Gegen soziale Ausgrenzung
- Freitag, 17. Februar 2017 @ 18:19
Ulrike Taberhofer über Altersarmut und Gewalt
Armut wird unterschiedlich definiert und gemessen. Zumeist als mangelnde Ausstattung mit ökonomischen Mitteln. Dabei werden als Einkommensarmutsschwelle 60 Prozent des Median-Pro-Kopf-Haushaltseinkommens angenommen: Aktuell 1.163 Euro für einen Ein-Personen-Haushalt (EU-SILC 2015). 2015 galten somit 13,9 Prozent der Bevölkerung als armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Jedoch können die Lebenschancen nicht nur an den verfügbaren ökonomischen Ressourcen gemessen werden, Armut ist breiter zu sehen. Auch Einschränkungen in zentralen Lebensbereichen wie Wohnen, Bildung, soziale Beziehungen oder Gesundheit - vor allem im Alter – sind Faktoren der Armut, die problemverschärfend wirken, wenn mehrere davon zusammentreffen.
Das Risiko von Altersarmut ist vielfach bereits in vorhergehenden Lebensphasen angelegt. Arbeiten für Niedriglöhne, Unterbrechungen in der Erwerbsbiographie oder Krankheit - die Ursachen, im Alter nicht über eine ausreichende Pension zu verfügen und arm zu sein, sind vielfältig. Dabei sind auch geschlechtsspezifische Unterschiede hervorzuheben. Gründe dafür sind etwa, dass Frauen viel seltener als Männer in „Normalarbeitsverhältnissen“ tätig sind und somit einen höheren Anteil an „working poor“ darstellen. Also trotz Erwerbstätigkeit arm sind.
2015 arbeiteten Frauen zu 48 Prozent in Teilzeit, Männer hingegen nur zu 11,2 Prozent. Absolut betrachtet arbeiten somit wesentlich mehr Frauen in Teilzeit als Männer. Und das nicht immer freiwillig, denn vielfach gibt es für Frauen gar keine Vollzeitarbeitsplätze mehr. Besonders bedenklich, dass vor allem in den untersten Einkommensklassen auch die Stundenlöhne real gesunken sind oder teilweise sogar KV-Abschlüsse unter der Inflationsrate erfolgten.
Diese prekären Beschäftigungsbedingungen wirken sich dann auch auf die Pension aus, denn in dieser Lebensphase verstärkt sich der Einkommensunterschied zwischen den Geschlechtern noch mehr. Zusätzlich leisten Frauen deutlich mehr unbezahlte, informelle Pflege- und Betreuungsarbeit im familiären Bereich und sind selbst auch stärker von Pflegebedürftigkeit betroffen.
Laut einer Studie der Allianz Versicherung (2015) sind von Altersarmut „österreichische Frauen dreimal öfter betroffen als Männer“. Die durchschnittliche Pension bei Männern lag 2015 bei 1.378 Euro brutto, während Pensionistinnen dagegen lediglich 842 Euro brutto im Monat bekamen. Zu den Verschlechterungen in den letzten Jahren haben auch die Pensionsreformen, etwa das „Drei-Säulen-Modell“ beigetragen. Abgesehen davon, dass sich viele Menschen eine private Pensionsvorsorge gar nicht leisten können, gilt es daher, das Umlageverfahren zu stärken.
Sicherung der Pensionen
Die Sicherung der Pensionen auf einem menschenwürdigen Niveau ist eine politische Entscheidung: Um Altersarmut wirkungsvoll entgegenzuwirken, um die derzeitige Tendenz zu mehr Altersarmut zu stoppen. Denn bereits jetzt zeigt sich, dass die Belastungen für ältere Menschen für die Bereiche Gesundheit, Pflege, Wohnung oder Mobilität in den letzten Jahren gewachsen sind.
Immer mehr Menschen geraten in Lebenssituationen, die von Armut, Isolation und Hoffnungslosigkeit gekennzeichnet sind. Wer im Alter von Armut betroffen ist, hat kaum Chancen aus dieser Situation wieder heraus zu kommen. Das bedeutet eine Gefahr für das soziale Miteinander, gemeinsame Aktivitäten und gesellschaftliche Teilhabe.
Altersarmut und Gewalt
Altersarmut und Gewalt stehen somit in einem engen Wechselverhältnis zueinander, deren Ursachen in unserer Gesellschaft vielfältig, differenziert, multikausal und historisch bedingt sind. Strukturelle Gewalt ist ein wesentlicher Faktor, der zu unterschiedlichen Formen von Gewalttaten im Alter führt. Sie äußert sich vor allem darin, dass alte Menschen und insbesondere alte Frauen ausgegrenzt werden.
Durch die ungleichen Machtverhältnisse und Lebenschancen erhöht sich das Konfliktpotenzial, unter denen etwa Pflegebeziehungen stattfinden. Deshalb gilt es, Rahmenbedingungen zu schaffen, um in Würde mit Unterstützung in unserer Gesellschaft alt werden zu können. Unter sozialer Gewalt lassen sich Probleme, Benachteiligungen und Ungleichbehandlungen in den Bereichen allgemeiner Lebensstandard, Wohnsituation, finanzielle und wirtschaftliche Sicherung sowie soziale Beziehungen im Alter einordnen.
Darüber hinaus sind familiäre und individuelle Faktoren wie die Stabilität der Partnerschaftsbeziehung, Beziehungsstrukturen oder körperliche und seelische Gesundheit maßgebend dafür, ob und welche Ansatzpunkte im häuslichen Umfeld aber auch in Pflegesituationen für unterschiedliche Formen von Gewalt im Alter gegeben sind. Unter den derzeitigen gesellschaftlichen Bedingungen ist das Risiko, Opfer von Gewalt im Alter zu werden, aus vielfältigen Gründen sehr groß.
Ein wichtiger Ansatzpunkt ist deshalb auch, einer steigenden Altersarmut und der damit verbundenen Gefahr einer sozialen Ausgrenzung auf gesellschaftlicher Ebene wirkungsvoll entgegen zu treten. Denn in allen Lebensphasen ist diese Herangehensweise eine notwendige Voraussetzung für eine gesunde und zufriedenstellende Entwicklung aller und für ein Altern in Sicherheit.
Ulrike Taberhofer ist Lehrerin und KPÖ-Gemeinderätin in Graz
Armut wird unterschiedlich definiert und gemessen. Zumeist als mangelnde Ausstattung mit ökonomischen Mitteln. Dabei werden als Einkommensarmutsschwelle 60 Prozent des Median-Pro-Kopf-Haushaltseinkommens angenommen: Aktuell 1.163 Euro für einen Ein-Personen-Haushalt (EU-SILC 2015). 2015 galten somit 13,9 Prozent der Bevölkerung als armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Jedoch können die Lebenschancen nicht nur an den verfügbaren ökonomischen Ressourcen gemessen werden, Armut ist breiter zu sehen. Auch Einschränkungen in zentralen Lebensbereichen wie Wohnen, Bildung, soziale Beziehungen oder Gesundheit - vor allem im Alter – sind Faktoren der Armut, die problemverschärfend wirken, wenn mehrere davon zusammentreffen.
Das Risiko von Altersarmut ist vielfach bereits in vorhergehenden Lebensphasen angelegt. Arbeiten für Niedriglöhne, Unterbrechungen in der Erwerbsbiographie oder Krankheit - die Ursachen, im Alter nicht über eine ausreichende Pension zu verfügen und arm zu sein, sind vielfältig. Dabei sind auch geschlechtsspezifische Unterschiede hervorzuheben. Gründe dafür sind etwa, dass Frauen viel seltener als Männer in „Normalarbeitsverhältnissen“ tätig sind und somit einen höheren Anteil an „working poor“ darstellen. Also trotz Erwerbstätigkeit arm sind.
2015 arbeiteten Frauen zu 48 Prozent in Teilzeit, Männer hingegen nur zu 11,2 Prozent. Absolut betrachtet arbeiten somit wesentlich mehr Frauen in Teilzeit als Männer. Und das nicht immer freiwillig, denn vielfach gibt es für Frauen gar keine Vollzeitarbeitsplätze mehr. Besonders bedenklich, dass vor allem in den untersten Einkommensklassen auch die Stundenlöhne real gesunken sind oder teilweise sogar KV-Abschlüsse unter der Inflationsrate erfolgten.
Diese prekären Beschäftigungsbedingungen wirken sich dann auch auf die Pension aus, denn in dieser Lebensphase verstärkt sich der Einkommensunterschied zwischen den Geschlechtern noch mehr. Zusätzlich leisten Frauen deutlich mehr unbezahlte, informelle Pflege- und Betreuungsarbeit im familiären Bereich und sind selbst auch stärker von Pflegebedürftigkeit betroffen.
Laut einer Studie der Allianz Versicherung (2015) sind von Altersarmut „österreichische Frauen dreimal öfter betroffen als Männer“. Die durchschnittliche Pension bei Männern lag 2015 bei 1.378 Euro brutto, während Pensionistinnen dagegen lediglich 842 Euro brutto im Monat bekamen. Zu den Verschlechterungen in den letzten Jahren haben auch die Pensionsreformen, etwa das „Drei-Säulen-Modell“ beigetragen. Abgesehen davon, dass sich viele Menschen eine private Pensionsvorsorge gar nicht leisten können, gilt es daher, das Umlageverfahren zu stärken.
Sicherung der Pensionen
Die Sicherung der Pensionen auf einem menschenwürdigen Niveau ist eine politische Entscheidung: Um Altersarmut wirkungsvoll entgegenzuwirken, um die derzeitige Tendenz zu mehr Altersarmut zu stoppen. Denn bereits jetzt zeigt sich, dass die Belastungen für ältere Menschen für die Bereiche Gesundheit, Pflege, Wohnung oder Mobilität in den letzten Jahren gewachsen sind.
Immer mehr Menschen geraten in Lebenssituationen, die von Armut, Isolation und Hoffnungslosigkeit gekennzeichnet sind. Wer im Alter von Armut betroffen ist, hat kaum Chancen aus dieser Situation wieder heraus zu kommen. Das bedeutet eine Gefahr für das soziale Miteinander, gemeinsame Aktivitäten und gesellschaftliche Teilhabe.
Altersarmut und Gewalt
Altersarmut und Gewalt stehen somit in einem engen Wechselverhältnis zueinander, deren Ursachen in unserer Gesellschaft vielfältig, differenziert, multikausal und historisch bedingt sind. Strukturelle Gewalt ist ein wesentlicher Faktor, der zu unterschiedlichen Formen von Gewalttaten im Alter führt. Sie äußert sich vor allem darin, dass alte Menschen und insbesondere alte Frauen ausgegrenzt werden.
Durch die ungleichen Machtverhältnisse und Lebenschancen erhöht sich das Konfliktpotenzial, unter denen etwa Pflegebeziehungen stattfinden. Deshalb gilt es, Rahmenbedingungen zu schaffen, um in Würde mit Unterstützung in unserer Gesellschaft alt werden zu können. Unter sozialer Gewalt lassen sich Probleme, Benachteiligungen und Ungleichbehandlungen in den Bereichen allgemeiner Lebensstandard, Wohnsituation, finanzielle und wirtschaftliche Sicherung sowie soziale Beziehungen im Alter einordnen.
Darüber hinaus sind familiäre und individuelle Faktoren wie die Stabilität der Partnerschaftsbeziehung, Beziehungsstrukturen oder körperliche und seelische Gesundheit maßgebend dafür, ob und welche Ansatzpunkte im häuslichen Umfeld aber auch in Pflegesituationen für unterschiedliche Formen von Gewalt im Alter gegeben sind. Unter den derzeitigen gesellschaftlichen Bedingungen ist das Risiko, Opfer von Gewalt im Alter zu werden, aus vielfältigen Gründen sehr groß.
Ein wichtiger Ansatzpunkt ist deshalb auch, einer steigenden Altersarmut und der damit verbundenen Gefahr einer sozialen Ausgrenzung auf gesellschaftlicher Ebene wirkungsvoll entgegen zu treten. Denn in allen Lebensphasen ist diese Herangehensweise eine notwendige Voraussetzung für eine gesunde und zufriedenstellende Entwicklung aller und für ein Altern in Sicherheit.
Ulrike Taberhofer ist Lehrerin und KPÖ-Gemeinderätin in Graz