Wem verpflichtet?
- Montag, 11. Juli 2016 @ 17:02
Josef Stingls Editorial
Laut Österreichischem Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) ist die Abgabenbelastung für das unterste Zehntel der österreichischen Haushalte seit 2007 um 1,5 Prozentpunkte gestiegen und das trotz zweier Steuerreformen. Schuld daran sind indirekte Steuern, einkommensschwache Haushalte traf der Preisanstieg bei Lebensmittel und Mieten somit am stärksten.
Unter den Geringverdienern sind in Österreich besonders viele Frauen. Ein Grund für ihre schwachen Einkommen und die später noch niedrigeren Pensionen ist die hohe Dichte an Teilzeit-Beschäftigung. Inzwischen arbeitet fast jede zweite lohnabhängige Frau in Österreich in Teilzeit. Besonders Frauen sind dadurch von zusätzlicher Altersarmut bedroht.
Für Salzburgs GLB-Arbeiterkammerrätin Brigitte Promberger ein unhaltbarer Zustand. Bei der letzten AK-Vollversammlung forderte sie daher, dass „die Pensionsversicherungsbeiträge der Teilzeitbeschäftigten nach einem Vollbeschäftigungsverhältnis verrechnet werden und die Beitragsdifferenz (DG- und DN-Anteil) zwischen der tatsächlichen Teilzeitbeschäftigung auf die Vollzeitbeschäftigung soll als die gesteigerte Produktivitätsabgeltung von den Dienstgeber_innen getragen werden“.
Der GLB-Antrag wurde dem Ausschuss für Sozial- und Arbeitsrechtspolitik zugewiesen, damit bei der weiteren Behandlung die Fragen nach der Neuverteilung der bezahlten Erwerbsarbeit, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und eine Arbeitszeitverkürzung miteinbezogen werden. Okay, fragwürdig ist jedoch die Begründung: „Würden für Teilzeit die Vollarbeitszeit-Pensionsbeiträge verrechnet werden, würden sich schlagartig alle Teilzeitbeschäftigungen verteuern. Da Teilzeitbeschäftigung u.a. aus Gründen der Kinderbetreuung oder Ausbildung häufig auch von den Arbeitnehmer_innen selbst erwünscht ist, erscheint eine pauschale Pönalisierung dieser Beschäftigungsform als nicht erstrebenswert.“ Wem ist die AK verpflichtet – ihren Mitgliedern oder dem „Sozialpartner Wirtschaft“?
Übrigens, die Frauenteilzeitquote ist seit 1994 von 26 Prozent auf heute 48,2 Prozent gestiegen. Viele Unternehmen – vor allem im Handel – bieten immer mehr bzw. fast nur mehr Teilzeit- anstelle von Vollzeitstellen an: Aus Humanität den Beschäftigten gegenüber? Oder erhoffen sie sich mehr Profit, indem sie die Teilzeitberufstätigen flexibler, produktiver, einsetzen, wie es die GLB-AK-Rätin in ihrem Antrag begründet?
Josef Stingl ist Verkaufsfahrer in Tirol, Mitglied des ÖGB-Bundesvorstandes und Bundesvorsitzender des GLB
Laut Österreichischem Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) ist die Abgabenbelastung für das unterste Zehntel der österreichischen Haushalte seit 2007 um 1,5 Prozentpunkte gestiegen und das trotz zweier Steuerreformen. Schuld daran sind indirekte Steuern, einkommensschwache Haushalte traf der Preisanstieg bei Lebensmittel und Mieten somit am stärksten.
Unter den Geringverdienern sind in Österreich besonders viele Frauen. Ein Grund für ihre schwachen Einkommen und die später noch niedrigeren Pensionen ist die hohe Dichte an Teilzeit-Beschäftigung. Inzwischen arbeitet fast jede zweite lohnabhängige Frau in Österreich in Teilzeit. Besonders Frauen sind dadurch von zusätzlicher Altersarmut bedroht.
Für Salzburgs GLB-Arbeiterkammerrätin Brigitte Promberger ein unhaltbarer Zustand. Bei der letzten AK-Vollversammlung forderte sie daher, dass „die Pensionsversicherungsbeiträge der Teilzeitbeschäftigten nach einem Vollbeschäftigungsverhältnis verrechnet werden und die Beitragsdifferenz (DG- und DN-Anteil) zwischen der tatsächlichen Teilzeitbeschäftigung auf die Vollzeitbeschäftigung soll als die gesteigerte Produktivitätsabgeltung von den Dienstgeber_innen getragen werden“.
Der GLB-Antrag wurde dem Ausschuss für Sozial- und Arbeitsrechtspolitik zugewiesen, damit bei der weiteren Behandlung die Fragen nach der Neuverteilung der bezahlten Erwerbsarbeit, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und eine Arbeitszeitverkürzung miteinbezogen werden. Okay, fragwürdig ist jedoch die Begründung: „Würden für Teilzeit die Vollarbeitszeit-Pensionsbeiträge verrechnet werden, würden sich schlagartig alle Teilzeitbeschäftigungen verteuern. Da Teilzeitbeschäftigung u.a. aus Gründen der Kinderbetreuung oder Ausbildung häufig auch von den Arbeitnehmer_innen selbst erwünscht ist, erscheint eine pauschale Pönalisierung dieser Beschäftigungsform als nicht erstrebenswert.“ Wem ist die AK verpflichtet – ihren Mitgliedern oder dem „Sozialpartner Wirtschaft“?
Übrigens, die Frauenteilzeitquote ist seit 1994 von 26 Prozent auf heute 48,2 Prozent gestiegen. Viele Unternehmen – vor allem im Handel – bieten immer mehr bzw. fast nur mehr Teilzeit- anstelle von Vollzeitstellen an: Aus Humanität den Beschäftigten gegenüber? Oder erhoffen sie sich mehr Profit, indem sie die Teilzeitberufstätigen flexibler, produktiver, einsetzen, wie es die GLB-AK-Rätin in ihrem Antrag begründet?
Josef Stingl ist Verkaufsfahrer in Tirol, Mitglied des ÖGB-Bundesvorstandes und Bundesvorsitzender des GLB