbereich – das Niveau nach unten zu drücken, indem 24-Stunden-Dienste ohne Zuschläge ermöglicht und damit ein Sektor mit bundesweit rund 100.000 Beschäftigten zu einer Billiglohnbranche umgewandelt wird, wovon im speziellen wieder Frauen betroffen sind.
Wohnen ist ein Menschenrecht
Die Regierung brüstet sich einer niedrigen Inflation als Ausfluss des EU-Beitritts, aber bei den Wohnkosten ist die Steigerung regelmäßig ein Vielfaches der Inflation, was wiederum besonders die einkommensschwachen Familien, die einen Großteil ihres Einkommens für das Wohnen ausgeben müssen trifft.
Die Mietrechtsgesetzgebung ist nicht nur selbst für Fachleute schon unüberschaubar geworden, sie hat vor allem dazu geführt, dass die Belastung durch die Mieten immer größer wird und die Gemeinden durch ihre Tarifpolitik bei Müll, Kanal und Wasser unter dem von oben verordneten Sanierungsdruck um EU-reif zu werden, die Betriebskosten enorm in die Höhe treiben. Der Verkauf der fünf Bundeswohnungsgesellschaften (BUWOG, WAG, EBS, ESG, WBG) mit 62.000 Wohnungen an private Investoren bedeutet den Ausstieg des Bundes aus der politischen Verantwortung und wird die Situation auf dem Wohnungssektor weiter verschärfen.
Pensionsraub als „Reform“ getarnt
Die monatelange intensive Auseinandersetzung um die „Pensionsreform“ der schwarzblauen Regierung hat gezeigt, mit welcher Brutalität neoliberale Politik auf Kosten der Menschen betrieben wird. Mit dem Vorwand der Unfinanzierbarkeit der Pensionen wurde den künftigen PensionistInnen massive Einkommensverluste aufgezwungen und dabei bewusst ein Generationskonflikt zwischen jung und alt angeheizt um von den vorhandenen Möglichkeiten der Pensionsfinanzierung durch Wertschöpfungsabgabe und steuerpolitische Umverteilung abzulenken.
Mehr als nur zwiespältig war dabei die Rolle des ÖGB. Unter dem massiven Druck der betroffenen Lohnabhängigen entstand eine große Protestbewegung die in die größten Streikaktionen seit Jahrzehnten mündete. An deren Höhepunkt wurde diese jedoch von der ÖGB-Spitze abgebrochen und ein Rückzug auf die parlamentarische Ebene vorgenommen. Das beim ÖGB-Kongress 2003 vorgelegte Pensionspapier „80-65-45“ ist jedoch de facto nur ein Abklatsch der Regierungspläne, weil für sehr viele Menschen, insbesondere Frauen, AkademikerInnen usw. durch Karenz, Arbeitslosigkeit, Studium etc. diese Versicherungsjahre nicht erreichbar sind.
Umverteilung ist zentrale Frage
Österreich gehört heute zu den reichsten Ländern der Welt. Trotzdem gibt es auch in unserem Land eine zunehmende Polarisierung: Laut „World Wealth Report 2003“ haben weltweit 7.3 Millionen Personen ein Vermögen von mehr als einer Million Dollar, sie besitzen damit zwischen 25 und 40 Prozent des Weltvermögens. In Österreich stieg die Zahl der Dollar-Millionäre auf über 60.000. Gleichzeitig ist die Lohnquote, also der Anteil der Lohnabhängigen am gesellschaftlichen Reichtum, trotz einer Zunahme der Zahl der Lohnabhängigen seit Jahren rückläufig.
Während eine kleine Minderheit immer reicher wird, steigt die Zahl der Armen bzw. Armutsgefährdeten rapide an. Laut Sozialbericht beträgt der Anteil der armutsgefährdeten und sich bereits unterhalb der Armutsgrenze befindlichen Personen zwischen 1 und 1.5 Mio. – das sind rund 20 Prozent der Bevölkerung.
Politik, Medien, Wirtschaft und „Experten“ erklären uns tagaus, tagein, wir könnten uns die – jahrzehntelang bei einer viel niedrigeren Wirtschaftsleistung finanzierbaren – Sozialleistungen nicht mehr leisten. Hinter dieser Behauptung soll nicht nur ein gigantischer Umverteilungsprozess zugunsten der Reichen verborgen werden, sondern auch der Zugriff des Kapitals auf die öffentlichen Dienste und Sozialleistungen mit dem Argument verstärkter Selbstbehalte und Eigenvorsorge.
Wir halten dem entgegen, dass soziale Sicherheit nach dem Solidarprinzip auch in Zukunft leistbar ist, wenn die Finanzierung von Pensionen, Gesundheitswesen etc. durch eine Wertschöpfungsabgabe und höhere Besteuerung von Kapital und Vermögen erfolgt.
ÖGB-Urabstimmung ernst nehmen
Obwohl die Kapitalseite – vor allem die Industriellenvereinigung – immer offener die zum Nationalheiligtum erklärte Sozialpartnerschaft de facto längst aufgekündigt hat, wie das rigorose Vorgehen des Kapitals und seiner Vollstrecker gegen die Lohnabhängigen beweist, beharren ÖGB- und AK-Führung weiterhin auf dieser Politik des Konsens, für welche die Achse Verzetnitsch-Leitl steht. Immer unverhüllter wird versucht die Kollektivvertragsfähigkeit der Gewerkschaften zugunsten betrieblicher Lohnverhandlungen auszuhebeln. Namhafte Unternehmen wie bauMax, Lutz, Kika usw. weigern sich explizit die Wahl von Betriebsräten zuzulassen.
Den lautstarken verbalen Kraftmeiereien der ÖGB-Führung gegen die Regierung – etwa bei den Protesten gegen den Pensionsraub oder der Vollprivatisierung der Voest – steht die faktische Kapitulation vor den Plänen von Regierung und Kapital gegenüber. Obwohl die ÖGB-Urabstimmung im Oktober 2001 ein eindeutiges Bekenntnis in wichtigen inhaltlichen Positionen sowie zu einem kämpferischen Kurs erbrachte, setzen ÖGB und AK weiter auf sozialpartnerschaftliche Unterordnung. Die breiteste Streikbewegung der 2. Republik und die Proteste gegen die Restprivatisierung der Voest im Jahre 2003 zeigen die Bereitschaft der Lohnabhängigen für ihre Interessen zu kämpfen. Hingegen werden diese vielfach – wie am Beispiel der AUA oder ÖBB deutlich wurde – von der ÖGB-Spitze im Stich gelassen.
Zum Schaden der Gewerkschaften werden diese von der SPÖ-Mehrheit parteipolitischen Überlegungen – vor allem einer möglichst baldigen Rückkehr der SPÖ in die Regierung – untergeordnet. Damit wird die Überparteilichkeit der Gewerkschaften vielfach der Parteiräson der SPÖ geopfert, die ganz offen erklärt keine Privatisierung rückgängig zu machen und faktisch entsprechend dem von der EU vorgegebenen Rahmen zunehmend neoliberale Politik macht, wie vor allem die Schröder-Regierung in Deutschland vorexerziert.
Für eine kämpferische Arbeiterkammer
Bei der Mitgliederumfrage wurde der Arbeiterkammer 1996 ihr Status als öffentlich-rechtliche Körperschaft bestätigt und damit der Vorstoß der Gegner dieser wichtigsten Vertretung der Lohnabhängigen abgeschmiert. Das Bekenntnis zur Pflichtmitgliedschaft in der Arbeiterkammer wird auch vom GLB voll und ganz unterstützt.
Die Arbeiterkammer hat enorme Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Gesetzgebung in Bund und Land und auch einen umfassenden Anspruch ihrer Politik auch in Bereiche wie Umwelt, Verkehr, Wohnen oder Konsumentenschutz einzubringen und zu gestalten. Wie diese genutzt werden können liegt freilich nicht zuletzt im Selbstbewusstsein einer nur den eigenen Mitgliedern und nicht der Regierung oder dem Kapital verpflichteten Institution. Das Vertrauen der Lohnabhängigen in AK und ÖGB wird nur insofern gerechtfertigt, als sie das Gefühl haben dass es sich um ”ihre” Institution handelt und nicht um einen Ableger von Regierung oder Kapital.
Mit der Reform des AK-Wahlrecht ist endlich die Aufhebung der völlig antiquierten drei Wahlkörper erfolgt und damit das Wahlrecht demokratisiert. Im Gefolge der Arbeiterkammerwahl 2000 musste nun auch MigrantInnen aus Nicht-EU-Ländern das passive Wahlrecht zuerkannt werden. Die Demokratie in der Arbeiterkammer kann allerdings nur beschränkt sein, wenn sich die Vollversammlung auf zwei Sitzungen im Jahr beschränkt und die Politik dieser Institution ansonsten unter Ausschluss der Öffentlichkeit vom Vorstand oder Präsidium gestaltet wird.
GLB - unabhängig von Kapital und Regierung!
In der gegebenen Situation bedarf es mehr denn je einer Kraft in Arbeiterkammer und Gewerkschaft die sowohl von den Unternehmern als auch der Koalitionsregierung und deren Fraktionen unabhängig ist. Eine solche Kraft ist der Gewerkschaftliche Linksblock:
Der GLB lehnt sozialpartnerschaftliche Packelei und Unterordnung unter Regierung und Kapital strikt ab und orientiert sein Handeln ausschließlich an den Interessen der Arbeiter und Angestellten.
Der GLB leistet Widerstand gegen die Belastungspolitik von Unternehmern und Regierung, ebenso aber auch gegen die Beschwichtigungspolitik der Spitzen von Arbeiterkammer und Gewerkschaft.
Der GLB unterstützt jeden Widerstand gegen Sozialabbau, Arbeitsplatzvernichtung und Euro-Sanierung.
Der GLB hat sich in diesem Sinne - bei vollem Bekenntnis zur konstruktiven Zusammenarbeit zur gesetzlich verankerten Arbeiterkammer und zum überparteilichen ÖGB - stets als eine wirklich konsequente linke Opposition erwiesen.
Der GLB will den als Folge der neoliberalen Kapitaloffensive, der unsozialen Regierungspolitik und der sozialpartnerschaftlichen Unterordnung von AK und ÖGB entstandenen Frust zu Widerstand machen.
Was will der GLB?
Der Gewerkschaftliche Linksblock tritt mit einem klaren, auf eine wirkliche Interessenvertretung der Lohnabhängigen gerichteten Forderungsprogramm zu den Arbeiterkammerwahlen an. Wir fordern:
Wirtschaft: Erhaltung und Ausbau des staatlichen und gemeinwirtschaftlichen Eigentums statt Privatisierung und Ausverkauf. Verstaatlichung von Schlüsselindustrien, Banken, Versicherungen und Medienkonzernen. Aktive Strukturpolitik für strukturschwachen Regionen durch Investitionen der öffentlichen Hand.
Arbeitszeit: Einführung der 30-Stundenwoche mit vollem Lohnausgleich. Erhalt verbindlicher Arbeitszeitregelungen statt Flexibilisierung. Rückführung der Ladenschlusszeiten. Einschränkung der Nachtarbeit auf Branchen mit unbedingtem Erfordernis. Reduzierung der gesundheitsschädlichen Akkordarbeit. Radikaler Abbau von Überstunden zugunsten neuer Arbeitsplätze.
Beschäftigung: Erhöhung der Inlandsnachfrage durch Reallohnerhöhungen und Lohnsteuerentlastungen. Beschäftigungsoffensive der öffentlichen Hand. Finanzierungsgarantie für Sozial- und Arbeitsmarktprojekte. Übernahme von ständigem Leasing-Personal in die Stammbelegschaft. Bekämpfung der Schwarzarbeit durch Entzug von öffentlichen Aufträgen und Gewerbeberechtigungen für betroffene Unternehmen.
Soziales: Sicherung der Pensionen durch Bemessung der Unternehmerbeiträge nach der gesamten Wertschöpfung und Einhaltung des Drittelzuschusses des Bundes. Rücknahme der „Pensionsreform“ der Regierung. Erhaltung bestehender Sozialleistungen auf betrieblicher und nationaler Ebene.
Wohnen: Reform des Mietrechts mit Gültigkeit für alle Wohnungen unabhängig vom Eigentümer. Festlegung bundesweit einheitlicher Kategorien gestaffelt nach Ausstattung. Kommunaler Wohnbau zu sozialen Mieten für den dringendsten Bedarf. Beseitigung des Einflusses der Banken im Wohnbau. Gesetzliche Regelungen zur Einweisung Wohnungssuchender in leerstehende Wohnungen. Einführung von Belastungsobergrenzen für Wohnkosten. Vorrang der Wohnbauförderung für Mietwohnungen. Kein Verkauf der Bundeswohnungen. Befreiung von Mieten und Betriebskosten von der Mehrwertsteuer.
Einkommen: Kämpferische Lohn- und Gehaltspolitik als Instrument zur Umverteilung von Löhnen und Gehältern entsprechend der gestiegenen Leistung. Mindesteinkommen von 1.100 Euro für alle Vollzeitarbeitsverhältnisse. Einheitliche Lohnabschlüsse statt Öffnungs- und Optionsklauseln. Schaffung von Mindestsicherungen für alle bei Erwerb, Arbeitslosigkeit, Karenz, Ausbildung oder Pension. Kollektivverträge für Branchen ohne solchen ohne Nivellierung nach unten.
Steuern: Entlastung der Lohnsteuerzahlerinnen und Dynamisierung der Bemessungsgrundlagen. Erhöhung der Körperschaftssteuer und Erbschaftssteuer. Wiedereinführung der Vermögenssteuer. Besteuerung von Kapitalbewegungen. Beseitigung von Steuerschlupflöchern. Abschaffung steuerschonender Stiftungen. Bemessung von Unternehmeranteilen zur Sozialversicherung und der Kommunalabgabe nach der vollen Wertschöpfung. Eintreibung der Steuerschulden der Unternehmer. Maßnahmen gegen Profittransfer und Steuerflucht ins Ausland
Frauen: Umsetzung der Forderungen des Frauenvolksbegehrens. Gleichstellung von Frauen in Ausbildung, Entlohnung und beruflicher Entwicklung. Ausbau der Kindereinrichtungen durch die öffentliche Hand zur Entlastung der Familien und Sicherung der Berufstätigkeit der Frauen.
MigrantInnen: Völlige arbeits- und sozialrechtliche Gleichstellung der MigrantInnen aus Nicht-EU-Ländern mit den inländischen Beschäftigten. Wahlrecht für alle MigrantInnen aus Nicht-EU-Ländern. Maßnahmen gegen Diskriminierung von MigrantInnen. Zugang für MigrantInnen zu allen sozialen Leistungen für die sie auch Beiträge zu leisten haben. Beseitigung der rassistischen Asylgesetzgebung.
Bildung: Eingliederung der Berufsausbildung in ein weiterführendes Bildungswesen. Lehrlingseinstellungsgesetz mit Verpflichtung Lehrlinge aliquot zur Beschäftigtenzahl auszubilden als Sofortmaßnahme. Schaffung eines Berufsausbildungsfonds. Einführung von Grund- und Flächenberufen. Lehrwerkstätten unter öffentlicher Kontrolle.
Umwelt: Wirkungsvoller Umweltschutz auf Kosten der Profite der Verursacher. Bundeseinheitliche Gesetze für Abfallwirtschaft, Sanierung der Luft, des Wassers und des Bodens. Abfallvermeidung in der Produktion statt Freibrief für teure Müllverbrennung. Verstärkte Förderung von Fernwärme und umweltfreundlichen Energieformen. Energiepreissenkungen auch für Haushalte.
Verkehr: Verstärkte Förderung und Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Verlagerung aller Ferntransporte von der Straße auf die Schiene und die Donau. Einschränkung des EU-Transitverkehrs nach dem Beispiel der Schweiz. Erhaltung und Sicherstellung der Finanzierung von Regionalbahnen und Busdienst.
Gesundheit: Wirkungsvolle Maßnahmen zur Erhaltung der Gesundheit am Arbeitsplatz. Ausbau der Vorsorgemedizin. Verschärfung der Schutzbestimmungen. Ausweitung der Arbeitsinspektorate und deren personeller Besetzung. Verbot gefährlicher Substanzen. Ausbau der Versorgung mit Betriebsärzten. Verbesserung der ärztlichen Versorgung. Ausbau der Zahnambulatorien der OÖGKK.
Demokratie: Ausbau der betrieblichen Mitbestimmung der Betriebsräte und für jeden einzelnen Beschäftigten. Ausbau der AK-Demokratie durch mehr Vollversammlungen und Erhöhung deren politischen Gewichts. Demokratisierung der Ausschüsse durch beratende Vertretung auch der Minderheitsfraktionen. Erhöhung der Vertretung von Betriebsräten in den Aufsichtsräten.
Frieden: Beibehaltung der immerwährenden Neutralität verbunden mit einer Weiterentwicklung durch eine aktive Neutralitätspolitik. Keine Beteiligung Österreichs an der EU-Armee. Kein Kauf von Abfangjägern. Keine Aufrüstung des Bundesheeres auf NATO-Standard. Aktive Vermittlerrolle Österreichs bei internationalen Konflikten.
Beschlossen von der GLB-Landeskonferenz am 14. Februar 2004