„Wir Freiberufler aller Sparten, schickt uns die Millionen...“
- Montag, 4. Februar 2013 @ 16:30
... hat Wolfgang Ambros in seinem Titel „Telefongeld“ 1991 geschrieben. Heute, 2013, sieht die Welt anders aus. Nicht einmal 12.000 Euro haben Selbstständige im vorletzten Jahr durchschnittlich verdient, das waren weniger als tausend Euro im Monat. Und das betrifft laut Statistik Austria aktuell 482.600 Personen, deren Anzahl permanent steigt. So waren es z. B. 2011 um 7.200 Menschen mehr als im Jahr davor. Selbstständigkeit ist nicht immer gewollt: Vor 30 Jahren waren viele Selbständige Handwerker oder Ladenbesitzer, die vielleicht ein bis zwei Angestellte hatten. Ihre Anzahl hat aber stetig abgenommen. Viele Geschäfte wurden von großen Handelsketten übernommen, der Kollektivvertrag im Handel ist aber, nebenbei bemerkt, natürlich auch nicht das Gelbe vom Ei.
Und umgekehrt: Früher waren z. B. im Medienbereich sehr viele Mitarbeiter direkt bei den Unternehmen wie ORF und großen Zeitungen angestellt. Inzwischen wurden sie aber immer mehr an kleine Produktionsfirmen ausgelagert, die ihrerseits nicht dem Kollektivvertrag des ORF unterliegen. Abgesehen davon werden heute viele Jobs einfach als „Werk“ definiert, somit wird ein Werkvertrag abgeschlossen und es gibt gar keinen KV mehr.
Man wird nur für die Dauer des Projekts beschäftigt, danach ist man wieder ohne Einkommen. Da alle Werkvertragsnehmer nun aber in direkter Konkurrenz zueinander stehen, ist es für den Arbeitgeber, der nun Auftraggeber ist, ein Leichtes, den Preis zu drücken. Man sieht es bei Tageszeitungen und Zeitschriften, dass das Entgelt pro geschriebener Zeile bei einem Artikel, also das „Zeilengeld“, in den letzten 20 Jahren kontinuierlich gefallen ist. Statt kritischem Journalismus ist hier nur mehr Fließbandarbeit möglich.
Notwendig wäre hier, dass Gewerkschaften wieder dafür kämpfen, dass es mehr Fixanstellungen gäbe. Parallel dazu müssten für Menschen, die keine Fixanstellung wünschen, Rahmenverträge ähnlich den Kollektivverträgen gelten und erkämpft werden, die Mindestentgelte sichern. Nur so könnten erzwungene Selbstständigkeiten und daraus resultierende Entsolidarisierung und Verarmung nachhaltig bekämpft werden.
Mischbeschäftigung
Wesentlich höher sind die Gehälter bei sogenannten „Mischbeschäftigten“. Aus eigener Erfahrung kenne ich dies: Man hat das Glück, einen Anstellungsvertrag angeboten zu bekommen. Ein Arbeitgeber will meine Kompetenz, ist aber nicht bereit, angemessen dafür zu zahlen. Somit einigt man sich auf z. B. 20 Stunden pro Woche Teilzeitanstellung. Das wäre eine schöne Wochenarbeitszeit, nur kann man davon nicht wirklich leben. Eine zweite Anstellung findet man aber nicht, da die meisten Jobs in Werkverträge umdefiniert wurden. Also versucht man „nebenbei“ Werkverträge anzunehmen und darin durchschnittlich weitere 20 Stunden zu arbeiten.
Vorteil: Man hat eine Krankenversicherung nach ASVG. Man hat ein fixes Basisgehalt, das zwar alleine nicht zum Leben reicht, aber einen Teil der Unsicherheit wegnimmt. Nachteile: Viele Betroffene schimpfen über die doppelte Sozialversicherungspflicht nach ASVG und GSVG.
Die Arbeitslosenversicherung zahlt man häufig umsonst ein. Wird die Anstellung gekündigt, ist natürlich die Berechnungsgrundlage für das Arbeitslosengeld nur der Verdienst der Festanstellung. In den seltensten Fällen würde dies zum Überleben ausreichen, da man mit selbstständiger Tätigkeit nur in geringfügigem Maße dazuverdienen darf. Ein Einkommen aus den anderen 20 Stunden Selbstständigkeit, wie in oben genanntem Beispiel, ist neben dem Arbeitslosengeld nicht möglich, obwohl ja dieses nur im Ausmaß des gekündigten Dienstvertrags besteht.
Das heißt die einzige vernünftige Überlebenschance ist es nun 40 Stunden selbstständig tätig zu sein. Daher hat man die Arbeitslosenversicherung, manchmal über Jahre, komplett umsonst eingezahlt. Für Teilzeitarbeit zahlt man Arbeitslosenversicherung ein, man kann aber nicht Teilzeit-Arbeitslos sein. Es gibt auch keine Teil-Verarmung die droht, wenn man als nun erzwungen Vollzeit-Selbständiger nicht schlagartig doppelt so viele Aufträge lukrieren kann. Die Verarmung ist vorprogrammiert und erbarmungslos, genauso wie das System, das ihr zugrundeliegt: Die „Soziale Marktwirtschaft“.
Bertl Hill, Wien
Und umgekehrt: Früher waren z. B. im Medienbereich sehr viele Mitarbeiter direkt bei den Unternehmen wie ORF und großen Zeitungen angestellt. Inzwischen wurden sie aber immer mehr an kleine Produktionsfirmen ausgelagert, die ihrerseits nicht dem Kollektivvertrag des ORF unterliegen. Abgesehen davon werden heute viele Jobs einfach als „Werk“ definiert, somit wird ein Werkvertrag abgeschlossen und es gibt gar keinen KV mehr.
Man wird nur für die Dauer des Projekts beschäftigt, danach ist man wieder ohne Einkommen. Da alle Werkvertragsnehmer nun aber in direkter Konkurrenz zueinander stehen, ist es für den Arbeitgeber, der nun Auftraggeber ist, ein Leichtes, den Preis zu drücken. Man sieht es bei Tageszeitungen und Zeitschriften, dass das Entgelt pro geschriebener Zeile bei einem Artikel, also das „Zeilengeld“, in den letzten 20 Jahren kontinuierlich gefallen ist. Statt kritischem Journalismus ist hier nur mehr Fließbandarbeit möglich.
Notwendig wäre hier, dass Gewerkschaften wieder dafür kämpfen, dass es mehr Fixanstellungen gäbe. Parallel dazu müssten für Menschen, die keine Fixanstellung wünschen, Rahmenverträge ähnlich den Kollektivverträgen gelten und erkämpft werden, die Mindestentgelte sichern. Nur so könnten erzwungene Selbstständigkeiten und daraus resultierende Entsolidarisierung und Verarmung nachhaltig bekämpft werden.
Mischbeschäftigung
Wesentlich höher sind die Gehälter bei sogenannten „Mischbeschäftigten“. Aus eigener Erfahrung kenne ich dies: Man hat das Glück, einen Anstellungsvertrag angeboten zu bekommen. Ein Arbeitgeber will meine Kompetenz, ist aber nicht bereit, angemessen dafür zu zahlen. Somit einigt man sich auf z. B. 20 Stunden pro Woche Teilzeitanstellung. Das wäre eine schöne Wochenarbeitszeit, nur kann man davon nicht wirklich leben. Eine zweite Anstellung findet man aber nicht, da die meisten Jobs in Werkverträge umdefiniert wurden. Also versucht man „nebenbei“ Werkverträge anzunehmen und darin durchschnittlich weitere 20 Stunden zu arbeiten.
Vorteil: Man hat eine Krankenversicherung nach ASVG. Man hat ein fixes Basisgehalt, das zwar alleine nicht zum Leben reicht, aber einen Teil der Unsicherheit wegnimmt. Nachteile: Viele Betroffene schimpfen über die doppelte Sozialversicherungspflicht nach ASVG und GSVG.
Die Arbeitslosenversicherung zahlt man häufig umsonst ein. Wird die Anstellung gekündigt, ist natürlich die Berechnungsgrundlage für das Arbeitslosengeld nur der Verdienst der Festanstellung. In den seltensten Fällen würde dies zum Überleben ausreichen, da man mit selbstständiger Tätigkeit nur in geringfügigem Maße dazuverdienen darf. Ein Einkommen aus den anderen 20 Stunden Selbstständigkeit, wie in oben genanntem Beispiel, ist neben dem Arbeitslosengeld nicht möglich, obwohl ja dieses nur im Ausmaß des gekündigten Dienstvertrags besteht.
Das heißt die einzige vernünftige Überlebenschance ist es nun 40 Stunden selbstständig tätig zu sein. Daher hat man die Arbeitslosenversicherung, manchmal über Jahre, komplett umsonst eingezahlt. Für Teilzeitarbeit zahlt man Arbeitslosenversicherung ein, man kann aber nicht Teilzeit-Arbeitslos sein. Es gibt auch keine Teil-Verarmung die droht, wenn man als nun erzwungen Vollzeit-Selbständiger nicht schlagartig doppelt so viele Aufträge lukrieren kann. Die Verarmung ist vorprogrammiert und erbarmungslos, genauso wie das System, das ihr zugrundeliegt: Die „Soziale Marktwirtschaft“.
Bertl Hill, Wien