Mythen und Märchen zur Pension
- Montag, 5. November 2012 @ 14:33
Von Lilian Stadler
Unser Pensionssystem ist nicht mehr finanzierbar, wir leben länger, also müssen wir länger arbeiten, die Alten leben auf Kosten der Jüngeren – eine grundlegende Pensionsreform muss her! Diese Botschaften werden uns täglich eingetrichtert, denn steter Tropfen höhlt den Stein. „Pensionsexperten“ werden nicht müde, Vorschläge zu unterbreiten, Äpfel mit Birnen zu verglichen und Milchmädchenrechnungen aufzustellen.
Die „Reformen“ der letzten 20 Jahren sind mit wenig Gegenwehr der Gewerkschaften über die Bühne gegangen. Mit Ausnahme der Anrechnung von Kindererziehungszeiten haben sie nur eines gebracht: Verschlechterungen. So wundert es nicht, dass viele Jugendliche gar nicht mehr mit einer Eigenpension rechnen und privaten Rattenfängern auf den Leim gehen.
Die private Pensionsvorsorge
„Wollen Sie zu ihrer staatlichen Pension nicht noch eine stattliche Pension?“ fragt eine private Versicherung scheinheilig. Wer würde wohl dazu nein sagen können? Doch da liegen gleich zwei bis drei Hunde begraben:
Erstens kann sich das Gros der Lohnabhängigen eine private Pensionsvorsorge einfach nicht leisten, weil das Lohnniveau – nicht zuletzt auf Grund der ‚maßvollen’ Lohnpolitik unserer Gewerkschaften – in den letzten Jahren stagniert und nicht einmal mit der Inflation mithalten kann.
Zweitens mussten die privaten Pensionskassen seit Jahren durch die am Kapitalmarkt veranlagten Beträge Einbußen bis zu einem Drittel hinnehmen. Menschen wurden nicht mit hohen Renditen belohnt, sondern um ihr Erspartes betrogen. Von „stattlich“ keine Rede.
Drittens gibt es die „staatliche Pension“ in diesem Sinne gar nicht. Denn das Umlageverfahren in Selbstverwaltung durch den Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger, auf das sich unser Pensionssystem gründet, sieht nur eine Ausfallshaftung des Staates vor.
Und von der ursprünglich bei Schaffung des ASVG (Allgemeines Sozialversicherungsgesetz 1955) angedachten Drittelung Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Staat (allgemeine Steuern) ist der Bundesbeitrag weit entfernt. Er lag 2011 bei rund 22 Prozent, wobei darin pensionsfremde Leistungen (Ersatz für Kindererziehungszeiten, Wehrdienst- und Zivildienstzeiten, Ersatz für Arbeitslosenzeiten aber auch Pensionsaufwendungen für den öffentlichen Dienst, für die keine Dienstgeberbeiträge bezahlt werden) enthalten sind. Der Gesamtaufwand für echte Pensionsleistungen reduziert sich damit auf rund 6,5 Milliarden Euro, das sind 2,2 Prozent des BIP.
Das Pensionskonto
Von „Experten“ wie Marin und saturierten Politpensionären wie Androsch, van der Bellen oder Stronach wird ein Pensionskonto als Inbegriff von Gerechtigkeit, Einfachheit und Logik propagiert: Jede und jeder zahlt auf ein persönliches Konto ein und kann in Pension gehen, wann er will.
Der Staat wird somit aus der Verantwortung genommen, er soll nur darauf schauen, dass die Beiträge gut verzinst werden. Im Klartext: Wer viel verdient und viel einzahlen kann, braucht nicht lange zu arbeiten, wer kein oder wenig Geld hat, wird es sich nicht leisten können in Pension zu gehen, auch wenn er 70 Jahre oder älter ist. So die neoliberale Logik.
Damit würde nicht nur der Staat aus seiner sozialen Verantwortung gegenüber der älteren Generation entlassen, auch der Generationenvertrag wäre außer Kraft gesetzt. Die „Jungen“, die heute durch das Umlageverfahren die Altersversorgung der „Alten“ garantieren, müssten dann ihre eigene Altersversorgung gänzlich selbst „erarbeiten“. Auch Witwen- und Invaliditätspensionen würden der Vergangenheit angehören. Schaut so ein Sozialstaat aus? Nein Danke!
Lassen wir unser Pensionssystem nicht ständig schlecht reden. Es ist finanzierbar. Dem Horrorszenario der Demographie steht die Forderung nach einer hohen Beschäftigungsquote und guten Löhnen und Gehältern gegenüber. Österreich ist ein reiches Land. Durch Umverteilung von reich zu arm sind die künftigen Probleme lösbar.
Lilian Stadler ist GLB-Aktivistin in Wien und vertritt den Zentralverband der PensionistInnen Österreichs (ZVPÖ) im Östereichischen Seniorenrat
Unser Pensionssystem ist nicht mehr finanzierbar, wir leben länger, also müssen wir länger arbeiten, die Alten leben auf Kosten der Jüngeren – eine grundlegende Pensionsreform muss her! Diese Botschaften werden uns täglich eingetrichtert, denn steter Tropfen höhlt den Stein. „Pensionsexperten“ werden nicht müde, Vorschläge zu unterbreiten, Äpfel mit Birnen zu verglichen und Milchmädchenrechnungen aufzustellen.
Die „Reformen“ der letzten 20 Jahren sind mit wenig Gegenwehr der Gewerkschaften über die Bühne gegangen. Mit Ausnahme der Anrechnung von Kindererziehungszeiten haben sie nur eines gebracht: Verschlechterungen. So wundert es nicht, dass viele Jugendliche gar nicht mehr mit einer Eigenpension rechnen und privaten Rattenfängern auf den Leim gehen.
Die private Pensionsvorsorge
„Wollen Sie zu ihrer staatlichen Pension nicht noch eine stattliche Pension?“ fragt eine private Versicherung scheinheilig. Wer würde wohl dazu nein sagen können? Doch da liegen gleich zwei bis drei Hunde begraben:
Erstens kann sich das Gros der Lohnabhängigen eine private Pensionsvorsorge einfach nicht leisten, weil das Lohnniveau – nicht zuletzt auf Grund der ‚maßvollen’ Lohnpolitik unserer Gewerkschaften – in den letzten Jahren stagniert und nicht einmal mit der Inflation mithalten kann.
Zweitens mussten die privaten Pensionskassen seit Jahren durch die am Kapitalmarkt veranlagten Beträge Einbußen bis zu einem Drittel hinnehmen. Menschen wurden nicht mit hohen Renditen belohnt, sondern um ihr Erspartes betrogen. Von „stattlich“ keine Rede.
Drittens gibt es die „staatliche Pension“ in diesem Sinne gar nicht. Denn das Umlageverfahren in Selbstverwaltung durch den Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger, auf das sich unser Pensionssystem gründet, sieht nur eine Ausfallshaftung des Staates vor.
Und von der ursprünglich bei Schaffung des ASVG (Allgemeines Sozialversicherungsgesetz 1955) angedachten Drittelung Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Staat (allgemeine Steuern) ist der Bundesbeitrag weit entfernt. Er lag 2011 bei rund 22 Prozent, wobei darin pensionsfremde Leistungen (Ersatz für Kindererziehungszeiten, Wehrdienst- und Zivildienstzeiten, Ersatz für Arbeitslosenzeiten aber auch Pensionsaufwendungen für den öffentlichen Dienst, für die keine Dienstgeberbeiträge bezahlt werden) enthalten sind. Der Gesamtaufwand für echte Pensionsleistungen reduziert sich damit auf rund 6,5 Milliarden Euro, das sind 2,2 Prozent des BIP.
Das Pensionskonto
Von „Experten“ wie Marin und saturierten Politpensionären wie Androsch, van der Bellen oder Stronach wird ein Pensionskonto als Inbegriff von Gerechtigkeit, Einfachheit und Logik propagiert: Jede und jeder zahlt auf ein persönliches Konto ein und kann in Pension gehen, wann er will.
Der Staat wird somit aus der Verantwortung genommen, er soll nur darauf schauen, dass die Beiträge gut verzinst werden. Im Klartext: Wer viel verdient und viel einzahlen kann, braucht nicht lange zu arbeiten, wer kein oder wenig Geld hat, wird es sich nicht leisten können in Pension zu gehen, auch wenn er 70 Jahre oder älter ist. So die neoliberale Logik.
Damit würde nicht nur der Staat aus seiner sozialen Verantwortung gegenüber der älteren Generation entlassen, auch der Generationenvertrag wäre außer Kraft gesetzt. Die „Jungen“, die heute durch das Umlageverfahren die Altersversorgung der „Alten“ garantieren, müssten dann ihre eigene Altersversorgung gänzlich selbst „erarbeiten“. Auch Witwen- und Invaliditätspensionen würden der Vergangenheit angehören. Schaut so ein Sozialstaat aus? Nein Danke!
Lassen wir unser Pensionssystem nicht ständig schlecht reden. Es ist finanzierbar. Dem Horrorszenario der Demographie steht die Forderung nach einer hohen Beschäftigungsquote und guten Löhnen und Gehältern gegenüber. Österreich ist ein reiches Land. Durch Umverteilung von reich zu arm sind die künftigen Probleme lösbar.
Lilian Stadler ist GLB-Aktivistin in Wien und vertritt den Zentralverband der PensionistInnen Österreichs (ZVPÖ) im Östereichischen Seniorenrat