1945-2015: Kämpferisch, internationalistisch
- Samstag, 18. Juli 2015 @ 23:03
Oliver Jonischkeit über 70 Jahre Weltgewerkschaftsbund
Praktisch unmittelbar nach dem Ende des 2. Weltkriegs und unter dem Eindruck der grauenvollen Erlebnisse schlossen sich weltweit Gewerkschaften über ideologische Grenzen und Unterschiede hinweg, zum einheitlichen Weltgewerkschaftsbund zusammen, dessen Mitglied auch der eben gegründete ÖGB wurde. Nach den notwendigen Vorbereitungen fand vom 3.-8.10.1945 der erste Weltgewerkschaftskongress in Paris statt. Die Einheit der weltweiten Gewerkschaftsbewegung war jedoch leider nur von kurzer Dauer, sie war insbesondere den antikommunistischen Kräften in- und außerhalb der Gewerkschaftsbewegung ein Dorn im Auge. Und so kam es bereits 1949 zur Spaltung durch jene Gewerkschaften, die sich fortan im „Internationalen Bund Freier Gewerkschaften“ (IBFG) organisierten - wie in Folge auch der ÖGB. Einzig der GLB, früher Gewerkschaftliche Einheit, weigerte sich, diesen Weg der Spaltung zu beschreiten und verblieb im Weltgewerkschaftsbund (WGB), dem er nach wie vor als aktives Mitglied angehört.
Auch Wien war Schauplatz eines Weltgewerkschaftskongresses – der III. Kongress tagte hier vom 10.-21.10.1953. Neben dem Zusammenschluss nationaler Gewerkschaftsverbände wurde schon bald begonnen, Branchengewerkschaften auf internationaler Ebene zusammenzuführen. Dazu wurden „Internationale Vereinigungen der Gewerkschaften“ (IVG's) gegründet, die ihrerseits - jedoch mit dem WGB eng verbunden - internationale Branchen- und Berufskongresse durchführten. Bereits auf dem 2. Internationalen Berufskongress 1959 wurde eine Deklaration über die Rechte und Garantien der Werktätigen des öffentlichen Dienstes beschlossen. Schon damals bekamen Forderungen zur Verteidigung des Friedens, für das Ringen um Abrüstung, nach einem Verbot von Kernwaffen immer stärkeres Gewicht. Daran hat sich bis heute nichts geändert - nach wie vor ist der WGB dem Kampf gegen Krieg und Faschismus verpflichtet.
Der WGB heute
Eine Zäsur erlebte der Weltgewerkschaftsbund mit dem Untergang der sozialistischen Staaten Europas. Dadurch war er gezwungen, immer stärker statt auf hauptamtliche Strukturen auf ehrenamtliche zu setzen. Der Schwerpunkt seiner Aktivitäten verlagerte sich von Europa nach Asien, Afrika und Lateinamerika. Während es auf internationaler Ebene in Wien zum Zusammenschluss des eher sozialdemokratisch orientierten IBFG mit dem vorwiegend christlichen Weltverband WVA zum „Internationalen Gewerkschaftsbund“ (IGB) kam, lehnte der Weltgewerkschaftsbund entsprechende Einladungen zur Selbstaufgabe ab.
Mit gutem Grund: schon in den Gründungsdokumenten des IGB wird letztlich die Sozialpartnerschaft festgeschrieben, die der WGB grundsätzlich ablehnt. Auch wenn früher schon der Präsident der Wirtschaftskammer, Leitl, gemeinsam mit dem damaligen ÖGB-Präsidenten Hundstorfer am Sitz der UN in New York die österreichische Sozialpartnerschaft als große Errungenschaft präsentierten - als Modell für eine „Weltsozialpartnerschaft“.
Neuanlauf 2005
Anfang Dezember 2005 erwachte der WGB aus der „Schockstarre“, in die er nach dem sang- und klanglosen Untergang der sozialistischen Länder Europas verfiel. Auf dem XV. Welt Gewerkschaftskongress in Havanna präsentierte sich der WGB als offene Plattform für klassenorientierte Gewerkschaften. Zum Präsidenten wurde Mohamad Shaban Azzouz vom Generalverband der Syrischen Gewerkschaften, Mavrikos von der immer stärker werdenden griechischen Gewerkschaftsbewegung PAME zum Generalsekretär gewählt. Das Sekretariat des WGB übersiedelte von Prag nach Athen.
Ausgehend vom Kongress von Havanna bildeten sich Regionalstrukturen des WGB, darunter auch für Europa. Der Autor dieses Beitrags war bei der Gründung in Athen dabei und vertritt den GLB seitdem im Sekretariat des Regionalbüros Europa mit Sitz in Nikosia, Zypern. Nach wie vor kommen die großen Gewerkschaften, die dem WGB angehören, aus Asien (CITU aus Indien, ZENROREN aus Japan,...), Afrika (COSATU aus Südafrika) und Lateinamerika (CTC aus Cuba).
Aber auch in Europa haben sich sehr aktive Gewerkschaftsverbände dem WGB angeschlossen. Darunter USB aus Italien, FTB aus Belarus oder LAB aus dem Baskenland. Dazu kommen Gewerkschaftsbewegungen wie die griechische PAME, PEO aus Zypern, CGTP-IN aus Portugal, Verbände aus Galizien, Katalonien und Spanien sowie einzelne Gewerkschaften der französischen CGT, aus Serbien und anderen Ländern. Gleichzeitig werden die Internationalen Berufsvereinigungen wiederbelebt.
Anfang Oktober findet jährlich ein weltweiter Aktionstag des WGB statt, an dem sich auch der GLB mit kleineren Aktionen beteiligt. Zuletzt beispielsweise mit einer Aktion gegen die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen. An der weiteren und besseren Vernetzung, an stärkerer gegenseitiger Information möchte sowohl das Regionalbüro Europa des WGB, aber auch der GLB im Rahmen seiner Möglichkeiten beitragen.
Infos: WGB www.wftucentral.org, Regionalbüro Europa: www.eurof-wftu.org.cy
Oliver Jonischkeit ist GLB-Bundessekretär und Mitglied des Sekretariats des Regionalbüros Europa des WGB
Praktisch unmittelbar nach dem Ende des 2. Weltkriegs und unter dem Eindruck der grauenvollen Erlebnisse schlossen sich weltweit Gewerkschaften über ideologische Grenzen und Unterschiede hinweg, zum einheitlichen Weltgewerkschaftsbund zusammen, dessen Mitglied auch der eben gegründete ÖGB wurde. Nach den notwendigen Vorbereitungen fand vom 3.-8.10.1945 der erste Weltgewerkschaftskongress in Paris statt. Die Einheit der weltweiten Gewerkschaftsbewegung war jedoch leider nur von kurzer Dauer, sie war insbesondere den antikommunistischen Kräften in- und außerhalb der Gewerkschaftsbewegung ein Dorn im Auge. Und so kam es bereits 1949 zur Spaltung durch jene Gewerkschaften, die sich fortan im „Internationalen Bund Freier Gewerkschaften“ (IBFG) organisierten - wie in Folge auch der ÖGB. Einzig der GLB, früher Gewerkschaftliche Einheit, weigerte sich, diesen Weg der Spaltung zu beschreiten und verblieb im Weltgewerkschaftsbund (WGB), dem er nach wie vor als aktives Mitglied angehört.
Auch Wien war Schauplatz eines Weltgewerkschaftskongresses – der III. Kongress tagte hier vom 10.-21.10.1953. Neben dem Zusammenschluss nationaler Gewerkschaftsverbände wurde schon bald begonnen, Branchengewerkschaften auf internationaler Ebene zusammenzuführen. Dazu wurden „Internationale Vereinigungen der Gewerkschaften“ (IVG's) gegründet, die ihrerseits - jedoch mit dem WGB eng verbunden - internationale Branchen- und Berufskongresse durchführten. Bereits auf dem 2. Internationalen Berufskongress 1959 wurde eine Deklaration über die Rechte und Garantien der Werktätigen des öffentlichen Dienstes beschlossen. Schon damals bekamen Forderungen zur Verteidigung des Friedens, für das Ringen um Abrüstung, nach einem Verbot von Kernwaffen immer stärkeres Gewicht. Daran hat sich bis heute nichts geändert - nach wie vor ist der WGB dem Kampf gegen Krieg und Faschismus verpflichtet.
Der WGB heute
Eine Zäsur erlebte der Weltgewerkschaftsbund mit dem Untergang der sozialistischen Staaten Europas. Dadurch war er gezwungen, immer stärker statt auf hauptamtliche Strukturen auf ehrenamtliche zu setzen. Der Schwerpunkt seiner Aktivitäten verlagerte sich von Europa nach Asien, Afrika und Lateinamerika. Während es auf internationaler Ebene in Wien zum Zusammenschluss des eher sozialdemokratisch orientierten IBFG mit dem vorwiegend christlichen Weltverband WVA zum „Internationalen Gewerkschaftsbund“ (IGB) kam, lehnte der Weltgewerkschaftsbund entsprechende Einladungen zur Selbstaufgabe ab.
Mit gutem Grund: schon in den Gründungsdokumenten des IGB wird letztlich die Sozialpartnerschaft festgeschrieben, die der WGB grundsätzlich ablehnt. Auch wenn früher schon der Präsident der Wirtschaftskammer, Leitl, gemeinsam mit dem damaligen ÖGB-Präsidenten Hundstorfer am Sitz der UN in New York die österreichische Sozialpartnerschaft als große Errungenschaft präsentierten - als Modell für eine „Weltsozialpartnerschaft“.
Neuanlauf 2005
Anfang Dezember 2005 erwachte der WGB aus der „Schockstarre“, in die er nach dem sang- und klanglosen Untergang der sozialistischen Länder Europas verfiel. Auf dem XV. Welt Gewerkschaftskongress in Havanna präsentierte sich der WGB als offene Plattform für klassenorientierte Gewerkschaften. Zum Präsidenten wurde Mohamad Shaban Azzouz vom Generalverband der Syrischen Gewerkschaften, Mavrikos von der immer stärker werdenden griechischen Gewerkschaftsbewegung PAME zum Generalsekretär gewählt. Das Sekretariat des WGB übersiedelte von Prag nach Athen.
Ausgehend vom Kongress von Havanna bildeten sich Regionalstrukturen des WGB, darunter auch für Europa. Der Autor dieses Beitrags war bei der Gründung in Athen dabei und vertritt den GLB seitdem im Sekretariat des Regionalbüros Europa mit Sitz in Nikosia, Zypern. Nach wie vor kommen die großen Gewerkschaften, die dem WGB angehören, aus Asien (CITU aus Indien, ZENROREN aus Japan,...), Afrika (COSATU aus Südafrika) und Lateinamerika (CTC aus Cuba).
Aber auch in Europa haben sich sehr aktive Gewerkschaftsverbände dem WGB angeschlossen. Darunter USB aus Italien, FTB aus Belarus oder LAB aus dem Baskenland. Dazu kommen Gewerkschaftsbewegungen wie die griechische PAME, PEO aus Zypern, CGTP-IN aus Portugal, Verbände aus Galizien, Katalonien und Spanien sowie einzelne Gewerkschaften der französischen CGT, aus Serbien und anderen Ländern. Gleichzeitig werden die Internationalen Berufsvereinigungen wiederbelebt.
Anfang Oktober findet jährlich ein weltweiter Aktionstag des WGB statt, an dem sich auch der GLB mit kleineren Aktionen beteiligt. Zuletzt beispielsweise mit einer Aktion gegen die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen. An der weiteren und besseren Vernetzung, an stärkerer gegenseitiger Information möchte sowohl das Regionalbüro Europa des WGB, aber auch der GLB im Rahmen seiner Möglichkeiten beitragen.
Infos: WGB www.wftucentral.org, Regionalbüro Europa: www.eurof-wftu.org.cy
Oliver Jonischkeit ist GLB-Bundessekretär und Mitglied des Sekretariats des Regionalbüros Europa des WGB