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Die Bank als Räuber

  • Mittwoch, 10. April 2013 @ 09:35
Meinung Von Leo Furtlehner

Schon 1931 hat Bertolt Brecht in der „Dreigroschenoper“ treffend formuliert: „Was ist ein Dietrich gegen eine Aktie? Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“. Seit dem offenen Ausbruch der Finanzkrise 2008 war es europaweit Usus durch spekulative Geschäfte in die Krise geschlitterte Banken mit Steuergeldern zu retten anstatt die Eigentümer in die Pflicht zu nehmen.

Der Krisenfall Zypern brachte eine Änderung: Dort sollten zunächst Sparguthaben bis 100.000 Euro mit 6,75 Prozent, solche darüber mit 9,9 Prozent belastet werden. Nach einem Proteststurm wurden Vermögen unter 100.000 Euro ausgenommen, dafür aber höhere Einlagen mit bis zu 60 Prozent belastet. Da es sich bei letzteren vorwiegend um Fluchtgelder aus dubiosen Quellen russischer oder sonstiger Herkunft handelt ist das durchaus legitim.

Nach diesem Paradigmenwechsel wollen die Banken jetzt offenbar alle SparerInnen in Geiselhaft zu nehmen. Oberbank-Boss Franz Gasselsberger bezeichnete einen Selbstbehalt auch für Spareinlagen unter 100.000 Euro, für welche EU-weit eine Einlagensicherung gibt, als „gesunde Maßnahme“.

Der KSV-Insolvenzexperte Hans-Georg Kantner sieht die Einlagensicherung gleich als „Konstruktionsfehler“ und meint treuherzig, dass solche Sparbücher „praktisch risikolos“ seien. Eine kühne Behauptung, wenn man aktuelle Sparbuchzinsen und Inflationsrate in Rechnung stellt. Und Erste-Boss Andreas Treichl verlangte schon vor Jahren mit der Begründung „man muss nicht jede Pipibank retten“ einen solchen Selbstbehalt.

Was die Bankenrettung betrifft hat Treichl schon Recht. Das hätte die Regierung freilich schon bei Kommunalkredit, Hypo Alpe Adria und Volksbanken demonstrieren können, statt Milliarden Steuergelder für Notverstaatlichung (mit vorgesehener Reprivatisierung nach gelungener Sanierung) aufzustellen. Was die Herren allerdings vornehm unterschlagen ist der Unterschied zwischen Sparer und Aktionär, wie sie etwa in Thesen wie „Sparer sind die Gläubiger einer Bank“ zum Ausdruck kommen.

Wer sein Geld der Bank zu vernünftigen und keineswegs spekulativen Konditionen zur Verfügung stellt hat das Recht, dass dieses Geld auch gesichert ist. Im Unterschied zu Anlegern die hohe Renditen wollen und dafür gefälligst auch ein hohes Risiko in Kauf nehmen, auch um den Preis, dass damit auch die Substanz verloren geht.

Die Politik der Banken läßt jedoch Seriosität vermissen. Da werden auf der einen Seite die Zinsen für normale Sparguthaben dramatisch gegen Null reduziert. Für täglich fälliges Geld gibt es gerade noch 0,37 Prozent, selbst bei einjähriger Bindung nur noch 0,5 Prozent. Nach Abzug von 25 Prozent Kapitalertragssteuer und bei einer Inflationsrate von 2,5 Prozent unterm Strich ein klares Verlustgeschäft.

Die Zinsen für Bankkredite sinken jedoch nicht im gleichen Ausmaß. So verlangen die Banken für Konsumkredite immer noch 4,8 Prozent Zinsen. Und wer sein Gehaltskonto überzieht zahlt laut AK-Steiermark sogar Spitzenwerte bis zu 18 Prozent Zinsen. Als Draufgabe gibt es satte Bankspesen für jeden Handgriff, die den bargeldlosen Verkehr und Internetbanking keineswegs so günstig machen wie in der Werbung behauptet wird.

Sparguthaben oder in anderer Form veranlagte Gelder sind ein enormes Spielgeld. Laut Nationalbank verwalten die Banken 156,2 Milliarden Spareinlagen, davon 39,3 Mrd. bis 10.000 Euro, 42,9 Mrd. bis 20.000 Euro, 24,8 Mrd. bis 50.000 Euro, 19,3 Mrd. bis 100.000 Euro und 29,9 Mrd. Euro über der Einlagensicherungsgrenze von 100.000 Euro, wobei natürlich findige Großanleger ihre Guthaben entsprechend gesplittet haben.

Die enorme Differenz zwischen den Zinsen für Sparguthaben und Bankkrediten ist der Spielraum für die Dividenden der AktionärInnen. Diese werden trotz Krise kräftig bedient, statt sie in die Haftung zu nehmen. Und in ihrem Interesse wollen die Banken jetzt sogar die kleinen SparerInnen per Selbstbehalt ausrauben. Soweit zum Begriff Bankräuber.

Bleibt als Schlussfolgerung nur die Bekräftigung der Notwendigkeit die Banken zu vergesellschaften, damit sie den Geldverkehr zum gesellschaftlichen Wohl verwalten statt eine parasitäre Minderheit durch saftige Dividenden befriedigen zu müssen.

Leo Furtlehner ist verantwortlicher Redakteur der „Arbeit“