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Am Fließband

  • Donnerstag, 17. April 2014 @ 22:05
Service Werner Lang über Upton Sinclair

Upton Sinclair wurde am 20. September 1878 in Baltimore geboren. Sein alkoholkranker Vater zog mit seiner Familie im Jahr 1888 nach New York City. Seine Familie war sehr arm. Daher verbrachte Upton Sinclair viel Zeit mit seinen wohlhabenden Großeltern. Er erzählte später, dass es das Erleben dieser Extreme war, die ihn zu einem Sozialisten werden ließ. 1948 brachte Upton Sinclair unter anderen einen sozialkritischen Roman über die Automobilindustrie und Fließbandarbeit bei Henry Ford heraus. Im Roman erzählte er die Geschichte von Abner Shutt, der in der Fließfertigung von Henry Ford arbeitete, Spezialist für das Verschrauben von Radnaben wurde, zum Vorarbeiter avancierte und nach drei Jahrzehnten aus dem immer schneller getakteten Bandbetrieb hinausgedrängt wurde.

Sklave der eigenen Milliarden

Kontrapunktiert zum Schicksal des Henry Ford, der vom besessenen Tüftler, den die neue Technologie faszinierte, vom Demokraten und Humanisten zum „Getriebenen seines Geldes“ wurde. Henry Ford wird zum Sklaven seiner eigenen Milliarden; nicht er besitzt die Milliarden, sie besitzen ihn: „… Nun war er Milliardär, und sein Geld hielt ihn gefangen wie das Spinnennetz die Fliege.“ (S. 253)

Please, Mr. Foreman, slow down your assembly line.
Please, Mr. Foreman, slow down your assembly line.
No, I don`t mind workin`, but I do mind dyin`.
(Detroit Blues, gesungen von Joe L. Carter)

Die letzte Unze Kraft

Die furchtbaren Erfindungen von Ford „Arbeitsbeschleunigung“ und „Zeitnehmen“ beanspruchten jeden Arbeiter in der Produktion bis zum äußersten seiner Leistungsfähigkeit. „Jeder muss auch die letzte Unze Kraft seines Körpers hergeben. Henry Ford leugnete das natürlich. So sanft, so überzeugend schrieb er über den Nutzen der wissenschaftlichen Arbeitsplatzforschung: sie habe ja gerade den Zweck, die Zeit festzulegen, in der jeder Arbeiter mühelos eine bestimmte Aufgabe erfühlen könne, um ihm dann diese spezielle Arbeit zuzuweisen. Lüge, nichts als Lüge war das! Seine Arbeiter wollten vor Wut schreien, wenn sie solche Artikel von ihm lasen. Sie waren müde, wenn sie morgens zur Arbeit gingen, und wenn sie heimgingen waren sie grau und stolperten vor Erschöpfung. Zitronenschalen glichen sie, der letzte Tropfen Saft war aus ihnen herausgepresst“. (S. 138)

„So ging es überall zu, nicht nur bei Ford; die ganze Industrie war grausam. Schneller, immer schneller! Bis die Herzen vor Bitterkeit kochten. Alle Autowerke standen unaufhörlich in Konkurrenz auf Leben und Tod; jede Abteilung in jedem Werk wetteiferte mit den anderen, ja sogar mit sich selbst – mit ihren Leistungen von gestern, mit den neuen „Normen“, welche die Ingenieure forderten, die immer neue Maschinen und Methoden erfanden und die Arbeit überwachten.“ (S. 139)

Auch heute aktuell

Die Aktualität von Sinclairs Buch „Am Fließband“ zeigt sich heute darin, … dass der Aufschwung wie auch der Niedergang einer Industrie auf dem Rücken, auf den Mägen der Arbeitenden ausgetragen wird, bei gleichzeitiger Realisierung von Profitraten für wenige in einem Wirtschaftssystem, dessen Grundstruktur sich … seit dem Erscheinen des Romans nur unwesentlich verändert hat, schreibt Dieter Herms im Nachwort des Buches. (S. 285).

Upton Sinclair veröffentliche mehr als neunzig Bücher. Er starb in einem kleinen Pflegeheim in Bound Brook, Jersey, am 18. Dezember 1968.

Werner Lang ist Aktivist im Werkkreis Literatur der Arbeitswelt, Werkstatt Wien

Literatur:
- Forberg, Christian: Deutschlandfunk aus Kultur und Sozialwissenschaften/Archiv/Beitrag vom 10.01.1013, -100-jahre http://www.deutschlandfunk.de/schwerpunktthema -fliessband.1148.de.html?dram:article_id=233691
- Simkin, John: Biographies; Upton Sinclair; Spartacus Educational, 1997, http://www.spartacus.schoolnet.co.uk/Jupton.htm
- Sinclair, Upton: „Am Fließband“, März Verlag, Berlin, 1. Auflage, 1983, S. 137-140, S. 253, S. 265