Montag, 15. Oktober 2007 @ 12:18
 Europäische Gewerkschaftsjugendliche lehnen EU-Reformvertrag ab. Ein Gespräch  von Wera Richter mit Arne Brix  Arne.  Brix ist Mitglied von ver.di und war Delegierter der  Jugendausschusstagung von UNI-Europa Sie waren bis Mitte vergangener Woche als Vertreter der ver.di-Jugend in  Moskau und haben an einer Konferenz der UNI-Europa teilgenommen. Wer hat  sich dort getroffen?
UNI-Europa ist ein Zusammenschluss europäischer  Dienstleistungsgewerkschaften. An der Jugendausschusstagung nahmen etwa 150  Delegierte aus ganz Europa teil. Es waren über 40 Gewerkschaften von  Moldawien bis Island vertreten. Es war ein sehr politisches Treffen. Zum  Beispiel wurde einstimmig eine Entschließung verabschiedet, dass Rassismus  ein Verbrechen ist und wir die Verantwortung haben, jeder Form von  Diskriminierung aufklärerisch entgegenzutreten.
Auch die ver.di-Jugend hat eine Reihe von Anträgen eingebracht. Darunter  einen gegen den so genannten EU-Reformvertrag. Wie haben Sie die Ablehnung  des Regelwerks inhaltlich begründet?
Unsere Kritik hatte drei Schwerpunkte. Wir haben deutlich gemacht, dass die  sozialen und gewerkschaftlichen Grundrechte in der EU-Grundrechtecharta  ausgehöhlt und in ihrer Wirksamkeit beschnitten werden. Der  EU-Reformvertrag, der im Wesentlichen die Substanz aus der gescheiterten  EU-Verfassung enthält, ist unsozial. Soziale Belange und die  Beschäftigungspolitik geraten unter die Räder der ökonomischen Interessen  und der Wettbewerbslogik. Der Neoliberalismus erhält damit Verfassungsrang.  Ein weiterer wichtiger Punkt ist für uns die europäische Aufrüstung.  Europäische Militärinterventionen, die EU-Armee und die  Aufrüstungsverpflichtung der Mitgliedsstaaten lehnen wir ab. Nicht zuletzt  fordern wir, dass die europäische Integration endlich demokratisiert wird.  Dazu gehört auch, dass die Bürgerinnen und Bürger über den Reformvertrag in  Volksabstimmungen befinden müssen.
Was heißt der Beschluss nun konkret für die Arbeit in den einzelnen Ländern?
Wir können nur hoffen, dass die Einzelgewerkschaften in ihren Nationalstaaten  den Druck auf ihre Regierungen erhöhen, damit diese Volksabstimmungen zum  Vertrag ansetzen. Auch wir von der ver.di-Jugend werden gegenüber unserer  Muttergewerkschaft unseren Einfluss geltend machen müssen, damit diese sich  auch offensiv von prominenter Seite gegen den Reformvertrag ausspricht.   Angenommen wurde auch ein Antrag der ver.di-Jugend gegen die US-Blockade  von Kuba und in Solidarität mit kubanischen Gewerkschaftern. Dieser Antrag sollte ein erster Schritt sein, weitere Aufmerksamkeit auf  Kuba zu lenken. Damit in Zukunft noch mehr europäische Gewerkschaften  solidarisch mit den kubanischen Gewerkschaftern zusammen arbeiten. Die  UNI-Europa-Jugend hat außerdem die Verfolgung, Misshandlung, Entführung und  Ermordung von Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern in aller Welt auf das  schärfste verurteilt.
Was bedeutet der Solidaritätsantrag für Kuba für die ver.di-Jugend? Haben  Sie konkrete Vorhaben geplant?
Ich denke schon seit längerer Zeit darüber nach, eine Jugenddelegation nach  Kuba zu organisieren, um möglicherweise dort ein Solidaritätsprojekt zu  starten. Es könnte von einem Netzwerk aus Gewerkschaften, Parteien und  Jugendverbänden getragen werden. Da ich auch Mitglied der Partei Die Linke  und deren Jugendverbands bin, werde ich in den nächsten Wochen auch dort  versuchen, Gespräche zu führen. Unterstützung gibt es schon von der  kubanischen Botschaft und von Cuba Si.
Ein weiterer Antrag, der aus Norwegen gestellt wurde, sprach sich für die  Zusammenarbeit mit europäischen und internationalen Gewerkschaftsjugenden  sowie sozialistischen Jugendorganisationen und Parteien aus. Wer ist  gemeint?
Schwerpunkt dieses Antrages war es, die Zusammenarbeit von der  UNI-Europa-Jugend mit Netzwerken wie ENDYL (European Network of Democratic  Young Left) oder der PSI (Public Services International) zu intensivieren  und auf nationalstaatlicher Ebene die Kooperation mit linken Parteien, die  die Interessen der Arbeiterinnen und Arbeiter vertreten, zu suchen.
Info:  international.verdi.de/europaeische_gewerkschafts-_verbaende/uni_europa
Quelle: http://www.jungewelt.de/2007/10-13/042.php[*1]