Schäbiger Umgang mit Beschäftigten
- Samstag, 18. Juli 2015 @ 22:50
Thomas Erlach über einen Streikkrimi auf oberösterreichisch.
Der oberösterreichische Sozialbereich ist seit Jahresbeginn mit erneuten Kürzungsplänen durch die Landesregierung konfrontiert. Die Arbeitgebervereinigung IVS hat der Kürzung ohne Widerstand zugestimmt. Die Sozialabteilung hat in den letzten Jahren die Kosten für neu eröffnete Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigung und Menschen mit psychischen Problemen nie ins laufende Budget übernommen, sondern die Kosten durch Budgettricks verschleiert. Nun sollen die so entstandenen Schulden zu Lasten der Beschäftigten ausgeglichen werden.
Damals war noch von 25 Millionen Euro die Rede, die bis Ende 2017 gekürzt werden sollten. Das hätte 500 Vollzeitstellen weniger bedeutet. Nach einer Kundgebung mit 2200 und einer Demonstration mit 3500 TeilnehmerInnen war die Soziallandesrätin gesprächsbereit und in den Verhandlungen konnte das Kürzungsvolumen auf 17 Millionen gesenkt werden. Natürlich stimmte die IVS auch den 17 Millionen zu, und gleichzeitig wurde versichert, dass das ohne Kündigungen, Änderungskündigungen und ohne Leistungsverdichtung möglich sei.
Erst als von Gewerkschaftsseite eine Musterbetriebsvereinbarung zur Unterschrift vorgelegt wurde, die Kündigungsschutz und Nachbesetzungspflicht in allen oberösterreichischen Sozialorganisationen rechtswirksam absichern sollte, legt die IVS die Karten offen auf den Tisch. Sie haben uns angelogen. Kündigungen sind fix eingeplant.
Darauf wurde von uns BetriebsrätInnen ein bundeslandweiter eintägiger Warnstreik beschlossen. Wir forderten Kündigungsschutz, Nachbesetzungspflicht und die Verhinderung von Leistungsverdichtung. Am 16. Juni hätte gestreikt werden sollen. In der Woche vor dem Streik fanden Gespräche mit Landeshauptmann Pühringer, Soziallandesrätin Jahn, VertreterInnen der Arbeitgebervereinigung IVS, und der GPA-djp statt. Am 12. Juni beschloss der Regionalausschuss der GPA-djp mehrheitlich den Streik abzusagen, weil die Arbeitgeber erneut Kündigungsschutz und Nachbesetzungspflicht zugesagt haben. Das Kürzungsvolumen bleibt für die Beschäftigten gleich. Es gibt zwar diesmal ein Papier, das von der Politik, der IVS und der Gewerkschaft unterzeichnet wurde, die Formulierungen sind aber sehr undeutlich gehalten und die Gültigkeit des Papiers wurde an die Amtszeit der unterzeichneten Personen gebunden. Das bedeutet, die Vereinbarung gilt ohnehin nur bis zur Landtagswahl im Herbst.
Doch es kommt noch schlimmer. Die Arbeitgeber verweigern eine Umsetzung der Vereinbarung in den Betrieben. Sie können sich plötzlich an keine Zusage mehr erinnern und erklären nun, ihre eigene Interessensvertretung IVS, mit der wir seit Jahresbeginn verhandelt haben, hätte gar kein Verhandlungsmandat. Sie haben uns nun bereits zum zweiten Mal getäuscht, ganz bewusst, um das ganze Thema auf eine Zeit nach den Landtagswahlen zu verschieben.
Es ist ein Skandal, wie von Seite der Arbeitgeber hier vorgegangen wird. Jegliches Vertrauen in die Geschäftsführungen ist offensichtlich unangebracht. Sie sind keine geeigneten Verhandlungspartner. Dass die Situation der Beschäftigten ihnen völlig gleichgültig ist, haben sie eindrucksvoll bewiesen.
Die Streikabsage war verfrüht. Ich finde, wir hätten bei dem Verhandlungsstand auf jeden Fall streiken sollen. Es kann doch nicht sein, dass im Gesundheitsbereich ein Einkommenszuwachs für Pflegekräfte, als Ausgleich für Leistungsverdichtung, ausverhandelt wird, während wir Beschäftigten im Sozialbereich Leistungsverdichtung als selbstverständlich hinnehmen sollen, wenn wir nicht gekündigt werden wollen. Es kann doch nicht sein, dass die Finanzierung sozialstaatlicher Leistungen aus den Löhnen der Beschäftigten erfolgt.
Ich fordere, dass angesichts des skandalösen Bruchs der Vereinbarung durch die Arbeitgeber, die Streikvorbereitungen wieder hochgefahren werden. Ich fordere, dass diesmal ein mehrtägiger Warnstreik durchgeführt wird, mit einer großen Abschlussdemonstration vor dem Landhaus in Linz. Ich fordere, dass wir BetriebsrätInnen. aus dem Sozialbereich nicht mehr mit den Arbeitgebern, sondern direkt mit der Politik verhandeln. Ich fordere alle BetriebsrätInnen und alle Beschäftigten im Sozialbereich auf, dass wir erneut ein deutliches Zeichen setzten, dass man mit uns nicht so schäbig umgehen kann.
Thomas Erlach ist Praxeologe und Betriebsratsvorsitzender von EXIT-sozial Linz und AK-Rat des GLB in Oberösterreich
Der oberösterreichische Sozialbereich ist seit Jahresbeginn mit erneuten Kürzungsplänen durch die Landesregierung konfrontiert. Die Arbeitgebervereinigung IVS hat der Kürzung ohne Widerstand zugestimmt. Die Sozialabteilung hat in den letzten Jahren die Kosten für neu eröffnete Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigung und Menschen mit psychischen Problemen nie ins laufende Budget übernommen, sondern die Kosten durch Budgettricks verschleiert. Nun sollen die so entstandenen Schulden zu Lasten der Beschäftigten ausgeglichen werden.
Damals war noch von 25 Millionen Euro die Rede, die bis Ende 2017 gekürzt werden sollten. Das hätte 500 Vollzeitstellen weniger bedeutet. Nach einer Kundgebung mit 2200 und einer Demonstration mit 3500 TeilnehmerInnen war die Soziallandesrätin gesprächsbereit und in den Verhandlungen konnte das Kürzungsvolumen auf 17 Millionen gesenkt werden. Natürlich stimmte die IVS auch den 17 Millionen zu, und gleichzeitig wurde versichert, dass das ohne Kündigungen, Änderungskündigungen und ohne Leistungsverdichtung möglich sei.
Erst als von Gewerkschaftsseite eine Musterbetriebsvereinbarung zur Unterschrift vorgelegt wurde, die Kündigungsschutz und Nachbesetzungspflicht in allen oberösterreichischen Sozialorganisationen rechtswirksam absichern sollte, legt die IVS die Karten offen auf den Tisch. Sie haben uns angelogen. Kündigungen sind fix eingeplant.
Darauf wurde von uns BetriebsrätInnen ein bundeslandweiter eintägiger Warnstreik beschlossen. Wir forderten Kündigungsschutz, Nachbesetzungspflicht und die Verhinderung von Leistungsverdichtung. Am 16. Juni hätte gestreikt werden sollen. In der Woche vor dem Streik fanden Gespräche mit Landeshauptmann Pühringer, Soziallandesrätin Jahn, VertreterInnen der Arbeitgebervereinigung IVS, und der GPA-djp statt. Am 12. Juni beschloss der Regionalausschuss der GPA-djp mehrheitlich den Streik abzusagen, weil die Arbeitgeber erneut Kündigungsschutz und Nachbesetzungspflicht zugesagt haben. Das Kürzungsvolumen bleibt für die Beschäftigten gleich. Es gibt zwar diesmal ein Papier, das von der Politik, der IVS und der Gewerkschaft unterzeichnet wurde, die Formulierungen sind aber sehr undeutlich gehalten und die Gültigkeit des Papiers wurde an die Amtszeit der unterzeichneten Personen gebunden. Das bedeutet, die Vereinbarung gilt ohnehin nur bis zur Landtagswahl im Herbst.
Doch es kommt noch schlimmer. Die Arbeitgeber verweigern eine Umsetzung der Vereinbarung in den Betrieben. Sie können sich plötzlich an keine Zusage mehr erinnern und erklären nun, ihre eigene Interessensvertretung IVS, mit der wir seit Jahresbeginn verhandelt haben, hätte gar kein Verhandlungsmandat. Sie haben uns nun bereits zum zweiten Mal getäuscht, ganz bewusst, um das ganze Thema auf eine Zeit nach den Landtagswahlen zu verschieben.
Es ist ein Skandal, wie von Seite der Arbeitgeber hier vorgegangen wird. Jegliches Vertrauen in die Geschäftsführungen ist offensichtlich unangebracht. Sie sind keine geeigneten Verhandlungspartner. Dass die Situation der Beschäftigten ihnen völlig gleichgültig ist, haben sie eindrucksvoll bewiesen.
Die Streikabsage war verfrüht. Ich finde, wir hätten bei dem Verhandlungsstand auf jeden Fall streiken sollen. Es kann doch nicht sein, dass im Gesundheitsbereich ein Einkommenszuwachs für Pflegekräfte, als Ausgleich für Leistungsverdichtung, ausverhandelt wird, während wir Beschäftigten im Sozialbereich Leistungsverdichtung als selbstverständlich hinnehmen sollen, wenn wir nicht gekündigt werden wollen. Es kann doch nicht sein, dass die Finanzierung sozialstaatlicher Leistungen aus den Löhnen der Beschäftigten erfolgt.
Ich fordere, dass angesichts des skandalösen Bruchs der Vereinbarung durch die Arbeitgeber, die Streikvorbereitungen wieder hochgefahren werden. Ich fordere, dass diesmal ein mehrtägiger Warnstreik durchgeführt wird, mit einer großen Abschlussdemonstration vor dem Landhaus in Linz. Ich fordere, dass wir BetriebsrätInnen. aus dem Sozialbereich nicht mehr mit den Arbeitgebern, sondern direkt mit der Politik verhandeln. Ich fordere alle BetriebsrätInnen und alle Beschäftigten im Sozialbereich auf, dass wir erneut ein deutliches Zeichen setzten, dass man mit uns nicht so schäbig umgehen kann.
Thomas Erlach ist Praxeologe und Betriebsratsvorsitzender von EXIT-sozial Linz und AK-Rat des GLB in Oberösterreich