Aktiv gegen Privatisierung
- Mittwoch, 23. November 2016 @ 12:13
Christoph Glanninger im Gespräch mit Gewerkschaftern in Koper
Anfang Juli versuchte die slowenische Regierung Schritte zur Privatisierung des Hafens von Koper zu unternehmen. ArbeiterInnen konnten diese Maßnahmen durch entschlossenen Widerstand verhindern. Ein Interview mit Mladen und Boris von der 2007 gegründeten Basisgewerkschaft „Kranführergewerkschaft des Hafens von Koper“ (SŽPD) ist ein Beitrag um Informationen über den Arbeitskampf zu verbreiten und Solidarität zu organisieren.
Wie ist eure Gewerkschaft organisiert?
Wir versuchen uns sehr „horizontal“ aufzubauen, z.B. haben wir keinen Präsidenten und versuchen unsere Entscheidungen möglichst kollektiv zu treffen. Schon 2011 haben wir einen Streik organisiert. Durch konsequente Gewerkschaftsarbeit haben wir es geschafft, dass mittlerweile Arbeitsrechte eingehalten werden und seit 2007 haben wir Lohnerhöhungen um ca. 35 Prozent durchgesetzt.
Welche politischen Interessen stehen hinter den Privatisierungsversuchen?
Jede Regierung seit der Unabhängigkeit hat versucht, den Hafen zu privatisieren und es gibt immer Druck von außen. Einer der wichtigsten Interessenten ist wohl die Deutsche Bahn. Aber auch die ÖBB dürften interessiert sein, denn Koper ist auch der wichtigste Hafen für österreichische Produkte. Im Endeffekt wollen sie alle ein neoliberales Konzept in Koper etablieren.
Was war der akute Auslöser für den Streik?
Am Anfang muss ich sagen, dass es kein „Streik“ war, denn einen Streik muss man legal ankündigen. Wir haben eine spontane Blockade des Hafens organisiert. Am Freitag, dem 1. Juli haben wir einfach zu arbeiten aufgehört und mit den schweren Maschinen den Eingang zum Hafen blockiert. Der Grund war, dass die Regierung die Lizenzvergabe für den Hafen ändern will. Das würde dazu führen, dass private Konzerne sich in den Hafen einkaufen können. Das wären die ersten Schritte in Richtung Privatisierung.
Wie ist die Blockade abgelaufen?
Das Ganze hätte auf der Eigentümerversammlung am 1. Juli beschlossen werden sollen. Und eigentlich wollten wir die einfach blockieren. Aber die Regierung hat Spezialeinsatzkräfte nach Koper gebracht, um das zu verhindern.
Deshalb haben wir uns noch am Abend davor entschieden, den Hafen zu blockieren. In nur wenigen Stunden haben wir eine sehr starke und radikale Aktion auf die Beine gestellt. Am Freitagmorgen mussten wir niemanden lange überreden, alle waren bereit loszulegen. Nach eineinhalb Stunden waren schon 850 ArbeiterInnen bei der Blockade.
Wie habt ihr euch während der Blockade organisiert?
Schon zwei Tage davor haben wir eine ArbeiterInnenversammlung auf dem Parkplatz vor dem Hafen mit ca. 700 ArbeiterInnen einberufen. Das hat allen gezeigt, dass wir zu Großem in der Lage sind. Die Blockade selbst war sehr „horizontal“ organisiert. Wir haben sehr viele ArbeiterInnen in die Entscheidungen und die Planung einbezogen und Gruppen gebildet, die sich die verschiedenen Schichten und Positionen aufgeteilt haben. Viele ArbeiterInnen hatten auch Angst vor dem Vorgehen der Regierung. Wir haben also eine sehr gute Organisation gebraucht, um dem Druck standzuhalten.
Wie hat die Regierung reagiert?
Während des Streiks gab es viel Hetze gegen uns. Der Premierminister hat uns als “Attentäter” gegen den Staat bezeichnet. Am 2. Juli, Samstagmorgen, haben sie Spezialeinheiten nach Koper geschickt, die in der Nähe des Hafens gewartet haben um uns einzuschüchtern. Aber das ist ihnen nicht gelungen, wir haben allen klargemacht, dass es keine Kraft gibt, die uns besiegen kann, wenn wir zusammenstehen.
Aber trotzdem war die Situation auch noch am Sonntag sehr kritisch. Deshalb haben wir uns dazu entschieden, für einen großen Protest am Sonntagnachmittag im Hafen zu mobilisieren um zu zeigen, dass wir keine Minderheit sind. Wir haben alle ArbeiterInnen angerufen, um ihnen zu sagen, dass sie ihre Familien und FreundInnen mit zum Hafen bringen sollen. Und am Abend haben dann 1600 Menschen protestiert. Das hat auch die Medienberichterstattung zu unseren Gunsten gewendet und war der entscheidende Moment.
Am Montag, also am 4. Juli, war der Premierminister gezwungen, sich öffentlich von den Privatisierungsversuchen zu distanzieren und am Dienstag haben wir die Blockade beendet.
Also hat Solidarität eine zentrale Rolle gespielt?
Ja, um mehr Druck aufzubauen haben wir auch eine Art Zivilbewegung gegründet, zusammen mit einer anderen Gewerkschaftsfraktion, der Vereinigte Linke von Slowenien, einer linken Partei, die auch im Parlament sitzt, und verschiedenen anderen sozialen Gruppen.
Zusammen haben wir z.B. 12 Busse aus ganz Slowenien für einen großen Protest in Koper organisiert noch bevor die Blockade des Hafens gestartet ist. Bei dem Protest waren über 4000 Menschen und das in einer Stadt mit nur 50.000 EinwohnerInnen.
Wie glaubt ihr geht es jetzt weiter?
Unser Widerstand war genug, um die Regierung fürs Erste zum Einlenken zu bringen. Aber sie werden sicher wieder versuchen zu privatisieren. Es gibt starken Druck von internationalen Kapital-Lobbies und wir hoffen, dass wir stark und organisiert genug sind, um Versuche in der Zukunft abzuwehren.
Teile des Interviews erschienen bereits in der Jungen Welt vom 13.9.2016.
Christoph Glanninger (22), Aktivist der SLP, beschäftigt sich seit einiger Zeit mit sozialen Kämpfen am Westbalkan
Anfang Juli versuchte die slowenische Regierung Schritte zur Privatisierung des Hafens von Koper zu unternehmen. ArbeiterInnen konnten diese Maßnahmen durch entschlossenen Widerstand verhindern. Ein Interview mit Mladen und Boris von der 2007 gegründeten Basisgewerkschaft „Kranführergewerkschaft des Hafens von Koper“ (SŽPD) ist ein Beitrag um Informationen über den Arbeitskampf zu verbreiten und Solidarität zu organisieren.
Wie ist eure Gewerkschaft organisiert?
Wir versuchen uns sehr „horizontal“ aufzubauen, z.B. haben wir keinen Präsidenten und versuchen unsere Entscheidungen möglichst kollektiv zu treffen. Schon 2011 haben wir einen Streik organisiert. Durch konsequente Gewerkschaftsarbeit haben wir es geschafft, dass mittlerweile Arbeitsrechte eingehalten werden und seit 2007 haben wir Lohnerhöhungen um ca. 35 Prozent durchgesetzt.
Welche politischen Interessen stehen hinter den Privatisierungsversuchen?
Jede Regierung seit der Unabhängigkeit hat versucht, den Hafen zu privatisieren und es gibt immer Druck von außen. Einer der wichtigsten Interessenten ist wohl die Deutsche Bahn. Aber auch die ÖBB dürften interessiert sein, denn Koper ist auch der wichtigste Hafen für österreichische Produkte. Im Endeffekt wollen sie alle ein neoliberales Konzept in Koper etablieren.
Was war der akute Auslöser für den Streik?
Am Anfang muss ich sagen, dass es kein „Streik“ war, denn einen Streik muss man legal ankündigen. Wir haben eine spontane Blockade des Hafens organisiert. Am Freitag, dem 1. Juli haben wir einfach zu arbeiten aufgehört und mit den schweren Maschinen den Eingang zum Hafen blockiert. Der Grund war, dass die Regierung die Lizenzvergabe für den Hafen ändern will. Das würde dazu führen, dass private Konzerne sich in den Hafen einkaufen können. Das wären die ersten Schritte in Richtung Privatisierung.
Wie ist die Blockade abgelaufen?
Das Ganze hätte auf der Eigentümerversammlung am 1. Juli beschlossen werden sollen. Und eigentlich wollten wir die einfach blockieren. Aber die Regierung hat Spezialeinsatzkräfte nach Koper gebracht, um das zu verhindern.
Deshalb haben wir uns noch am Abend davor entschieden, den Hafen zu blockieren. In nur wenigen Stunden haben wir eine sehr starke und radikale Aktion auf die Beine gestellt. Am Freitagmorgen mussten wir niemanden lange überreden, alle waren bereit loszulegen. Nach eineinhalb Stunden waren schon 850 ArbeiterInnen bei der Blockade.
Wie habt ihr euch während der Blockade organisiert?
Schon zwei Tage davor haben wir eine ArbeiterInnenversammlung auf dem Parkplatz vor dem Hafen mit ca. 700 ArbeiterInnen einberufen. Das hat allen gezeigt, dass wir zu Großem in der Lage sind. Die Blockade selbst war sehr „horizontal“ organisiert. Wir haben sehr viele ArbeiterInnen in die Entscheidungen und die Planung einbezogen und Gruppen gebildet, die sich die verschiedenen Schichten und Positionen aufgeteilt haben. Viele ArbeiterInnen hatten auch Angst vor dem Vorgehen der Regierung. Wir haben also eine sehr gute Organisation gebraucht, um dem Druck standzuhalten.
Wie hat die Regierung reagiert?
Während des Streiks gab es viel Hetze gegen uns. Der Premierminister hat uns als “Attentäter” gegen den Staat bezeichnet. Am 2. Juli, Samstagmorgen, haben sie Spezialeinheiten nach Koper geschickt, die in der Nähe des Hafens gewartet haben um uns einzuschüchtern. Aber das ist ihnen nicht gelungen, wir haben allen klargemacht, dass es keine Kraft gibt, die uns besiegen kann, wenn wir zusammenstehen.
Aber trotzdem war die Situation auch noch am Sonntag sehr kritisch. Deshalb haben wir uns dazu entschieden, für einen großen Protest am Sonntagnachmittag im Hafen zu mobilisieren um zu zeigen, dass wir keine Minderheit sind. Wir haben alle ArbeiterInnen angerufen, um ihnen zu sagen, dass sie ihre Familien und FreundInnen mit zum Hafen bringen sollen. Und am Abend haben dann 1600 Menschen protestiert. Das hat auch die Medienberichterstattung zu unseren Gunsten gewendet und war der entscheidende Moment.
Am Montag, also am 4. Juli, war der Premierminister gezwungen, sich öffentlich von den Privatisierungsversuchen zu distanzieren und am Dienstag haben wir die Blockade beendet.
Also hat Solidarität eine zentrale Rolle gespielt?
Ja, um mehr Druck aufzubauen haben wir auch eine Art Zivilbewegung gegründet, zusammen mit einer anderen Gewerkschaftsfraktion, der Vereinigte Linke von Slowenien, einer linken Partei, die auch im Parlament sitzt, und verschiedenen anderen sozialen Gruppen.
Zusammen haben wir z.B. 12 Busse aus ganz Slowenien für einen großen Protest in Koper organisiert noch bevor die Blockade des Hafens gestartet ist. Bei dem Protest waren über 4000 Menschen und das in einer Stadt mit nur 50.000 EinwohnerInnen.
Wie glaubt ihr geht es jetzt weiter?
Unser Widerstand war genug, um die Regierung fürs Erste zum Einlenken zu bringen. Aber sie werden sicher wieder versuchen zu privatisieren. Es gibt starken Druck von internationalen Kapital-Lobbies und wir hoffen, dass wir stark und organisiert genug sind, um Versuche in der Zukunft abzuwehren.
Teile des Interviews erschienen bereits in der Jungen Welt vom 13.9.2016.
Christoph Glanninger (22), Aktivist der SLP, beschäftigt sich seit einiger Zeit mit sozialen Kämpfen am Westbalkan