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Erklärung der GLB-Bundesleitung zur Privatisierung der Post

  • Samstag, 21. Januar 2006 @ 22:29
Positionen Noch vor der Nationalratswahl im Oktober will die Regierung bereits im Frühjahr 2006 die staatliche Post AG an die Börse bringen, vorerst 49 Prozent sollen damit privaten AktionärInnen überlassen werden, mit dem Erlös von 400 Millionen Euro will die Regierung Budgetlöcher stopfen. Die Postgewerkschaft kann sich im Hinblick auf eine künftige SPÖ-Regierungsbeteiligung einen Börsengang später als 2006 sehr wohl vorstellen. Hingegen lehnt der GLB ebenso wie die Arbeiterkammer Oberösterreich eine solche Privatisierung als Verschleuderung von Volksvermögen grundsätzlich ab und vertritt die Auffassung, dass die Post eine Aufgabe der öffentlichen Hand bleiben muss. Auch im steirischen Landtag wurde ein von der KPÖ eingebrachter Entschließungsantrag gegen die Privatisierung der Post mehrheitlich mit den Stimmen von SPÖ, KPÖ und Grünen angenommen.

Für Grünen-Chef Alexander van der Bellen ist auch eine Vollprivatisierung der Post kein Problem. Auch die von SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer vorgeschlagene „Nachdenkpause“ zielt letztlich auf eine Zustimmung zur Privatisierung der Post. SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim macht sich bereits für die Rechte der künftigen Kleinaktionäre stark.

Das Abrücken der Postgewerkschaft von der Umsetzung ihres Ende 2005 einstimmig gefassten Streikbeschlusses (laut Umfrage vom November 05 mit Rückendeckung von 92,7 Prozent der Belegschaft) erleichtert das Vorhaben der Regierung. Es wäre freilich ein großer Vertrauensverlust für die Gewerkschaft, wenn sie sich durch faule Manöver wie etwa Vorzugsaktien für Post-Beschäftigte, eine „Volksaktie für jedermann“ oder eine Mitarbeiterbeteiligung einkochen und vom Kampf für die legitimen Interessen der Postbediensteten abhalten ließe.

Der GLB erinnert an seine Petition „Für die Erhaltung der Post im öffentlichen Eigentum“ die am 9. November 2005 an Nationalratspräsident Andreas Khol übergeben wurde: „Die Post ist eine elementare Einrichtung einer funktionierenden Infrastruktur und darf daher nicht privatisiert werden, egal ob durch einen Verkauf oder einen Börsengang. Die Post muss im öffentlichen Eigentum erhalten bleiben. Ein verfassungsmäßiger Schutz des öffentlichen Eigentums ist notwendig“ heißt es darin.

Erinnert wird aber auch daran, dass der Weg zu einer Privatisierung der Post schon 1996 mit der Ausgliederung aus dem Bundesbudget begonnen hat. Dem hatten damals nicht nur die SPÖ als Regierungspartei, sondern auch die FSG-Mehrheit in Personalvertretung und Gewerkschaft zugestimmt.

In der Folge wurde die ehemals einheitliche Post geteilt, die Telekom teilprivatisiert, die PSK verkauft, der Postbus an die ÖBB übertragen und die verbleibende „Gelbe Post“ seit Jahren einer Einsparungswelle nach der anderen unterworfen. Mit einer Reform des Postgesetzes wurde 2005 „grünes Licht“ für die endgültige Zerschlagung und Privatisierung gegeben. Damit ist der Versorgungsauftrag der Post grundlegend gefährdet, weil für private EigentümerInnen ein möglichst großer Profit stets Vorrang vor den Anliegen der Allgemeinheit hat.

Die Post hat von 2000 bis 2004 ihren Gewinn (EGT) von 17 auf 86,6 Millionen Euro auf das Fünffache gesteigert, für 2005 werden 91,2 Millionen Euro Gewinn erwartet. Für die Bevölkerung gab es dafür keinen Gegenwert, die Tarife wurden nicht gesenkt, dafür das Filialnetz ausgedünnt. Abkassiert hat dabei der Finanzminister mit Rekorddividenden. Zusätzlich musste die Post 334 Millionen Euro Schulden aufnehmen, um Grassers Nulldefizit zu finanzieren.

Die Regierung versucht mit Lug und Trug und enormer Verschwendung von Steuergeldern der Öffentlichkeit den Börsengang der Post zu verkaufen. In sündteuren Inseratenserien wird behauptet, die Privatisierung von 49 Prozent der Post bringe „mehr Jobsicherheit“ und sei „die Zukunft“ für das Unternehmen und „für ganz Österreich“. Blauäugig ist die Behauptung die „Post bleibt rot-weiß-rot“.

Wohin ein Börsengang führt, zeigte sich am Beispiel der voestalpine, wo heute Pensionsfonds aus den USA, Großbritannien, Deutschland und anderen Ländern über 35 Prozent des Unternehmens besitzen. Die jetzt propagierten „Volksaktien“ bedeuten im Klartext nur den Verkauf öffentlichen Eigentums an jene Minderheit, die sich Aktien leisten kann. Wie der Verkauf der VA Tech an Siemens und der Austria Tabak an Gallaher beweist, ist ein Börsengang keine Garantie gegen Ausverkauf, sondern eher die Voraussetzung dafür.

Das mit dem Börsengang versprochene Wachstum wird allen bekannten Fakten zufolge im Ausland durch Expansion der Post AG in Osteuropa stattfinden. In Österreich ist die Entwicklung der Post in den letzten Jahren hingegen durch einen massiven Abbau gekennzeichnet. Seit dem Amtsantritt des der SPÖ angehörenden, aber der Regierung hörigen GD Anton Wais wurden über 7.000 Arbeitsplätze wegrationalisiert und rund tausend Postämter zugesperrt und das Ende dabei ist keineswegs erreicht.

Mit dem Börsengang werden letztlich private InteressentInnen bedient, die künftig Profit aus Postdienstleistungen scheffeln, wie das im Zuge der bis 2009 vorgesehen EU-weiten Liberalisierung der Postdienste vorgesehen ist. Österreich erweist sich damit einmal mehr als EU-Musterknabe, da bislang nur in wenigen Ländern eine Privatisierung der Post erfolgte. Bezeichnenderweise ist in den USA und Großbritannien – den Vorreitern der Liberalisierung und Privatisierung – die Post immer noch staatlich.

GLB-Bundesleitung 21. Jänner 2006 in Villach