Kampf um Krisenlasten geht weiter

Dienstag, 16. März 2010 @ 15:36

Von Gerald Kemski

„Wir zahlen nicht fĂŒr Eure Krise“ unter dieser Losung demonstrierten zehntausende am 28. MĂ€rz 2009 in Berlin, Frankfurt, London und anderswo. Aufgerufen hatten Linke aus Gewerkschaften, Parteien und Initiativen. „Die Krise bekĂ€mpfen – Sozialpakt fĂŒr Europa – die Verursacher mĂŒssen zahlen“ unter dieser Losung rief der EuropĂ€ische Gewerkschaftsbund zu Demonstrationen nach Madrid, Berlin und Prag am16. Mai 2009 kurz vor den Europawahlen auf. Hunderttausende waren dabei.

Das war es dann auch mit den gemeinsamen Aktionen in Europa. Obwohl die fehlende soziale Fortschrittsklausel im Lissabonner Vertrag und alle damit zusammenhĂ€ngenden Fragen zusammen mit der Auseinandersetzung um die Krisenfolgen Grund genug wĂ€ren um gemeinsamen Widerstand auf der Straße weiter zu belassen und in die Betriebe zu tragen.

Überall geht die EU-Kommission, der Ministerrat und die nationalen Regierungen nach einem Ă€hnlichen Muster vor: Löhne senken, zunĂ€chst bei den öffentlich BeschĂ€ftigten, Erhöhung des Rentenalters, Senkung der Renten, Runter mit den Steuern fĂŒr die Reichen.

Genau das Entgegengesetzte wÀre richtig.

Am deutlichsten sieht man es gegenwĂ€rtig in Griechenland. Daher gehört unsere SolidaritĂ€t den griechischen Gewerkschaften und den griechischen Linken. Erfreulicherweise ist der Widerstand gegen die AbwĂ€lzung der Krisenlasten nicht auf Griechenland beschrĂ€nkt. Auch in Spanien und Portugal geht man gegen die Erhöhung des Rentenalters auf die Straße.

Besonders schlimm ist in diesem Zusammenhang, dass die Medien der kapitalistischen HauptlĂ€nder in Europa Deutschland , Frankreich und Großbritannien die LĂ€nder Portugal, Italien, Griechenland und Spanien als “pigs“ (Schweine) bezeichnen.

Dabei ist beispielsweise die aggressive Exportorientierung Deutschlands eine der Hauptursachen fĂŒr die Probleme in den europĂ€ischen NachbarlĂ€ndern.

Gewiss hat zum Beispiel Griechenland ein Defizitproblem, ohne dass wir damit die StabilitĂ€tskriterien des Maastricht-Vertrages gutheißen. Aber was nicht in den Medien auftaucht: Griechenland gehört weltweit zu den LĂ€ndern mit dem höchsten RĂŒstungsetat. WĂŒrde dieser auch nur halbiert, so wĂ€re das Defizitproblem zum grĂ¶ĂŸten Teil gelöst.

Gleichwohl haben natĂŒrlich die kapitalistischen HauptlĂ€nder Europas kein Interesse dies zu thematisieren. Sind es doch gerade Frankreich und die Bundesrepublik Deutschland, die ihre RĂŒstungsgĂŒter nach Griechenland exportieren.

Die politischen Hauptakteure auf europÀischer Ebene, der EU-Ministerrat, die EU-Kommission und die nationalen Regierungen haben in der RealitÀt keinerlei Konsequenzen aus der kapitalistischen Finanzkrise gezogen. In der Regel wurden einzelne oder mehrere Banken mit enormen Steuergeldern gerettet. Auf politische Einflussnahme im Banken-. und Finanzsektor wurde verzichtet. Die Folgen sollen die Völker Europas, in erster Linie die abhÀngig BeschÀftigten und die sozial Schwachen tragen.

Besonders negativ ist auch, dass die Rolle internationaler Organisationen wie IWF, Weltbank, EuropĂ€ische Zentralbank usw. gestĂ€rkt werden. Unter dem gegenwĂ€rtigen konservativen und neoliberalen Modell der Handhabung politischer und sozialer Rechte in Europa dĂŒrfen politische Maßnahmen und politische Kontrolle nicht von diesen Institutionen ausgehen.

Soll die Entwicklung umgekehrt werden, so ist es erforderlich, dass was zu Beginn 2009 unter dem Motto „Wir zahlen nicht fĂŒr Eure Krise“ wieder auf den Straßen und PlĂ€tzen Europas wieder aufleben zu lassen.

Beginnen kann das damit, dass wir die Aktionen der Arbeiterklasse in Griechenland, in Spanien, Portugal und anderswo unterstĂŒtzen. Gleichwohl wird das nicht ausreichen. Auch in den LĂ€ndern Mittel- und Nordeuropas muss der Widerstand sichtbar werden.

Eine Klammer könnte natĂŒrlich eine Initiative fĂŒr eine „soziale Fortschrittsklausel“ in der EU-Verfassung sein. Doch mĂŒsste sich der EuropĂ€ische Gewerkschaftsbund entschließen tatsĂ€chlich europaweit und nicht nur an einem Tag zu mobilisieren. Möglich wĂ€re das schon.

Gerald Kemski ist Koordinator des Netzwerkes der GewerkschafterInnen in und bei der Partei der EuropÀischen Linken und Bundessprecher ASG betrieb & gewerkschaft DIE LINKE


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