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Oh du reiches Österreich

  • Mittwoch, 2. Juli 2014 @ 11:54
Meinung Lisa Mittendrein zum Thema Umverteilung

Reichtum und Umverteilung sind für Linke schon seit langem ein Thema. Die Verteilung in Österreich ist extrem ungleich: bei Löhnen und Gehältern, zwischen Löhnen und Gewinnen, bei Vermögen und daraus folgend bei Vermögenseinkommen und Erbschaften. Gewerkschaften haben viel Wissen über die Schere zwischen Kollektivvertragslöhnen und Spitzengehältern. Auch das Verhältnis von Löhnen und Gewinnen ist schon lange gut erfasst. So sinkt der Anteil der Löhne am Volkseinkommen seit den 1980ern und jener der Gewinne steigt. Während die Wirtschaft wächst und immer größere Gewinne abgeschöpft werden, profitieren Lohnabhängige kaum.

Wissen und Zahlen

Im Gegensatz zum Wissen darüber gab es bislang keine fundierten Zahlen zur Verteilung von privatem Vermögen. Kein Zufall – denn die Zahlen sind extrem brisant. So existiert in Österreich insgesamt mehr als eine Billion Euro an Privatvermögen. Das reichste Prozent der Haushalte besitzt davon mehr als ein Drittel, die reichsten fünf Prozent insgesamt 50 bis 60 Prozent.

Einerseits gibt es also unglaublich viel privates Vermögen, andererseits kommt uns das Gerede von der Schuldenkrise des Staates schon bei den Ohren heraus. Es wird behauptet, weil kein Geld da wäre müsse der Staat jetzt leider sparen und könne weniger öffentliche Leistungen finanzieren. Tatsache ist: Es ist genug Geld da um alles zu finanzieren was wir uns als Gesellschaft wünschen, wir müssen es uns nur holen.

Die Attac-Schuldenuhr

Eine kleine Illustration dafür ist die Attac „Vermögensuhr“ (http://www.attac.at/vermoegensuhr.html) , die online laufend zeigt, wie viel Privatvermögen gerade in den Händen des obersten Prozentes liegt, und wie viel Schulden der österreichische Staat hat. Soviel sei verraten: Die erste Zahl übersteigt die zweite um ein Vielfaches.

Vermögen hat auch die Eigenschaft, seine Besitzer_innen immer reicher zu machen. Oft wird behauptet, wir alle hätten durch Sparbuchzinsen ein Zubrot, doch das ist eine blanke Lüge: Es gibt in Österreich keinen „Vermögensmittelstand“. Das reichste Prozent der Österreicher_innen erhält mehr als 100.000 Euro pro Jahr an Kapitaleinkommen, 95 Prozent der Menschen müssen arbeiten gehen um Geld zu verdienen.

Diese Zahlen sind nichts Neues und Linke sind sich einig über die Notwendigkeit von Umverteilung. Trotzdem gelingt es uns seit Jahrzehnten nicht, den notwendigen gesellschaftlichen Druck aufzubauen. Einer der Gründe dafür ist mit Sicherheit auch der bedauernswerte Zustand progressiver Parteien und die allgemeine Schwäche und Zersplitterung der österreichischen Linken.

Die Gegenseite ist in dieser Frage hingegen einig und strategisch exzellent aufgestellt: Einhellig diskreditieren Unternehmensverbände, konservative Politiker_innen und neoliberale Ökonom_innen jede Forderung nach Umverteilung und produzieren zur Untermauerung regelmäßige Gefälligkeitsstudien. Ihnen ist aber auch noch grundlegenderes gelungen: Die Drohung, jede klitzekleine Vermögenssteuer würde die „Mittelschicht“ und damit uns alle treffen, wurde in breiten Teilen der Bevölkerung verinnerlicht. Es gelingt den herrschenden Kräften in der Verteilungsdebatte besonders gut zu suggerieren, ihre Interessen wären auch unsere Interessen.

Was daraus lernen?

Die Gegenseite betreibt höchst effektive politische Kommunikation, inklusiver breit abgestimmter Kampagnen und Gefälligkeitsstudien. Wir müssen darin besser werden und ihnen strategisch neue Mittel entgegensetzen. So banal es auch klingt: Die Existenz gegensätzlicher gesellschaftlicher Interessen ist nicht im breiten Bewusstsein verankert. Wir müssen unsere Analysen und Forderungen viel expliziter darauf zuspitzen, und zwar auf eine Art und Weise, die im Lebensalltag der Menschen anknüpfungsfähig ist.

Wir dürfen uns nicht nur darauf konzentrieren, die bestehende ungleiche Verteilung zu verändern, sondern auch darauf, wie sie zustande kommt. Dazu gehört ganz zentral die Entwicklung der Löhne und mit ihnen altbekannte gewerkschaftliche Grundanliegen wie höhere KV-Abschlüsse und ein besserer Organisierungsgrad.

Dazu gehören aber auch Kapitaleinkommen: Es ist nicht einzusehen, warum Zinseinkünfte nicht sozialversicherungspflichtig sind und mit nur 25 Prozent KESt besteuert werden. Kapitaleinkommen sind ganz normale Einkommen, die in die Sozialversicherung und die Lohn- bzw. Einkommenssteuer einbezogen werden müssen!

Radikalere Forderungen

Attac fordert eine einmalige Vermögensabgabe, zusätzlich zu normalen Vermögens- und Erbschaftssteuern. Diese Abgabe soll nur jene mit mehr als einer Million Vermögen treffen, alles darüber wird progressiv mit 20 bis 80 Prozent (ab 500 Millionen) besteuert. Eine solche Vermögensabgabe würde keine absolute Gleichheit herstellen, aber sie würde die Verteilung massiv verbessern, die Krisenkosten decken und dringend notwendige öffentliche Investitionen in Bildung, Soziales und Umwelt finanzieren. Und ebenso wichtig: Die Forderung nach einer hohen einmaligen Vermögensabgabe würde die öffentliche Debatte nach links ziehen und es den schwachen kursierenden Forderungen nicht mehr erlauben, als radikal dazustehen.

Lisa Mittendrein ist Vorstandsmitglied von Attac Österreich