Scharfe Kritik des GLB an Wifo-Chef Aiginger

Mittwoch, 1. März 2006 @ 09:10

Als „Mister Dumping“ will offensichtlich Wifo-Chef Karl Aiginger in die Geschichte eingehen, wenn man ihn an seinen „Rezepten“ gegen die wachsende Arbeitslosigkeit misst, kritisiert die Fraktion Gewerkschaftlicher Linksblock im ÖGB (GLB). Als Antwort auf eine bis 2014 anhaltende bzw. wachsende Arbeitslosigkeit fĂ€llt dem hochbezahlten Experten Aiginger offenbar nichts anderes ein, als die Lohnnebenkosten fĂŒr den Niedriglohnsektor zu senken und vermehrt mit den berĂŒchtigten Kombilohn-Modellen zu experimentieren. Von ArbeitszeitverkĂŒrzung, Mindestlohn oder Wertschöpfungsabgabe hat der gute Mann anscheinend noch nie etwas gehört.

Laut Aiginger werden bis 2014 jĂ€hrlich 40.000 bis 50.000 Personen infolge der Hinaufsetzung des Pensionsalters sowie durch Zustrom aus angrenzenden EU-LĂ€ndern auf den Arbeitsmarkt drĂ€ngen. Wenn als Gegensteuerung vermehrte öffentliche Investitionen gefordert sind spricht dies freilich gegen die derzeit praktizierte Ă€ußerst restriktive mit dem StabilitĂ€tspakt sanktionierte EU-Budgetpolitik. Deren Kern sind bekanntlich Einsparungen um ein Budgetdefizit zu vermeiden, damit fehlen aber auf allen Ebenen vom Bund bis zu den Gemeinden die erforderlichen Mittel um die Wirtschaft durch öffentliche AuftrĂ€ge anzukurbeln.

Die von Aiginger verstĂ€rkt geforderten Kombilöhne weiten den Niedriglohnsektor enorm aus. Nach einschlĂ€gigen Erfahrungen aus Deutschland fĂŒhren Kombilöhne zu einer Senkung der von den Unternehmen bezahlten Löhne, wĂ€hrend der Staat dazu Ausgleichszahlungen leisten darf um den Betroffenen ĂŒberhaupt eine Existenzmöglichkeit zu schaffen.

In die falsche Richtung geht auch Aigingers Vorstoß, die Lohnnebenkosten fĂŒr niedrige Einkommen von durchschnittlich 22 auf zehn Prozent zu senken: „Der Herr Professor darf daran erinnert werden, dass Lohnnebenkosten Sozialleistungen darstellen und eine KĂŒrzung derselben ein weiterer Einschnitt in den Sozialstaat darstellt, das lehrt das kleine Einmaleins der Sozialpolitik“, so GLB-Bundesvorsitzende Karin Antlanger.

Der GLB stellt den abstrusen Ideen des Wifo-Chefs klare Alternativen fĂŒr wirksame Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit und weitere Senkung des Lohn- und Sozialniveaus gegenĂŒber, die angesichts der enorm hohen ProduktivitĂ€t der Wirtschaft auch finanzierbar sind:
- ArbeitszeitverkĂŒrzung auf 30 Wochenstunden
- Mindestlohn von 1.300 Euro fĂŒr VollzeitarbeitsverhĂ€ltnisse
- Bemessung der DienstgeberbeitrĂ€ge fĂŒr die Sozialversicherung nach der gesamten Wertschöpfung statt wie derzeit nur nach der Lohnsumme
- Volle Sozialversicherungspflicht auch fĂŒr alle geringfĂŒgigen und atypischen DienstverhĂ€ltnisse
- Offensive öffentliche BeschÀftigungspolitik
- Steuerreform mit höherer Besteuerung von Kapital und Vermögen bei Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen


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