In Memoriam Erwin Weissel
- Samstag, 9. Juli 2005 @ 22:14
Ein unorthodoxer sozialistischer Nationalökonom weilt nicht mehr unter uns. Am 9. Juli 2005 starb Erwin Weissel, unter anderem auch langjähriger Autor der Zeitschrift „die arbeit“. Damit ging einer der letzten Repräsentanten der österreichischen Gewerkschaftsbewegung von uns, die ohne Opportunismus die Anliegen der ArbeitnehmerInnen in Theorie und Praxis verfolgt hat.
Erwin Weissel war die größte Zeit seines beruflichen Lebens in der Arbeiterkammer Wien als Nationalökonom beschäftigt und befand sich damals in guter intellektueller Gesellschaft. Viele für die ArbeiternehmerInnen wichtige Themen wurden in dieser Zeit von ihm behandelt, so etwa die Untersuchung über die langfristige Entwicklung von Löhnen und Gehältern in Wien und die kurzfristigen Effekte einer Arbeitszeitverkürzung.
Letzteres Thema hat er kurz vor seinem Tod in einem Gespräch mit seiner Frau Helga wieder angesprochen und auf die Wichtigkeit dieses Themas hingewiesen. Erwin Weissel hat sich immer wieder kritisch mit den Problemen der Arbeitnehmerinstitutionen auseinandergesetzt. Für ihn steckten etwa die Gewerkschaften in einer tiefen, ihr Fortbestehen gefährdenden Krise, weil sie mit einer vorherrschenden Ideologie, einer wirtschaftlichen Gesamtkonzeption konfrontiert sind, zu deren Bekämpfung ihnen nicht nur das Gegenkonzept, sondern auch die Masse, der es vermittelt werden soll, fehlt.
Während seiner Berufsjahre in der Arbeiterkammer war Erwin Weissel auch Leiter der Sozialakademie in Mödling und Leiter des Instituts für Gesellschaftspolitik. Darüber hinaus war er Beisitzer am Kartellgericht in Wien und Vortragender an der Verwaltungsakademie des Bundes. Von 1978 bis 1995 war er ao Professor für Sozial-, Volkswirtschafts- und Finanzpolitik an der Universität Wien.
Bedingt durch die Vorkommnisse um den geplanten Beitritt Österreichs zur EU trat er – unter Berufung auch auf seinen Vater – aus der SPÖ aus. In einem offenen Brief vom 29. März 1994 in der „Wiener Zeitung“ begründete er seinen Rückzug von der SPÖ. Seine Erfahrungen rund um den EU-Beitritt fanden dann zwei Jahre später ihren Niederschlag in der Untersuchung „Der große Euphemismus. Ein österreichisches Lehrstück über Manipulation“.
Sein ganzes Leben war dem Kampf gegen die „Mainstream-Economics“ gewidmet, unabhängig davon, in welchen Gehirnen sie sich festgesetzt hat. Er war einer der wenigen politischen Nationalökonomen in Österreich, die sich radikal und ungeschminkt zu Wort gemeldet haben.
Von Josef Schmee
Erwin Weissel war die größte Zeit seines beruflichen Lebens in der Arbeiterkammer Wien als Nationalökonom beschäftigt und befand sich damals in guter intellektueller Gesellschaft. Viele für die ArbeiternehmerInnen wichtige Themen wurden in dieser Zeit von ihm behandelt, so etwa die Untersuchung über die langfristige Entwicklung von Löhnen und Gehältern in Wien und die kurzfristigen Effekte einer Arbeitszeitverkürzung.
Letzteres Thema hat er kurz vor seinem Tod in einem Gespräch mit seiner Frau Helga wieder angesprochen und auf die Wichtigkeit dieses Themas hingewiesen. Erwin Weissel hat sich immer wieder kritisch mit den Problemen der Arbeitnehmerinstitutionen auseinandergesetzt. Für ihn steckten etwa die Gewerkschaften in einer tiefen, ihr Fortbestehen gefährdenden Krise, weil sie mit einer vorherrschenden Ideologie, einer wirtschaftlichen Gesamtkonzeption konfrontiert sind, zu deren Bekämpfung ihnen nicht nur das Gegenkonzept, sondern auch die Masse, der es vermittelt werden soll, fehlt.
Während seiner Berufsjahre in der Arbeiterkammer war Erwin Weissel auch Leiter der Sozialakademie in Mödling und Leiter des Instituts für Gesellschaftspolitik. Darüber hinaus war er Beisitzer am Kartellgericht in Wien und Vortragender an der Verwaltungsakademie des Bundes. Von 1978 bis 1995 war er ao Professor für Sozial-, Volkswirtschafts- und Finanzpolitik an der Universität Wien.
Bedingt durch die Vorkommnisse um den geplanten Beitritt Österreichs zur EU trat er – unter Berufung auch auf seinen Vater – aus der SPÖ aus. In einem offenen Brief vom 29. März 1994 in der „Wiener Zeitung“ begründete er seinen Rückzug von der SPÖ. Seine Erfahrungen rund um den EU-Beitritt fanden dann zwei Jahre später ihren Niederschlag in der Untersuchung „Der große Euphemismus. Ein österreichisches Lehrstück über Manipulation“.
Sein ganzes Leben war dem Kampf gegen die „Mainstream-Economics“ gewidmet, unabhängig davon, in welchen Gehirnen sie sich festgesetzt hat. Er war einer der wenigen politischen Nationalökonomen in Österreich, die sich radikal und ungeschminkt zu Wort gemeldet haben.
Von Josef Schmee